Management

Mit Vision 2025 nachhaltig wachsen

Welche Gedanken gehen dem promovierten Sportpädagogen Frank Schifferdecker-Hoch durch den Kopf, wenn es darum geht, Nachhaltigkeit im Unternehmen umzusetzen?

Bei FPZ entwickeln wir Therapieprogramme für chronische, nicht übertragbare Krankheiten. In unserer Zentrale in Köln sind wir 22 Mitarbeitende. Dazu kommt ein Netzwerk aus Kostenträgern, über 1.000 Ärzten und mehr als 700 Therapeuten in über 200 Zentren in ganz Deutschland.

Wissenschaftlich, digital und netzwerkorientiert

Zu Beginn der 1990er-Jahre begann eine kleine Gruppe von Enthusiasten an der deutschen Sporthochschule in Köln, Krafttraining zur Behandlung von chronischen Rückenschmerzen zu erforschen. Wenig später entwickelten sie eine Datenbank mit allen Ergebnissen dieser wissenschaftlichen Forschung. Die daraus entstandene Software ermöglicht uns bis heute, das muskuläre Profil der Patienten exakt darzustellen. Als Nächstes begannen wir, ein Netzwerk für die „Integrierte Versorgung Rückenschmerz“ aufzubauen.

Mit diesem Netzwerk konnten wir den Patienten, neben der Teilnahme an der Therapie, auch eine umfangreiche und übergreifende ärztliche Versorgung ermöglichen. In den folgenden Jahren führten wir eine Studie zur Wirksamkeit der Methoden bei 47.692 Patienten durch: Untersuchungen zu Geschlechtsunterschieden bei der Behandlung von Rückenschmerzen, zu psychologischen Faktoren und HWS-Training. Die Ergebnisse wurden genutzt, um unsere Methodik zu verbessern und an den neuesten Stand der Forschung anzupassen.

Nachhaltigkeit unternehmerisch betrachtet

Der Begriff Nachhaltigkeit wird heute inflationär benutzt und man muss erst einmal sicherstellen, dass alle über dieselbe Sache reden. Ich verstehe unter Nachhaltigkeit die Fähigkeit, Ressourcen und Umwelt langfristig zu erhalten und zu schützen, um die Bedürfnisse der heutigen Generation zu erfüllen, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen. Nachhaltigkeit zielt also darauf ab, ein Gleichgewicht zwischen ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Aspekten herzustellen, um eine lebenswerte Zukunft für alle zu gewährleisten. Wir wollen als Unternehmen weiter expandieren, bis 2030 wollen wir unser Netzwerk auf 1.000 Therapiezentren in Deutschland ausbauen.


Durch eine papierlose Verwaltung Ressourcen sparen und den Service verbessern (Bildquelle: momius – stock.adobe.com)

Damit steigt auch die Nachfrage und das bedeutet in unserem Kontext, dass alle Verschwendungsprozesse mit skalieren: Bürokratie, die auf Papier beruht, genauso wie Patienten, die bei verschiedenen Krankheiten regelmäßig in eine Praxis fahren müssen, um dort die Therapie durchzuführen. Das machen sie in aller Regel nicht mit dem Fahrrad oder zu Fuß, sondern mit dem Pkw. Und an dieser Stelle müssen wir ansetzen, Behandlungsformen zu entwickeln, die nur im absolut notwendigen Maße auch durch physische Präsenz erbracht werden müssen. Das war der Anstoß ab 2018, unsere Prozesse und Leistungen komplett neu auszurichten und zu digitalisieren.

Ursachen von Verschwendung identifizieren

Wir haben unseren ökologischen Fußabdruck 2021 durch ein externes Unternehmen bestimmen lassen, um die Hauptursachen von Verschwendung aufzuspüren sowie Lösungen zur veränderten Umsetzung kennenzulernen. Alle zwei Jahre werden die durchgeführten Maßnahmen erneut untersucht und durch ein Follow-up-Siegel dokumentiert. Eine der Hauptursachen von Verschwendung in unserem Unternehmen ist die Teilnahmeerklärung eines Patienten. Wir haben pro Jahr mehr als 20.000 Patienten, die unser Versorgungsprogramm absolvieren. Jedes Mal muss eine Teilnahmeerklärung in der Praxis ausgedruckt und von Arzt und Patient unterzeichnet werden.

Diese faxen die Praxen dann an uns und senden es parallel mit der Post! Wir digitalisieren das Dokument dann wieder, um es am Ende gebündelt an die jeweilige Krankenkasse zu senden. Dabei hat der Gesetzgeber die Verpflichtung, auch digitale Unterschriften zu akzeptieren, und nicht, wie heute, das Dokument im Original einzufordern! Deswegen haben wir bei uns die digitale Signatur eingeführt, auch bei den Unterschriften der Patienten für die Leistungsnachweise. Man braucht einen langen Atem, um das gewohnte Verhalten aller Akteure neu auszurichten.

Vereinfachen, um zu optimieren

In vielen Bereichen ist der Zugang zur Leistung einfacher geworden – nehmen wir das Beispiel der ärztlichen Untersuchung. Früher mussten die Patienten Kontakt mit einer Arztpraxis aufnehmen, einen Termin vereinbaren, hatten mehrere Wochen Wartezeit, um dann am Tag der Untersuchung auch nochmal 1–2 Stunden im Wartezimmer zu verbringen. Heute geht das bei uns mit dem Online-Arzt. Patienten buchen auf unserer Website einen Wunschtermin mit einem Orthopäden. In der Videosprechstunde haben sie dann 20 Minuten ungeteilte Aufmerksamkeit und erhalten bei medizinischer Eignung direkt im Anschluss die Verordnung per E-Mail/SMS zugesandt. Damit gehen die Patienten dann in die Praxis und starten die Therapie. Dieser Prozess ist vor allem für die Patienten eine enorme Vereinfachung.

Unsere Vision 2025

Als wir 2019 die FPZ Vision 2025 neu entwickelt haben, haben wir uns das Ziel gesetzt, bis 2025 ausschließlich digitale Prozesse zu nutzen, also an keiner Stelle mehr den Einsatz von Papier zu benötigen. Das vereinfacht vor allem auch die Arbeit in den Praxen. Und wenn Teile der Leistungsprozesse digital werden, schonen wir die Zeit der Patienten und die Umwelt durch weniger CO₂-Ausstoß. Wir werden immer mehr digitale Leistungselemente einbauen, um als analoge Leistung nur noch den eigentlichen Kernprozess, die Therapie selbst, anzubieten.

Terminvereinbarungen, Unterschriften und Teile der Leistungen müssen viel digitaler werden, um auch den Fachkräftemangel in den Praxen zu entlasten. Teil unserer neuen Unternehmensvision 2025: Wir wollen mehr als 500.000 zusätzliche gesunde Lebensjahre bis 2025 ermöglichen. Erreichen wollen wir dieses Ziel mit Therapieprogrammen, die die menschliche Muskulatur als körpereigene Apotheke nutzen. Dabei setzen wir verstärkt auf hybride Lösungen, bei denen Patienten ihre Therapie begleitend online und von zu Hause aus absolvieren. Unser starkes Netzwerk aus Ärzten, Therapeuten und Krankenkassen steht uns dabei zur Seite.

Neues Bewusstsein etablieren

In vier Bereichen des Unternehmens konnten wir in den letzten Jahren durch einen vollständig veränderten Prozess ein neues Bewusstsein für Nachhaltigkeit etablieren:

Aus- und Weiterbildung

Warum müssen aus ganz Deutschland Therapeuten physisch nach Köln zu einer Ausbildung kommen, wenn sie dann doch wieder vor einer Leinwand sitzen, um einer Präsentation zu folgen? Hier haben wir auf 90 % digitale Fortbildung umgestellt (also E-Learnings) und zusätzlich viele dezentrale Stützpunkte ausgewählt, um – wenn schon gefahren werden muss – dann wenigstens deutlich kürzere Strecken zu ermöglichen.

Vertrieb

Der gesamte Vertriebsprozess ist heute digital: von Social-Media-Anzeigen über Videosprechstunden bis hin zu Vertragsabschlüssen. Das ist nicht nur für die Umwelt besser, sondern auch für die Mitarbeitenden. Warum 100.000 km auf den Autobahnen pro Jahr verbringen? Das ist auch ein enormer körperlicher Verschleiß.

Digitale Therapien

Warum muss ein Patient, der sich auf eine Hüft-OP vorbereitet, dazu in eine Physiopraxis gehen, um dann das Thema "Aufstehen von einem Stuhl" in einer Praxis zu üben? Kann er das nicht auch zu Hause machen? Welche Zeitverschwendung für den Patienten, um dann in 20–25 Minuten diese trivialen Dinge zu tun.

Leistungsprozesse

Viele Elemente unseres Leistungsprozesses können wir heute digitalisieren und somit für alle Seiten wesentlich einfacher ermöglichen. Das Vereinbaren von Arztterminen, die Durchführung der Arzttermine, die Unterschriften auf Dokumente etc. All das sind Beispiele, wie man Mensch und Umwelt schonen kann, um am Ende auch noch einfacher, kostengünstiger und schneller ans Ziel zu kommen.

Bildquelle Header: © Prostock-studio – stock.adobe.com

Der Autor

  • Frank Schifferdecker-Hoch

    Dr. Frank Schifferdecker-Hoch, geschäftsführender Gesellschafter der FPZ GmbH, Köln. Der promovierte Sportpädagoge startete seine berufliche Karriere 1995. In seiner aktiven Sportzeit war er Fußballtorwart und auch in der Leichtathletik zu Hause.

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