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Rainer Schaller – Das Leben des Fitnesspioniers

Wie kaum ein anderer Unternehmer prägte Rainer Schaller die Fitnesswelt zuerst in Deutschland und später weltweit. Er hat die Fitnesswelt nachhaltig verändert und zählt daher zu Recht als einer ihrer größten Visionäre. Nun ist er im Alter von 53 Jahren bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen. Mit diesem Artikel blicken wir auf sein Lebenswerk zurück.

Es ging wie ein Schock durch die Fitnessbranche, als die ersten Hinweise auf den Flugzeugabsturz von Rainer Schaller und seinen Begleitern an die Öffentlichkeit gelangten. Schlagzeile folgte auf Schlagzeile, bis durch die Identifikation der Leichen dann endgültige Sicherheit herrschte: Der größte Fitnessunternehmer Deutschlands ist tot.

Schon früh von Fitness begeistert

Vor seinem Tod errichtete er mit der RSG Group ein Unternehmen, das mehr als 20 Marken, darunter Gold´s Gym, John Reed, CYBEROBICS und seit Kurzem auch HEIMAT, 6,4 Mio. Mitglieder und 41.000 Mitarbeiter unter sich vereint.

Dabei fing alles klein an. Als 15-Jähriger hatte er bereits viele Sportarten ausprobiert, darunter Tischtennis, Ju-Jutsu und auch Fußball, aber nichts konnte ihn so begeistern wie Fitnesstraining. Schon damals erwachte in ihm die Idee, in diesem Sport beruflich tätig zu werden. Bevor er das verwirklichen konnte, trat er aber erst einmal in die Fußstapfen seines Großvaters und seiner Mutter und absolvierte eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann bei EDEKA. Er besaß selbst vier Filialen, eine davon sogar bis zu seinem Tod.

Entgegen allen Widerständen eröffnete er 1995 auf dem Dachboden des EDEKA-Ladens seine erste inoffizielle Filiale, für die er gebrauchte gym80-Geräte vom ehemaligen Weltmeister im Bankdrücken „Frank the Bank“ kaufte. Sein Konzept unterschied sich damals von anderen eher wellnessorientierten Konzepten durch den Fokus auf das Training. Durch Verzicht auf Sauna, Schwimmbad und Co. konnte er seine Leistung deutlich günstiger verkaufen. Er kam bereits früh mit dem ALDI-Konzept in Berührung und wollte dieses Prinzip in der Fitnessbranche umsetzen.

Das erste offizielle McFIT eröffnete dann 1997 in Würzburg. Wie viele andere Betreiber zu dieser Zeit kümmerte sich Rainer Schaller um alles selbst – vom Training über die Mitgliederverwaltung bis hin zum Reinigen und Marketing. Schaller gelang es gezielt, Aufmerksamkeit zu erregen. So war sein Slogan für das erste McFIT: „Jetzt auch in Würzburg“ Auf die Frage, wo es denn weitere McFits gebe, antwortete er nur: „Demnächst auch in Erlangen.“

Die Anfangszeit von McFIT ist voller erzählenswerter Anekdoten, so auch die der Namensfindung. Mit den Vorschlägen einer Werbeagentur wurden sie nicht so richtig warm, bis seine damalige Partnerin vorbeilief und sagte: „Nimm doch McFIT.“ Obwohl dieser Name nicht auf der Liste stand, wurde er verwendet.

Fitness für alle

Was sich hingegen nicht durchgesetzt hat, ist der Slogan „Fitnesshalle für alle“, der noch auf dem ersten McFIT prangt. Dieser Anspruch spiegelt sich allerdings in Schallers Lebenswerk und dem Portfolio der RSG Group wider. Er wollte Fitness für jeden zugänglich und attraktiv machen. Erst einmal sollte das Wachstum aber organisch und langsam stattfinden. Im Jahr 2000 folgten Eröffnungen in Bochum und Oberhausen, 2002 dann in Berlin. Hier wurden sogar vier Filialen an einem Tag eröffnet. Vier Jahre später dominierte McFit den deutschen Markt bereits als mitgliederstärkste Fitnessstudiokette.

Wiederum vier Jahre danach eröffnete in München die 100. Filiale und McFIT startete 2009 mit seiner Europaexpansion. Dann wurde das Tempo höher – Schaller weitete sein Business aus und gründete mit der McFIT MODELS eine Modelagentur, entwickelte das High5-Konzept, launchte JOHN REED. 2019 rebrandete das Unternehmen dann zur RSG Group.

Rainer Schaller und Fußballstar Sergio Ramos geben sich die Hand
2021 gründete Rainer Schaller gemeinsam mit seinem Freund, dem spanischen Fußballstar Sergio Ramos, die Marke SERGIO RAMOS by JOHN REED (Bildquelle: © Borja B. Hojas - 2021 Getty Images)

Der nächste Paukenschlag ließ mit dem Kauf von Gold´s Gym nicht lange auf sich warten – der Coronapandemie zum Trotz. Weiter ging es mit dem ersten Celebrity-Fitnesskonzept und SERGIO RAMOS by JOHN REED, das die Persönlichkeit des Fußballers in den Vordergrund stellte. Der bisher letzte große Launch der RSG Group war HEIMAT. Schaller wollte es schaffen, allen Menschen, die Fitness betreiben wollten, mindestens ein Angebot machen zu können. Fitness für alle eben.

Rückschläge und Vermächtnis

Trotz des stetigen Aufstiegs von Rainer Schaller und seiner Marke musste er auch Rückschläge verkraften. So fiel das visionäre Projekt „THE MIRAI“ in Oberhausen der Coronapandemie zum Opfer, das nun als digitale Plattform weitergeführt wird. Geplant war es, ein Fitnessstudio zu schaffen, in dem jeder kostenfrei trainieren können sollte. Zudem sollten hier viele Daten über Training gesammelt werden, um Geräte und Übungen weiterzuentwickeln.

Zu den dunkleren Stunden in Schallers Leben gehört sicherlich die Loveparade in Duisburg in 2010. Bei einer Massenpanik starben dort 21 Menschen, über 650 wurden verletzt. Während der Verhandlung trat Rainer Schaller als Zeuge auf und versuchte, seinen Beitrag zur Aufklärung zu leisten. Er übernahm die moralische Verantwortung für das Unglück und führte bis zu seinem Tode Gespräche mit Betroffenen, um diesen Beistand zu leisten.

Und genau in dieser Tätigkeit zeigt sich ein Teil der Persönlichkeit Schallers, der oft unerwähnt bleibt – er hatte das Bedürfnis, Menschen etwas zurückzugeben und Menschen zu helfen. So plante er, dem vom Krieg gebeutelten Kiew das weltgrößte Gold´s Gym zu schenken. Aber auch viele andere Wegbegleiter berichten von ihm als Freund und Mentor. Auch wenn die Person Rainer Schaller nicht mehr unter uns weilt, so wird die Branche seine Leistungen und sein Erbe nicht vergessen.

Bildquelle Header: © Moritz Schmid

Der Autor

  • Jonathan Schneidemesser

    Seit seinem Germanistik-und Philosophie-Studium in Mannheim arbeitet er für das Fachmagazin BODYMEDIA. 2015 übernahm er nach Abschluss seines BWL-Studiums die Chefredaktion für das Magazin. 2017 etablierte er die BODYMEDIA dann mit einem eigenen Magazin im Physio-Bereich. Seine sportliche Erfahrung sammelte vor allem in seiner aktiven Zeit als 800m-Läufer. In seiner Freizeit joggt er durch den Wald oder schwingt Kettlebells.

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