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Vertragslaufzeiten im Fitnessstudio– kurz oder lang?! Pro oder Kontra?!

Das Thema Vertragsgestaltung ist seit jeher wichtig, wenn es darum geht, die Wirtschaftlichkeit einer Fitness- und Gesundheitsanlage zu optimieren. Bezüglich des Geldeinzugs gibt es zahlreiche unterschiedliche Möglichkeiten. Aber egal welches Vertragsmodell zugrunde liegt, eint alle die Vertragslaufzeiten. Diese lagen seit vielen Jahrzehnten meist zwischen 6 und 36 Monaten.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Beim Thema Vertragslaufzeiten sollte man die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und individuellen Faktoren betrachten
  • Durch kürzere Vertragslaufzeiten verschiebt man nur die Eintrittsbarrieren für eine langjährige Mitgliedschaft und erhöht das Risiko, dass die Mitglieder die Mitgliedschaft kündigen, wenn sie keinen direkten Erfolg sehen
  • Monatlich kündbare Verträge können dabei helfen, die Barrieren für den Interessenten zu senken.
  • Nur ein bestehendes Mitglied liefert Umsatz.

Seit Ende 2018 gibt es jedoch auch einige Betreiber, die auf monatlich kündbare Verträge setzen und somit dem Wunsch nach Flexibilität des Interessenten nachkommen. Trainingswissenschaftlich gesehen ist ein Training, welches nach einem Monat bereits wieder beendet wird, natürlich frei von positiven gesundheitlichen Langzeiteffekten. Da die Veränderung der Vertragslaufzeiten einen enormen Eingriff in das Geschäftsmodell darstellt, tut man gut daran, die Vor- und Nachteile zu beleuchten und diese dann individuell für sein eigenes Unternehmen gegeneinander abzuwägen. Und genau darum geht es im Folgenden.

Da die Veränderung der Vertragslaufzeiten einen enormen Eingriff in das Geschäftsmodell darstellt, tut man gut daran, die Vor- und Nachteile zu beleuchten und diese dann individuell für sein eigenes Unternehmen gegeneinander abzuwägen (Bildquelle: ©sabine hürdler - stock.adobe.com)

Wirtschaftliche, gesellschaftliche und individuelle Faktoren

Beim Thema Vertragslaufzeiten scheiden sich also zunehmend die Geister. Für ein ausgewogenes Bild muss man die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und individuellen Faktoren betrachten.

Wirtschaftliche Faktoren: Zu den wichtigsten wirtschaftlichen Faktoren zugehörig zur Vertragslaufzeit zählen Vertragsvolumen und die Höhe der Monatsbeiträge. Der Zusammenhang stellt sich wie folgt dar: Vertragsvolumen = Vertragslaufzeit x Monatsbeitrag.
 
Hierzu ein konkretes Beispiel: Läuft der Vertrag über zwölf Monate und der Monatsbeitrag liegt bei 50 Euro, so generiert das Unternehmen einen vertraglich garantierten Umsatz von 600 Euro. Beträgt die Vertragslaufzeit hingegen nur einen Monat, da monatlich kündbar, beläuft sich das vertraglich gesicherte Umsatzvolumen auf lediglich 50 Euro. Während Studiobetreiber im ersten Fall einen sicheren Umsatz von 600 Euro haben, liegt dieser bei einer monatlichen Mitgliedschaft bei lediglich 50 Euro. Man spricht hier von einer Sonderform des Preisdumpings, dem sogenannten Volumendumping. Dem Endkunden sind solche Feinheiten natürlich nicht explizit bewusst, jedoch freut er sich darüber. Warum eigentlich? Unterbewusst weiß er, dass er keine große finanzielle Last trägt. Was sich für das Unternehmen nach einem schlechten Deal anhört, ist je nach Anlage in der Tat ein schlechter Deal. Aber schauen wir mal, wie es überhaupt dazu gekommen ist, dass Fitnessstudios mittlerweile monatlich kündbare Verträge anbieten.

"Monatlich kündbare Verträge können dabei helfen, die Barrieren für den Interessenten zu senken."

Dominik Weirich, Geschäftsführer FACEFORCE GmbH

Gesellschaftliche Faktoren: Nachdem sich „Geiz ist geil“ als geflügeltes Wort in den Köpfen der Menschen festgesetzt hat, entstand wirtschaftlich gesehen die Notwendigkeit, das Vertragsvolumen zu senken (dumpen). Diese Notwendigkeit entsteht immer dort, wo es nicht weiter möglich ist, den Preis zu reduzieren, ohne dadurch die Existenz des Unternehmens zu gefährden. Die ersten Wirtschaftssektoren, die vom Volumendumping betroffen waren, waren die Mobilfunkanbieter. Laut Statista hatten in 2020 83 Millionen Deutsche mehr als sage und schreibe 150 Millionen SIM-Karten.

Dies ist eine der wesentlichsten Informationen, die man haben muss, wenn man das Vertragswerk in seiner Fitnessanlage von Jahres- auf Monatsverträge umstellen möchte. Denn am Beispiel Mobilfunk wird eines deutlich: Der Mobilfunkmarkt stellt einen gesättigten Markt dar. Genau genommen einen übersättigten Markt. Im Unternehmenskontext bedeutet dies ferner, dass sich hier einige wenige Großkonzerne um die Gunst der Kunden streiten. Es besteht also schon gar nicht mehr die Frage, ob jemand Kunde wird, sondern nur, ob er am Ende des Jahres den Anbieter wechselt, um im Folgejahr wieder zurück zu wechseln.

Bei gesättigten Märkten und über alle Anbieter hinweg ähnlichen Konditionen gibt es lediglich Wechselbewegungen der Kunden. Hier braucht es keine Neukundenakquise mehr. Im Fitness- und Gesundheitsanalgensektor ist die Lage eine vollkommen andere. Hier hat die Branche aufgrund der Corona-Pandemie gerade mal noch einen Marktanteil von 11 %. Es handelt sich also nicht um einen gesättigten, sondern um einen Wachstumsmarkt. Und hier herrschen ganz andere Gesetze. Unter anderem, dass die Unternehmen in diesen Sektoren lediglich dann wachsen können, wenn sie Investitionsstaus eben durch gesicherte und stetig steigende Wachstumsraten vermeiden können. Durch den hohen Cashflow in von Großkonzernen durchdrängten Sektoren (gesättigten Märkten) stellen sich solche Herausforderungen erst gar nicht, denn das Geld fließt.

Individuelle Faktoren: Die individuellen Faktoren beziehen sich auf den Interessenten und nehmen seinen Blickwinkel unter die Lupe. Fest steht, dass im Bereich der Wirtschaftlichkeit das Volumendumping negativ zu Buche schlägt. Der Blickwinkel des Interessenten hingegen ist positiv, da er das Volumendumping psychologisch als geringere Eintrittsbarriere wahrnimmt. Der Grund dafür ist die wegfallende Vertragslaufzeit. Ein weiterer positiver Aspekt, der auf den Interessenten wirkt, ist, dass er das geboten bekommt, was er kennt. Denn heutzutage sind kurze Vertragslaufzeiten, wie z. B. bei Netflix, üblich. Auch dies wirkt sich positiv in der Konvertierung vom Interessenten zum Mitglied aus.

Übergreifende Betrachtung der Faktoren

Betrachtet man die genannten Faktoren, so findet man einige Argumente, die für, aber auch einige Gründe, die gegen kürzere Vertragslaufzeiten in Fitness- und Gesundheitsstudios sprechen. Genau genommen verschiebt man nur die Eintrittsbarrieren für eine langjährige Mitgliedschaft.

Dort, wo bei langen Vertragslaufzeiten direkt eine langjährige Bindung via Vertrag geschlossen wird, wird nun der Trainer gefordert sein, einen exzellenten Job zu machen. Er muss besser arbeiten als je zuvor, denn sieht oder spürt das neue Mitglied keine Erfolge, wird es kündigen. Die Folgen für das Marktgebiet sind katastrophal. Denn wer einmal festgestellt hat, dass „Fitness nicht funktioniert“, ist mehr oder weniger für immer verloren. Hier sieht es bei längeren Laufzeiten besser aus: Selbst ein Trainer, der nicht perfekt arbeitet, wird nach 16 Wochen einen Effekt nachweisen können und somit dem Mitglied gezeigt haben: „Fitness funktioniert für jedermann.“ Und das ist es, was der Fitness- und Gesundheitsanlagenmarkt für die kommende Post-Covid-Zeit so dringend braucht. Erfolge am Interessenten und Mitglied, denn nur sie bedeuten Wachstum.

Fazit

Nicht alles, was glänzt, ist Gold. Dennoch: Monatlich kündbare Verträge können dabei helfen, die Barrieren für den Interessenten zu senken. Dies wird jedoch nur dann langfristig erfolgreich sein, wenn die angebundenen Konzepte – z. B. Abnehmprogramme – für den Interessenten und das Mitglied so gut funktionieren, dass sie Erfolge sehen und somit dauerhaft trainieren. Monatlich kündbare Verträge sind also keine eierlegende Wollmilchsau, sondern verlagern die Herausforderungen des Vertriebs auf die Trainingsfläche. Was man jedoch bei keinem Argument – ob Pro oder Kontra – aus den Augen verlieren darf: Nur ein bestehendes Mitglied liefert Umsatz.

Der Autor

  • Dominik Weirich

    Dominik Weirich ist Diplom-Sportwissenschaftler mit den Schwerpunkten Soziologie, Psychologie und Ökonomie. Er ist Buchautor und Speaker. Als Geschäftsführer der FACEFORCE GmbH entwickelt er selbst Innovationen für die Fitnessbranche.

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