Recht

Haftungsrisiken in personallosen Studios erkennen und minimieren

Der zeitweise oder vollständige personallose Studiobetrieb dient neben den flexibleren Öffnungszeiten der Reduzierung von Personalkosten. Vor der Inbetriebnahme des personallosen Fitnessstudios sollte man sich die Haftungsrisiken bewusst machen, um diese durch geeignete Maßnahmen zu minimieren.

Die Rechtsprechung geht davon aus, dass der Betreiber eines Fitnessstudios durch den Betrieb eine Gefahrenquelle schafft. Derjenige, der eine Gefahrenquelle schafft, hat die sogenannte Verkehrssicherungspflicht zu beachten, ist also zur Einrichtung und Einhaltung von notwendigen und zumutbaren Sicherungsmaßnahmen verpflichtet. Hierdurch sollen Schäden bei den Studiomitgliedern verhindert werden. Ein Verstoß gegen die Verpflichtung kann zu Schadensersatzansprüchen des Mitgliedes gegen den Studiobetreiber führen.

Neben der allgemein geltenden Verkehrssicherungspflicht trägt der Studiobetreiber aufgrund der vertraglichen Beziehung eine vertragliche Rücksichtnahme- und Schutzpflicht. Diese Pflicht ist in § 241 Abs. 2 BGB normiert. Der Clubbetreiber ist daher zur Rücksichtnahme auf die gegenwärtigen Rechtsgüter und Interessen des Mitgliedes verpflichtet.

Die Verkehrssicherungspflicht und die vertragliche Rücksichtnahme- und Schutzpflicht begründet für den personallosen Studiobetreiber eine grundsätzliche Verpflichtung zur Schaffung von notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren.

Egal wie umfangreich die Verkehrssicherung durch ein Unternehmen ausgestaltet wird, werden sich dadurch nicht sämtliche Unfallszenarien und Schadenseintritte verhindern lassen. Für den personallosen Studiobetreiber bedeutet dies in der Praxis, dass er nicht jeder abstrakten und entfernten Gefahr vorbeugend begegnen kann. Ein allgemeines Gefährdungsverbot anderer Menschen erscheint utopisch. Dies hat auch die Rechtsprechung erkannt und Grundsätze entwickelt, welche eingehalten und berücksichtigt werden müssen.


Bei einem personallosen Studiobetrieb sollte sowohl vertraglich als auch durch Aushänge deutlich gemacht werden, dass in einem Schadensfall keine Hilfeleistung durch Personal des Fitnessstudios möglich ist, weil es kein Personal gibt (BIldquelle: © Rawpixel.com - stock.adobe.com)

Die Schaffung einer Gefahr durch den Betreiber kann nur dann einen Haftungsfall begründen, wenn sich die naheliegende Möglichkeit ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden. Der Betreiber eines personallosen Studios muss daher dafür sorgen, dass ein Sicherheitsgrad erreicht ist, den ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Mensch für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren. Gerade aus diesem Grund richtet sich der Umfang der Verkehrssicherungspflicht und der vertraglichen Schutzpflicht nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls.

Welchen Inhalt sollten Mitgliederverträge zwingend umfassen?

Aus dem sogenannten „Mitgliedschaftsvertrag“ ergeben sich die wechselseitigen Rechte und Pflichten. Für die Beurteilung von vertraglichen Schutzpflichten ist daher von großer Bedeutung, inwieweit sich aus dem geschlossenen Vertrag bestimmte Schutzpflichten ergeben bzw. herleiten lassen.

Ergibt sich z. B. aus dem Mitgliedschaftsvertrag, dass eine durch geschultes Fachpersonal zu erbringende Betreuung und Trainingsbegleitung vom Studio geschuldet ist, darf das Mitglied dies auch erwarten. Kommt es in so einem Fall zu einem Körper- und Gesundheitsschaden eines Mitgliedes und ist kein Personal vor Ort, welches Hilfe leistet, kann dadurch eine vertragliche Schutzpflichtverletzung vorliegen.

Bei einem personallosen Studiobetrieb sollte daher sowohl vertraglich als auch durch Aushänge deutlich gemacht werden, dass in einem Schadensfall keine Hilfeleistung durch Personal des Fitnessstudios möglich ist, weil es kein Personal gibt.

Eine vertragliche Regelung in den allgemeinen Geschäftsbedingungen, indem der Studiobetreiber die Haftung für Lebens-, Körper- oder Gesundheitsschäden allgemein ausschließt, ist stets unwirksam. Dies folgt aus § 309 Nr. 7 BGB. Von der Verwendung einer solchen Klausel ist daher abzuraten.

Für Lebens-, Körper- oder Gesundheitsschäden seiner Mitglieder haftet der Studiobetreiber hingegen dann, wenn mindestens eine leicht fahrlässige Pflichtverletzung des Fitnessstudiobetreibers oder seiner von ihm eingesetzten Erfüllungsgehilfen (Mitarbeiter) vorliegt. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfaltspflicht nicht beachtet. Eine leichte Fahrlässigkeit ist gegeben, wenn eine Person ihre Sorgfaltspflicht in geringem Ausmaß verletzt. Diese Bestimmung muss nicht zwingend vertraglich festgelegt werden, da sie bereits gesetzlich vorgeschrieben ist.

Pflicht zur kontinuierlichen Überwachung der Räumlichkeiten

Das Mitglied, welches sich in einem personallosen Studio anmeldet, wird wissen, dass es kein Personal gibt, welches im Schadensfall Hilfe leisten kann. Dennoch darf das Mitglied zu Recht erwarten, dass der Clubbetreiber mögliche Gefahrenquellen regelmäßig überprüft oder überprüfen lässt. Sollten die Gerätschaften, Sanitäranlagen etc. in den Räumlichkeiten nicht funktionsfähig und mögliche Gefahrenquellen durch den Betreiber nicht beseitigt worden sein, kann dies im Schadensfall eine Verletzung der Sorgfaltspflicht darstellen.

Wartung eines Fitnessgeräts
Das Mitglied, welches sich in einem personallosen Studio anmeldet, wird wissen, dass es kein Personal gibt, welches im Schadensfall Hilfe leisten kann (Bildquelle: © Atiwat - stock.adobe.com)

Die Überwachung der Gefahrenquellen sollte mindestens einmal am Tag erfolgen. Zudem sollte die Überwachung beweissicher dokumentiert werden, um die Einhaltung der Verkehrssicherungspflicht im Schadensfall nachweisen zu können.

Welche Versicherungen sind im personallosen Betrieb üblich?

Für Betreiber von personallosen Fitnessstudios ist der Abschluss einer Betriebshaftpflichtversicherung unerlässlich. Dass der Studiobetrieb personallos erfolgt, sollte dabei in den Versicherungsvertrag aufgenommen werden. Um einen etwaigen Schadensfall durch Diebstahl oder Vandalismus abzusichern, ist zudem der Abschluss einer Inhaltsversicherung erforderlich.

Ist die regelmäßige Kontrolle der Trainingsfläche Pflicht? 

Ob die Trainingsfläche des personallosen Studiobetriebes regelmäßig kontrolliert werden muss, bestimmt sich nach den Studiogegebenheiten im konkreten Einzelfall. Ein weitgehend junges Publikum oder fehlende Notknöpfe sprechen dafür, dass die Trainingsflächen in regelmäßigen Abständen kontrolliert werden müssen. Hierdurch wird eine im Schadensfall eintretende Haftung aus vertraglichen Schutzpflichten oder Verkehrssicherungspflichten ausgeschlossen. Unter einer regelmäßigen Kontrolle ist ein Zyklus von vier bis fünf Stunden zu verstehen.

Das 4-Säulen-Konzept

Für unsere Mandanten, die den Betrieb eines personallosen Studios anstreben, haben wir in Zusammenarbeit mit unseren Kooperationspartnern ein 4-Säulen-Konzept entwickelt, welches etwaige Haftungsrisiken minimiert. Das ganzheitliche 4-Säulen-Konzept umfasst: 

  • Rechtsschutz
  • Versicherungsschutz
  • Sicherheitsschutz 
  • eine SafeWatch sowie intelligente Video- und Defibrillatoren-Systeme

Bildquelle Header: © Phoompanya - stock.adobe.com

Der Autor

  • Dr. Christoph Franke

    Dr. Christoph Franke ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und für Verwaltungsrecht. 2001 hat er gemeinsam mit Dr. Hans Geisler die Kanzlei Dr. Geisler, Dr. Franke Rechtsanwälte Partner mbB gegründet. Bezüglich aller denkbaren Rechtsfragen in der Fitness- und Freizeitbranche verfügt die Kanzlei über ein einzigartiges Know-how. Speziell für die Fitnessbranche hat die Kanzlei verschiedene Rechtsberatungskonzepte entwickelt, die den Studiobetreiber entlasten und ihm Zeit für sein Kerngeschäft verschaffen.

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