Management

Der steinige Weg zur regionalen Fitnessstudiokette

In der deutschen Fitnessbranche hat es kaum eine Marke zu nationaler Bekanntheit gebracht. Es gibt aber etliche regionale Ketten, die in ihrer Region der Inbegriff für Fitness sind, die fast jedem der dort Ansässigen sofort in den Sinn kommen, wenn sie an das Thema Fitness denken. Dieser Artikel soll beleuchten, wie man einen solchen Weg beschreiten kann, welche Vor- und Nachteile und auch welche Risiken er birgt.

Die In Shape-Fitnessclubs sind erfolgreich diesen Weg gegangen und haben innerhalb von 15 Jahren eine regional führende Kette mit 13 Filialen geschaffen, die 2022 in der LifeFit Group aufgegangen ist. Die Anlagen werden seit Oktober 2023 unter der Marke Fitness First weitergeführt.

Mehr dazu: FitnessLOFT, smile X und In Shape werden zu Fitness First

Der Aufbau einer Kette birgt für Clubbetreiber viele Chancen, aber auch Risiken. So werden für den Aufbau und für die Führung einer Kette von der Geschäftsführung mit wachsender Größe zunehmend echte Managementqualitäten verlangt.

Strategische Unternehmensführung, Prozessmanagement, Beschaffungswesen, Immobilienmanagement, Buchhaltung und – wahrscheinlich am wichtigsten – Personalmanagement sind nur einige der Aufgabenfelder, die als Einzelbetreiber noch „hemdsärmelig“ gemacht werden können, ab einer gewissen Größe aber unbedingt professionell besetzt werden müssen.

Das bringt natürlich auch höhere Kosten mit sich, da die Geschäftsführung alleine ab einer gewissen Größe all diese Aufgaben unmöglich alleine bewältigen kann. Die magische Grenze liegt hier, je nach Größe der Anlagen, bei vier bis sieben Clubs. Der Betreiber tut gut daran, sich ausgiebig und gut vorzubereiten, da die Probleme oft schlagartig auftauchen.

Klassische „Wachstumsschmerzen“

Unzufriedenes Personal und hohe Fluktuation, eine Verwaltung an der Belastungsgrenze, unzufriedene Mitglieder wegen fehlender Standardisierung und Ungleichbehandlungen, sich häufende und nicht behobene technische Defekte sind die klassischen „Wachstumsschmerzen“. Darunter leidet auch die Rentabilität.

Oft ist ein einzelner, sehr erfolgreicher Club rentabler als eine Kette, die diese magische Schwelle noch nicht überschritten hat. Und auch bei noch so gut geschultem Personal wird ein Studio niemals so gut geführt sein, wie wenn der Inhaber persönlich vor Ort ist, worunter auch die Qualität und Performance des Clubs leiden.

Eine Expansion muss gut vorbereitet sein

Entscheidet man sich für die Expansion, sollten im Vorfeld Prozesse standardisiert und dokumentiert, ein internes Ausbildungssystem aufgebaut, die Verwaltung ausgebaut, ein mittleres Management, am besten aus den eigenen Reihen, aufgebaut werden. Auch scheinbar kleine und unwichtige Prozesse wie der zuverlässige und schnelle Austausch von Dokumenten, wie z. B. Rechnungen, Verträge und Post zwischen den Clubs und der Verwaltung, können ungeahnte und erhebliche Probleme verursachen.

Außenansicht einer In Shape-Fitnessanlage
Die 13 ehemaligen In Shape-Fitnessanlagen werden seit Oktober 2023 unter der Marke Fitness First weitergeführt (Bildquelle: © Shape InterCo GmbH)

Bei der Expansion empfiehlt es sich, den nächsten Club in einem Randgebiet eines bestehenden Clubs zu eröffnen. Hier hat man die meisten Synergien und profitiert von der Bekanntheit der eigenen Marke. Doch egal wie gut man vorbereitet ist, so werden auf dem Weg zur Kette noch etliche Hürden zu überwinden sein. Die Coronajahre waren hierbei ein Paradebeispiel, wie trotz hervorragender Strategie ein unvorhersehbares Ereignis Unternehmen ins Wanken bringen kann.

Die Chancen einer Expansion

Doch all diese Anstrengungen bergen natürlich auch erhebliche Chancen. Wurden die Hausaufgaben bei der Markenbildung gemacht, das Expansionsgebiet klug geplant und die Standorte sorgfältig gewählt, wird man von jedem Interessenten automatisch in die engere Auswahl gezogen, wenn die Wahl eines Fitnessclubs ansteht.

Nicht selten übersteigt das Marketingbudget einer lokalen Kette den Gesamtumsatz des direkten Wettbewerbers. Dadurch kann die Werbung, im Vergleich zum Wettbewerb, wesentlich professioneller gestaltet und über mehrere Kanäle bespielt werden.

Egal welche nationale Kette den eigenen Markt betreten möchte, die lokale Kette hat in den meisten Fällen den höheren Bekanntheitsgrad und auch die höhere Beliebtheit. Nicht selten mussten wesentlich finanzstärkere, national vertretene Ketten die Flügel strecken, da sie gegen die regionale Marktmacht des Local Heros nicht ankamen.

Eröffnet trotz dieser hohen Barriere dennoch ein Konkurrent, so kann die regionale Kette diesen Umstand oft leicht aussitzen und den Mitgliederschwund, der zweifellos bei jeder Neueröffnung auftritt, verschmerzen.

Eine weitere Stärke lokaler Ketten ist häufig, dass sie sämtliche Segmente, vom personallosen Club über Discounter bis hin zum Premiumclub, besetzen. Nicht selten wechseln Mitglieder so innerhalb der Kette die Anlage, da im Laufe der Mitgliedschaft sich Anforderungen, Wohnort oder Interessen gewandelt haben.

Doch nicht nur die Mitglieder ändern sich, sondern auch das Personal: Die regionale Kette bietet auch hier Möglichkeiten zur Veränderung und zur Weiterentwicklung der Mitarbeiter und sorgt dafür, dass wertvolles Know-how dem Unternehmen erhalten bleibt, dessen Ersatz zunehmend schwerer wird.

Fazit

Die Konsolidierung des Fitnessmarkts wird zweifelsfrei fortschreiten und Ketten werden immer weiter den Markt dominieren. Nur sehr wenige Märkte sind noch derart fragmentiert, wie es der deutsche Fitnessmarkt ist. Wer sein Unternehmen zukunftsfähig aufstellen möchte, sollte sich ernsthaft über eine Filialisierung Gedanken machen. Während Einzelbetriebe nur selten lukrativ verkauft werden, kann man mit einer lokalen Kette einen attraktiven Exit vollziehen oder auch der Nachfolgegeneration ein Unternehmen mit Perspektiven hinterlassen.

Allerdings sollte man als Betreiber einer Anlage, bei der man selbst gerne auf der Fläche stand und den Kontakt zum Kunden liebt, sich darüber im Klaren sein, dass hier ganz andere Qualitäten gefragt sind, und sich auch hinterfragen, ob man dazu imstande und vor allem auch gewillt ist.

Bildquelle Header: © Vitalii Vodolazskyi - stock.adobe.com

Der Autor

  • Nico Scheller

    Nico Scheller ist Wirtschaftsinformatiker und hat 2002 gemeinsam mit seinem Partner Michael Schetter das erste In Shape eröffnet. Vor seiner Zeit als Studiobetreiber hat er ein eigenes IT-Unternehmen geführt und Erfahrung in mehreren IT-Unternehmen sammeln können. Mitte April dieses Jahres wurden die 13 bestehenden Anlagen der In Shape-Gruppe durch die LifeFit Group übernommen. Im März gründete Nico Scheller die gymcore AG, die sich auf das Thema Mitgliederverwaltungssoftware spezialisiert hat.

Magazin

BODYMEDIA Fitness 1-2024E-Book lesen

BODYMEDIA Fitness 1-2024

Mehr erfahren