Physiotherapie

T-RENA, RV-Fit, Rehasport und Funktionstraining in der Praxis

Während Rehasport schon vor Jahren fester Bestandteil in Fitnessstudios mit gesundheitsorientierter Ausrichtung und größeren Physiotherapiepraxen mit aktiver Ausrichtung war, sind T-RENA und RV-Fit erst seit Kurzem im Gespräch. Funktionstraining ist hingegen sozusagen der kleine Bruder des Rehasports, macht in vielerlei Hinsicht aber auch Sinn, wenn er ins bestehende Konstrukt integrierbar ist.

Welche Zusatzangebote aus betriebswirtschaftlicher Sicht zur Verlängerung der Customer Journey oder aus Gründen der Abwechslung im Arbeitsalltag der Therapeuten sinnvoll sind, wird im folgenden Artikel beleuchtet. Als Erstes befassen wir uns mit T-RENA.

T-RENA

Mit dem gerätegestützten Training der deutschen Rentenversicherung soll die körperliche Leistungsfähigkeit nach der Reha wiederhergestellt werden. T-RENA wird vor allem in Rehabilitationseinrichtungen, Gesundheitszentren, Krankenhäusern, aber auch in einigen Physiotherapiepraxen mit entsprechender Ausstattung durchgeführt.

Da die Anforderungen an die Ausstattung der KGG-Zulassung ähneln, ist hier tatsächlich nur ein geringer Mehraufwand erforderlich: Mindestens sechs Geräte (je zwei für obere und untere Extremitäten sowie Rumpf), Matten, Hanteln, Therabänder, Hocker, Keilkissen und Lagerungshilfen, Cardiogerät (möglichst mit Herzfrequenzmessung), Zugapparat, freie Gewichte sowie eine Möglichkeit für sensomotorisches Training werden benötigt. Der Platzbedarf liegt bei lediglich fünf Quadratmetern pro Gerät.

Mann trainiert im Fitnessstudio und gibt der Trainerin einen Fistbump
Bei T-RENA und RV-Fit handelt es sich um gerätesgestütze Trainingseinheiten (Bildquelle: © Physio Family Koblenz)

Die für die KGG angeschafften Geräte können somit nahezu problemlos auch für T-RENA eingesetzt werden. In einer stationären Reha wird dem Patienten über die Rentenversicherung als Träger folgendes Rezept ausgestellt:

  • 26 Trainingstermine (zzgl. individuelles Einweisungstraining) in einer offenen Gruppe
  • trainiert wird in der Regel 1- bis 2-mal pro Woche
  • eine Trainingseinheit dauert 60 Minuten
  • ggf. kann T-RENA um weitere 26 Trainingstermine verlängert werden
  • Das Training findet in Gruppen zu je maximal zwölf Teilnehmern statt und ist damit vergleichbar mit einer Rehasportgruppe.

Der Unterschied ist, dass das Training an Geräten stattfindet und die Vergütung besser ist. Ein Therapeut mit entsprechender Fortbildung hat während des Trainings Aufsicht. Bei voller Auslastung wären somit knapp 100 Euro je Stunde zu erwirtschaften. Dazu kommen einmalig 600 Euro für die Einweisung der zwölf Teilnehmer.

Vergütung von T-RENA
  • 58,12 Euro einmaliges Einweisungstraining
  • 9,89 Euro pro Behandlungseinheit bei Gruppentraining
  • 18,55 Euro pro Behandlungseinheit bei Einzeltraining (begründeter Ausnahmefall)

Rehabilitationssport

Rehabilitationssport, besser bekannt als Rehasport, ist ein Gruppentraining, dessen Ziel es ist, Menschen mit Behinderung, Beeinträchtigungen oder sonstigen körperlichen Beschwerden wieder in das Alltags- und Berufsleben einzugliedern. Schlussendlich ist es das Ziel, dass Rehabilitationssportler die erlernten Übungen bestenfalls selbst ausführen, sobald alle Rehasporteinheiten abtrainiert sind.

Rehabilitationssport ist ein Konzept, welches durch angeleitete Bewegung sowie sportlich ausgerichtete Spiele körperlichen Einschränkungen positiv entgegenwirken soll. Bewegungstraining soll kostenintensive Behandlungen oder eine medikamentöse Einstellung verhindern.

Patienten sollen Kraft, Ausdauer oder koordinative Fähigkeiten erlangen. Aber auch die Stärkung des Selbstbewusstseins, positive Effekte des Gruppentrainings (z. B. gegen Einsamkeit) sowie ein angenehmeres Alltags- bzw. Berufsleben sind gewünschte Ergebnisse. Der Einsatz von klassischen Fitnessgeräten mit medizinischer Zulassung, wie bei T-RENA, ist dabei ausgeschlossen.

Anhand der Indikationsstellung wird Rehasport gerne als Alternative zur Heilmittelbehandlung verschrieben. Davon abgesehen fällt es im Unterschied zum Physio-Rezept nicht ins ohnehin schon knapp bemessene Budget des Hausarztes oder Orthopäden. Häufige Rehasportdiagnosen sind starkes Übergewicht, Knie- und Hüftprobleme, Bandscheibenvorfälle oder Rückenbeschwerden.

Die anfallenden Kosten für ein Rehasportrezept tragen dabei zu 100 % die gesetzlichen Kostenträger. Die Gültigkeit einer Rehasportverordnung umfasst, je nach Diagnose, eine maximale Anspruchsdauer von 6, 18 bzw. 36 Monaten. Grundsätzlich beginnt der Anspruch auf Rehasport mit Ausstellung des Rezeptes. Weil dieses aber zuerst einer Genehmigung bzw. eines passenden Standorts bedarf, ist mit dem Rehasport gewöhnlich innerhalb von drei Monaten zu beginnen. Aktuell arbeiten die meisten Krankenkassen mit einer formlosen Genehmigung.

Eine Rehasportfolgeverordnung kann ebenfalls nur ein Arzt verschreiben. Diese erfolgt, wenn der Patient noch nicht in der Lage ist, die erlernten Übungen selbstständig auszuführen. Folgeverordnungen können so lange ausgestellt werden, wie sie notwendig, geeignet und wirtschaftlich sind. Ein rechtlicher Anspruch besteht jedoch nicht und jeder Kostenträger entscheidet selbst über die Notwendigkeit sowie die erneute Bewilligung. In den meisten Fällen aber wird ein, manchmal aber auch mehrere, Folgerezepte bewilligt.

Vergütung von Rehasport
  • Eine Einheit wird mit 6,01 Euro bis 6,40 Euro, je nach Kasse vergütet
  • Bei einer maximalen Auslastung von 15 Teilnehmern je Kurs ergibt sich also ein Potenzial von knapp 90 Euro je Stunde

Funktionstraining

Im Unterschied zum Rehasport, bei dem der Sport und die Bewegung im Mittelpunkt der Einheit stehen, richtet sich das Funktionstraining gezielt auf bestimmte Körperregionen. Dabei enthält das Funktionstraining Übungen in Form von Krankengymnastik und Ergotherapie zur Behandlung der betroffenen Muskeln und Gelenke.

Mann trainiert im Fitnessstudio an einer Beinpresse
Zusatzangebote in der Praxis anzubieten sind aus betriebswirtschaftlicher aber auch aus Arbeitgebersicht sehr sinnvoll (Bildquelle: © Physio Family Koblenz)

Empfohlen wird das Funktionstraining in der Regel bei Problemen der Stütz- und Bewegungsorgane, so etwa bei krankheitsbedingten Einschränkungen und entzündlichen Veränderungen, wie es bei Rheuma und Osteoporose der Fall ist.

Ziel des Funktionstrainings ist es, Bewegungseinschränkungen der betroffenen Organsysteme und Körperpartien zu lindern und Verschlechterungen hinauszuzögern. Hier empfiehlt es sich, ggf. die ortsansässige Rheumaliga oder Arthrosegruppen anzufragen, ob Bedarf an einem entsprechenden Angebot besteht. Oft sind diese zumeist von ehrenamtlichen Betreuern geführten Institutionen sehr dankbar für die professionelle Unterstützung durch eine Praxis.

Vergütung von Funktionstraining
  • Eine Einheit dauert 30 Minuten
  • Maximal 15 Teilnehmer pro Einheit
  • Eine Einheit wird mit maximal 5,44 Euro pro Teilnehmer vergütet
  • Bei einer maximalen Auslastung und einer 30-minütigen Einheit ergibt sich ein Potenzial von 84 Euro. Achtung: In 60 Minuten, also zwei nacheinander stattfindenden Einheiten, wären somit maximal 168 Euro zu erwirtschaften.

RV-Fit

RV-Fit ist ein Programm der Deutschen Rentenversicherung speziell für Berufstätige zur Verbesserung der Gesundheit. Teilnehmen können alle Berufstätigen mit ersten gesundheitlichen Auffälligkeiten, wie zum Beispiel Rückenschmerzen, Gelenkproblemen, erhöhter Stressbelastung oder Übergewicht.

Aber auch Mitarbeiter mit bereits überwundenen Erkrankungen können teilnehmen, um einer erneuten Erkrankung vorzubeugen. Schwerpunkt ist das Bewegungsprogramm, welches ergänzt wird durch die Bereiche Ernährung, Ergonomie und Stressbewältigung.

Im Ablauf verhält es sich zumeist so, dass Absolventen dieses Programmes zunächst für einige Tage in eine stationäre Reha in einem entsprechenden Zentrum müssen. Im Anschluss an diese Reha erhalten sie eine Verordnung über mehrere Trainingseinheiten in einer entsprechend qualifizierten Einrichtung.

Vergütung von RV-Fit
  • Anzahl der Einheiten: 32
  • Frequenz: zweimal pro Woche
  • Vergütung pro Einheit: 14 Euro
  • Teilnehmerzahl pro Einheit: 12

Die Vorteile der Programme

T-RENA, Rehasport, Funktionstraining und RV-Fit bieten Praxisbetreibern folgende Möglichkeiten:

  • zusätzliche Einnahmequellen zu generieren
  • die Positionierung als Gesundheitsdienstleister vor Ort zu stärken
  • die Customer Journey der Patienten, Kunden oder Mitglieder zu verlängern
  • das Ärztenetzwerk auszubauen
  • aber vor allem den Therapeuten die Möglichkeit zu geben, Gruppen­angebote zu gestalten und Off-Hands zu arbeiten

Oftmals ist es gerade den Therapeuten der Generation Z ein Anliegen, die Arbeit am Patienten aktiv gestalten zu können und die Arbeitszeit nicht durchgehend an der Bank zu verbringen. Ein Patient, der zum Beispiel in der Therapie Fortschritte macht, jedoch offensichtlich noch nicht fit oder motiviert genug ist, in den Selbstzahler-Trainingsbereich zu wechseln, könnte sich ein Reharezept verschreiben lassen. Ein Selbstzahler, der offensichtlich Probleme hat, Übungen alleine korrekt auszuführen oder die Motivation der Gruppe vertragen könnte, ist ebenfalls im Rehasport bestens aufgehoben.

Ein Rehasportler oder T-RENA-Patient, der Vertrauen zum anleitenden Physiotherapeuten aufgebaut hat, könnte darüber hinaus auch als Patient in der Therapie vorstellig werden. T-RENA- Patienten, RV-Fitler, Rehasportler und Funktionstrainings-Teilnehmer ­wiederum sind für eine Überführung in den Selbstzahlerbereich bestens geeignet, da sie die Einrichtung kennen, den Therapeuten vertrauen und die Benefits eines kontinuierlichen Krafttrainings schon über längere Zeit am eigenen Leib erfahren durften.

Ärzte wiederum sind sehr dankbar, wenn ihnen eine etablierte Praxis mit gutem Ruf und positivem Patienten-Feedback Möglichkeiten offeriert, Patienten, deren Genesungsprozess durch Bewegung gefördert würde, ohne Belastung ihres Quartals-Budgets zu übergeben.

In der Regel sind diese Patienten im besten Fall erst mal für die Dauer des Rehasports oder Funktionstrainings aus dem überfüllten Wartezimmer verschwunden. Bei T-RENA wiederum ist es aktuell so, dass die wenigsten Physiotherapiepraxen dieses Angebot in ihr Portfolio aufnehmen. Oftmals sind es ausschließlich Rehaeinrichtungen oder Krankenhäuser, die T-RENA anbieten. Da kommt eine schön und liebevoll eingerichtete Physiopraxis, mit modernem KGG oder Selbstzahlerbereich, den meisten Teilnehmern dieses Programms allein vom Ambiente und der Optik her schon massiv entgegen.

Fazit

Ob zur Erweiterung der Zielgruppe, für die Sichtbarkeit der Praxis, die Erhöhung des Cashflows oder zur Stärkung ihres Angebotes für neue Therapeuten im Recruiting: Alle in diesem Artikel genannten und erklärten Möglichkeiten können letztendlich einen Vorteil bringen, wenn sie geschickt platziert, organisiert ausgeführt und darüber hinaus fachmännisch vermarktet werden.

Bildquelle Header: © Physio Family Koblenz

Der Autor

  • Kristian Kroth

    Kristian Kroth begann seine Karriere in der Fitnessbranche 2007 als leitender Angestellter in einer Fitnessstudiokette. 2009 machte er sich mit dem Family Fitness Koblenz selbstständig, das er mit dem Reha-Sport früh in Richtung Gesundheitsanbieter entwickelte.

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