Recht

Rechtssichere Umsetzung von personallosem Fitnessstudiobetrieb

Es gibt viele Gründe, sich mit dem Konzept eines (zweitweisen) personallosen Fitnessstudiobetriebs auseinanderzusetzen. Doch welche haftungsrechtlichen Aspekte müssen dabei bedacht werden? Im Folgenden werden Umsetzungskonzepte zur rechtssicheren Handhabung eines personallosen Studios vorgestellt.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Fitnessstudiobetreiber sind dazu verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, die ein umsichtiger und verständiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren.
  • Ein Haftungsausschluss oder der Ausschluss der Haftung für Personenschäden ist nicht möglich.
  • Bei personallosen Studios muss sowohl in der Werbung als auch im Mitgliedschaftsvertrag deutlich kommuniziert werden, dass kein Personal und damit auch keine Betreuung vorhanden ist.
  • Die Räumlichkeiten und Geräte im Fitnessstudio sollten mehrmals täglich kontrolliert werden, um Verletzungsgefahren zu minimieren und sich selbst abzusichern.

Die Rechtsprechung geht davon aus, dass der Betrieb eines Fitnessstudios eine Gefahrenquelle darstellt. Den Betreiber trifft damit eine Verkehrssicherungspflicht und er hat im Rahmen des Zumutbaren alles Notwendige und Erforderliche zu veranlassen, damit die eigenen „Mitglieder“ vor Schäden bewahrt bleiben.

Die bisher ergangene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) bezieht sich auf Anlagen, in denen während der Öffnungszeiten generell Personal war, wobei auch in diesen Konstellationen die vom Studio eingesetzten Mitarbeiter natürlich nicht sämtliche Bereiche des Unternehmens permanent im Blick haben können.

Die Gerichte prüfen im Schadensfall neben einer möglichen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht auch, ob ggfs. vertragliche Schutzpflichten durch den Studiobetreiber gegenüber dem Mitglied verletzt wurden. Derartige Schutzpflichten umfassen als schuldrechtliche Nebenpflicht das Gebot, sich bei der Abwicklung des Vertrages so zu verhalten, dass Körper, Leben, Eigentum und sonstige Rechtsgüter des anderen Teils (hier: des Mitglieds) nicht verletzt werden.

Derjenige, der eine Gefahrenlage schafft (hier: der Studiobetreiber), ist grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren.

Dieser von der Rechtsprechung zugrunde gelegte Maßstab gilt für alle Vertragssituationen und damit auch für personallose Fitnessstudios. Dabei ist der Betreiber aber nicht verpflichtet, jeder abstrakten Gefahr vorbeugend zu begegnen. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Sorgfaltspflicht genüge getan, wenn ein Sicherheitsgrad erreicht ist, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende
Verkehrsauffassung für erforderlich hält.

Unter der Verkehrsauffassung wird die Anschauung der betroffenen Verkehrskreise oder der überwiegenden Mehrheit der Allgemeinheit verstanden. Diese wird also in der hier interessierenden Konstellation das Verständnis und die Erwartungshaltung des jeweiligen Mitgliederstamms betreffen. Zu berücksichtigen sind daher auch die vertraglichen Rechte und Pflichten sowie auch die Werbung des Studios mit den versprochenen Leistungen und der vorhandenen Kompetenz, z. B. in Bezug auf die Ausbildung und Qualifikation des eingesetzten Personals und die Überwachung und Betreuung.

Sind im Mitgliedschaftsvertrag Haftungsbegrenzungen möglich?

Ausgangspunkt für alle rechtlichen Überlegungen ist die konkrete Ausgestaltung der jeweiligen Vertragsbeziehung zwischen dem Mitglied und dem Studio. Insoweit kommt es darauf an, was genau Gegenstand dessogenannten Mitgliedschaftsvertrages ist.

Wird aufgrund der Werbung und gegebenenfalls auch der vom Fitnessclub verwendeten Vertragsunterlagen mit überobligatorisch qualifiziertem Personal, also gesondert geschultem Personal oder sogar dem Einsatz von Physiotherapeuten und Ärzten, geworben und wird dieses zur Vertragsgrundlage, so stellt sich die Erwartungshaltung des Mitglieds und der angesprochenen Verkehrskreise ganz anders dar als bei einer reinen Überlassung der Geräte und Räumlichkeiten.


Fraglich ist, welche konkreten Sicherheitsvorkehrungen von Studiobetreibern verlangt werden, damit diese bei Unfällen nicht haften (Bildquelle: © Supachai - stock.adobe.com)

Bei personallosen Studios sollte daher sowohl in der Werbung als auch im Mitgliedschaftsvertrag deutlich kommuniziert werden, dass kein Personal und damit auch keine Betreuung vorhanden ist.

Würden die Betreiber eines Fitnessstudios vertraglich eine Haftung für Personenschäden ausschließen können, wäre die Thematik schnell und umfassend gelöst. Dies ist jedoch nicht möglich! Eine in der Mitgliedschaft oder der Hausordnung die Haftung für Lebens-, Körper- oder Gesundheitsschäden enthaltene begrenzende Klausel fällt in den Anwendungsbereich des AGB-Rechts.

Einschlägig ist insoweit die Vorschrift des § 309 Nr. 7 BGB, die ein Klauselverbot ohne Wertungsmöglichkeit enthält. Dies bedeutet, dass jede Klausel, die gegen die Vorschrift verstößt, stets unwirksam ist. Die Regelung betrifft Klauseln, welche die Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit betreffen. Auch pauschale vertragliche Haftungsausschlussklauseln im Mitgliedschaftsvertrag, wie z. B. „Die Nutzung erfolgt auf eigene Gefahr“, sind unwirksam.

Der Fitnessclub haftet jedoch nur dann, wenn eine mindestens leicht fahrlässige Pflichtverletzung vorliegt. Ohne Pflichtverletzung keine Haftung. Damit haftet das Studio auch nicht für selbstverschuldete Unfälle des Mitglieds. Dies ergibt sich aus der gesetzlichen Systematik und muss nicht gesondert vertraglich vereinbart werden. Ausnahmen können nur dann bestehen, wenn das Studio eine vertraglich übernommene Sorgfaltspflicht oder allgemeine Verkehrssicherungspflichten verletzt hat.

Konkrete Anforderungen an den Betrieb personalloser Studios

Die herrschende Verkehrsauffassung orientiert sich an den Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls. Der Betrieb eines personallosen Fitnessstudios begründet zunächst eine objektive Gefahrenlage, aus der sich die naheliegende Möglichkeit einer Schädigung anderer ergibt.

So kann z. B. ein Mitglied während des Langhanteltrainings einen Kreislaufkollaps bekommen und ohnmächtig unter der Hantel liegen bleiben. Dabei ist den jeweiligen Nutzern jedoch bewusst, dass durch das Trainieren und die damit begründete körperliche Anstrengung ein potenziell gesteigertes Risiko begründet wird.

Fraglich ist, welche konkreten Sicherheitsvorkehrungen von dem Betreiber verlangt werden, damit dieser bei Unfällen nicht haftet. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH sind die Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise für ausreichend halten darf und die ihm nach den Umständen auch zuzumuten sind (vgl. z. B. BGH, NJW 2008, 3775).

Betroffene Verkehrskreise sind die Betreiber von personallosen Fitnessstudios und deren Mitglieder. Personallose Studios verfügen üblicherweise nicht über Personal (jedenfalls nicht vor Ort); also findet auch keine Überwachung des Trainingsbetriebs statt. Wenn dies den Kunden so bekannt ist – und dies damit der herrschenden Verkehrsauffassung entspräche –, dann erwartet auch kein Kunde eine Überwachung seines Trainings. Eine fehlende Überwachung kann damit bei personallosen Studios auch grundsätzlich keine Pflichtverletzung darstellen.

Allgemeine Überwachung und Beseitigung von Gefahrenquellen

Jeder Nutzer eines personallosen Fitnessstudios geht berechtigterweise davon aus, dass die Räumlichkeiten auch beim personallosen Studio im Hinblick auf mögliche Beschädigungen, Gefahrenquellen durch Vandalismus oder Unfälle, z. B. einem zersplitterten Spiegel oder Glasflaschen, Funktionsfähigkeit der Geräte, Wartungsintervalle an den Geräten, Reinigungsarbeiten, Auffüllen der Automaten etc. regelmäßig überprüft werden.

Hieraus folgt, dass durchaus erwartet wird, dass die Räumlichkeiten nicht nie, sondern vielmehr auch regelmäßig überprüft werden. Der Betreiber eines personallosen Fitnessstudios ist in jedem Fall verpflichtet, seine Räumlichkeiten und Geräte in einem funktionsfähigen Zustand zu bewahren und mögliche Gefahrenquellen zu beseitigen, um Verletzungsgefahren zu minimieren. Ein sich quasi selbst überlassener Fitnessclub, in dem sich sodann Gefahrenquellen bilden können, stellt eine Verletzung der Sorgfaltspflichten dar.


Personallose Studios müssen regelmäßig im Hinblick auf mögliche Beschädigungen, Gefahrenquellen durch Vandalismus oder Unfälle, Funktionsfähigkeit, Wartungsintervalle an den Geräten und Reinigungsarbeiten überprüft werden (Bildquelle: © murziknata - stock.adobe.com)

Aus diesen Gründen empfehlen wir, mindestens einmal am Tag bzw. falls das Studio rund um die Uhr geöffnet ist, mindestens zweimal, die Räumlichkeiten und Geräte zu kontrollieren und etwaige Gefahrenquellen zu beseitigen. Die tatsächliche Durchführung der Kontrollen sollte beweissicher dokumentiert werden, damit die Überwachung dieser Verkehrssicherungspflicht auch nachgewiesen werden kann.

Wir können uns bislang nicht auf konkrete Rechtsprechung berufen. Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass ein Gericht kürzere Intervalle der Überprüfung für notwendig hält als die hier dargestellten. Schließlich ist noch zu bedenken, dass im Falle eines Schadensereignisses nicht nur zivilrechtliche Ansprüche drohen, sondern gegebenenfalls auch eine strafrechtliche Haftung in Betracht kommt. Diese könnten etwa eine fahrlässige Körperverletzung, aber auch im Extremfall eine fahrlässige Tötung durch Unterlassen (unterlassene Aufsicht) sein.

Kontrollpflicht hinsichtlich der Trainingsfläche?

Es stellt sich daran anknüpfend die Frage, ob auch die Trainingsfläche zu überwachen ist. Die Frage der Kontrollpflicht ist nicht nur allgemein, sondern auch konkret anhand der individuellen Studiogegebenheiten zu beantworten. Wenn z. B. viele Jugendliche oder junge Erwachsene trainieren, dann spricht vieles dafür, dass in einem solchen Club häufiger zu kontrollieren ist, als dies bei älteren Mitgliedern der Fall ist.

Wenn in dem personallosen Studio mehrere Notknöpfe vorhanden sind und auch eine Möglichkeit besteht, einen Krankenwagen und Rettungssanitäter anzurufen, haftet der Studiobetreiber weder aus der Verletzung von vertraglichen Pflichten noch aus Gesichtspunkten der Verkehrssicherungspflicht.

Um derartige Probleme und emotional belastende Gerichts- und Strafverfahren zu vermeiden, empfehlen wir, dass auch im personallosen Studiobetrieb in regelmäßigen Zyklen, z. B. alle vier bis fünf Stunden, kontrolliert wird.

Die fortschreitende technische Entwicklung wird in den nächsten Monaten und Jahren dazu führen, dass die Gesundheit der Mitglieder und der Gesundheitszustand auch während eines unbeaufsichtigten Trainings überwacht werden können. Derartige technische Entwicklungen können auch zu einer geänderten Erwartungshaltung der beteiligten Verkehrskreise führen. Behalten Sie daher die technischen Entwicklungen im Blick.

Für ausreichenden Versicherungsschutz sorgen

Schließen Sie auf jeden Fall für den Betrieb eine Betriebshaftpflichtversicherung unter Hinweis auf die Personallosigkeit ab. Zudem eine Inhaltsversicherung, damit Diebstahl und Vandalismus versichert sind.

Bildquelle Header: © fotofabrika - stock.adobe.com

Der Autor

  • Dr. Hans Geisler

    Dr. Geisler, Dr. Franke Rechtsanwälte PartmbB steht für kompetente, zielorientierte und effektive Beratung von Unternehmen. Zu der Kanzlei gehören aktuell 12 Rechtsanwälte/innen und über 30 Mitarbeiter/innen. Schwerpunkt ist die bundesweite Beratung mittelständischer und großer Unternehmen in nahezu allen Rechtsfragen. Sämtliche Rechtsanwälte / innen haben sich auf verschiedene Fachgebiete spezialisiert, oftmals bis zur Erlangung eines Fachanwaltstitels. Bezüglich aller denkbaren Rechtsfragen in der Fitness- und Freizeitbranche verfügt die Kanzlei über ein einzigartiges Know-how. Speziell für die Fitnessbranche hat die Kanzlei verschiedene Rechtsberatungskonzepte entwickelt, die den Studiobetreiber entlasten und ihm Zeit für sein Kerngeschäft verschaffen.

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