Physiotherapie

Die sechs Phasen einer Unternehmensübergabe

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Der Erfolg einer Unternehmensübergabe hängt stark von einer frühzeitigen und strukturierten Planung ab. Wer hopplahopp verkaufen will oder muss, wird selten den Käufer finden oder den Verkaufspreis erzielen, der aus seiner Sicht optimal ist. Daher stellen wir in diesem Artikel die wichtigsten Schritte für eine erfolgreiche Unternehmensübergabe vor.

Die Entscheidung, die Unternehmensnachfolge anzugehen, kann durch verschiedene Faktoren motiviert sein: das Erreichen des Ruhestandsalters, gesundheitliche Gründe, familiäre Veränderungen oder der Wunsch nach beruflicher Neuorientierung.

Unabhängig vom Anlass ist es wichtig, den Übergabeprozess frühzeitig zu planen. Ein Zeitraum von zwei bis fünf Jahren vor der geplanten Übergabe gilt als optimal, um alle notwendigen Schritte sorgfältig vorzubereiten. Um kurzfristig abgesichert zu sein, sollten, sobald die Entscheidung für die Übergabe gefallen ist, zwei Sofortmaßnahmen eingeleitet werden: 

  • Erstens sollte ein Testament für die Zeit ohne Nachfolgekonzept erstellt werden.
  • Zweitens gilt es, ein Notfall-Handbuch für den Fall, dass der Inhaber kurzfristig ausfällt, vorzubereiten. Hier können alle wesentlichen Daten und Regelungen schriftlich festgehalten werden.

Die IHK Schleswig-Holstein bietet hier eine gute Vorlage zum Download an. Dann kann es an die strukturierte Planung der Nachfolgeregelung gehen.

Den richtigen Zeitpunkt erkennen

Häufig scheuen sich Unternehmer davor zu entscheiden, in welche Hände sie ihr mühsam aufgebautes und geführtes Unternehmen weitergeben möchten. War es früher meist klar, dass mindestens eines der Kinder den elterlichen Betrieb übernimmt, geht diese Sicherheit immer mehr zurück.

Soll das Unternehmen also weiterbestehen, gilt es, eine geeignete Person zu finden, die die Geschäfte im Sinne des bisherigen Unternehmers weiterführen kann. Das ist aber gar nicht so einfach, denn auch die Menschen, die sich solch eine Aufgabe zutrauen, wachsen nicht einfach so auf Bäumen. 

Eine frühzeitige Beschäftigung mit dem Thema Nachfolge ist daher unausweichlich – auch um den potenziellen Nachfolgern eine Zukunftsperspektive bieten zu können. Die Nachfolge sollte daher rechtzeitig aufgebaut werden, um einen reibungslosen Ablauf zu ermöglichen. Dadurch kann ein Zeitrahmen definiert werden, in dem die Nachfolgelösung realisiert werden sollte.

Tabelle Die sechs Phasen einer Unternehmensübergabe im Überblick
Die sechs Phasen einer Unternehmensübergabe im Überblick (Bildquelle: © BODYMEDIA GmbH & Co. KG)

Ist der grobe Zeitrahmen definiert, kann es an die Unternehmensanalyse gehen. Am Ende der Analyse sollte klar sein, wie die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen sowie die unternehmerische Struktur des Unternehmens aussehen. Dazu können folgende Aspekte ermittelt werden: Finanzstatus und Kostenrechnungssystem, Organigramm und Aufgabenverteilung, Analyse von Marktchancen und -risiken, Stärken- und Schwächenanalyse der Praxis, Unternehmensziele und spezifisches Know-how, Anforderungsprofil für den Nachfolger. Auch die persönliche Vermögenssituation und die Altersvorsorge des Unternehmers sollten in die Analyse einbezogen werden.

Wer soll’s machen?

Ist das geklärt, kann die eigentliche Suche nach einem Nachfolger beginnen. Das ist eine herausfordernde und umfangreiche Phase, die ohne eine gute Vorbereitung aus Schritt 2 noch intensiver wird. Die möglichen Optionen sind die Übergabe an Familienmitglieder, Mitarbeitende oder externe Interessenten.

So vielfältig, wie diese Optionen klingen, sind sie häufig aber gar nicht. Fangen wir bei der Familie an. Selbst wenn es Kinder gibt, die Unternehmer werden wollen, heißt das noch lange nicht, dass sie das elterlich geführte Unternehmen übernehmen wollen. Häufig wird das schon während des Aufwachsens der Kinder klar, ob sie mal für die Übernahme des Unternehmens bereit wären. Ist es der Wunsch des Unternehmers, dass seine Kinder irgendwann die Unternehmensführung übernehmen, können sie versuchen, diese frühzeitig einzubinden.

Das ist aber noch keine Garantie, dass es am Ende auch funktioniert. Diese hat man auch nicht, wenn man einen Mitarbeiter aufbaut oder gewinnt, den man für die Übernahme des Unternehmens vorgesehen hat. Immer wieder gibt es Mitarbeiter, die man in dieser Rolle sieht, die aber lieber im Angestelltenverhältnis bleiben möchten.

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Hier lohnt es sich dann schon frühzeitig in die Kommunikation zu gehen und zu prüfen, welche Vorstellungen beide Seiten haben. Fallen die Optionen Familie und Mitarbeiter weg, bleibt nur noch die Gruppe der externen Interessenten für die Praxisübernahme übrig. 

Während die ersten beiden Gruppen intensive Einblicke in das Unternehmen gewinnen konnten, gestaltet sich das bei den externen Interessenten etwas anders. Diese fokussieren sich stärker auf die Zahlen der Praxis und ihr Standing im Markt. Häufig kennen sie weder die Prozesse noch die Patienten und haben etwas andere Interessen als der Unternehmer, der die Praxis aufgebaut hat. Da in vielen Fällen aber keine andere Option möglich ist, gilt es, gute Kompromisse zu finden. Daher kann dieser Schritt gerne auch mal etwas länger dauern.

In direkten und intensiven Austausch gehen

Ist die Nachfolge geklärt, geht es an die Definition der Ziele für die Übergabe. Hier sollten beide Seiten, also der aktuelle Inhaber und der zukünftige Besitzer, intensiv, sehr offen und kritisch diskutieren. Denn für alle Beteiligten muss am Ende klar sein, wo sie nach der Übergabe stehen wollen. Ein weiterer wichtiger Schritt für den Unternehmer ist es, für sich zu klären, welche „Aufgabe“ man sich zukünftig geben möchte. Das können das Pflegen bisher vernachlässigter Hobbys oder umfangreiche Reisen sein. Das ist besonders wichtig, weil viele Praxisinhaber bisher nur für das Unternehmen und ihre Patienten gelebt haben und erst einmal neu entdecken müssen, was sie mit der vielen freien Zeit anstellen möchten.

Nun kann es an die konkrete Planung der Übergabe gehen. Die geeignete Übergabeform (z. B. Verkauf, Schenkung oder Vererbung) sollte mittlerweile umfassend diskutiert worden sein. Daher gilt es, einen Zeithorizont abzustecken und rechtliche sowie steuerliche Schritte einzuleiten. Zu diesem Zeitpunkt sollten die Mitarbeiter, Geschäftspartner und zum Teil auch die Patienten bereits über den anstehenden Wechsel informiert worden sein. Vor allem für die Mitarbeiter ist es wichtig, Teil dieses Prozesses zu sein, um Vertrauen und Kontinuität zu sichern.

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In der Umsetzungsphase werden die lange geplanten Maßnahmen endlich umgesetzt. Dazu gehören die Vertragsgestaltung, die Einarbeitung des Nachfolgers und die schrittweise Übergabe von Verantwortung. Eine transparente Kommunikation und die Einbindung aller Beteiligten tragen dazu bei, den Übergabeprozess erfolgreich zu gestalten. Während der ehemalige Inhaber dann (hoffentlich) seinen wohlverdienten Ruhestand genießen kann, warten für seinen Nachfolger neue Herausforderungen.

So einfach und schnell sich der Übergabeprozess auf Papier darstellen lässt, ist er in der Realität natürlich nicht. Vielmehr zieht er sich über viele Jahre hinweg, meistens sind einige Rückschläge und unerwartete Hindernisse zu überwinden. Daher ist es das Ziel, hier einen Überblick zu geben, damit man mit der Zeit nicht den Überblick über den Gesamtprozess verliert.

War es früher meist klar, dass mindestens eines der Kinder den elterlichen Betrieb übernimmt, geht diese Sicherheit immer mehr zurück

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Der Autor

  • Jonathan Schneidemesser

    Er war von 2015 bis 2023 Chefredakteur der BODYMEDIA Fachmagazine. 2017 etablierte er mit der BODYMEDIA Physio ein Business-Magazin im Physio-Bereich. Nach einer etwa einjährigen Pause als Leiter eines therapeutischen Fitnessstudios kehrte er 2024 als Stellver. Chefredakteur zur BODYMEDIA zurück. 

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