Aus- & Weiterbildung

Aus-, Fort- und Weiterbildungen – Sinn oder Unsinn?

Welchen Stellenwert hat das Thema Aus- und Fortbildung in der Fitnessbranche? Welche Vorteile haben gut ausgebildete Mitarbeiter? Welche Arten von Fortbildung sind sinnvoll und für ein Unternehmen wichtig? Dies sind wichtige Fragen, die sich Fitness-Club-Betreiber und auch Studiomitarbeiter stellen. Der Vorstand des Bundesverbands PT e. V., Stephan Müller, gibt passende Antworten auf zahlreiche Fragen rund um die Rahmenbedingungen professioneller Aus- und Weiterbildung.

Wie wir bereits in unserer Schulzeit gelernt haben, sind bestimmte Bestandteile eines Lernprozesses für den Alltag, den Beruf und das Leben sehr wichtig und auch notwendig, auch wenn dies in der Schulzeit zum Teil von vielen nicht sofort wahrgenommen wird. Der große Vorteil von speziellen Aus-, Fort- und Weiterbildungen ist, dass die Teilnehmer genau das vermittelt bekommen, was sie sich wünschen beziehungsweise was sie benötigen, um das jeweilige Thema auch im Alltag umzusetzen. Wie etwas vermittelt wird, hängt vdabei vor allem von den Inhalten und vom pädagogischen Geschick und von der Erfahrung des Ausbilders beziehungsweise Referenten ab. 

Was zeichnet einen guten Ausbilder aus?
Die Fähigkeit, Teilnehmer für das angebotene Thema zu begeistern, ist die wohl wichtigste Herausforderung, die der Ausbilder erfolgreich meistern muss. Kurzweilige Unterrichtseinheiten gepaart mit praxisbezogenen Inhalten zu gestalten, zum Beispiel bei Ernährungsausbildungen oder im Bereich Anatomie, zeichnen einen guten Coach aus. Die eher trockenen Themen können durch einen qualifizierten und erfahrenen Referenten sehr anschaulich und bildhaft erklärt und vermittelt werden. Leider ist es immer wieder vor, dass der Unterricht langweilig gestaltet wird. Dadurch kann es manchmal passieren, dass es besser ist, nur ein Buch oder einen Fachartikel zu lesen. Hier unterschiedet sich ganz klar die Spreu vom Weizen. Aus langjähriger Erfahrung kann heutzutage klar festgehalten werden, dass eine gute Mischung aus fachlicher Kompetenz und Eigenerfahrungen in der praktischen Umsetzung eine sinnvolle Kombination und für ein gutes Referentenfundament extrem wichtig ist. Wenn es der Referent jetzt auch noch versteht, mit Begeisterung und etwas Humor das Thema der Gruppe zu vermitteln, sind die Voraussetzungen für einen kurzweiligen und lernintensiven Unterricht gegeben. Dies ist auch der Unterschied, der für die Vermittlung notwendiger Praxiseinheiten als absolutes Muss gesehen werden sollte. 

Heutzutage werden immer mehr Online-Kurse angeboten. Es spricht grundsätzlich nichts dagegen, bestimmte Bestandteile der Aus- und Weiterbildung über Online-Tools abzudecken. Dies ist sogar durchaus sinnvoll, da bestimmte Inhalte auch durch dieses Angebot sehr gut vermittelt werden. Dagegen sollte man reinen Online-Ausbildungen zum Fitness Trainer, Personal Trainer oder Groupfitness Trainer eine klare Absage erteilen. Stellen Sie sich vor, Sie wollen tauchen oder schwimmen gehen und beim Lehrgang wird Ihnen alles nur per Online-Video vermittelt. Hier fehlt ganz klar die Praxis bzw. die Erfahrungen mit dem Element Wasser. Da wir im Gesundheits- und Fitnessbereich immer mit Menschen zu tun haben, muss der Umgang bzw. die Betreuung von Menschen durch Menschen ein umfangreicher Bestandteil einer kompetenten und qualifizierten Ausbildung sein. Bei sogenannten Grundausbildungen sollten die Präsenztage mindestens 4–6 Tage betragen, um die grundlegenden und wichtigen Inhalte beim Umgang mit Kunden und Mitgliedern an Praxisbeispielen vermitteln zu können. Vom geschulten Umgang mit Menschen (verbal, sozial usw.) können Studiobetreiber später enorm profitieren. Denn nur der richtige Umgang mit den Kunden verhindert Kündigungen und trägt zur Mitgliederbindung bei.

Ein weiterer Vorteil von Präsenzphasen ist, dass Inhalte und Lernstoff für die Teilnehmer so vermittelt werden können, dass die Teilnehmer einen echten Mehrwert aus diesen Phasen ziehen können. Das bedeutet aber vor allem für den Ausbilder eine intensive Vorbereitungszeit und mit Sicherheit auch, dass er einige Jahre praktische Erfahrung in diesem Bereich sammeln muss. Immer wieder stelle ich fest, dass Referenten Themen vermitteln, in denen sie keine eigene praktische Erfahrung mitbringen. Beim Thema Personal Training oder Ernährung beispielsweise kommt es durchaus vor, dass es Referenten gibt, die selbst noch nie ein Personal Training oder eine Ernährungsberatung bei Kunden durchgeführt haben. Hier kommt es spätestens im Lehrgang zu Schwierigkeiten, wenn tiefgreifende Fragen aus der Gruppe durch die Teilnehmer gestellt werden. Informieren Sie sich im Vorfeld, welche Erfahrung die Dozenten der Lehrgänge mitbringen und ob diese selbst in diesem angebotenen Bereich arbeiten. Manchmal sind hier sogar diejenigen Personen etwas kompetenter, die zwar nicht unbedingt eine staatliche Ausbildung zum Sportlehrer, Physiotherapeut oder Sportwissenschaftler mitbringen, dafür aber jahrelange Erfahrung in einem bestimmten Bereich haben, wie zum Beispiel beim Group-Fitness-Training. Wenn beides vorhanden ist, kann das umfangreiche Hintergrundwissen eines Studiums oder einer Vollzeitausbildung der Referenten helfen, auch spezifische, tiefgehende Fragen aus dem Bereich Anatomie zu beantworten.  

Was sind wichtige Inhalte bei Ausbildungen?
Aus- und Weiterbildungen leben von der praxisnahen Umsetzung. Zur Steigerung der Aufnahmekapazitäten beim Seminar, Kurs oder Unterricht sollte immer eine gute Mischung aus theoretischen Bestandteilen und Praxis stattfinden. Gruppenarbeiten und verschiedene Vermittlungsmethoden sollten ideal aufeinander abgestimmt werden. Hier können auch Lückentexte und Aufgabentexte integriert werden. 


Es spricht nichts dagegen, bestimmte Bestandteile der Aus- und Weiterbildung über Online-Tools abzudecken. Reinen Online-Ausbildungen zum Fitness Trainer, Personal Trainer oder Groupfitness Trainer sollte man aber eine klare Absage erteilen

 

Welche Ausbildungstrends sind derzeit zu erkennen?
Im Fitnessbereich kommen immer wieder neue Trends auf, die sich dann zum Teil auch etablieren. Angefangen vom ersten Bodybuilding über Tai Bo, Pump, Zumba, Faszien, Yoga, Pilates, Functional Training bis hin zu Ernährung, EMS und Personal Training. Momentan ist das Thema individuelle Betreuung und Coaching stark im Fokus. Die richtige Anamnese und Durchführung von Check-ups sind dabei ein Bestandteil, der auf großes Interesse, vor allem bei Kunden stößt. In diesem Bereich über fundiertes Wissen zu verfügen ist vor allem für Premium-Fitness-Studios interessant, die sich von Discountern abheben möchten. Auch das Thema Ernährung ist sehr gefragt, genauso wie Functional Training, wobei man hier schon nicht mehr von einem Trend, sondern von einer etablierten Trainingsart sprechen muss. Zu erwähnen sind zudem Gehirnfitness und Neuro-Athletic. Diese Bereiche sind derzeit das Trendthema schlechthin.

Wie wichtig ist die Erste Hilfe bei uns allen?
Erste Hilfe ist für viele ein übles Muss, wird aber häufig unterschätzt und auch von vielen nur vor der Führerscheinprüfung durchgeführt, da es zum Pflichtprogramm zählt. Es kann immer vorkommen, dass jemand Hilfe benötigt. Aufgrund von Unsicherheit oder Angst, etwas falsch zu machen, ist das „Nicht Helfen“ keine Option. In Deutschland ist die gesetzliche Lage so, dass eine unterlassene Hilfe im Nachhinein eher Schwierigkeiten zur Folge hat, ale eine Hilfe mit Fehlern. Da Notsituationen, auch in Fitness-Clubs, immer auftreten können und schnelles Handeln dringend erforderlich ist, sollten die Kenntnisse in Sachen Erste Hilfe regelmäßig aufgefrischt werden. 

Fazit
Regelmäßige Aus- und Weiterbildungen mit festen Präsenzphasen sind für den Umgang mit Menschen absolut notwendig und sinnvoll. Bei den Schulungen sollte darauf geachtet werden, dass die Ausbilder die notwendige Kompetenz in Theorie und Praxis mitbringen. Bei der Auswahl der geeigneten Aus- oder Weiterbildung sollte beachtet werden, dass die Bezeichnung Referent und Ausbilder keine geschützten Begriffe sind. Eine sinnvolle Kombination von Theorie und Praxisanteilen gehört in jede Aus- und Fortbildung, auch wenn es sich um reine Theoriethemen handelt, wie zum Beispiel Ernährung, Verkauf oder Anatomie. 

 

Quellen
Header: Seventyfour - stock.adobe.com
Bild 2: oneinchpunch - stock.adobe.com
Bild 3: LIGHTFIELD STUDIOS - stock.adobe.com

 

Der Autor

  • Stephan Müller

    Stephan Müller ist der Vorstand des Bundesverband PT e. V. (www.- bundesverband-pt.de). Der Sportlehrer, Sportphysiotherapeut und Ernährungsberater der Olympiasieger und Weltmeister sowie zahlahlreicer Bundesligaprofis aus den Bereichen Fußball, Handball, Basketball, Eishockey und Volleyball ist Mitglied des Expertenbeirats für die Fitness- und Gesundheitsbranche sowie Inhaber des GluckerKolleg (www.gluckerkolleg.de) und der PT Lounge GmbH.

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