Best Practice

Betriebshaftpflichtversicherung für personallose Fitnessstudios

Als Selbstständiger ist man in Deutschland dazu verpflichtet, für Schäden einzustehen, die bei einem Dritten verursacht werden. Trotz großer Vorsicht ist ein solcher Schaden schnell passiert. Deshalb gehört eine Betriebshaftpflicht zu den Gewerbeversicherungen, die jeder Selbstständige unbedingt abschließen sollte.

Im Bereich der personallosen Fitnessstudios oder Konzepte mit personallosen Zeiten, die immer mehr an Popularität gewinnen, gilt es im Hinblick auf die Betriebshaftpflichtversicherung besonders aufmerksam zu sein. Denn in diesen Clubs gibt es keine ständig anwesenden Mitarbeiter, die z. B. Trainingsflächen regelmäßig kontrollieren. Dadurch kommt es zu neuen Herausforderungen, besonders auf die im Versicherungsvertrag verankerten Obliegenheiten und Sicherheitsvorschriften.

Aber was sind Obliegenheiten und Sicherheitsvorschriften genau?

Obliegenheiten sind dazu da, Risiken zu vermeiden, und sie sind ein Stück weit auch Präventionsarbeit. Ohne Regeln und Gesetze ist jede Gefahr für einen Versicherer ein unkalkulierbares Risiko und eine Prämiengestaltung ist so gut wie nicht möglich.

Diese Pflichten regeln nicht nur den Versicherungsschutz, sondern schützen auch den Fitnessbetreiber und sein Umfeld vor Gefahren. Schließt man einen Versicherungsvertrag ab, hat man nicht nur Rechte, sondern auch bestimmte Pflichten.

Obliegenheiten gibt es vor Eintritt des Versicherungsfalles, aber auch danach. Grundsätzlich spricht man von drei Arten. Zum einen die versicherungsvertraglichen Vorschriften. Genauso wichtig sind allerdings auch die gesetzlichen Vorschriften und die behördlichen Vorschriften. Denn diese schlagen sich automatisch auch immer in den versicherungsvertraglichen Vorschriften nieder. Also sollte der Fitnessbetreiber diese auch unbedingt kennen.

Sollten Obliegenheiten verletzt werden, hat der Versicherer ein quotales Leistungskürzungsrecht bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit, immer in Abhängigkeit davon, wie groß die Obliegenheitsverletzung war. Das folgende Beispiel (Auszug aus einem Bedingungswerk eines großen Versicherers) dient der Verdeutlichung, was Obliegenheiten vor und nach einem Versicherungsfall sind.

Obliegenheiten vor Eintritt des Versicherungsfalls

Besonders gefahrdrohende Umstände hat der Versicherungsnehmer auf Verlangen des Versicherers innerhalb angemessener Frist zu beseitigen. Dies gilt nicht, soweit die Beseitigung unter Abwägung der beiderseitigen Interessen unzumutbar ist. Ein Umstand, der zu einem Schaden geführt hat, gilt ohne Weiteres als besonders gefahrdrohend.

Obliegenheiten bei und nach Eintritt des Versicherungsfalls

Der Versicherungsnehmer hat bei und nach Eintritt des Versicherungsfalls folgende Obliegenheiten zu erfüllen: Er hat nach Möglichkeit für die Abwendung und Minderung des Schadens zu sorgen. Dabei hat der Versicherungsnehmer die Weisungen des Versicherers, soweit für ihn zumutbar, zu befolgen sowie Weisungen ggf. auch mündlich oder telefonisch einzuholen, wenn die Umstände dies gestatten. Erteilen mehrere an dem Versicherungsvertrag beteiligte Versicherer unterschiedliche Weisungen, hat der Versicherungsnehmer nach pflichtgemäßem Ermessen zu handeln.


Unternehmer und Selbstständige sind in Deutschland dazu verpflichtet, für Schäden einzustehen, die bei einem Dritten verursacht werden, seien es Personenschäden, Sachschäden oder Vermögensschäden (Bildquelle: © Supachai - stock.adobe.com)

Gerade in Bezug auf personallose Studios sind die vorgetragenen Themen als sehr kritisch zu betrachten. Jeder Betreiber eines personallosen Fitnessstudios sollte sich daher mit seinen aktuellen Haftpflichtbedingungen auseinandersetzen, insbesondere im Bereich der Obliegenheiten und Sicherheitsvorschriften. Denn diese können von Anbieter zu Anbieter durchaus unterschiedlich dokumentiert sein. In manchen Fällen entscheidet vielleicht sogar nur ein einziges Wort in den Bedingungen über problemlose und problembehaftete bis hin zu keiner Regulierung im Schadenfall.

Wie sollen Schäden ohne Personal abgewendet werden? 

Wann, wie lange bzw. welches Personal vor Ort ist, zeigt sich ebenso unterschiedlich. Wie soll ein Schaden abgewendet oder gemindert werden, wenn kein Personal vor Ort ist? Im vorgetragenen Beispiel hat der Versicherungsnehmer, also der Studiobetreiber, nach „Möglichkeit“ den Schaden abzuwenden bzw. zu mindern. Spätestens an dieser Stelle wird es problematisch, sofern man keine saubere und klare Dokumentation innerhalb seines Versicherungsvertrages hat.

Etwas entschärft ist die Situation im Bereich personalfreier Zeiten. Aber Achtung, auch hier bedarf es genauer Dokumentation und guter Beratung. Unter personalfreien Zeiten versteht man in der Regel nur wenige Stunden pro Tag ohne Personal. Im Folgenden einige wichtige Tipps, die man als Betreiber eines personallosen Studios bzw. bei den personalfreien Zeiten beherzigen sollte.

Tipps für Betreiber von personallosen Studios

Eine Kameraüberwachung sehen Versicherer jederzeit gerne, ebenso eine Einbruchmeldeanlage. Die Art der Meldeanlage könnte durchaus zweitrangig und bei 24/7-Konzepten überflüssig sein. Darüber hinaus sind eingebaute Notschalter in derartigen Anlagen vorteilhaft. Eine klare und nachweisbare Dokumentation und Kommunikation, wann (Tage und Zeiten) Personal am Versicherungsort anwesend ist, ist zu empfehlen.

Zumindest einmal täglich sollte am Versicherungsort für einen gewissen Zeitraum Personal anwesend sein, um nach dem Rechten zu sehen. Dies sollte immer dokumentiert werden.

In jedem Fall immer den Sachverhalt im Vorfeld mit dem Versicherer abklären. Im besten Fall ist die Tätigkeitsbeschreibung als personalloses Fitnessstudio innerhalb der Police dokumentiert und der Versicherungsschutz durch die Gesellschaft bestätigt.

Im Wust vieler Versicherer scheint es daher auch sehr wichtig, bei der Versicherungsberatung auf das Kriterium der Marktneutralität und Unabhängigkeit zu schauen. Versicherungsmakler, die sich mit speziellen Zielgruppen wie z. B. der Fitnessbranche nachhaltig und intensiv beschäftigen, haben in der Regel durch spezielle Branchenkonzepte alle Vorkehrungen getroffen und derartige Themen positiv geregelt.

Bildquelle Header: © Jale Ibrak; Daniel Ernst - stock.adobe.com

Der Autor

  • Mario Böhnlein

    Mario Böhnlein ist seit dem Jahr 2008 als Branchenspezialist im Bereich Versicherungen für Fitnessstudios unterwegs und hat darüber hinaus auch schon eine Vielzahl von Schäden in Studios begleitet. Die Entwicklungen und Veränderungen der Branche werden durch ihn und sein Unternehmen, pisa experts GmbH aus Würzburg, hierbei immer aus der Risikorelevanz heraus betrachtet. Dadurch werden Sonderdeckungskonzepte speziell für die Bedürfnisse von Fitnessstudiobetreibern zur Verfügung gestellt und immer aktuell gehalten.

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