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Wie viel ist mein Fitnessstudio wert? Die gängigen Bewertungsverfahren im Fokus

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Wenn ein Fitnessstudio verkauft werden soll, stellt sich bereits vor Aufnahme der Kaufvertragsverhandlungen die Frage, welches der richtige und angemessene Kaufpreis ist. Die Kaufpreishöhe stellt bei den Vertragsverhandlungen, neben zahlreichen anderen Themen, den wichtigsten Punkt dar. Der Preis entscheidet sogar oftmals darüber, ob Verhandlungen aufgenommen oder fortgeführt werden.

Sowohl Käufer als auch Verkäufer haben zu Beginn der Verhandlungen oftmals subjektiv geprägte Vorstellungen über die Kaufpreishöhe, die jedoch von einem am Markt realisierbaren Kaufpreis weit entfernt sind. Es werden sodann fachkundige Dritte hinzugezogen, die eine Unternehmensbewertung durchführen.

Bei dem Ziel der Ermittlung des „richtigen“ Kaufpreises geht es meist um den Wert eines Unternehmens oder den Wert von Anteilen an Personengesellschaften oder Kapitalgesellschaften. In vielen Fällen wird eine Unternehmensbewertung erforderlich sein, um den Wert des Unternehmens oder Geschäftsanteils zu ermitteln.

Selbst eine solche Bewertung kann jedoch nicht den Anspruch erfüllen, den wahren Wert eines Unternehmens abzubilden. Es kann nur darum gehen, eine Entscheidungshilfe für eine Verhandlungssituation zu erhalten. Dabei gibt es nie den einen richtigen Wert. Bei der Bewertung eines Unternehmens sind eine Vielzahl von rechtlichen, wirtschaftlichen und auch strategischen Faktoren zu berücksichtigen.

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Eine Bewertung bestimmt den Wert eines Unternehmens durch Vergleich mit einem anderen Unternehmen oder anderen möglichen Geldanlagemöglichkeiten. Ein Bewerten ist nur möglich durch Vergleichen. Ein Vergleich wiederum ist nur möglich, wenn Unternehmen anhand ähnlicher oder identischer Parameter in eine Vergleichsgruppe eingeordnet werden können. Es müssen also die Unternehmenswerte und auch die Bezugsgrößen gleich sein. Dabei kann auf kürzlich stattgefundene Unternehmensverkäufe zurückgegriffen werden, bei denen bekannt ist, zu welchem Kaufpreis sie bei entsprechend identischen Bezugsgrößen (z. B. dem Umsatz oder dem Gewinn) verkauft wurden.

Oftmals wird ein Unternehmenskaufpreis durch besondere, im Einzelfall vorliegende Motive, die bei einer oder beiden Vertragsparteien vorliegen, beeinflusst. Solche Motive werden dann gedanklich „eingepreist“, was die Kaufpreisfindung nicht immer erleichtert. Auf Verkäuferseite zählen hierzu etwa emotionale Bindungen an das Unternehmen oder das Bestreben, die langfristige Versorgungssicherheit gerade durch den Verkauf aufrechtzuerhalten.

Auf der Käuferseite sind es vielfach zum Beispiel erstrebte Synergieeffekte, wie eine geplante Verbesserung der Wettbewerbssituation oder das Übernehmen eines Mitbewerbers. Auch steuerliche Gestaltungen, die zu Steuervorteilen beim Verkäufer, beim Käufer oder auch auf beiden Seiten führen und sich deshalb auf den Kaufpreis auswirken, können Gegenstand der Kaufpreisverhandlungen sein.

All diese Motive, die im Einzelfall durchaus berechtigt sein können, werden bei der nachfolgenden Betrachtung der Bewertungsmethoden nicht berücksichtigt. Nachfolgend werden die verschiedenen Bewertungsmethoden für Unternehmen oder Unternehmensanteile dargestellt. Zudem wird dargestellt, welche der Bewertungsmethoden in der Fitnessbranche Relevanz haben.

Die Anlässe für Unternehmensbewertungen sind vielfältig. Bewertungen können z. B. notwendig werden bei Nachfolgeplanungen an interne oder externe Übernehmer; unternehmerischen Planungen, wie Übernahmen, Abspaltungen oder Fusionen; der beabsichtigten Zuführung von Eigen- oder Fremdkapital; Sacheinlagen;   einem Börsengang;Auseinandersetzungen der Inhaber über den Unternehmenswert und Unternehmenskäufen oder auch Unternehmensverkäufen.

In diesem Artikel geht es primär um die Bewertung bei Unternehmensverkäufen oder -käufen. In der Praxis haben sich verschiedene Bewertungsverfahren etabliert. Dabei handelt es sich um folgende Verfahren:

Substanzwertverfahren

Bei diesem Verfahren wird ermittelt, wie viel Kapital für den Aufbau einer vergleichbaren Unternehmenssubstanz erforderlich wäre. Früher ist dieses Verfahren oftmals angewandt worden. Der Wert eines Unternehmens lässt sich jedoch nicht durch die Substanz ermitteln. Der Käufer eines Unternehmens ist an den Erträgen interessiert, die das Unternehmen erwirtschaftet. Aus diesem Grund hat sich das Ertragswertverfahren durchgesetzt. Es kann Gründe geben, in denen die Substanz darüber hinaus für die Bewertung relevant sein kann.

Ertragswertverfahren

Das Ertragswertverfahren kommt oftmals bei der Bewertung von Handels- und  Dienstleistungsunternehmen zur Anwendung. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) ist es das vorherrschend anzuwendende Bewertungsverfahren. Es orientiert sich primär an den in der Zukunft liegenden, zu erwartenden Ertragsüberschüssen. Hier steht also das Potenzial, in der Zukunft Gewinne zu erzeugen, im Vordergrund. Bei diesem Verfahren werden die für den Kaufinteressenten bestehenden Anlagealternativen (z. B. Anlage des Kaufpreises am Kapitalmarkt) berücksichtigt.

Im ersten Schritt werden außerordentliche Aufwendungen und Erträge in Abzug gebracht, um die bereinigten Unternehmenserträge der letzten drei bis fünf Jahre darzustellen. Diese werden dann auf den gegenwärtigen Zeitpunkt der Kaufpreisermittlung abgezinst.

Dabei wird ein Kapitalisierungszinssatz verwendet, der zwischen dem Zinssatz für langfristig angelegte festverzinsliche Wertpapiere als Untergrenze sowie dem marktüblichen Zinssatz als Obergrenze liegt.

Hinzuaddiert wird ein Risikozuschlag, der sich an einer Prognose des Zins- und Inflationsrisikos sowie der Entwicklung der konkreten Branche und des Marktumfeldes orientiert. Bei dieser Bewertungsmethode sind die in der Vergangenheit erzielten Erfolge grundsätzlich irrelevant. Die Werte aus der Vergangenheit werden nur deshalb verwendet, um daraus Schätzungen für die Zukunft vorzunehmen.

Discounted-Cashflow-Verfahren (DCF-Verfahren)

Bei diesem Verfahren werden stichtagsbezogene Barwerte zukünftiger finanzieller Überschüsse ermittelt. Dies unter Berücksichtigung der künftigen Finanzstruktur des Unternehmens. Damit weist dieses Verfahren Ähnlichkeiten mit dem Ertragswertverfahren auf. In der Praxis hat dieses Verfahren überwiegend bei internationalen Transaktionen Relevanz. In Deutschland wird vorrangig das Ertragswertverfahren angewendet.

Vergleichs- oder Multiplikationsverfahren

Es gibt verschiedene Verfahren, die lediglich das Ziel haben, den Wert eines Unternehmens oder einer Beteiligung mit wenig Aufwand überschlägig, also nur annäherungsweise festzustellen. Gerade zu Beginn der Kaufvertragsverhandlungen kann dies sinnvoll sein, um eine erste Kaufpreisvorstellung zu bestimmen, damit abgeschätzt werden kann, ob weitere Verhandlungen Sinn ergeben.

Das Vergleichsverfahren nimmt Rückgriff auf Marktwerte, also Marktpreise, die bei vergleichbaren Transaktionen erzielt wurden.


Letztendlich ist jeder Unternehmensverkauf oder -kauf eine unternehmerische Entscheidung. Die Wertvorstellung beider Vertragsparteien muss sich im Kaufpreis und den weiteren Bedingungen wiederfinden (Bildquelle: © miss irine – stock.adobe.com)

Beim Multiplikationsverfahren werden bestimmte Bezugsgrößen eines Unternehmens mit branchenabhängigen Verfielfachern multipliziert. Ausgehend von einer Bezugsgröße, die den jeweiligen Jahresabschlüssen des zu veräußernden Unternehmens zu entnehmen sind, wie dem EBITDA oder dem EBIT oder einer anderen Größe (z. B. Produktmenge) und der Multiplikation eines Faktors, wird sodann eine Preisprognose erstellt.

Das EBIT ist das Ergebnis der bisherigen Geschäftstätigkeit vor Zinsen und Steuern. Das EBITDA baut auf dem vorgenannten Ergebnis auf. Damit ist der Gewinn vor Abzug von Steuern, Zinsen und Abschreibungen (sowohl auf Sachanlagen wie auch auf immaterielle Vermögensgüter) gemeint.

Der EBITDA wird auch als Bruttogewinn bezeichnet oder als Rohergebnis. Jede Branche hat bezüglich der verwendeten Bezugsgrößen und Multiplikatoren ihre eigenen Regeln und Maßstäbe entwickelt, so auch die Fitnessbranche.

Das Multiplikationsverfahren ist gerade in der Fitnessbranche in der Praxis sehr beliebt. Diese Methode ist gut geeignet, um einen ersten Überblick über den Wert eines Unternehmens zu erhalten. Es haben sich mittlerweile verschiedene Multiplikatorverfahren entwickelt.

Es gibt bei diesem Verfahren zwei Herausforderungen, nämlich die Festlegung der geeigneten Bezugsgröße und die Festlegung des Multiplikators. Zudem ist der zeitliche Aspekt, der berücksichtigt wird, von entscheidender Relevanz. Es macht einen Unterschied, ob auf die Durchschnittsbeträge aus den letzten drei oder fünf Jahren abgestellt wird. Ebenso, ob das aktuelle, laufende Geschäftsjahr eine Berücksichtigung findet oder nur die Zukunftsperspektiven.

Der Vorteil dieser Verfahren ist die leichte Anwendbarkeit. Gut geeignet sind diese Verfahren für Unternehmen, deren Erfolgssituation über eine längere Zeit nur geringen Schwankungen unterliegt. Damit sind sie auch für Verkäufe in der Fitnessbranche gut geeignet.

In anderen Branchen, wie zum Beispiel Krankenhäusern, Pflegeheimen oder Hotels, wird auf die Anzahl der Betten abgestellt. In der Fitnessbranche kann als zusätzlicher Faktor die Anzahl der Mitgliedschaften berücksichtigt werden.  

Außerordentliche Effekte, wie zum Beispiel einmalige Umbaukosten, können herausgerechnet und das Ergebnis um diese Positionen bereinigt werden. Auch Kostenpositionen, die nicht wiederkehrend sind und in der Zukunft nicht noch einmal anfallen (wie z. B. die Anschaffung eines extrem teuren Sportwagens), können bereinigt werden.

Wenn es um die Bewertung komplexer Strukturen geht, sind die Multiplikatorverfahren ungeeignet. Deshalb wird dieses Verfahren auch in der Wissenschaft herabsetzend als „Daumenregel“ bezeichnet. Diese Herabsetzung ist jedoch für die Anwendung in der Fitnessbranche deplatziert. Aufgrund der Besonderheiten in der Fitnessbranche haben Multiplikationsverfahren ihre Berechtigung und unbestreitbare Vorteile.

Ausführliche Hinweise, wie bei Unternehmen und Beteiligungen eine Unternehmensbewertung durchzuführen ist, finden sich in den Grundsätzen zur Durchführung von Unternehmensbewertungen des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW S1).

Bei den dargestellten verschiedenen Bewertungsmethoden haben sich diejenigen durchgesetzt, die den zukünftig zu erwartenden Erfolg prognostizieren und kapitalisieren. Dabei wird der zukünftig zu erwartende Erfolg um außerordentliche Erträge oder Aufwendungen bereinigt und anhand mehrerer Werte aus der Vergangenheit prognostiziert. Dieser Wert wird in der Regel anhand ausschließlich finanzieller Ziele, durch den Barwert der mit dem Eigentum an dem Unternehmen verbundenen Nettozuflüsse, die den Inhabern oder Anteilsinhabern zustehen, bemessen.

Reine Liquidationswerte spielen nur dann eine Rolle, wenn der Liquidationswert einen Fortführungswert ausnahmsweise übersteigt. Dem Liquidationswert kommt also nur bei unrentablen oder ertragsschwachen Unternehmen eine Bedeutung zu, weil er die Wertuntergrenze ermittelt.  

Liegt als Verhandlungsgrundlage eine Unternehmensbewertung vor, so kommt es nicht selten vor, dass die Kaufvertragsparteien von dem Ergebnis der Unternehmensbewertung abweichen. Dies ist sogar der Regelfall, da der Preis des Unternehmens nur einen Aspekt im Rahmen der Verhandlungen darstellt. Es spielen noch zahlreiche weitere Faktoren eine Rolle. So wird ein Kaufinteressent bereit sein, einen erhöhten Preis zu zahlen, wenn er den Standort zum Beispiel aus strategischen Gründen benötigt.

Gerade in der Fitnessbranche kommt es zu Konstellationen, in denen zwischen einem theoretisch richtigen Kaufpreis und dem tatsächlich am Markt realisierbaren Preis unterschieden werden muss.

Bewertung von Unternehmensanteilen

Bei der Bewertung von Anteilen gelten dieselben Grundsätze wie bei der Bewertung eines gesamten Unternehmens. Grundlage ist dabei immer der erzielbare Gewinn, den der Anteilsbesitz mit sich bringt. Anderes gilt nur bei Sonderfällen, beispielsweise. wenn der Anteil der Beteiligung und das Gewinnbezugsrecht voneinander abweichen.

Streiten sich Gesellschafter und soll ein Gesellschafter ausscheiden, stellt sich ebenfalls die Frage der Unternehmensbewertung, damit das Abfindungsguthaben ermittelt werden kann. Kommt es zum Rechtsstreit, werden oftmals öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige vom Gericht beauftragt, um den Unternehmenswert zu ermitteln.

Geht es um die Ermittlung der Abfindung eines Gesellschafters aus einer Gesellschaft, ist stets zu prüfen, ob der Gesellschaftsvertrag eine Berechnungsmethode vorsieht. Diese ist gegebenenfalls auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen, wenn die Anwendung zu einer zu geringen Abfindung führt.

Fazit

In der Fitnessbranche ist bei Unternehmensverkäufen für eine Preisermittlung das Multiplikationsverfahren sehr beliebt, weil es so einfach und verständlich ist. Dies mindestens zur Plausibilisierung und Annäherung an einen Unternehmenswert. Reine Umsatzmultiplikatoren vernachlässigen die individuelle Kostenstruktur eines Unternehmens und sind zu ungenau.

Weist das zu veräußernde Unternehmen im Verhältnis zum typischen in der Branche aufzufindenden Durchschnittsunternehmen mehrere branchentypische Abweichungen auf, versagt diese überschlägige Bewertung. Dann ist eine Bewertung nach Ertragswertverfahren oder DCF-Verfahren notwendig.

Letztendlich ist jeder Unternehmensverkauf oder -kauf eine unternehmerische Entscheidung. Die Wertvorstellung beider Vertragsparteien muss sich im Kaufpreis und den weiteren Bedingungen wiederfinden. Jede Kaufvertragsverhandlung ist ein sich entwickelnder Prozess.

Die Multiplikationsverfahren sind gerade als Einstieg in die Kaufvertragsverhandlungen sinnvoll und haben daher in der Fitnessbranche ihre Berechtigung erlangt. Die insoweit in Ansatz zu bringenden Multiplikatoren müssen anhand der Unternehmensverkäufe der letzten Jahre und der insoweit erzielten Parameter gewählt werden.

Die in anderen Branchen verwendeten Multiplikatoren sind in der Fitnessbranche nicht anzuwenden, weil die insoweit errechneten Kaufpreise entweder zu gering oder vielfach auch zu hoch ausfallen. Daher sind die branchenspezifischen Besonderheiten zu berücksichtigen. Es ist sinnvoll, sich bei den Kaufvertragsverhandlungen rechtlich, betriebswirtschaftlich und auch steuerlich von in der Branche tätigen Beratern begleiten zu lassen.

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Der Autor

  • Dr. Hans Geisler

    Dr. Geisler, Dr. Franke Rechtsanwälte PartmbB steht für kompetente, zielorientierte und effektive Beratung von Unternehmen. Zu der Kanzlei gehören aktuell 12 Rechtsanwälte/innen und über 30 Mitarbeiter/innen. Schwerpunkt ist die bundesweite Beratung mittelständischer und großer Unternehmen in nahezu allen Rechtsfragen. Sämtliche Rechtsanwälte / innen haben sich auf verschiedene Fachgebiete spezialisiert, oftmals bis zur Erlangung eines Fachanwaltstitels. Bezüglich aller denkbaren Rechtsfragen in der Fitness- und Freizeitbranche verfügt die Kanzlei über ein einzigartiges Know-how. Speziell für die Fitnessbranche hat die Kanzlei verschiedene Rechtsberatungskonzepte entwickelt, die den Studiobetreiber entlasten und ihm Zeit für sein Kerngeschäft verschaffen.

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