Management

„Mit der Genossenschaft wird das WIR in den Vordergrund gerückt“

Zur Stärkung der Gemeinschaft, organisiert sich der Fitness-Franchisegeber M.A.N.D.U. als Genossenschaft. Über diesen innovativen Schritt sprachen wir mit Gründungsvorstand Philipp Kaufmann. Außerdem gibt er uns Einblicke in das nachhaltige Arbeiten des Unternehmens sowie weitere spannende Projekte.

Das Wichtigste in Kürze:

  • M.A.N.D.U. ist eine Abkürzung für Moments, Alive, Natural, Dimension, Ultimate
  • Durch die Genossenschaft soll die Integration von Personen vereinfacht und die Transparenz verbessert werden.
  • Auch Erfolg kann somit besser und nachhaltiger gestaltet werden, da es darum geht, dass jeder Einzelne mit seinem Store erfolgreich ist.

BODYMEDIA: In Österreich ist M.A.N.D.U. mit seinen Stores Marktführer im Bereich des EMS-Franchisings. In Deutschland gibt es derzeit 3 Filialen. Vielleicht können Sie für unsere Leser noch mal einen groben Überblick über die Entwicklung und die Werte des Unternehmens geben.

Philipp Kaufmann: M.A.N.D.U. ist 2012 in Österreich gestartet und wurde dann recht schnell zum Marktführer. Unsere Wurzeln liegen eigentlich in der Immobilienbranche und im Marketing. Wir haben uns die Fitnessbranche also von außen angeschaut und uns intensiv mit ihr auseinandergesetzt. Daraus haben wir unser konsumentenfreundliches und partnerschaftliches Angebot mit EMS-Training und persönlichem 2:1-Coaching in der Wohlfühlatmosphäre eines Wohnzimmers aufgebaut.

M.A.N.D.U. steht für Moments, Alive, Natural, Dimension, Ultimate – und all das leben wir in unseren Stores.

Schickes Design und funktionelle Möbel sind genauso Bestandteile des Konzepts wie wöchentliche InBody-Messungen und das Thema Ernährung.  In den letzten Jahren konnten wir das Konzept weiter verfeinern und verbessern. Was von Anfang an aber schon immer im Fokus stand, war der Kunde. Wir liegen bei einem Beitrag von 120–150 € pro Monat und das bei einmal 15 Minuten Training pro Woche. Daher steht Qualität bei uns voll im Vordergrund.

Deswegen haben wir z. B. auch eine Hotline eingerichtet, bei der Mitglieder anrufen können, wenn sie Fragen zu den unterschiedlichsten Themen haben. Nun haben wir mit der Umstrukturierung in eine Genossenschaft den nächsten Schritt gewagt.


M.A.N.D.U. bietet ein konsumentenfreundliches und partnerschaftliches Angebot mit EMS-Training und persönlichem 2:1-Coaching

BODYMEDIA: Was hat Sie zu diesem Schritt bewegt – weg vom Franchisegeber, hin zur Genossenschaft?

Philipp Kaufmann: Der Genossenschaftsgedanke begleitet mich und uns schon sehr lange. Ich habe bereits während meiner Matura (in D. Abitur) eine Facharbeit zu diesem Thema geschrieben. Nun wirkt das Image der Genossenschaft im Vergleich zu einer Personen- oder Handelsgesellschaft etwas angestaubt, was ich persönlich jedoch nicht ganz nachvollziehen kann. Mit einer Genossenschaft kann man Dinge gemeinsam einfach besser gestalten. Und sie macht vieles einfacher.

Mitglieder können jederzeit aus- und eintreten, die Streitereien über die Anteile entfallen also komplett und die Integration von Personen ist viel unkomplizierter. Zudem findet man eine deutlich günstigere Kostenstruktur vor: Mit 1.000 € Genossenschaftsbeitrag ist man vollwertiges Mitglied mit einer Stimme – fertig. Man braucht keinen Notar und nicht viel Zeit. In der Folge zahlt jeder Franchisenehmer auch deutlich weniger Gebühren als in der alten Struktur, nämlich nur noch 3% vom Umsatz.

Das Genossenschaftsmodell ist ein explizites Angebot von uns an die Franchisenehmer. Ich will aber betonen: Gezwungen wird keiner. Natürlich arbeiten wir aber daran, dass alle wechseln, zumal es für uns auch keine Gründe mehr gibt, in der alten Struktur zu bleiben. Die meisten Franchisenehmer sind diesem Ruf auch bereits gefolgt. Alle neuen Franchisenehmer kommen dann bereits automatisch in die Genossenschaft. Wir sehen es somit als ein doppeltes Angebot:

Es ist eine Offerte an die bestehenden Franchisenehmer, aber natürlich auch an alle neuen respektive potentiellen Franchisenehmer, die sich für ein sicheres, kooperatives Fitness-Modell für ihre berufliche Karriere entscheiden wollen.

Außerdem haben alle Mitglieder einen Anspruch darauf, was die Genossenschaft erwirtschaftet, aber – und das ist ganz wichtig: Keiner hat Anspruch auf die Substanz des Unternehmens. Die bleibt immer erhalten. Und die Entscheidungen werden von allen getroffen und nicht nur von dem einen Franchisegeber, der von oben herab entscheidet. Es gab immer Reibungspunkte mit den Franchisenehmern, weil die alle von uns global getroffenen Entscheidungen lokal umsetzen mussten. 

Mit der Genossenschaft schaffen wir ein Miteinander; jeder, der möchte, darf mitdiskutieren und sich an den Entscheidungen beteiligen.

Was mir beim Genossenschaftsgedanken jedoch das Wichtigste ist, ist der Gedanke der Transparenz. Alle Verträge z.B. mit Proteinlieferanten werden in der Genossenschaft beraten und offengelegt. Im Geschäftsbericht muss dann alles dargestellt werden und so weiß jeder über alle Entwicklungen Bescheid. Das System wird also fairer und transparenter für alle. Der Sinn einer Genossenschaft ist es, dass sich Menschen mit denselben Interessen zusammenschließen, um ein gemeinsames Ziel zu verfolgen. Und genau das machen wir hier mit M.A.N.D.U.


Das „High-Five“ nach dem Training ist jener M.A.N.D.U.-„Magic Moment“, auf den die Member voller Eifer hintrainieren

BODYMEDIA: Recht schnell nach der Umstrukturierung kam dann der erste Genossenschaftstag. Wie war hier die Stimmung?

Philipp Kaufmann: Wirklich hervorragend – anders kann man es nicht sagen. Durch die Genossenschaft haben die Franchisenehmer nicht mehr das Gefühl, dass der Franchisegeber nichts für ihren Erfolg macht. Vielmehr haben sie in der Abstimmung das Gefühl, den Erfolg gemeinsam zu gestalten. Wir sehen, dass es von den Beteiligten positiv wahrgenommen wird und ein Wir entsteht. Und genau das möchten wir auch, denn M.A.N.D.U. ist eine Familie.

Das war vor der Umstrukturierung auch schon so, aber durch das Verhältnis Franchisegeber-Franchisenehmer hatten beide Seiten immer Erwartungen, die nicht ganz erfüllt werden konnten. Jetzt haben wir den Spieß umgedreht: Wir legen z. B. fest, welche Dienstleistungen wir gemeinsam einkaufen, und damit ermöglichen wir den Erfolg im Tagesgeschäft. Denn letztlich geht es darum, dass jeder Einzelne mit seinem Store erfolgreich ist.

BODYMEDIA: Neben der Innovation der Firmenstruktur gehen Sie auch in anderen Bereichen neue Wege. In Ihrem Flagship-Store wurde nun ein Café integriert. Welche Synergieeffekte erhoffen Sie sich davon?

Philipp Kaufmann: Für mich gab es hier in Linz kein passendes Kaffeehaus, das die Qualitätsansprüche hinsichtlich Essen und Kaffee erfüllen könnte. Dann gab es die Möglichkeit, eines zu übernehmen: Wir haben gehandelt und nach einer kompletten Umwälzung neu eröffnet. Darin stehen die Themen Bio-Qualität und Regionalität ganz weit vorne – das schreiben wir bewusst nicht vorne drauf, aber alles, was sich darin abspielt, erfüllt diese Ansprüche.

Dann kamen Kunden auf uns zu und fragten, warum sie das leckere Essen nicht unmittelbar nach dem Training direkt vor Ort im Store fertig zubereitet zu sich nehmen können. Um diesen Ansprüchen gerecht werden zu können, haben wir entschieden, in der Lounge des Stores eine neue Form des Lebensmittelhandels zu integrieren.

Wir wollen ganz bewusst etwas hineinbringen, das im Supermarkt fehlt, und das ist die Beratung. Die Essenswünsche werden durch Zöliakie, Allergien etc. immer komplexer und dann sollte es ja auch noch schnell gehen, gesund sein und viel Protein enthalten. Deshalb haben wir ein Warenangebot an schnell verfügbarem Essen in einer hohen Qualität mit einer Haltbarkeit von etwa 30 Tagen. Sie nehmen es, können es warm oder kalt essen, haben aber auch Lebensmittel dort, mit denen man direkt vor Ort z. B. einen Smoothie oder einen Proteinshake machen kann.

Und dann stellen wir dort jemanden zur Beratung bereit, der nicht aufdringlich ist, von dem man sich aber zu jeder Zeit beraten lassen kann. Mit der Integration in den Store befruchten sich beide Bereiche. Als Special bekommt man bei uns z. B. auch Spezial-Salze und Spezial-Öle, die nicht alltäglich sind, und auch Kochschulen sollen zukünftig angeboten werden. Letztlich wollen wir einen Ort schaffen, an den jeder gerne hingeht und sich wohlfühlt.


Das digitale Fortbildungsangebot ist für M.A.N.D.U. ein wichtiger Teil bei der Grundlagenausbildung der Trainer

BODYMEDIA: Das Angebot andigitalen Ausbildungsmöglichkeiten wurde ja ebenfalls ausgebaut. War das eine Reaktion auf die Corona-Entwicklungen?

Philipp Kaufmann: Wir hatten schon immer eine Mischung aus digitalen und Vor-Ort-Angeboten. Durch Corona wurde es eben noch ein bisschen schneller digitaler. Ich bin mir aber sicher, dass die Kombination aus beidem die beste Lösung ist. Gerade Grundlagenwissen kann ich hervorragend digital vermitteln. Dann müssen die Ausbilder ihre Vorträge nicht immer und immer wieder halten.

Aber wenn es darum geht, seine Mitstreiter kennenzulernen, also so richtig, nicht nur so oberflächlich, dann ist es schon einfacher, wenn man gemeinsam an einem Ort ist und z. B. zusammen Sport machen kann. Auch wenn wir die Präsenzausbildungen etwas runterfahren mussten, ist der feste Plan, dass in der Erstausbildung alle Teilnehmer an einem Ort zusammenkommen und sich kennenlernen können. So stellen wir sicher, dass sich alle als Teil der Familie sehen und ein WIR-Gefühl entsteht.

Hinzu kommt, dass wir in einem praxisorientierten Beruf arbeiten, und die Übertragung des Wissens von der Theorie in die Praxis ist besonders anspruchsvoll. In einer Präsenzausbildung kann ich kontrollieren, ob die Armelektroden korrekt angelegt wurden oder nicht. Da hat das Digitale seine Schwierigkeiten.

BODYMEDIA: All diese Entwicklungen stehen im Zeichen der Nachhaltigkeit. Welchen Stellenwert nimmt diese bei M.A.N.D.U. ein?

Philipp Kaufmann: Unser Genossenschaftsmodell basiert auf Nachhaltigkeit genauso wie unser Konzept des Cafés. Unser wichtigstes Thema jedoch sind die Mitarbeiter und unsere Mitglieder. Es ist kein Geheimnis, dass mit Personal in der Fitnessbranche wenig nachhaltig umgegangen wird. Viele arbeiten für wenig Geld, was aus meiner Sicht weder dem Mitarbeiter noch dem Kunden gegenüber wertschätzend ist.

Wenn ein Kunde für ein Premiumprodukt viel Geld zahlt, ist es für mich unvorstellbar, dass jemand als Auszubildender, der nicht viel Geld erhält, diese Leistung erbringt. Hinzu kommt, dass viele Mitarbeiter gar keine langfristige Perspektive bekommen. Und das ist eben nicht nachhaltig.  

Als Gegenbewegung dazu setzen wir auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Damit bieten wir bewusst unterschiedliche Antworten auf die Lebensphasen der Mitarbeiter. Während man in der Ausbildung vielleicht eher zusätzliche Zeit zum Lernen oder für das Anwenden der Theorie in der Praxis braucht, ändern sich die Bedürfnisse z. B., wenn man Kinder bekommt.

Für mich ist die größte Freude, mit Menschen zu arbeiten, und das sollen diese auch spüren, indem ich das nicht nur sage, sondern auch im täglichen Arbeiten lebe.


Bei M.A.N.D.U. schließt man im Erstgespräch keinen Vertrag ab, sondern ein 0-€-Membership. Damit wird man dann Teil der Community

Und dann bleiben diese Mitarbeiter auch lange im Unternehmen, können einen Erfahrungsschatz aufbauen und damit ihre Kunden besser betreuen. Ich habe zu Beginn gesagt, dass wir ein konsumentenfreundliches Unternehmen sind, und da ist es für mich klar, dass die Mitarbeiter das leben müssen. Unsere Struktur unterstützt sie dabei. So bekommen unsere Kunden bei uns immer ein Handtuch nach dem Training zum Duschen; ganz ohne Verrechnung – das gehört zum Service einfach dazu.

Während andere Anbieter ihre Duschen unattraktiv machen, weil sie nicht möchten, dass ihre Mitglieder bei ihnen duschen, fördern wir das ganz aktiv. Bei uns schließt man im Erstgespräch keinen Vertrag ab, sondern ein 0-€-Membership. Damit wird er Teil der M.A.N.D.U.-Community und das ist mir wichtig, dass die Werte, die wir vertreten, für das zukünftige Mitglied passen.

Beim Kennenlerngespräch definieren wir dann die Ziele des Kunden und er schließt einen Vertrag mit sich ab, denn ein Trainer kann das Mitglied nur bei seinem Weg zu seinen Zielen begleiten. Er kann nicht für ihn trainieren. Und auch das ist wieder nachhaltig.

BODYMEDIA: Vielen Dank für das interessante Gespräch!
 

Bildquelle: ©Heli Mayr
Bildquelle: ©Heli Mayr
Bildquelle: ©Heli Mayr
Bildquelle: ©Heli Mayr
Bildquelle: ©Heli Mayr

Die Autoren

  • Jonathan Schneidemesser

    Seit seinem Germanistik-und Philosophie-Studium in Mannheim arbeitet er für das Fachmagazin BODYMEDIA. 2015 übernahm er nach Abschluss seines BWL-Studiums die Chefredaktion für das Magazin. 2017 etablierte er die BODYMEDIA dann mit einem eigenen Magazin im Physio-Bereich. Seine sportliche Erfahrung sammelte vor allem in seiner aktiven Zeit als 800m-Läufer. In seiner Freizeit joggt er durch den Wald oder schwingt Kettlebells.

  • Philipp Kaufmann

    Philipp Kaufmann ist studierter Betriebswirt, Publizist, Immobilienmanager und Facility-Manager. Seine beruflichen Lehrjahre verbrachte u. a. er im Marketing bei Proctor&Gamble. Heute ist er Gründer und Geschäftsführer der KaBB (Kaufmann beraten und beteiligen), welche unter anderem den EMS-Fitness-Franchisegeber M.A.N.D.U. und das Café Beenie. allday in Linz-Urfahr (Österreich) betreibt. Als Unternehmer geht es Kaufmann nicht primär um die kurzfristige Profitmaximierung; die Balance zwischen erfolgreichem Wirtschaften und Lebensqualität ist wichtig. Besonders wichtig ist ihm der Fokus auf Nachhaltigkeit, der sich wie ein roter Faden durch seine unternehmerischen Aspirationen zieht.

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