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Der Fitnessmarkt im Land der „unbegrenzten Möglichkeiten“

Amerika genießt den Ruf als das Land „der unbegrenzten Möglichkeiten“. In Sachen Fitness ist die USA seit vielen Jahren der Vorreiter. Hier werden zahlreiche Fitnesstrends geboren, die dann die ganze Welt erobern. In seinem Artikel beleuchtet Hans Muench den US-Markt genauer.

Das Wichtigste in Kürze:

  • In den USA trainieren 64,2 Millionen Mitglieder in Fitness- und Gesundheitsanlagen.
  • Die Fitnessstudios in den USA sind zweckmäßig ausgestattet und verfügen über viele Geräte. Auf Design und Ambiente wird wenig Wert gelegt.
  • Es ist nicht unüblich, Mitglied in zwei Fitnessanlagen zu sein.
  • Zu den größten Fitnessketten in den USA zählen: Planet Fitness mit über 1.600 Studios und 10 Millionen Mitgliedern, LA Fitness mit über 700 Anlagen in den USA und Kanada sowie das Anytime Fitness.

Die USA zählen insgesamt 41.370 Fitness- und Gesundheitsanlagen, in denen 64,2 Millionen Mitglieder trainieren (IHRSA’s 2020 Global Report vom 26.6.2020). Gemessen an der Gesamtbevölkerung sind in den USA 17 % der Menschen Mitglied in einem Fitnessstudio. Diese Zahl hat sich in den vergangenen zehn Jahren kontinuierlich gesteigert.

Laut aktuellem IHRSA’s Global Report trainieren in 25 US-Bundesstaaten sogar über 20 % der Bevölkerung in Fitnessstudios (siehe Abbildung Bild 1). New York führt die Liste mit 29,7 % an, gefolgt von Kalifornien mit 29,2 %, Massachusetts mit 28,6 %, Conneticut mit 28 % und Illinois mit 27,3 %.

Laut IHRSA´s Global Report, trainieren in 25 US-Bundesstaaten, sogar über 20 % der Bevölkerung in Fitnessstudios (Bildquelle: IHRSA)

Rekordzahlen der vergangenen 10 Jahre

Die Anzahl der Mitglieder in Fitnessclubs ist in den vergangenen zehn Jahren von 50,2 auf 64,2 Millionen gestiegen (The IHRSA US Health Club Industry Snapshot 2020). Der Weltverband IHRSA hat in den USA in Zusammenarbeit mit Sports Marketing Surveys durch eine groß angelegte Studie, in der 18.000 Menschen befragt wurden, die Häufigkeit von 122 verschiedenen Sportaktivitäten ermittelt. Auch hier konnten Fitnessstudios in den vergangenen zehn Jahren einen enormen Anstieg verzeichnen.

2019 ging jedes Mitglied durchschnittlich 109,5-mal ins Studio, um zu trainieren. 2010 lag die Zahl bei lediglich 97,5 Studiobesuchen. Das entspricht einem Anstieg von 12 %. Hochgerechnet absolvierten die US-Bürger 6,7 Billionen Trainingseinheiten in den Studios, 2010 waren es nur 4,6 Billionen. Die Zahl der Gesamt-Workouts 2019 stieg also im Vergleich zu 2010 um 45 % an.

 In den USA ist außerdem das Phänomen der sogenannten Doppelnutzung zu beobachten. Das heißt, dass es in den USA nicht unüblich ist, Mitglied in zwei Fitnessanlagen zu sein.

Neben der Mitgliedschaft im Fitnessstudio nutzen viele das Trainingsangebot einer der unzähligen Boutique-Studios. Die Zweitnutzung erfolgt nicht immer zwingend durch eine Mitgliedschaft über eine bestimmte Laufzeit, da über Aggregatoren, wie z.B. Urban Sports Club, ClassPass oder Gympass, einzelne Trainingseinheiten gebucht werden können oder auch 10er- bzw. 50er-Eintrittskarten als Zahlungsoptionen möglich sind.

Enormer Zuwachs der Boutique-Studios

Boutique-Studios haben in den vergangenen sieben Jahren einen enormen Zuwachs in den USA erfahren. Laut einer Studie von afsfitness.com stieg 2017/2018 die Anzahl dieser Studios um 15 %. Das Reizvolle für die Betreiber der Studios ist, dass sie sehr lukrativ sind. 70 % der befragten Studios sind profitabel (+4 % gegenüber 2017), weitere 18 % haben den Break-Even-Point bereits erreicht.

Nach Angaben von afsfitness.com, dem Verband für Mikroanlagen, sind mehr als 100.000 Boutique-Fitness-Anbieter wie Barry’s Boot Camp und Soul Cycle am Markt. Alleine Soul Cycle, das zu der Fitnesskette Equinox gehört, zählt über 100 Studios. In Kanada gibt es insgesamt ca. 6.000 Fitnessanlagen. Laut IBIS World ist der Anteil an Fitness- und Gesundheitsstudios in der Südostregion der Vereinigten Staaten weltweit am größten.

„Vor der COVID-19- Pandemie war das Wachstum des Fitnessstudiomarktes in den USA mit Abstand das schnellste der weltweiten Fitnessbranche.“

Josh Leve, Geschäftsführer von afsfitness.com

Xponential Fitness ist ein US-Boutique-Fitness-Franchisegeber, der mehrere Marken vereint. Insgesamt bietet der Multi-Franchisegeber acht verschiedene Marken und Trainingsarten in über 1.500 Anlagen. Für den deutschen Markt hat die LifeFit Group die Rechte erworben und zwei Konzepte, Pure Barre und Club Pilates, werden 2021 in Deutschland an den Start gehen und Studios eröffnen. F45, ein Boutique-Franchisekonzept, das 2013 in Australien startete und nun den Hauptsitz nach Los Angeles verlegte, hat inzwischen fast 2.000 Franchise-Studios auf der ganzen Welt. Ende Juni gab das Unternehmen bekannt, an die amerikanische Börse (NASDAQ-Börse) und im weiteren Verlauf des Jahres 2020 an die italienische Börse zu gehen.

Wo liegen die Unterschiede zu Europa?

Studios in den USA sind in der Regel deutlich zweckmäßiger ausgestattet. Die Anlagen verfügen über viele Geräte. Auf Design und Ambiente wird dagegen vergleichsweise wenig Wert gelegt. Ausnahmen sind z. B. die Studios von Equinox, Lifestyle oder Midtown, die im Premium-Segment angesiedelt sind.

Schwimmbäder findet man in den US-Clubs öfter als in Deutschland, dafür sind die Saunabereiche immer nach Geschlecht getrennt. Ein gemischter Wellness-Bereich ist gesetzlich nicht erlaubt.

In den USA werden viele Bürger über ihren Arbeitgeber krankenversichert. Aufgrund des verminderten Arbeitnehmerschutzes sind Mitarbeiter leichter zu kündigen und die Kündigungsfristen sind deutlich kürzer als beispielsweise in Deutschland. Größere Firmen versichern ihre Belegschaft selbst durch sogenannte HMO (Health Management Organisationen) und haben deshalb eine höhere Motivation, dass Mitarbeiter langfristig fit und gesund bleiben.

Daher ist es selbst für kleinere Unternehmen üblich, sowohl firmeneigene Sport- und Fitnessangebote anzubieten als auch die Fitnessstudiomitgliedschaften ihrer Mitarbeiter zu bezuschussen. Die meisten Clubs haben eine Aufnahmegebühr, die im Schnitt das Dreifache einer Monatsgebühr beträgt – dafür gibt es in der Regel keine 12- oder 24-Monatsverträge. An der Preisspitze in den USA liegen die Fitnessclubs von Equinox, bei denen die Mitgliedschaft meist über 200 USD pro Monat kostet.

Das American College of Sports Medicin (ACSM) sowie andere Institutionen führen eine jährliche Studie zu den populärsten Fitnesstrends durch. Neben Wearables auf Platz 1, erfreut sich HIIT-Training, Groupfitness, Training mit freien Gewichten und Personal Training großer Beliebtheit (Bildquelle: ACSM)

Die größten Fitnessstudioketten in den USA 

Zu den größten Fitnessketten in den USA zählen: 

  • Planet Fitness ist ein börsennotiertes Unternehmen mit über 1.600 Studios und 10 Millionen Mitgliedern. In den Clubs kann man ab 9,95 USD pro Monat trainieren.
     
  • Zu LA Fitness zählen über 700 Anlagen in den USA und Kanada.
     
  • Anytime Fitness hat zwischen 2.200 und 4.500 Franchisenehmer in den USA.
     
  • 24 Hour Fitness hat ca. 430 Clubs und 3,5 Millionen Mitglieder.
     
  • Zu Crunch Fitness gehören ca. 250 Clubs. Diese werden zumeist als Franchise betrieben. Crunch Fitness ist Teil von New Evolution Ventures.
     
  • Life Time Fitness zählt 150 Studios. Diese sind im oberen Preisniveau angesiedelt. 100 Clubs verfügen über Spas, viele bieten Tennis an. Inhaber Bahram Akradi, der ursprünglich aus dem Iran kommt, zählt zu den 25 Geschäftsleuten, die zu Donald Trumps Wirtschaftswiedereröffnungskomitee gehören. 

Der kanadische Markt wird von GoodLife Fitness dominiert. Mit ca. 440 Standorten und drei Marken, in Quebec kommen Fit4Less und Econofitness hinzu, zählt das Unternehmen rund 1,7 Millionen Mitglieder. Über 5 % der kanadischen Bevölkerung haben eine Mitgliedschaft bei dieser Unternehmensgruppe, die auch Clubs in Neuseeland betreibt. 

Die Trends des US-Marktes

Das American College of Sports Medicine (ACSM) sowie andere Institutionen führen eine jährliche Studie zu den populärsten Fitnesstrends in den USA durch. Neben Wearables auf Platz 1 erfreuen sich HIIT-Training, Groupfitness, Training mit freien Gewichten und Personal Training großer Beliebtheit (siehe Abbildung Bild 2).

Auch Boxen erreicht eine Topplatzierung. Dazu passt auch, dass einige bekannte ehemalige Profiboxer wie George Foreman oder Floyd Mayweather Fitnessstudios eröffnet haben und die Eröffnung weiterer Franchise-Clubs anbieten. Auch das Thema Regeneration gewinnt zunehmend an Bedeutung. 

Covid-19-Krise: Die aktuelle Situation in den USA

Ende Juni hatten die Fitnessstudios in 44 US-Bundesstaaten wieder geöffnet. Da die Virus-Infektionszahlen im weltweiten Vergleich in den USA immer noch überdurchschnittlich hoch sind und viele Menschen sich weigern, die geltenden Regeln, wie z.B. Social Distancing, einzuhalten oder das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes ablehnen, könnten einige Bundesstaaten die erneute Schließung der Fitnessclubs anordnen.

Im Bundesstaat Arizona z. B. wurden am 29. Juni die Fitnessstudios erneut geschlossen. Die Schließungen wurden für zunächst 30 Tage angeordnet. Insgesamt hat Covid-19 der Fitnessbranche in Nordamerika sehr stark zugesetzt. Einige Fitnessketten wie Golds Gym immerhin 33 eigene Anlagen in den USA, und Steve Nash Fitness, mit 15 Standorten in Vancouver, mussten Gläubigerschutz beantragen.

 

Bildquelle: ©niyazz - stock.adobe.com

Der Autor

  • Hans Muench

    2016 machte sich Hans Muench nach acht Jahren als Europa-Direktor der IHRSA selbst-ständig und gründete die Muench Solutions Consulting GmbH mit Sitz in der Schweiz. Er berät und unterstützt Unternehmen in operativen und strategischen Bereichen. Dies auf Lieferanten- und Betreiber-seite. Von seiner 35-jährigen Vernetzung in die internationale Branche profitieren vor allem Unternehmen, die national und international expandieren wollen. Neben seiner Berater-Tätigkeit hält Muench Vorträge an internationalen Events und Kongressen und publiziert Fachartikel.

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