Recht

Gesetz für faire Verbraucherverträge

Überall, wo Verträge geschlossen werden, streiten Vertragspartner auch über ihre daraus resultierenden Rechte und Pflichten. Insbesondere bei Standardverträgen – wie einem Fitnessstudiovertrag – ist die Auswahl an potenziellen Streitpunkten jedoch begrenzt. Das bedeutet gleichzeitig, dass etwaigen Streitigkeiten effektiv vorgebeugt werden kann.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Das Gesetz für faire Verbraucherverträge soll grundsätzlich alle Dauerschuldverhältnisse zwischen Verbrauchern und Unternehmern betreffen
  • Betreiber von Fitnessstudios sollten die gesetzlichen Neuerungen kennen und gegebenenfalls notwendige Anpassungen vornehmen
  • Inhalt des Gesetzes ist unter anderem eine einmonatige Kündigungsfrist und die Kündigung der Mitgliedschaft über die Webseite

In dem am 25.06.2021 durch den Bundestag beschlossenen und am gleichen Tag durch den Bundesrat gebilligten „Gesetz für faire Verbraucherverträge“ sind gesetzliche Regelungen verabschiedet worden, die nach dem Willen des Gesetzgebers die Position von Verbraucherinnen und Verbrauchern gegenüber Unternehmern verbessern sollen. Diese Intention wird durch die drastische Aussage der Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz, Frau Ministerin Christine Lambrecht, verdeutlicht, mit der sie im Dezember 2020 den damaligen Gesetzesentwurf kommentiert hat: „Ob untergeschobene Verträge oder überlange Vertragslaufzeiten: Verbraucherinnen und Verbraucher werden viel zu häufig über den Tisch gezogen und benachteiligt. Mit der heute auf den Weg gebrachten Initiative schieben wir diesen Praktiken einen Riegel vor […].“

Das Gesetz für faire Verbraucherverträge soll grundsätzlich alle Dauerschuldverhältnisse zwischen Verbrauchern und Unternehmern betreffen. Es reglementiert also nicht nur Verträge von Verbrauchern mit Telefon- und Internetanbietern, Energielieferanten und Partnervermittlungsbörsen, sondern auch Verträge mit Fitnessstudios. Damit zukünftig nicht den Fitnessstudios der „Riegel“ vorgeschoben wird, empfiehlt es sich für deren Betreiber, die gesetzlichen Neuerungen zu kennen und gegebenenfalls notwendige Anpassungen vorzunehmen. Insbesondere den folgenden Themen sollte dabei große Aufmerksamkeit geschenkt werden: Stillschweigende Vertragsverlängerung nur noch auf unbestimmte Zeit mit einmonatiger Kündigungsfrist.

Nach der bisherigen Rechtslage war es zulässig, standardisierte Fitnessstudioverträge (also keine Individualvereinbarungen) mit einer Erstlaufzeit von bis zu zwei Jahren abzuschließen, die sich ohne fristgemäße Kündigung stillschweigend um bis zu ein Jahr verlängern. Das ist nach der neuen Rechtslage (§ 309 Nr. 9 b BGB n.F.) nicht mehr möglich. Zukünftig ist eine Klausel in Standardverträgen, in der eine für den anderen Vertragsteil bindende stillschweigende Verlängerung des Vertragsverhältnisses vereinbart wird, grundsätzlich unzulässig. Ausnahmsweise kann eine stillschweigende Vertragsverlängerung in Standardverträgen nur dann wirksam vereinbart werden, wenn in der jeweiligen Vertragsklausel die folgenden Regelungen enthalten sind:

1. Das Vertragsverhältnis verlängert sich auf unbestimmte Zeit
2. Dem anderen Vertragsteil wird das Recht eingeräumt, das verlängerte Vertragsverhältnis jederzeit mit einer Frist von höchstens einem Monat zu kündigen

Einmonatige Kündigungsfrist

Bislang war generell gesetzlich geregelt, dass in einem Standardvertrag nicht zu Lasten des anderen Vertragsteils eine längere Kündigungsfrist als drei Monate vor Ablauf der zunächst vorgesehenen oder stillschweigend verlängerten Vertragsdauer vereinbart werden kann. Ob diese generell zulässige dreimonatige Kündigungsfrist auch in Bezug auf einen Fitnessstudiovertrag in jedem Einzelfall wirksam vereinbart werden konnte, war allerdings nicht unumstritten. Die neue Rechtslage (§ 309 Nr. 9 c BGB n.F.) ist nun jedoch eindeutig. Zukünftig ist eine Klausel in Standardverträgen, in der zu Lasten des anderen Vertragsteils eine längere Kündigungsfrist als ein Monat vor Ablauf der zunächst vorgesehenen Vertragsdauer vereinbart wird, unzulässig.

Kündigung per Mausklick

Wenn Verbrauchern ermöglicht wird, über eine Website einen Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr abzuschließen, der auf die Begründung eines Dauerschuldverhältnisses gerichtet ist, das einen Unternehmer zu einer ent­geltlichen Leistung verpflichtet, so muss der Unternehmer zukünftig besondere Pflichten erfüllen. Diese Pflichten gelten auch für den Betreiber eines Fitnessstudios, der den Abschluss eines Fitnessstudiovertrages über seine Website anbietet. Denn durch einen Fitnessstudiovertrag wird ein Dauerschuldverhältnis begründet, auf dessen Grundlage der Betreiber verpflichtet ist, die angebotenen Trainingsmöglichkeiten entgeltlich zur Verfügung zu stellen. 

Nach der neuen Rechtslage (§ 312 k BGB neu) muss auf einer Website, über die Verträge abgeschlossen werden können, nun eine sog. Kündigungsschaltfläche implementiert werden. Das bedeutet, dass der kündigungswillige Verbraucher auf der Website des Unternehmers auf einen Button klicken können muss, der ihn unmittelbar zu einer Bestätigungsseite führt. Diese Seite muss ihn auffordern und es ihm ermöglichen konkrete Angaben zu seiner Kündigung zu machen. Die Kündigungsschaltfläche muss dabei gut lesbar und mit einer eindeutigen Formulierung beschriftet sein (Bsp.: „Verträge hier kündigen“). Auf der Bestätigungsseite muss der kündigungswillige Verbraucher die folgenden Angaben machen können: 

- Art der Kündigung und Kündigungsgrund bei außerordentlicher Kündigung
- Personendaten zur eigenen Identifizierbarkeit
- Bezeichnung des Vertrages
- Zeitpunkt, zu dem das Vertragsverhältnis beendet werden soll 
- Daten zur schnellen elektronischen Übermittlung der Kündigungsbestätigung an ihn

Schließlich muss die Bestätigungsseite auch eine Bestätigungsschaltfläche enthalten, über deren Betätigung der Verbraucher die Kündigungserklärung abgeben kann. Dieser Button muss ebenfalls gut lesbar und mit einer eindeutigen Formulierung beschriftet sein (Bsp.: „Jetzt kündigen“).

Der Inhalt, das Datum und die Uhrzeit der Kündigungserklärung sowie der Zeitpunkt, zu dem das Vertragsverhältnis durch die Kündigung beendet werden soll, sind dem Verbraucher sofort auf elektronischem Wege zu bestätigen.

Sofern ein Unternehmer die neuen Kündigungsmodalitäten auf seiner Website nicht ordnungsgemäß umsetzt, führt das dazu, dass der Verbraucher den Vertrag jederzeit und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen kann.

Übergangsvorschriften und Inkrafttreten der neuen Regelungen

Die in dem Gesetz für faire Verbraucherverträge enthaltenen Neuerungen treten zu unterschiedlichen Zeitpunkten in Kraft. Die Bestimmungen bezüglich stillschweigender Vertragsverlängerungen und Kündigungsfristen werden nach Ratifizierung durch den Bundespräsidenten und Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten (Das konkrete Datum war im Zeitpunkt der Erstellung der vorliegenden Kolumne noch nicht bekannt). 

Die bisherigen gesetzlichen Regelungen zu stillschweigenden Vertragsverlängerungen und zu Kündigungsfristen bleiben nach den ebenfalls im Gesetz für faire Verbraucherverträge beschlossenen Übergangsvorschriften im Übrigen in bestimmten Fallkonstellationen anwendbar. Insofern gelten die bisherigen Regelungen für Verträge fort, die vor dem Datum des Inkrafttretens des Gesetzes für faire Verbraucherverträge geschlossen wurden.

Die neuen Regelungen bezüglich der Kündigungsmodalitäten bei Vertragsabschlüssen über eine Website treten derweil am 01.07.2022 in Kraft.

Zusammenfassung

Im Hinblick auf das kürzlich beschlossene Gesetz für faire Verbraucherverträge sollten Betreiber von Fitnessstudios ihre Vertragsdokumente und betrieblichen Abläufe überprüfen: In Standardverträgen können nach neuer Rechtslage stillschweigende Vertragsverlängerungen nur noch auf unbestimmte Zeit und mit einer einmonatigen Kündigungsfrist wirksam vereinbart werden. Die Vereinbarung von längeren Kündigungsfristen in Standardverträgen ist zukünftig generell unzulässig. Sofern Verträge über die eigene Website geschlossen werden können, müssen Verbraucher die Möglichkeit haben, ihre Verträge über einen Kündigungsbutton zu kündigen.

Die Autoren

  • Philipp von Gehlen

    Philipp von Gehlen ist selbstständiger Rechtsanwalt und Syndikusrechtsanwalt der First Debit GmbH aus Hamm (Westf.), einem registrierten Inkassodienstleister, der mit seinem Produkt „debifit“ ein speziell auf die Fitnessbranche abgestimmtes Tool  des Forderungsmanagements anbietet.

     

  • Andreas Rüter

    Andreas Rüter ist Rechtsanwalt und Partner der mittelständischen Kanzlei Döttelbeck Dr. Wemhöner & Partner Rechtsanwälte Steuerberater aus Hamm (Westfl.), die eng mit der First Debit GmbH kooperiert. Als Rechtsanwalt hat er sich unter anderem auf die Bearbeitung von Mandaten aus dem Bereich des Fitnessstudiorechts spezialisiert.

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