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Was bedeutet das geplante Gesetz für faire Verbraucherverträge?

Das Bundeskabinett hat nach monatelangem Koalitionsstreit den Entwurf eines Gesetzes für faire Verbraucherverträge beschlossen. Erfasst werden hiervon z. B. Verträge für das Telefon, für Gas und Strom, Streamingdienste, Musikunterricht oder das Fitnessstudio. Der Gesetzgeber will neue Vertragsregeln einführen und damit für mehr Verbraucherschutz sorgen.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Das Bundeskabinett hat den Entwurf eines Gesetzes für faire Verbraucherverträge beschlossen, der Bundesrat muss noch zustimmen
  • Erfasst werden hiervon z. B. Verträge für das Telefon, für Gas und Strom, Streamingdienste, Musikunterricht oder das Fitnessstudio
  • Das neue Gesetz soll für Neuverträge gelten und beinhaltet z.B. kürzere Kündigungsfristen

Ziel soll es sein, Verbraucher künftig besser vor Kostenfallen und langen Vertragslaufzeiten zu schützen. Ungewollten Verträgen oder langen Vertragslaufzeiten, wie z. B. für Strom- und Gasverträge sowie Handyverträge, soll mit den neuen Vertragsregeln ein Riegel vorgeschoben werden. 

Neues Gesetz soll für Neuverträge gelten

Auch wenn sich das gesetzgeberische Motiv offenbar gegen andere Branchen richtet, so ist auch die Fitnessbranche betroffen. 2020 ließ die CDU/CSU noch verlautbaren, dass sie die im damaligen Gesetzentwurf für faire Verbraucherverträge vorgesehene Laufzeitverkürzung, die auch Fitnessstudios betrifft, nicht mittragen werde. Im Dezember 2020 wurde überraschend bekannt, dass der Bundestag einen neuen, überarbeiteten Gesetzentwurf verabschiedet hatte. Dieser befindet sich auch aktuell noch im Gesetzgebungs­verfahren. Der Bundesrat muss noch zustimmen.

Mit dem neuen Entwurf soll der für Fitnessverträge relevante § 309 Nr. 9 BGB geändert werden. Dies hätte Auswirkungen für Neuverträge. Altverträge blieben unberührt. Der neue Gesetzentwurf sieht vor, dass Laufzeiten von mehr als zwei Jahren unzulässig sind. Laufzeiten von mehr als einem Jahr (bis zu höchstens zwei Jahren) sollen nach dem Entwurf nur noch dann zulässig sein, wenn dem Kunden auch kürzere Laufzeiten von einem Jahr angeboten werden. Der Vertrag über 12 Monate darf maximal 25 % teuer sein als der längere Vertrag für z. B. 24 Monate.

Kündigungserklärung eines FitnessstudiovertragsDas neue Gesetz soll die Kündigungsfrist auf einen Monat herabsetzen (Bildquelle: ©Gina Sanders - stock.adobe.com)

Kürzere Kündigungsfristen

Stillschweigende Verlängerungsklauseln sollen auch in Zukunft um jeweils maximal ein Jahr möglich sein. Allerdings soll jede stillschweigende Verlängerung um jeweils mehr als drei Monate (bis zu einem Jahr) nur möglich sein, wenn der Kunde in Textform auf den Zeitpunkt, zu dem die vereinbarte Vertragslaufzeit endet, den Zeitraum, um den sich der Vertrag verlängert, wenn er nicht rechtzeitig gekündigt wird, und den Zeitpunkt, bis wann die Kündigung spätestens beim Studiobetreiber eingehen muss, hingewiesen wird.

Die bisherige Kündigungsfrist von drei Monaten soll – wenn das Gesetz so zustande kommt – nur noch einen Monat betragen. Der derzeitige Entwurf sieht unter Artikel 5 „Inkrafttreten“ vor, dass die Änderung erst 6 Monate nach Inkrafttreten des übrigen Gesetzes wirksam wird, damit die betroffenen Unternehmen mindestens sechs Monate Zeit haben, ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen anzupassen.

Kritik von allen Seiten

Am 3. März 2021 fand zu dem Gesetzentwurf eine öffentliche Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestages statt. Die Stellungnahmen der angehörten Sachverständigen fielen kritisch aus. Vonseiten der Rechtswissenschaft und der betroffenen Unternehmen hieß es, die Umsetzung lasse zu wünschen übrig.

Tatsächlich sind die geplanten gesetzlichen Regelungen zu kompliziert. So hat z. B. Rechtsanwalt Dr. Bereska, Vorsitzender des Zivilrechtsausschusses im Deutschen Anwaltverein, kritisiert, dass der Entwurf unter anderem Änderungen bei der automatischen Vertragsverlängerung vorsieht. „Bei einer Verlängerung von drei Monaten bis zu einem Jahr sollen die Verbraucher ausdrücklich darauf hingewiesen werden müssen. Diese Regelung ist jedoch nicht notwendig – die automatische Vertragsverlängerung ist bei neu abgeschlossenen Verträgen bereits auf ein Jahr beschränkt“. Auch die gesetzlichen Vorgaben bei Verträgen über ein Jahr hinaus werden von ihm kritisiert: „Es ist nicht erkennbar, woher die 25-Prozent-Grenze kommt.“ 

Ganz anders die Verbraucherschützer: Ihnen geht der Entwurf nicht weit genug. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) geht der Gesetzentwurf nicht weit genug und sie verlangt, dass die maximale stillschweigende Vertragsverlängerung ohne weitere Bedingungen auf einen Monat begrenzt wird. 

Was gilt aktuell?

Aktuell gilt noch die Vorschrift des § 309 Nr. 9 a) bis c) BGB in seiner bisherigen Fassung, also bei Dauerschuldverhältnissen, die nach Dienstvertragsrecht zu beurteilen sind, maximal

- 24 Monate Erstlaufzeit,
- 12 Monate stillschweigende Verlängerung,
- 3 Monate Kündigungsfrist. 

Die neuen, geplanten Vertragsregeln sind noch nicht in Kraft. Aktuell ist offen und noch nicht klar, ab wann genau die Neuerungen kommen. Ebenso ist unklar, wie die endgültige Fassung des Gesetzes aussehen wird. Das Bundeskabinett hat das Gesetz Ende 2020 beschlossen. Das Gesetzgebungsverfahren ist noch nicht vollständig durchgelaufen. Aktuell berät der Bundesrat. Aller Voraussicht nach finden am 26. September 2021 Bundestagswahlen statt. Alle Gesetzentwürfe, die bis dahin nicht den Bundestag passiert haben, liegen dann erst einmal auf Eis.

Mann im Anzug unterschreibt KündigungsvertragKritik am geplanten Gesetz kommt von vielen Seiten, u. a. des deutschen Anwaltvereins (Bildquelle: ©tippapatt - stock.adobe.com)

Zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses war das Gesetz noch nicht verabschiedet. Eine Anfrage bei dem Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Recht und Verbraucherschutz ergab, dass offenbar in der Großen Koalition eine Einigung dahingehend erfolgt ist, dass die Erstvertragslaufzeit bei 24 Monaten bleibt. Die Möglichkeit der Vertragsverlängerung soll es allerdings zukünftig nicht mehr geben. Vielmehr soll es nach 24 Monaten eine einmonatige Kündigungsfrist geben. Es bleibt abzuwarten, ob das Gesetz so zustande kommt und verabschiedet wird.

Fazit 

Das geplante Gesetz ist – zumindest soweit es die Fitnessbranche betrifft – nach Ansicht des Verfassers dieses Artikels gänzlich unnötig. Die Regelungen für Dauerschuldverhältnisse zur maximal möglichen Laufzeit im Rahmen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen von 24 Monaten sowie einer stillschweigenden Verlängerungsmöglichkeit um jeweils 12 Monate existieren seit dem 01.04.1977 (Einführung des AGB-Gesetzes) und haben sich mithin seit über 40 Jahren bewährt. 

Der Gesetzgeber beabsichtigt nunmehr, den Grundsatz der Vertragsfreiheit einzuschränken, ohne dass es dafür sinnvolle Gründe gibt. Die in § 309 Nr. 9 a BGB genannten Fristen stellen ohnehin Höchstfristen dar. Diese dürfen nicht überschritten werden. Sie dürfen jedoch auch nicht von jeder Branche ausgeschöpft werden. Die Rechtsprechung hat sich in den letzten Jahrzehnten eingehend mit einer Interessensabwägung der Interessen der Vertragsparteien (Studio – Mitglied) auseinandergesetzt. 

Die Verkürzung der aktuell noch geltenden Höchstfristen würde das Rentabilitätsinteresse der Studiobetreiber massiv verletzen. Es steht zu befürchten, dass dadurch die Beiträge extrem steigen, die in der Branche avisierten Investitionen nicht im geplanten Umfang erfolgen und sich die Kreditchancen der Studiobetreiber verschlechtern

 

Bildquelle: Header: ©joyfotoliakid - stock.adobe.com

Der Autor

  • Dr. Hans Geisler

    Dr. Geisler, Dr. Franke Rechtsanwälte PartmbB steht für kompetente, zielorientierte und effektive Beratung von Unternehmen. Zu der Kanzlei gehören aktuell 12 Rechtsanwälte/innen und über 30 Mitarbeiter/innen. Schwerpunkt ist die bundesweite Beratung mittelständischer und großer Unternehmen in nahezu allen Rechtsfragen. Sämtliche Rechtsanwälte / innen haben sich auf verschiedene Fachgebiete spezialisiert, oftmals bis zur Erlangung eines Fachanwaltstitels. Bezüglich aller denkbaren Rechtsfragen in der Fitness- und Freizeitbranche verfügt die Kanzlei über ein einzigartiges Know-how. Speziell für die Fitnessbranche hat die Kanzlei verschiedene Rechtsberatungskonzepte entwickelt, die den Studiobetreiber entlasten und ihm Zeit für sein Kerngeschäft verschaffen.

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