BODYMEDIA: Wie gelingt es Unternehmern und Vertriebsleitern, selbst erfolgreiche Verkäufer zu sein und aus ihren Mitarbeitern erfolgreiche Vertriebler zu machen?
Martin Limbeck: Als Unternehmer und Vertriebsleiter müssen Sie ein Leitbild für Ihre Mitarbeiter sein. Heißt: Sie gehen immer mit gutem Beispiel voran. Ich habe es schon so oft erlebt, dass sich Führungskräfte aus der Verantwortung herausziehen wollten, so nach dem Motto: „Ich habe doch jetzt Führungsverantwortung, da muss ich mich nicht mehr um den aktiven Vertrieb kümmern.“
Doch, müssen Sie. Und das sollten Sie auch, wenn Sie möchten, dass Ihr Team hinter Ihnen steht und selbst Vollgas gibt. Sie müssen nicht der beste Verkäufer sein – doch Sie sollten genau wissen, welche Herausforderungen Ihre Verkäufer gerade haben, und sie dabei unterstützen, dafür Lösungen zu finden. Seien Sie dabei bei Kundenterminen, Calls und Onlineterminen und trainieren Sie auch gemeinsam mit Ihrem Sales-Team.
BODYMEDIA: Wie konkret gehen Sie in Ihren Schulungen und Coachings vor, um Unternehmer vertriebsfit zu machen?
Martin Limbeck: Mein Motto lautet nicht umsonst „Vertrieb ist Chefsache“. Rund 80 % aller neu gegründeten Unternehmen scheitern innerhalb der ersten drei Jahre, weil sie den Bereich Sales nicht hinbekommen. Das liegt häufig daran, dass der Unternehmer oder die Unternehmerin selbst nicht verkaufen kann, weil ihm oder ihr das Handwerkszeug dafür fehlt.
Bei meinen Sales Days, einem zweitägigen Seminar nur für Unternehmer, fokussiere ich mich daher auf die wichtigsten Tools, um Unternehmer vertriebsfit zu machen. Wie funktioniert aktiver OutboundVertrieb, wie mache ich ein strukturiertes Follow-up, wie entkräfte ich Einwände, wie hole ich mehr Umsatz aus meinen Angeboten heraus und so weiter.
Es ist enorm wichtig, dass Unternehmer selbst verkaufen und verstehen, welche Bedürfnisse und Wünsche ihre Zielgruppe hat.
BODYMEDIA: Was sind die häufigsten Fehler, die Sie im Vertrieb beobachten, welche No-Gos gilt es unbedingt zu vermeiden?
Martin Limbeck: Wo soll ich anfangen? Einer der häufigsten Fehler ist sicherlich, dass Verkäufer nicht hartnäckig genug sind. Nur 2 % aller Aufträge entstehen beim ersten Kundenkontakt. 10 % benötigen mindestens fünf Kontakte. Und 80 % aller Geschäfte werden zwischen dem fünften und zwölften Kundenkontakt realisiert!
Der Schlüssel zum Erfolg heißt höfliche Hartnäckigkeit. Es gilt, so lange am Kunden dranzubleiben, bis Sie eine klare Antwort haben. Und auch ein Nein muss noch lange nicht das Ende bedeuten, sondern ist vielmehr die Abkürzung dafür, dass noch ein Impuls nötig ist.
BODYMEDIA: Was ist im Verkaufsgespräch wichtiger: ein durchdachtes System mit einem klaren Ablaufplan zu haben oder als Mensch durch Freundlichkeit und Empathie zu überzeugen?
Martin Limbeck: Spitzenverkäufer bringen beides mit: Sie haben einen klaren Fahrplan, kennen ihr Produkt oder ihre Dienstleistung genau und wissen, welchen Bedarf der Kunde hat und wie sie mit ihrer Nutzenargumentation darauf eingehen. Doch Verkaufen ist und bleibt ein Geschäft zwischen Menschen. Kunden kaufen nicht nur bei Ihnen, weil das Angebot das Beste ist. Sie kaufen, weil Ihr Angebot sie überzeugt und weil sie Ihnen vertrauen und das Gefühl haben, bei Ihnen in guten Händen zu sein.
BODYMEDIA: Wie gelingt es im Verkaufsgespräch, den Interessenten zu „lesen“? Gibt es bestimmte Verhaltensweisen, Gesten und Rückfragen? Was sagen diese aus und wie sollten Vertriebsmitarbeiter darauf reagieren?
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Martin Limbeck: Gute Menschenkenntnis, aufmerksames Beobachten, Fragen und Hinhören sind in jedem Verkaufsgespräch enorm wichtig. Mit der entsprechenden Übung stellen Sie irgendwann fest, dass es verschiedene Kundentypen gibt und wie Sie mit ihnen umgehen. Es gibt in der Theorie verschiedene Methoden, die Verkäufer dabei unterstützen, ihre Kunden mithilfe von äußeren Merkmalen und Verhaltensweisen zu erkennen.
Besonders empfehlen kann ich vier davon: Kundenerkennung über Kaufmotive, Sprachmuster, Farbtypen (Insights MDI) und Face Communication, also die Gesichtsphysiognomie. Diese jetzt alle zu erläutern würde den Rahmen sprengen. Daher noch ein paar schnelle Beispiele zum Thema „Kunden lesen“.
Ihr Gegenüber sucht keinen Blickkontakt oder bricht ihn ab? Der Kunde ballt die Hände oder verschränkt die Arme? Das alles geschieht meist unbewusst, signalisiert dem Verkäufer jedoch klar: Der Kunde ist noch nicht überzeugt. Und verschränkte Arme bedeuten nicht automatisch Ablehnung.
Ist der Kopf des Gegenübers dabei nämlich geneigt, das Gesicht entspannt und die restliche Körperhaltung eher locker, bedeutet das: „Ich höre dir zu, bin jedoch noch nicht bereit, eine Entscheidung zu treffen.“ Grund genug also für den Verkäufer, in Sachen Nutzenargumentation noch mal nachzuarbeiten.
Sie beobachten stattdessen Stirnrunzeln oder eine gehobene Augenbraue? Diese Signale stehen unmissverständlich für Zweifel und Bedenken. Um hier im Spiel zu bleiben, sollte der Verkäufer den Kunden gezielt ansprechen und nachhaken, welche Bedenken er hat.
BODYMEDIA: Woran kann ein Verkäufer relativ schnell erkennen, ob beim Gegenüber wahres Kaufinteresse besteht?
Martin Limbeck: Wenn ein Kunde wirklich interessiert ist und für ihn alles passt, wird er typische Kaufsignale aussenden, sprachlich wie auch über seine Körpersprache. Er wird beispielsweise konkrete Fragen stellen, die die Durchführung des Auftrags betreffen, wie Service und Lieferzeit.
Das signalisiert dem Verkäufer: Der Kunde sieht sich bereits als Benutzer des Produkts. Oder er erkundigt sich nach Punkten, die eine langfristige Zusammenarbeit mit sich bringt. Zum Beispiel macht er schon von sich aus Vorschläge, wann das erste Training im Unternehmen stattfinden könnte.
Körpersprachlich ist es zum Beispiel ein Nicken, während der Verkäufer den Nutzen des Angebots schildert. Damit weiß der Verkäufer: Er hat den individuellen Vorteil für sich erkannt. Sind Gesichtsausdruck und Körperhaltung entspannt, signalisiert das zusätzlich, dass die Entscheidung für den Abschluss innerlich bereits getroffen wurde.
BODYMEDIA: Haben Sie Tipps, wie man ein Verkaufsgespräch, das nicht wie gewünscht verläuft, in positive Bahnen lenken kann und letztlich doch zum Abschluss kommt?
Martin Limbeck: Grundsätzlich halte ich es für keine gute Idee, einen Abschluss erzwingen zu wollen. Manchmal passt es einfach nicht, dann ist es am besten, das Ganze zu vertagen und noch mal einen neuen Anlauf zu starten.
Wenn es jedoch daran liegt, dass der Kunde nicht überzeugt ist und in seiner Entscheidung schwankt, ist das ein sicheres Zeichen, dass der Verkäufer in Sachen Nutzenargumentation noch mal nachlegen sollte, um noch bestehende Unsicherheiten aufzulösen.
BODYMEDIA: Speziell in Fitnessstudios ist immer wieder zu hören, dass Trainer nicht gut verkaufen können. Wie sehen Sie das? Kann Vertrieb jeder lernen? Wie können Studiobetreiber aus ihren Trainern auch erfolgreiche Verkäufer machen?
Martin Limbeck: Absolut! Verkaufen ist wie ein Muskel, den man trainiert. Die wichtigste Regel: üben, üben, üben –und noch mehr üben. Entscheidend ist dabei außerdem die Fähigkeit zur Selbstreflexion. Gehen Sie nach jedem Verkaufsgespräch in die Analyse und fragen Sie sich: Was ist gut gelaufen, was weniger gut?
Und was kann ich beim nächsten Mal anders machen, damit ich zum Abschluss komme? Meiner Ansicht nach sollten Studiobetreiber ihre Trainer dabei unterstützen, ihre Sales-Skills auszubauen, schließlich profitieren sie auch davon. Beispielsweise, indem Sie ihnen die Teilnahme an einem Präsenz-Vertriebstraining oder Zugang zu einem Onlinekurs ermöglichen.
BODYMEDIA: Wie genau würde für Sie ein perfektes Verkaufsgespräch im Fitnessstudio aussehen?
Martin Limbeck: Ganz klar: Es startet mit einem ehrlichen, begeisterten Lächeln und einem starken ersten Eindruck. Dann hört der Verkäufer aktiv zu – was will der Kunde wirklich? Gesundheit, Aussehen, Ausgleich? Er vermittelt dem Interessenten, wie das Angebot des Studios genau sein Leben besser macht, welche Trainingseinheiten sich besonders eignen, alles verpackt in einer klaren Nutzenargumentation. Zum Abschluss dann eine selbstbewusste Frage: „Wann starten wir zusammen durch?“ Verkaufen ist Emotion – und genau das muss der Kunde auch spüren!
BODYMEDIA: Immer mehr Studiomitgliedschaften werden online mithilfe von KI und automatisierten Prozessen verkauft. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung?
Martin Limbeck: KI ist schon jetzt aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Und ich bin mir sicher, dass wir erst am Anfang stehen. Da wird noch einiges kommen. Im Vertrieb ist KI bereits eine gute Hilfe – sei es in Form von Chatbots, die wiederkehrende Kundenfragen beantworten, oder durch Tools wie ChatGPT, die es uns ermöglichen, E-Mails oder Angebote deutlich schneller zu schreiben.
Wichtig ist dabei allerdings, den gesunden Menschenverstand nicht außen vor zu lassen. Ich nutze solche Tools als Inspiration, würde aber niemals eine Nachricht einfach so rausschicken, ohne sie selbst überarbeitet zu haben. Automatisierte Prozesse wie OnlineFunnel sind eine großartige Möglichkeit, um mit relativ geringem Ressourceneinsatz neue Leads zu gewinnen.
Wenig erklärungsbedürftige Produkte lassen sich auch gut auf diesem Weg verkaufen. Ich halte es allerdings für entscheidend, dass Unternehmer sich nicht allein darauf verlassen. Verkaufen ist und bleibt ein Geschäft zwischen Menschen. Und es wird immer noch genug Menschen geben, die eine Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio eben nicht einfach so online abschließen, sondern die persönlich mit einem Trainer vor Ort sprechen möchten und eine Probestunde brauchen.
Und hier können Sie entsprechend punkten und diese Kunden für Ihr Studio gewinnen, wenn Ihre Trainer auch fit im Verkaufen sind.
BODYMEDIA: In aller Kürze. Was zeichnet einen guten Verkäufer aus?
Martin Limbeck: Ein guter Verkäufer macht nicht Dienst nach Vorschrift, sondern lebt das Verkaufen. Egal, ob morgens um sechs Uhr am Flughafen, abends in der Hotelbar oder am Wo-
chenende beim Fußballspiel seiner Lieblingsmannschaft. Chancen gibt es überall – gute Verkäufer sehen, ergreifen und verwerten sie.
BODYMEDIA: Vielen Dank für das Interview.
Bildquelle Headerbild: © Martin Limbeck