Digitalisierung

Gamification sinnvoll in der Fitness- und Gesundheitsanlage einsetzen

Als Gamification wird die Anwendung von Lösungsansätzen und Techniken aus der Gamingwelt in einem spielfremden Kontext bezeichnet. Auch in der Fitness- und Gesundheitsbranche ist Gamification auf dem Vormarsch. Wie Gamification zum Marktvorteil werden kann, erklärt Christian Hasler.

Gamification wird in unterschiedlichen Zusammenhängen verwendet. Grundsätzlich können bestehende Bewegungsabläufe mit Elementen aus der Spieleentwicklung versehen werden, um die Motivation des Trainierenden zu erhöhen.

Ein gutes Beispiel hierfür sind die Bewegungskurven an elektronischen Geräten, die man mit einem Objekt (z. B. einem Ball) „nachfahren“ muss. Häufig werden Punkte, Coins oder Sterne verteilt, um den inneren Wunsch nach Anerkennung und Belohnung zu befriedigen.

In diesen Fällen wird ein nachweislich effektives und messbares Training mit spielerischen Elementen versehen. Dies ist aus trainingswissenschaftlicher Sicht ein sehr sinnvoller Schritt, der auch von den Kunden positiv gesehen wird. Ganz nach dem Motto: „Gutes noch besser machen“.

Einsatz von Exergaming überdenken

Eine weitere Form der Gamification ist das Exergaming. Hier steuert der Anwender ein Spiel mit dem eigenen Körper. Ziel ist es, Menschen in Bewegung zu bringen, ohne dass sie bewusst wahrnehmen, dass sie sich intensiv bewegen. Grundsätzlich ist das ein sehr spannender Ansatz, da sich die Menschen heutzutage generell zu wenig bewegen.

Allerdings sollten Fitness- und insbesondere Physiotherapieeinrichtungen für den Begriff Training stehen und nicht für generelle Bewegung. Und Training ist ein planbarer und messbarer Prozess, der Prinzipien folgt und Anpassungen im Kopf und Körper zur Folge hat. Dieser Trainingsnutzen ist aus meiner Sicht die wichtigste Abgrenzung zum digitalisierten Home-Markt.


Durch Gamification lassen sich neue Zielgruppen wie Kinder, Sportler und ältere Menschen erreichen (Bildquelle: © SKILLCOURT GmbH)

Wenn Fitness- und Physiotherapieeinrichtungen ihr Marken- und Leistungsbild durch den Einsatz von Exergaming verwässern, wird es in Zukunft sehr schwierig, dem Trend der Immobilisierung des Menschen entgegenzutreten. Fitnessstudios und Physiotherapeuten müssen für Training stehen und nicht für Bewegung, die Freude bereitet.

Gamification eingebettet in Training

Ein drittes Feld, und das ist die zukunftsfähigste Form für Gamification im Fitness- und Gesundheitsmarkt, ist die Entwicklung von Spielen, die auf neuro- und trainingswissenschaftlichen Prinzipien basieren. Hier wird mit dem Körper nicht nur gespielt, sondern es werden auch wichtige Parameter gemessen. In diesem Fall entstehen belastbare Gesundheitsdaten, effektive Trainingspläne und ein echter Nutzen für die Anwender.

Gamification ist hierbei kein Selbstzweck oder Deckmantel, sondern ein elementares Element, eingebettet in echtes Training.

Es darf nicht darum gehen, sich im Rahmen eines Spiels irgendwie zu bewegen, sondern Training durch spielerische Elemente zu verbessern. Studiobetreiber sollten sich deshalb gut überlegen, inwiefern sie gegen Gebühr Leistungen erbringen wollen, die in dieser Form auch einfach und kostengünstig zu Hause umgesetzt werden können.

In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass sich alle Betreiber Gedanken darüber machen, wie sinnvoll es in Zukunft ist, auf Kardiotraining, virtuelles Personal Training oder Ähnliches zu setzen. Wer in diesem Spannungsfeld zu häufig falsche Entscheidungen trifft, wird in Zukunft in einem Atemzug mit Videotheken und Einzelhändlern genannt werden, deren Leistungen einfacher, günstiger und zu Hause erbracht werden. Streaming und Online-Shopping sind nur zwei Beispiele, die die Problematik gut verdeutlichen.

Gamification, richtig eingesetzt, bringt Marktvorteil

Wer das Thema Gamification aber in seiner Anlage bzw. Praxis richtig umsetzt, wird in Zukunft einen echten Marktvorteil genießen, denn der Mensch entwickelt sich seit jeher spielerisch. Wir lieben es sogar zu spielen. Dadurch erreichen wir neue Zielgruppen wie Kinder, Sportler und ältere Menschen. Die Kunden werden länger bleiben, die Customer Lifetime Value steigt und sinnvolle und zugleich lukrative Kooperationen mit Vereinen, Schulen und Firmen werden möglich.

Wie mit allem im Leben liegt der Teufel im Detail. So ist Gamification als Mode oder Trend sehr gefährlich für Fitness- und Physiotherapieeinrichtungen, wenn dadurch die Grundprinzipien der Leistung Therapie und Training verletzt werden. Man kann mittlerweile gut abschätzen, in welche Richtung sich der Markt entwickelt. So wird auf der einen Seite sinnvolle Gamification ein Standard werden. Die drei großen Anbieter elektronischer Krafttrainingsgeräte haben das bereits mehr als bewiesen.

Auf der anderen Seite wird Training holistischer und effektiver bzw. ökonomischer werden. Gerade der Bereich der visuellen und kognitiven Gesundheit und Leistungsfähigkeit wird immer mehr in den Fokus rücken, da Menschen trainieren, um ihren Alltag bewältigen zu können. Dieser Alltag ist geprägt von Sitzen, Arbeit am Computer, fehlenden Muskelreizen und Informationsüberflutung, bei gleichzeitiger Auslagerung unserer kognitiven Kapazitäten in Richtung Mobiltelefon und Google.

Das Training der Zukunft

Ein Training der Zukunft löst auf wissenschaftliche und trotzdem pragmatische Weise die Alltagsthemen der Menschen von heute und morgen. Gamification wird, richtig umgesetzt, dazu führen, dass mehr Menschen dieses Training absolvieren und sie länger dabei bleiben, weil sie dabei etwas mehr Spaß haben.

Bildquelle Header: © milongroup

Der Autor

  • Christian Hasler

    Als Geschäftsführer der SKILLCOURT GmbH und Diplom-Sportwissenschaftler ist Christian Hasler ein Experte in den Bereichen Reha und Prävention.

Magazin

BODYMEDIA Fitness 2-2023E-Book lesen

BODYMEDIA Fitness 2-2023

Mehr erfahren