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Welche Chancen bietet Outdoor-Fitness?

Outdoor-Training ist ein Trend, der durch die Corona-Pandemie begünstigt wurde. Immer mehr Fitnessstudios setzen auf Outdoor-Bereiche. Warum lohnt es sich für Studiobetreiber in Outdoor-Gyms zu investieren? Diese und weitere Fragen haben wir Clubbetreibern, Anbietern und Outdoor-Experten gestellt.

Das Wichtigste in Kürze:
  • Outdoor-Fitness lohnt sich, um Mitglieder zu gewinnen und zu halten.
  • Der Trend wird auch nach Corona weiterhin bestehen.
  • Ein Outdoor-Fitness-Bereich muss die Bedürfnisse und Anforderungen möglichst vieler Mitglieder befriedigen.


Das PRIME TIME fitness ist Europas höchstes Fitnessstudio und befindet sich in 200 Metern Höhe (Bildquelle: ©PRIME TIME fitness)

Henrik Gockel, Geschäftsführer PRIME TIME fitness

„Ich bin überzeugt davon, dass das Outdoor-Training genauso wie Online-Trainingsangebote in Zukunft eine dauerhafte Trainingsvariante werden. Outdoor-Training ist für uns bei PRIME TIME fitness nichts Neues. Seit 2012 und dem zweiten Club haben wir, wo immer baulich möglich, Outdoor-Trainingsbereiche installiert. Gerade im Personal Training, wo man freier trainiert, war das immer beliebt. Jetzt erlebt das Outdoor-Training einen Boom!

Wir haben in sieben von elf Clubs Outdoor-Gyms. In Hamburg hatten wir schon immer eine 300 m2 große Dachterrasse, in der Bergerstraße in Frankfurt waren wir die ersten, die 2016 einen Outdoor-Container installiert haben. Absolutes Highlight ist derzeit die 300 m2 große Dachterrasse in 200 Metern Höhe des MAINTOWER.


Der Club im MAINTOWER überzeugt vor allem durch sein Trainingskonzept in Verbindung mit topausgebildeten Trainern (Bildquelle: ©PRIME TIME fitness)

Ergänzend haben wir in Frankfurt temporär einen 200 m2 großen Outdoor-Bereich der Long Island Summer Lounge auf dem Börsen-Parkhaus installiert. Auch der neue Club in Hamburg Winterhude verfügt über einen 150 m2 großen, fest installieren Outdoor-Bereich. Die Frage, welche Chancen Outdoor-Gyms bieten, möchte ich mit einem Blick auf PRIME TIME fitness beantworten. Dort kannten wir im Vertrieb nie ein Sommerloch.

Natürlich sind im Sommer weniger Menschen im Stadtzentrum. Aber die Stadt ist nie leer und die, die da sind, haben Zeit, um sich bezüglich einer Mitgliedschaft beraten zu lassen. Dabei ist das Argument des „Venice Beach Trainings“ in unseren Clubs unschlagbar.

Bei der Frage, wie sich das Thema Outdoor-Fitness in den nächsten Jahren entwickeln wird, möchte ich gerne etwas ironisch werden. Selbst komme ich aus einer Generation, wo es noch die Wehrpflicht mit der gefürchteten Grundausbildung gab. Dort sammelte man dann reichlich Erfahrung mit „Outdoor-Training“ zu allen Jahreszeiten. Das gibt es so nicht mehr und jetzt erzeugen wir dieses Outdoor-Abenteuer eben künstlich. Immer mehr Trainierende begeistern sich für Events wie z. B. Tough Mudder. Jemand, der bei der Bundeswehr war, und das waren früher fast alle jungen Männer, braucht dieses Tough-Mudder-Gefühl nicht mehr.“

 

Jan Peter , Geschäftsführer StreetBarbell.de

„Viele Kommunen investieren bereits seit mehreren Jahren in die Errichtung von Fitnessparks, meist irritierend und abschreckend als „Mehr-Generationen-Spielplatz“ oder „Senioren-Spielplatz“ bezeichnet. Sportvereine nutzten schon lange Freiflächen zum Outdoorsport, um mehr Mitglieder zu gewinnen bzw. zu halten. Nur die Fitnessindustrie hat aus meiner Sicht, bis auf einige wenige, diese Entwicklung verschlafen.

Der Hauptgrund, warum Outdoor-Fitness im Bereich der Fitnessindustrie derzeit so populär ist, liegt darin begründet, dass der Mitgliederschwund in den Sommermonaten reduziert werden kann. Zudem errichten immer mehr Kommunen und Sportvereine eigene Outdoor-Fitnessbereiche, die kostenfrei genutzt werden können oder gemeinsam mit gemeinnützigen Vereinen und teilweise Krankenkassen betrieben werden.

Studios können dieser Konkurrenz mit professionellem Service trotzen. Viele kleine und mittelgroße Studios setzen beim Kampf um die Existenz auf Outdoor-Fitness, um sich vom Wettbewerb abzuheben.  

Folgendes gilt es, für den Outdoor-Bereich zu beachten: Wenn das Studio innen top ausgestattet und mit den besten Geräten bestückt ist und einen exklusiven, individuellen Service anbietet, dann kann ein lieblos wirkender Outdoor-Bereich das Image des Studios negativ beeinflussen. Deshalb sollte man bei der Anschaffung von Outdoor-Geräten auf moderne, langlebige, sichere, intuitiv und biomechanisch gut nutzbare Geräte und Materialien achten. Die Qualität und Ausstattung für Indoor und Outdoor muss übereinstimmen.

Wer in die Zukunft, davon bin ich überzeugt, in das beste Material investiert, wird auch in einigen Jahren noch gegen die Konkurrenz der Kommunen und Sportvereine im Outdoor-Bereich bestehen.“

 

Hartmut Wolff, Geschäftsführer DR. WOLFF

„Sportler und Nichtsportler haben in der Pandemie das Training in unterschiedlichen Varianten an der frischen Luft entdeckt. Der Grund: Jeder ist bemüht, den Corona-Alltag zu kompensieren. Viele haben sich an dieses ‚Ersatztraining‘ gewöhnt.

An der frischen Luft fühlt man sich sicherer, was die Aerosolforscher bestätigen. Allein aus diesem Grund machen Outdoor-Trainingsbereiche in 2021 für Studios Sinn. Auch danach bietet Outdoor große Chancen, neue Kunden zu gewinnen.

Über neue, attraktive Angebote, Kampagnen und Vertragsvarianten ergeben sich Wachstumspotenzial und Kundenerhalt. Wichtig ist die zielgruppenspezifische Ausstattung dieser Bereiche. Gesundheitsorientierte Anlagen setzen hier auf „Medical Fitness Outdoor“ und verzichten auf Calisthenic-Stangen oder massive Kraftmaschinen. Ein stimmiges Konzept für das Rücken- und Gelenktraining inklusive Mobility-Station bringt den Mehrwert.

So wird auch nach Corona das Outdoor-Training bleiben – beliebter als zuvor und ein Qualitätsmerkmal für gesundheitsorientierte Premiumanlagen.“

 

Hans Muench, Muench Solutions GmbH und internationaler Branchenexperte

„Nach der Covid-19-Erfahrung der letzten 15 Monate haben die Studiomitglieder Erfahrung mit Training zu Hause und im Freien gesammelt. Wie bei den ersten Teileröffnungen werden viele Kunden Zeit brauchen, um sich in Fitnessstudios sicher zu fühlen.

Outdoor-Angebote können hier eine Brücke bauen. Auch aufgrund von Kapazitätsgrenzen in Studios bietet Outdoor-Fitness zusätzliche Kapazitäten, um mehr Kunden bedienen zu können. Nicht nur in Deutschland, sondern für Fitnessclubs weltweit, z. B. in UK, USA und Asien, ist Outdoor-Training zu einem wichtigen Thema geworden.

Wenn wir über die Chancen für Studiobetreiber sprechen, bleibt festzuhalten, dass Outdoor-Training sowohl als Einzel- als auch Gruppentraining angeboten werden kann. Das Beispiel McFit zeigt, dass die Nachfrage nach Outdoor-Fitness groß ist. Das Angebot um den Club herum ermöglicht den Studios, ihre Kunden zu halten und eine sichere Community zu kreieren.

Zudem sollte man den Spaßfaktor des Outdoor-Trainings, vor allem bei gutem Wetter, nicht unterschätzen. Fitnessclubs werden zukünftig womöglich nach Outdoor-Lösungen suchen und diese ausbauen. Sowohl Mitglieder als auch Studios werden in diesem Bereich neue Erfahrungen sammeln.

Es ist davon auszugehen, dass Outdoor-Training aufgrund des Angebots wie Multi-Stationen und wetterfesten Geräten zum Mainstream werden wird.“

 

Stefan Polzer, Just More basic – Polzer Fitness GmbH

„2019 war ich erstmals bei "MEET THE TOP“. Während eines Meetings wurde über das Thema Outdoor-Bereich gesprochen, sodass ich mich noch einmal intensiv damit auseinandergesetzt habe. Das Thema beschäftigt uns schon seit Jahren, denn wir wollten Kunden eine tolle Alternative bieten, da einige gerade in den Sommermonaten nicht im Studio trainieren möchten.

Ende 2019 haben wir als Familie uns dazu entschieden, outdoor einen Functional Tower über die Firma Pro Functional zu implementieren. Durch den ersten Lockdown und die sehr schnelle Umsetzung der Firma wurde der Turm nach ein paar baulichen Maßnahmen im April 2020 aufgebaut und unsere Kunden konnten dann trotz Corona-Schließung in unserer neuen Outdoor-Area trainieren.

Aufgrund des positiven Feedbacks der Kunden, die auch eine zweite Außenfläche für Kurse nutzen können, trafen wir die Entscheidung, einen zweiten Outdoor-Bereich mit Kraftgeräten zu gestalten. Es hat sich herauskristallisiert, dass der Functional Tower von einer bestimmten Klientel oder für Kurse genutzt wird, der Großteil der Kunden jedoch lieber an ‚richtigen Geräten‘ trainiert.

Daher denke ich, dass Kardio- sowie Kraftgeräte ein absolutes Muss für einen Outdoor-Bereich sind. Nach einem Gespräch mit Michael Birk von DHZ Fitness im Dezember 2020 wurden die Vorstellungen reeller. Er kümmerte sich um die Geräte und wir setzten die baulichen Maßnahmen, wie z. B. die Verlegung des Outdoor-Bodenbelags von Bodenkonzept sowie den Aufbau eines Flexzeltes der Firma Nomadik, um, sodass Anfang April die Voraussetzungen für einen 150 m2 großen Outdoor-Bereich geschaffen wurden.

Das Feedback der Kunden ist überwältigend und definitiv die Bestätigung dafür, diesen Schritt gegangen zu sein und den Invest mit einer hohen fünfstelligen Summe getätigt zu haben. Ich denke, dass jeder Betreiber, der irgendwie die Möglichkeit hat, einen Outdoor-Bereich für seine Mitglieder schaffen sollte. Es ist die Alternative während Corona und später hat man die Möglichkeit, neue Kunden zu gewinnen bzw. zurückzugewinnen und einer hohen Fluktuation entgegenzuwirken.“

 

Thorsten Grießer, Gründer und Geschäftsführer GainCube Solutions GmbH

„Outdoor-Training ist der Megatrend Nr. 1 in 2021. Die Pandemie hat diesen Trend seit 2020 massiv befeuert. Outdoorformate, alleine oder in Kleinstgruppen, werden zum wichtigsten „Sport-Strohhalm“. Einige Menschen sind in ihrer Isolation gefangen und können ihren gewohnten sozialen und sportlichen Kontakten nicht nachkommen. Vereinsamung, gepaart mit massiven psychischen und mentalen Folgen werden vorausgesagt oder zeigen bereits heute Wirkung.

Einer der bekanntesten Forscher auf diesem Gebiet ist Prof. Maurizio Bertollo, Universita-degli-Studi-G-dAnnunzio-Chieti-e-Pescara. Bertollo arbeitet im Rahmen des von der Thorsten Grießer gewonnenen, durch die EU kofinanzierten EU-Projekts #DARE-O gemeinsam an Lösungen, Outdoor-Training gesellschaftsfähig zu machen und diese wissenschaftlich begleitet zu positionieren. Prof. Bertollo beschreibt es so:

"Outdoor-Training kann heute und in Zukunft eine wirkungsvolle Lösung für die Gesundheit von Mensch und Umwelt sein, indem es zum physischen und psychischen Wohlbefinden, zur spirituellen Bereicherung und zur Reduzierung der Auswirkungen des Klimawandels beiträgt. Die Dosis-Wirkungs-Analyse zeigt, dass niedrigere Depressionswerte mit minimalen Schwellenwerten der wöchentlichen Naturdosis verbunden sind."

Darüber hinaus legt eine Dosis-Wirkungs-Analyse für Depressionen und Bluthochdruck nahe, dass Besuche und das Training in der Natur und im Freien von 30 Minuten oder mehr im Laufe einer Woche die Prävalenz dieser Krankheiten in der Bevölkerung um bis zu 7 % bzw. 9 % reduzieren könnten.‘

Fitnessstudios sollten aufrüsten, um neue Angebote für ihre Mitglieder offerieren zu können. Unter Einhaltung strengster, übergreifender Hygienekonzepte ist es meist möglich, das Trainieren an der frischen Luft zu realisieren. In einigen Städten in Deutschland und der EU wird bereits unter dem Dach von „Sport im Park“ (Berlin) oder „Mach mit bleib Fit“ (Nürnberg) versucht, die Bürger zu bewusster und in Teilen angeleiteter Aktivität im Freiraum zu motivieren. Hier liegt die Chance, sich als Fitnessclub zu positionieren – es geht um Nachhaltigkeit mit dem Start in städtischen Bewegungsorten.

Bei der Auswahl an Outdoor-Equipment sollte auf Sicherheit, Vernetztheit und ein ausgewogenes Verhältnis von geführtem Gerätetraining mit Gewichtsverstellung und Calisthenics-Formaten wie auch Freiflächen für Dehnung, Mobility und Kardiotraining geachtet werden. Zusatzequipment und Kleingeräte sollten, in einem ausreichenden Umfang, ebenfalls vorhanden sein.

Eine gute Einführung und Betreuung der Mitglieder oder Outdoor-Gruppen sollten ebenfalls angeboten werden. In den kommenden sechs Monaten, aber auch insbesondere in den kommenden Jahren wird sich entscheiden, wie stark Outdoor-Training sich zu einem 3. Standbein in der Fitness-, Gesundheits- und Kommunalwirtschaft ausweitet.“

Der Autor

  • Constantin Wilser

    Constantin Wilser ist seit 2006 in der Fitnessbranche als Redakteur tätig. Davor absolvierte er sein Bachelor-Studium der Sportwissenschaften am KIT in Karlsruhe. Seit 2019 ist er Bestandteil des BODYMEDIA-Redaktionsteams. Seit Anfang 2023 ist er Chefredakteur. In seiner Freizeit trainiert der Fußball-Fan gerne im Studio, geht laufen oder fiebert im Fußball-Stadion mit.

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