TK-Chef Baas zu den Kabinettsentwürfen der beiden Digitalgesetze

Die Digitalisierung im Gesundheitssystem kommt in Deutschland nur langsam voran. Dr. Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der Techniker Krankenkasse (TK), kommentiert die Kabinettsentwürfe des Gesetzes zur Beschleunigung der Digitalisierung im Gesundheitswesen (Digital-Gesetz) und des Gesundheitsdatennutzungsgesetzes.

Die Digitalisierung im Gesundheitssystem kommt in Deutschland nur langsam voran. Es gibt zwar das E-Rezept und die elektronische Patientenakte, aber kaum einer nutzt sie. Weniger als ein Prozent der Versicherten hat die Akte installiert und im ersten Halbjahr 2023 wurden nicht einmal ein Prozent aller Rezepte digital ausgestellt. Deshalb ist es enorm wichtig, dass mit dem Gesetz wieder Dynamik in die Digitalisierung kommt. Wir brauchen hier dringend mehr Nutzerfreundlichkeit und echten Mehrwert für Patienten und Ärzte, damit E-Rezept und Akte auch in der Breite genutzt werden.

„Wirklich digital ist ein Rezept erst, wenn Patienten keinen ausgedruckten QR-Code mehr benötigen und das Rezept auch unabhängig von der elektronischen Gesundheitskarte funktioniert. Der einzige volldigitale Weg beim E-Rezept ist eine Einlösung per App. Mit dem Gesetz kann die E-Rezept-App nun auch in die Apps der Krankenkassen integriert werden. Das ist für viele Versicherte deutlich komfortabler als die bisherigen Lösungen, da sie die App in der Regel bereits auf ihrem Smartphone haben.“

Die elektronischen Patientenakte könne laut Baas nur ein Erfolg werden, wenn sie für Ärzte und Patienten einen spürbaren Nutzen bringt. Sie wird nur Einzug in den Praxisalltag finden, wenn die relevanten Daten dort abgelegt werden. Deshalb müssen Arztpraxen dazu verpflichtet sein, die Daten für Patientinnen und Patienten einzuspielen. Die Medikationsliste in der Patientenakte sei ein wichtiger Mehrwert für Patienten und Ärzte. Dort werden endlich alle verordneten Arzneimittel zusammengeführt, sodass Wechselwirkungen zwischen Medikamenten schneller erkannt und vermieden werden können.

Wichtig sei, dass die Patientenakte nutzerfreundlicher wird – für Ärzte und Patienten. Das Einloggen in die elektronische Patientenakte müsse vereinfacht werden. Wie Patienten es von anderen Apps gewohnt sind, muss die Identifikation auch in der Akte per Gesichtsscan oder Fingerabdruck möglich sein. Für Ärztinnen und Ärzte muss die Akte schnell und komfortabel zu befüllen sein.

„Die ePA darf nicht zum Zeitfresser in der Arztpraxis werden. Hier sind die Softwarehersteller gefragt, die Akte so zu integrieren, dass sie sich nahtlos in die Praxisabläufe einfügt.”

Die Pandemie habe gezeigt, wie wichtig Echtzeitdaten und die Auswertung von Informationen für die Gesundheit sind. Nach Meinung von Baas befänden wir uns derzeit in einem Daten-Dilemma.

„Bislang bekommen wir die entscheidenden Daten erst mit einem halben Jahr Verzögerung. Wir brauchen die Daten aber dringend tagesaktuell, um auf dynamische Entwicklungen reagieren zu können.“

Im Gesundheitssystem werden an den unterschiedlichsten Stellen Daten über Patientinnen und Patienten abgelegt. Damit sie aber auch tatsächlich einen Mehrwert für die Gesundheit bringen können, müssen sie verfügbar sein. Hier bringt das Gesetz entscheidende Änderungen. Zukünftig können Daten aus der elektronischen Patientenakte für die Forschung und Versorgung verwendet werden. Das ist wichtig, um beispielsweise Präventions- und Versorgungsangebote individuell am Bedarf von Versicherten auszurichten.

Bildquelle Header: © Techniker Krankenkasse

Der Autor

  • Jan Althoff

    Jan Althoff ist Physiotherapeut, hat einen M.Sc. in Neurorehabilitationsforschung und ist Auditor für Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen. Er sammelte Erfahrung in internationalen Projekten im Bereich Rehabilitation, Entwicklung und Aufbau von Rehaeinrichtungen, Aus- und Weiterbildung von Therapeuten.