Physiotherapie

Lösungen für mehr Umsatz in der Physiotherapie

Aktuell hören wir in unserer Branche sehr oft, dass die Gesundheitsbranche ein Wachstumsmarkt ist. Wenn wir uns mal die Zahlen aus dem HIS-Gutachten der GKV Heilmittel­schnellinformation von Januar bis Juni 2023 genauer anschauen, stellen wir fest, dass der Bruttoumsatz im Vergleich zum Vorjahr um 6,6 % gestiegen ist. Das klingt erst mal vielversprechend.

Wir Therapeuten hatten allerdings am 1. Januar 2023 eine Beitragsanpassung für unsere Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen um 8,49 %. Das bedeutet gleichzeitig einen doppelten Verlust. Die Leistungseinnahmen sind gesunken und die Kosten für Mieten und Personal gestiegen.

Mit diesem Gutachten haben die gesetzlichen Krankenkassen erstmalig selbst bestätigt, dass wir einen Fachkräftemangel in unserer Branche haben, denn die durchschnittliche Wartezeit für Patienten liegt in Deutschland bei drei Wochen und bei Hausbesuchen sogar bis zu fünf Wochen. (siehe Grafik 1).

Grafik 1: Umsätze und Mengen je Heilmittelbereich
Grafik 1: Umsätze und Mengen je Heilmittelbereich

Bisher haben sich die Kassen gerne auf das Argument der steten Mengenausweitung berufen, dieses Argument ist nun weggefallen. Dies bestätigt auch die Fachkräfteengpass­analyse der Bundesagentur für Arbeit aus 2022. Die ­Vakanzzeiten bis zur Neubesetzung einer offenen Stelle lagen bei 233 Arbeits­tagen und haben sich somit innerhalb von sechs Jahren fast verdoppelt.

Grafik 2: Vakanzzeiten in der Physiotherapie
Grafik 2: Vakanzzeiten in der Physiotherapie

Damit gehört die Physiotherapie zu den zehn Berufen mit den stärksten Indikatoren für einen Fachkräftemangel. Wir liegen auf dem 6. Platz. Das ist deutlich und die Tendenz ist erschreckend für unsere Branche (siehe Grafik 2).

Höhere Umsätze mit weniger Therapeuten 

Viele von uns investieren eine Menge Zeit und Geld in eine ­Arbeitgebermarke, schöne Räumlichkeiten, ­innovative Arbeitsplätze und tolle Konzepte. Dies ist auch gut so und es zeigt sich, dass sich aktuell die Spreu vom Weizen trennt. Nur diese Arbeitgeber finden noch neue Mitarbeiter. Aber wenn der Trend so weitergeht, wird auch dies nicht mehr langfristig ausreichen.

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Wir müssen in der Therapie Wege finden, um höhere Umsätze mit ­weniger Thera­peuten zu generieren. Bedeutet zum einen, dass Gruppentherapie ein Weg ist, aber wir müssen auch endlich an die Löhne ran. Ein Physiotherapeut muss mit seinem Einkommen ordentlich leben können, nur dann ist er glücklich und bleibt langfristig in unserer Branche. Schauen wir uns mal die wichtigste Kennzahl einer Physiotherapie­praxis an. Immer wenn ich in Vorträgen diese Frage stelle, kommen die interessantesten Antworten. In meinen Augen ist die wichtigste Kennzahl der Stundenumsatz, den ein Therapeut generiert. Natürlich gibt es noch weitere Kennzahlen.

Ich bin in vielen Praxen unterwegs und hier gibt es große Unterschiede bzw. viele kennen nicht mal den Stundenumsatz in ihrer Praxis. In der ­Spanne zwischen 55 und 75 Euro ist alles dabei. ­Unsere Aufgabe als Unternehmer wird es in den nächsten Jahren sein, einen durchschnittlichen Stunden­umsatz von 70 bis 75 Euro zu generieren. Da sind viele Praxen, wenn sie ihren Stundenumsatz überhaupt kennen, noch weit von entfernt (siehe Grafik 3).

Grafik 3: Die Grafik verdeutlicht, die Spanne des Stundenumsatzes in Physiopraxen
Grafik 3: Die Grafik verdeutlicht, die Spanne des Stundenumsatzes in Physiopraxen

Rechnet man den Stundenumsatz dann auf den Umsatz eines Therapeuten auf das Jahr hoch, so sieht man erst mal, was das für Unterschiede sind. Knappe 30.000 Euro mit einem Vollzeittherapeuten mehr oder weniger Umsatz, das ist eine Menge.

Es gibt natürlich weitere wichtige Parameter, um eine Praxis effizient zu führen. Wir haben hierzu extra ein eigenes Praxis­controlling aufgebaut, in dem wir ­unsere Kunden schulen. Mit diesem Controlling ist die Praxis endlich steuer­bar. Das Leben nach dem Kontostand zum Monatsende hat damit ein Ende. Praxisbetreiber können aktiv Einfluss auf ihre Zahlen nehmen und sehen nicht nur das Ergebnis in ihrer Bilanz durch den Steuerberater.

Das bedeutet, dass wir eine Umsatzsteigerung in der Physiotherapie schaffen müssen. Die Anpassung der GKV-Preise um 6,44 % war ­sicherlich ein erster Schritt, der aber nicht ausrei­chend ist. Auch die ­Privatpreise müssen entsprechend angepasst werden.

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Von allen Seiten zerren sie ­gerade an den Praxisinhabern. Mitarbeiter fordern zu Recht mehr Geld. Auch sie ha­ben steigende Ausgaben durch die Inflation. Firmen und Lieferanten müssen die Preise anpassen und viele weitere Faktoren führen zu steigenden Kosten.

Vier Wege zur Umsatzsteigerung 

Ich möchte im folgenden vier Wege beschreiben, die kurz- und langfristig zu einer Umsatzsteigerung führen. 

  • Prozesse und Teamführung
  • Verordnungsmanagement
  • Aktive Therapie
  • Einsatz von Schülerpraktikanten

Diese vier Konzepte wurden in unseren eigenen Anlagen von Physiotherapeuten erarbeitet und sie funktionieren.

Warum sind Prozesse und ­Teamführung wichtig?

Wir haben vier Unternehmensziele: Mitarbeiterzufriedenheit, Patientenzufriedenheit, Zusatzumsätze und Patientenneugewinnung. Diese Ziele sind für uns messbar und wir haben in der Praxis Prozesse definiert, die in diese Unternehmensziele einzahlen. Wenn das Unternehmensziel Mitarbeiter­zufriedenheit sinkt, werden im Team die Einzelprozesse individuell geschult, die in das Unternehmensziel Mitarbeiter­zufriedenheit einzahlen.

Der ­Fokus liegt auf den Einzelaufgaben, die überdurchschnittlich in ein Unternehmensziel einzahlen. Unsere Mitarbeiter ­schulen wir dazu individuell. Teammeetings werden nur noch zum fachlichen Austausch genutzt. In Einzelmeetings werden Mitarbeiter dort abgeholt, wo sie zu der Einzelaufgabe stehen. Diese Prozesse müssen natürlich digital für alle Mitarbeiter abrufbar sein. Hierzu haben wir Lösungen für unsere Mitarbeiter, aber auch für unsere Kunden bei ­POSITION.

Was bedeutet Verordnungsmanagement?

Es gibt eine neue Diagnoseliste für besonderen und langfristigen Heilmittel­bedarf. Dort stehen auf 20 Seiten Diagnosegruppen, die der Arzt extrabudgetär verordnen darf. Hier lohnt sich ein Besuch beim Arzt. Meine Erfahrung zeigt, dass die wenigsten ­Ärzte und auch die wenigsten ­Physiotherapeuten darüber informiert sind. Wir haben ein Konzept, wie die Kontaktaufnahme zum Arzt funktioniert und wie die Umsetzung am Empfang und in der Praxis einen Umsatzbooster auslöst.

Wie kann aktive Therapie ­umgesetzt werden?

Der Wunsch der Therapeuten nach einem abwechslungsreicheren Arbeits­alltag ist groß. Weg von der Bank und einen Patienten nach dem anderen „schrubben“. Als Physiotherapeut kann ich diesen Wunsch nachvollziehen und verstehen. Ziel sollte es sein, nicht mehr das zu machen, was sich die Patienten wünschen, sondern leitlinienkonform und evidenzbasiert zu arbeiten. 

Physiotherapeutin behandelt Patienten
Zukünftig muss es das Ziel sein, mit weniger Therapeuten mehr Umsatz zu erzielen (Bildquelle: © Pixel-Shot - stock.adobe.com)

Die Ärzte und Krankenkassen nehmen Physiotherapeuten als Masseure wahr. Wir sind aber auch selbst schuld ­daran, weil wir nicht nachweisen, was wir können, und auch nicht evidenz­basiert arbeiten. Diesen Wunsch haben auch die Physiotherapeuten, die jetzt auf den Markt kommen.

Kann man den Patienten vorab nicht einen digitalen Fragebogen zukommen lassen und ihn dann in Therapiekonzepte einordnen? Kann man! Genau das haben wir umgesetzt. Und es ist lohnenswert, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Patienten können aktiv auf der Trainingsfläche arbeiten, Therapeuten können Hands-off behandeln und haben eine Abwechslung zum Behandlungsraum. Das wird in Zukunft die Königsdisziplin werden. Mehr Patienten und weniger Therapeuten. Das bedeutet, es muss in Gruppen und Therapiestraßen behandelt werden. 

Schülerpraktikanten – ein ­lohnendes Invest?

Mein Praktikum während meines Bachelorstudiums absolvierte ich in einer ambulanten Rehaklinik. Ich habe acht Stunden lang Aqua-Kurse machen müssen, bei 40 Grad Raumtemperatur und 90 % Luftfeuchtigkeit. Danach habe ich mich schon gefragt: Möchte ich wirklich Physiotherapeut werden? Auf jeden Fall nicht in dieser Rehaklinik.

Schülerpraktikanten sind die Mitarbeiter von morgen und wir sollten sie auf jeden Fall auch wie Teammitglieder behandeln. Mit dem neuen Rahmenvertrag dürfen sie auch in der Praxis offiziell am Patienten arbeiten. Mit ­einer guten Begleitung im Team, festem Ansprechpartner und einem Einarbeitungsplan können sie wirtschaftlich durchaus sehr interessant sein. Warum können sie nicht ­einen Patienten pro Stunde behandeln? Bei einem sechswöchigen Praktikum bedeutet das immerhin 5.000 Euro Umsatz für den Praxisinhaber.

Fazit

Alles in allem sind das wichtige Punkte, um den eigenen Praxiserfolg nicht dem Zufall zu überlassen. Ich freue mich auf die Zukunft und auf die Arbeit und Innovation in der Physiotherapie – dem aus meiner Sicht tollsten Job der Welt.

Bildquelle Header: © Pixel-Shot © fotohansel - stock.adobe.com

Der Autor

  • Tobias Labermeier

    Tobias Labermeier ist 43 Jahre alt, zweifacher Familienvater und Physiotherapeut von Beruf. Zusammen mit seiner Frau und einem weiteren Partner hat er die Vitova-Gruppe, bestehend aus acht Standorten, darunter fünf Physiopraxen und drei gesundheitsorientierte Studios im Rhein-Main-Gebiet, aufgebaut. Dort sind knapp 100 Mitarbeiter beschäftigt. Die praxis­erprobten Konzepte, Teamführung, Prozesse und Digitalisierung ­werden in einer Unternehmensberatung ­POSITION health business consulting an andere Praxis- und Clubbetreiber vermittelt. Alles kommt aus den eigenen Anlagen, von Therapeuten für Therapeuten. Derzeit werden knapp 400 Kunden im Physio- und Fitnessmarkt in ganz Deutschland betreut.

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