Physiotherapie

Erste Eckdatenstudie zur Physiotherapie

Sinnvolle unternehmerische Entscheidungen basieren auf einer guten Datengrundlage. Lange gab es für die Physiotherapiebranche nur unzureichende Daten. Jetzt haben die Steuerberatung ETL ADVISION und der Verlag für Prävention & Gesundheit GmbH die erste Eckdatenstudie zur Physiotherapie vorgelegt.

Im deutschen Fitnessmarkt werden schon seit vielen Jahren im Auftrag des Arbeitgeberverbandes DSSV statistische Erhebungen in Zusammenarbeit mit Beratungsunternehmen und Hochschulen durchgeführt. Auf diese Weise werden der Branche umfangreiche Informations- und Planungsdaten zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus dienen die Eckdaten in der Außendarstellung gegenüber Politik, Kreditinstituten sowie Presse und Medien als „Visitenkarte der Branche“.

Für die Physiotherapie fehlten solche systematisch erhobenen Daten bisher. Die jetzt vorliegende erste Eckdatenstudie für die Physiotherapie gibt eine allgemeine Zustandsbeschreibung der Physiotherapieeinrichtungen in Deutschland für das Jahr 2023 wieder. Die Autoren der Studie, Patrick Schlenz und Christoph Soldanski, haben Daten zu verschiedenen Fragestellungen zusammengetragen.

In Anbetracht der Entwicklung der Physiotherapiebranche und der Probleme, vor denen sie steht (demografischer Wandel, Fachkräftemangel, Digitalisierung, Modernisierung der Ausbildung etc.), sind solch valide erhobene Daten von großer Bedeutung.

Sowohl die Politik als auch die Industrie und nicht zuletzt die Betreiber von Physiotherapieeinrichtungen suchen nach Daten, um tragfähige Entscheidungen treffen zu können. Auch Investoren müssen verlässliche Zahlen und Daten zur Hand haben, damit sie sich einen Überblick über die Branche verschaffen können.

Praxen

Die genaue Anzahl der Praxen ist weiterhin nicht bekannt. Laut dem Branchenbrief der VR-Bank belief sich deren Zahl im Jahr 2011 auf 27.000, andere Quellen gehen von 38.000 Einrichtungen im Jahr 2017 aus. Bei den Praxen scheint es einen Gründungsboom in den 2010er-Jahren gegeben zu haben.


Die Eckdatenstudie zur Physiotherapie als Datenbasis für unternehmerische Entscheidungen in der Branche

Der GKV-Spitzenverband beziffert die Zahl der zugelassenen Praxen mit Stand vom 30.04.2022 auf 40.113, die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) auf 49.405. Von den Praxen werden 82,7 % als Einzelunternehmen betrieben, 11,8 % als Personengesellschaft, 1,0 % als Kapitalgesellschaft.

Mitarbeiter

73,2 % der Physiotherapeuten sind weiblich, 26,8 % männlich. Das durchschnittliche Monatsgehalt liegt bei 2.606 € brutto. In jeder Praxis sind im Durchschnitt 5,6 Personen beschäftigt. Insgesamt waren im Jahr 2021 rund 166.000 sozialversicherungspflichtige Physiotherapeuten beschäftigt (Quelle: Statista 2023). Gegenüber dem Jahr 2012 (131.343) ergibt sich ein Zuwachs von 34.700 Beschäftigten (+26,4 %). Zählt man die geringfügig Beschäftigten hinzu, beläuft sich die Gesamtzahl der in Deutschland tätigen PhysiotherapeutInnen auf über 200.000 (Quelle: Stat. Bundesamt).

Mitarbeitersuche

Ein zentrales Problem in den Praxen ist die Mitarbeitersuche. 51,4 % der Praxen nutzen das Angebot der Stellenmärkte im Internet und 47,6 % in Printmedien. 32 % vertrauen auf „Mund zu Mund“, 32 % suchen über das Jobcenter. Im Bereich der sozialen Medien scheint noch Potenzial zu sein: Nur 18,4 % geben an, Facebook für die Mitarbeitergewinnung zu nutzen.

Informationsquellen

Ihre Informationen beziehen die Betreiber der Praxen vor allem von den Verbänden (72,7 %), aus Recherchen im Internet (48,3 %) und Fachmagazinen (47,3 %), oder sie informieren sich auf Messen (34,1 %).
Nur 6,8 % nutzen dafür Social Media. 52,4 % gaben an, keines der Social-Media-Netzwerke beruflich oder privat einzusetzen.

Digitalisierung

Die am häufigsten in Praxen eingesetzte Software war Theorg (23,3 %), gefolgt von Optica Viva (12,5 %) und Thera Plus (8,7 %). Erstaunlich: In immer noch 18,8 % der Praxen wird nach Angaben der Betreiber keine Software eingesetzt. Auf einer Skala von 1 bis 5 vergab eine Mehrheit von 40,8 % für den Stand der Digitalisierung ihrer Praxis einen durchschnittlichen Wert von 3,03.

Telematikinfrastruktur

Eine ähnlich große Mehrheit von 41,2 % gab an, sich noch nicht bezüglich der neuen Telematikinfrastruktur ab 2026 informiert zu haben. Weitere 30,4 % haben sich informiert und warten noch ab. Nur 7,2 % möchten das Unternehmen bis 2024 an die Telematikinfrastruktur anschließen lassen. Bedenken gegen eine Ausweitung der Telematik sind vor allem: kein Mehrwert für die Praxis erkennbar (47,9 %), Kosten (12,4 %), mangelnde Information (10,7 %), keine Zeit (10,1 %).

Abrechnung

Für die Abrechnung vertrauen über 70 % auf einen Dienstleister, 28,6 % der Praxen rechnen selbst ab. Bei den Dienstleistern liegen Optica (23,8 %), Noventi (18,8 %) und opta data (9,0 %) vorn.

Wenn diese Daten in Zukunft regelmäßig erhoben werden und dabei die Datenbasis noch größer wird, dann können diese Daten eine große Hilfestellung für weitreichende Entscheidungen in der Physiotherapiebranche darstellen.

Weitere Ergebnisse der Studie im Überblick

  • 8,6 % der Praxen sind Einpersonenbetriebe.
  • Zwei Drittel der Physiotherapiepraxen haben drei bis zehn Mitarbeiter.
  • Die durchschnittliche Gesamtfläche einer Physiotherapiepraxis liegt bei 152,4 m2.
  • Zwei Drittel der Räume sind gemietet, im Schnitt für 8,63 € Kaltmiete pro m2.
  • Die Einrichtungen sind im Durchschnitt an 4,9 Tagen der Woche für 47,8 Stunden geöffnet.
  • Der durchschnittliche Brutto-Jahresumsatz beträgt 241.844 € je Praxis und 43.186 € je Mitarbeiter.
  • Zwei Drittel der Praxen haben einen eigenen Selbstzahlerbereich.
  • 57,6 % der Unternehmen haben offene Stellen, im Schnitt sind 1,3 Stellen unbesetzt.
  • 46 % der Praxisinhaber bewerten ihre aktuelle wirtschaftliche Situation als sehr gut.
  • 2022 wurden insgesamt 445 Millionen Euro investiert.
  • 2023 sind Investitionen in Höhe von 500 Millionen vorgesehen, 10.000 € je Unternehmen.

Die Eckdatenstudie zur Physiotherapie 2023 können Sie hier herunterladen.

Bildquelle Header: © BODYMEDIA GmbH & Co. KG

Der Autor

  • Jan Althoff

    Jan Althoff ist Physiotherapeut, hat einen M.Sc. in Neurorehabilitationsforschung und ist Auditor für Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen. Er sammelte Erfahrung in internationalen Projekten im Bereich Rehabilitation, Entwicklung und Aufbau von Rehaeinrichtungen, Aus- und Weiterbildung von Therapeuten.

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