Trends & Specials

Die ACSM-Fitness-Trends für 2020

Es ist schon fast wie Weihnachten. Jedes Jahr aufs Neue veröffentlicht das American College of Sports Medicine (ACSM) die Top-20-Fitness-Trends für das kommende Jahr. Und jedes Jahr freut sich die Redaktion darauf, den neuen Top-Trend zu entdecken. In diesem Jahr haben es die Wearables erneut geschafft, die Spitzenposition zu übernehmen.

Mittlerweile geht die ACSM-Trend-Studie schon in die 14. Auflage. Die Autoren haben also schon einige Trends kommen und gehen sehen. Spannend ist außerdem die Entwicklung der einzelnen Trends. Wie schon in den Jahren zuvor richten sich die Ergebnisse der Studie an Vertreter aus vier unterschiedlichen Bereichen: Kommerzielle Fitness, Medizinische Fitness, Non-Profit-Anbieter wie Vereine und Firmenfitness. Dabei geht es nicht darum, irgendwelche Trainingsgeräte, Konzepte oder Dienstleistungen zu bewerten, sondern vielmehr um die Darstellung von Strömungen, die einen nachhaltigen Einfluss auf die Fitnessbranche haben können. Sie wirken sozusagen als Unterbau, auf dem sich Produkte, Konzepte und Dienstleistungen aufbauen. 

Die Studie an sich
Die Wissenschaftler gaben bei der Befragung 39 potenzielle Trends vor, dabei waren die 25-Top-Trends aus dem letzten Jahr dabei, aber auch einige neue. Die Befragten konnten zudem eigene Trends angeben, die sie für relevant halten. Insgesamt wurde der Fragebogen an über 36.000 Fitness-Professionals auf der gesamten Welt gesendet. Mit einer Antwortquote von 6 % und damit deutlich über 3.000 Rückmeldungen ist die Studie repräsentativ. Antworten kamen u. a. aus UK, den USA, Deutschland, China, Japan, Indien, Russland, Singapur, Australien und Taiwan. Interessanterweise nahmen deutlich mehr Frauen (59 %) als Männer an der Umfrage teil. Ebenfalls spannend ist die Verteilung der Befragten hinsichtlich ihres Berufs. Den größten Anteil stellten selbstständige Trainer, gefolgt von medizinischen Einrichtungen wie Krankenhäusern und Fitness-Club-Betreibern. 

 

 

Fitnesstraining von und mit Kindern wird wieder wichtiger in den Top-20-Fitness-Trends

 

Die Ergebnisse der Studie
Wir rollen das Feld der Top-20-Trends von hinten auf. Training für Kinder hat es gerade noch so in die Trendliste geschafft, verbessert sich im insgesamten Ranking allerdings deutlich von Rang 28 auf 20. Das zeigt den aufkommenden Trend, Kinder und deren Training stärker in den Fokus zu rücken. Schaut man sich die Zahlen der übergewichtigen Kinder in den westlichen Ländern an, dann wird das auch höchste Zeit. Gleichzeitig ist es interessant zu sehen, dass dieses Thema keine Top-Priorität ist, da es nicht in den Top 10 oder Top 5 gelandet ist. Auf Platz 18 hat es das Berufliche Gesundheitsmanagement geschafft. Ähnlich wie bei den Kindern herrscht hier starker Handlungsbedarf der Fitnessindustrie. Das Thema adäquat umzusetzen ist jedoch schwer und wird deshalb auch nur zaghaft in die Praxis umgesetzt. Möglicherweise fällt es deshalb von Rang 15 im letzten Jahr auf den 18. Rang in diesem Jahr. Das Zirkeltraining schafft es auf Rang 17, hat für uns in Deutschland aber sicherlich eine deutlich höhere Relevanz durch die hohe Verbreitung der Trainingszirkel. 

Neu in die Top-20-Liste hat es das Thema „Gesunder Lifestyle“ geschafft. In der Gesellschaft ist das Bewusstsein für ein gesünderes Leben bereits deutlich sichtbar und nun zeigt es sich auch in den Fitness-Trends. Bei diesem Thema geht es vor allem um die Möglichkeit, einzelnen Menschen, aber auch z. B. Familien dabei zu helfen, einen gesunden Lebensstil zu pflegen. Platz 15 ist ein Thema, das derzeit immer mehr aufkommt und an Bedeutung gewinnt. Es geht um die Lizenzen für Fitness-Professionals. Während andere Branchen im Gesundheitsbereich wie Physiotherapeuten oder Krankenschwestern geschützte Begriffe sind, kann sich jeder Personal Trainer nennen. Und um einen Fitness-Club zu eröffnen, ist ebenfalls keine Grundqualifikation nötig. Damit hier strengere Regularien gelten, wird derzeit einiges an Aufwand von unterschiedlichen Initiativen betrieben. Auch wenn es sicherlich noch ein langer Weg sein wird, bis sich hier etwas Grundlegendes tut. Immerhin bewegt sich das Thema auch in der Top-20-Liste nach oben.

Weiter geht es dann mit dem Dauerbrenner Yoga auf Platz 14, obwohl es im Vergleich zur 2019er-Trend-Liste um 7 Plätze nach hinten gereicht wurde. Die Outdoor-Aktivitäten haben es auf Rang 13 und Functional Training auf Rang 12 geschafft. Das Thema hat zwar nach wie vor eine sehr hohe Relevanz hat, rutscht aber immer weiter nach hinten in der Rangfolge. Würde man sich nur am deutschen Markt orientieren, wäre Functional Training sicherlich der derzeit am stärksten wirkende Trend der Liste, auch wenn Boutique-Konzepte derzeit sicherlich etwas stärker auf dem Vormarsch sind. Im Verhältnis zum letzten Jahr etwas abgesunken ist das Thema „Gut ausgebildete Trainer“. Dass die Branche einen starken Bedarf an Fachkräften hat, steht außer Frage. Insbesondere dann, wenn man sich mehr und mehr der Gesundheitsbranche annähert. Gleichzeitig stellt sich natürlich die Frage, ob man sich diese Fachkräfte auch leisten will und kann. Die hohe Relevanz des Themas zeigt allerdings, dass es eigentlich alternativlos ist. Vor allem, wenn man bedenkt, dass gute Fachkräfte eine gute Dienstleistung erbringen, die dann auch entsprechend von den Kunden honoriert wird. Ebenfalls abgerutscht ist das Thema „Fitness für Ältere“, das im letzten Jahr noch den vierten Rang belegte. Auch wenn es etwas nach hinten ging, ist offensichtlich erkennbar, dass mehr ältere Menschen sich aktiv bewegen wollen und davon auch gesundheitlich profitieren. Zu den Plätzen 7 und 5, Bodyweight-Training und Personal Training, muss man nicht viel sagen. Diese beiden Themen waren Dauerbrenner in den Listen der letzten Jahre und sind auch hier wieder vorne mit dabei. Insbesondere das Personal Training sollte in Deutschland allerdings noch gestärkt werden. In vielen anderen Ländern dieser Erde ist man da schon deutlich weiter. Was man tun kann, um das Thema gewinnbringend umzusetzen, schreiben wir in unserem Themenschwerpunkt ab Seite 30. Auf Rang 4 hat es ein neuer Trend geschafft, nämlich das Training mit freien Gewichten, obwohl das natürlich bei Weitem keine neue Bewegung ist. Es ersetzt den Punkt Krafttraining aus den letzten Jahren, der den Autoren zu unspezifisch war. Auf der einen Seite geht es um das Training mit Freihanteln, aber auch um die Verknüpfung mit Functional Training, in dem dann z. B. Kettlebells und Medizinbälle eingesetzt werden. 

 

 

Die ACSM-Fitness-Trends in der Schnellübersicht

 

Die Top-3-Fitness-Trends 2020
Im letzten Jahr noch auf dem Silberrang, schafft es das Gruppentraining für 2020 nur auf den 3. Platz. Auch wenn sich jedes Jahr noch die Frage stellt, warum Gruppentraining eigentlich noch in die Rangliste aufgenommen wird. Schließlich ist es aus der Fitnesswelt nicht mehr wegzudenken. Ebenfalls in den letzten Jahren immer dabei und dieses Jahr auf Rang 2 ist das hochintensive Intervalltraining (HIIT). Obwohl das Thema nach wie vor sehr populär ist, stellt sich die Frage, ob diese Trainingsform nicht bereits weiter hinten platziert werden müsste, denn so langsam hat sich die Trainingsform etabliert und vielleicht sogar etwas Staub angesetzt – wenn auch auf hohem Niveau. Und nun kommen wir zum Erstplatzierten. Wie bereits 2016, 2017 und 2019 schafften es erneut die Wearables auf den Rang 1 der ACSM-Fitness-Trends 2020. Hiermit sind insbesondere Fitnesstracker, Smartwatches und andere Tracking-Devices gemeint, es lässt sich aber die Frage stellen, ob unter diesem Punkt nicht das Thema Digitalisierung allgemein abgedeckt wird. Schließlich konnten die Wearables gerade in Europa nicht die prognostizierten Verkaufszahlen von vor einigen Jahren erreichen. 

Trends ohne Zukunft?
Nun, da es einige neue Trends in die Auswahl geschafft haben, müssen folglich einige aus den Top 20 herausgepurzelt sein. Insgesamt hat es vier Stück erwischt. Zum einen die Trainings-Apps, die im letzten Jahr noch auf Rang 13 waren. Allerdings sinkt die Relevanz dieser immer weiter und das bemerken die an der Studie teilnehmenden Fitness-Professionals. Das Mobility- und Faszientraining hat es auch nicht in die Top 20 geschafft. Das kann daran liegen, dass sich die wissenschaftlichen Belege häufen, dass Mobility-Training für viele Zielgruppen vor allem einen Selbstzweck hat, aber keine nennenswerten Leistungssteigerungen bringt. Insbesondere im deutschen Markt ist es allerdings sehr weit verbreitet. Trotzdem scheint die internationale Relevanz des Themas eher abzunehmen. Für das Small Group Personal Training war es ebenfalls ein verhältnismäßiger Ausflug in die Top-20-Trends, der zwar einige Jahre anhielt, nun aber sein Ende findet. Erstaunlicherweise hat es das Thema Rehabilitations-Training ebenfalls nicht mehr in die Auswahl geschafft. Deswegen erstaunlich, weil nach wie vor viel operiert und rehabilitiert wird und die wichtige Rolle des Trainings dabei mittlerweile mehr als gut belegt ist. Gleichzeitig werden Trends, die marktrelevant sind, gar nicht aufgeführt, wie z. B. das Thema Boutique. Und das, obwohl Boutique- und Mikro-Studios unter den befragten Teilnehmern waren. 

 

 

Yoga gehört zu den Dauerbrennern im ACSM-Ranking und es ist kein Abflauen des Trends in Sicht

 

Unsere Bewertung der Lage
Solch eine Liste ist immer schön und gut. Es ist gleichzeitig aber auch wichtig, einzuordnen, wie die internationalen Trends im nationalen Markt gesehen werden. Dabei verschieben sich die Prioritäten häufig. So ist das Thema Kinderfitness nicht nur eines der Hauptthemen dieser Ausgabe, sondern ebenfalls ein Thema, das einen viel höheren Stellenwert einnehmen sollte. Was Schulen und Eltern nicht schaffen, ist eine Chance für die Fitnessbranche. So können die Kunden der Zukunft gebunden werden. Wenn wir ehrlich sind, wäre es gesellschaftlich fahrlässig, nichts gegen die Bewegungsarmut der Kinder zu tun, denn die Kosten, die auf uns zukommen, sind derzeit noch nicht absehbar. Das Thema Betriebliches Gesundheitsmanagement sollte ebenfalls eine höhere Priorität haben, denn hier entsteht das Problem durch die Bewegungsarmut. Im deutschen Markt ist Personal Training nach wie vor nicht so relevant wie im internationalen Kontext und würde daher etwas tiefer platziert werden. Functional Training hingegen würde es sicherlich unter die Top 3 schaffen. 

Fazit
Es ist immer wieder interessant, die ACSM-Studie auszuwerten und zu sehen, was sich in den weltweiten Fitness-Trends so tut. Auch wenn die Ergebnisse natürlich stark von dem System der USA und Personal Trainern beeinflusst sind, so geben sie doch immer wieder eine gute Richtung vor, was gerade aktuell im Markt ist. Trotzdem sollte man nicht vergessen, dass der deutsche Markt seine eigenen, individuellen Merkmale hat und sich gerade in den Top-Kategorien einiges verschieben wird, wenn man nur den deutschen Markt anschaut. Der DSSV veröffentlicht ebenfalls eine Trendstudie und die Top-5-Trends der 2019er unterscheiden sich komplett. Sie kommen zu dem Ergebnis, das insbesondere die Trainerqualität sowie Senioren und Best Ager die Trendthemen sind.
 

 

Quellen
Header: Robert Kneschke - stock.adobe.com
Bild 2: VadimGuzhva - stock.adobe.com
Bild 3: American College of Sports Medicine - stock.adobe.com
Bild 4: VadimGuzhva - stock.adobe.com

Der Autor

  • Jonathan Schneidemesser

    Seit seinem Germanistik-und Philosophie-Studium in Mannheim arbeitet er für das Fachmagazin BODYMEDIA. 2015 übernahm er nach Abschluss seines BWL-Studiums die Chefredaktion für das Magazin. 2017 etablierte er die BODYMEDIA dann mit einem eigenen Magazin im Physio-Bereich. Seine sportliche Erfahrung sammelte vor allem in seiner aktiven Zeit als 800m-Läufer. In seiner Freizeit joggt er durch den Wald oder schwingt Kettlebells.

Magazin

BODYMEDIA Fitness 6-2019E-Book lesen

BODYMEDIA Fitness 6-2019

Mehr erfahren