Das Wichtigste in Kürze:
- Training ist der zentrale Hebel für Longevity und mit Abstand der wichtigste Faktor, noch vor Ernährung, Schlaf und Regeneration, um gesund und lange zu leben.
- Obwohl Longevity aktuell stark gehypt wird, ist das Thema langfristig relevant, da Menschen nicht nur älter, sondern auch gesünder alt werden wollen.
- Fitnessstudios bieten perfekte Voraussetzungen für die Umsetzung von Longevity, da sie das Know-how und die Ausstattung bereits haben, profitieren aber nur, wenn sie das Thema besser kommunizieren und aktiv vermarkten.
- Studien zeigen klar: Wer im Alter über mehr Muskelmasse verfügt, bleibt länger mobil, senkt das Risiko für Pflegebedürftigkeit und beugt Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes vor.
BODYMEDIA: Ist Longevity nur ein Trend oder wird es sich langfristig etablieren?
Wolf Harwath: Es ist eine Mischung aus beidem. Ich glaube, ich war der Erste in unserer Branche, der das Thema aufgegriffen hat. Wir halten derzeit sehr viele Vorträge zu Longevity, weil es aus meiner Sicht ein Thema ist, das für unsere Branche perfekt passt.
Wenn man die wichtigsten Dinge beim Longevity-Thema zusammenfasst, ist Training der absolut größte Hebel, den es gibt. Training ist am Ende der entscheidende Faktor. Darum fand ich es so wichtig für unsere Branche, das Thema aufzunehmen, und ich glaube schon, dass das nachhaltig von Bedeutung sein wird.
Klar ist es gerade ein Trend, aber es ist definitiv so, dass die Menschen älter werden möchten. Sie wollen aber vor allem auch gut leben im Alter. Dieser Wunsch nach hoher Lebensqualität wird uns, glaube ich, auch erhalten bleiben. Und hierfür bieten wir als Fitness- und Gesundheitsbranche die perfekten Werkzeuge. Darum wäre es aus meiner Sicht fatal, das Thema nicht zu bespielen.
BODYMEDIA: Was gehört neben dem Training noch zum Thema Longevity dazu?
Wolf Harwath: Zum Thema Longevity zählen viele Dinge. Schlaf ist ein Thema, genauso wie Regeneration. Auch die Ernährung ist ein wichtiger Bestandteil. Wenn man es aber ins Verhältnis setzt und die Evidenz anschaut, ist Training der mit Abstand größte Hebel. Nicht trainieren ist ähnlich wie rauchen oder in hohen Mengen Alkohol trinken.
Ein bisschen das Problem an Longevity ist, dass sich die gesamte Industrie, wie z. B. die Pharma- und Supplement-Anbieter, auf das Thema stürzt. Letztendlich wird aber nicht ein Supplement zur Verbesserung beitragen, sondern die Basics, wie gute Regeneration, guter Schlaf und vernünftige Basisernährung. Und darauf aufbauend ist Muskeltraining das Wichtigste. Mehr Muskelmasse heißt längeres Training. Das ist das am besten Erwiesene bis jetzt.
Wolf Harwath beim Interview bei MEET THE TOP auf Mallorca (Bildquelle: © MEET THE TOP GmbH & Co. KG)
BODYMEDIA: Was müssen Studiobetreiber nun konkret richtig machen, damit sie von dieser Entwicklung auch profitieren können?
Wolf Harwath: Wenn wir von richtig machen sprechen, geht es in erster Linie nicht darum, wie wir das Training gestalten. Wir sind in Deutschland als Branche, auch im weltweiten Vergleich, mit unserem Produkt Fitness ganz weit vorne.
Wir haben, glaube ich, in keinem anderen Land diese Qualität an Ausstattung, Personal usw. Wir sind, was das Training angeht, perfekt aufgestellt. Es ist eher das Kommunizieren, das verbessert werden muss. Wir haben es noch nicht geschafft, dass die Menschen uns als Lösung sehen.
In Donaueschingen z. B. gibt es ein großes, tolles Wellness- und Golfhotel, den Öschberghof. Die Verantwortlichen haben ihr Hotel-Gym nun Longevity-Center genannt. Das heißt, die haben schon begriffen, dass es ein wichtiges Thema ist und dass die Klientel, welche zu ihnen kommt, dafür affin ist.
Wir als Fitnessbranche lassen dagegen das Thema häufig an uns vorbeiziehen. Das war auch der Grund, warum ich angefangen habe, über Longevity zu sprechen. Ziel war es, die Betreiber ein bisschen wachzurütteln, dass es ein Thema ist, das wir im Marketing, in der Außendarstellung und in den Gesprächen mit den Leuten thematisieren dürfen.
Wir als Hersteller z. B. bauen die Werkzeuge auf dem Thema Longevity auf. Man kann über die Krafttests im milon YOU jedem sagen, welches biologische Alter er hat, wie die Sarkopeniekurve aussieht usw. Wir bauen also die Storys, dass ein Mensch begreift, was er vor Ort tun kann, um länger und besser zu leben. Es geht also mehr um die Kommunikation als darum, Dinge im Training richtigzumachen, weil wir in diesem Bereich schon gut sind.
BODYMEDIA: Kannst du uns einige wichtige Keyfacts zum Thema Longevity nennen, die wissenschaftlich bewiesen sind?
Wolf Harwath: Wirklich am stärksten bewiesen ist, dass diejenigen mit mehr Muskelmasse einen sehr großen Vorteil haben. Oder anders ausgedrückt: Menschen werden im Alter ein Pflegefall, weil ihnen die Kraft ausgeht, vor allem in den Beinen.
Deshalb werden z. B. mehr Frauen Pflegefälle als Männer, weil die Frauen einfach schon mit weniger Kraft ins Leben starten. Männer machen zudem auch eher als Frauen eine Ballsportart wie Fußball, wo sie ein hohes Niveau an Beinkraft aufbauen. Statistisch gesehen werden zwei von drei Frauen im Laufe ihres Lebens Pflegefälle, dagegen ist nur ein Drittel der Männer betroffen.
Der größte Unterschied ist, wie viel Kraft und Muskelmasse man behält. Wer eine hohe Muskelmasse hat, bei dem bleibt der Stoffwechsel gesünder. Die Wahrscheinlichkeit, Diabetes zu bekommen und unter Folgeerkrankungen zu leiden, ist geringer. Von der Evidenz wirklich am besten belegt ist, dass mehr Kraft und mehr Muskelmasse ein längeres und besseres Leben ermöglichen.
Und dann gibt es natürlich Co-Faktoren wie eiweißreiche Ernährung, die ebenfalls begünstigend wirken. Auch das Thema Schlaf spielt eine große Rolle. Wenn Menschen lange Zeit zu wenig Schlaf hatten, hat dies einen negativen Einfluss.
Und was unsere Gesellschaft betrifft, kann man ganz klar sagen, dass wir weniger denn je schlafen. Hauptgrund dafür sind Ablenkungen, wie vor allem durch das Smartphone. Weniger Schlaf hat wiederum den Effekt, das zeigen Untersuchungen, dass man mehr Appetit hat. Dadurch nimmt man wieder mehr Gewicht zu, was sich schlecht auf den Stoffwechsel auswirkt.
Da gibt es also sehr viele Dinge, die als Kaskade miteinander zusammenhängen. Das ist häufig gar nicht so einfach, das im Kern so zu begreifen. Aber anders ausgedrückt: Wer seine Regeneration und seinen Schlaf im Griff hat, zwei- bis dreimal pro Woche ein Krafttraining absolviert und vielleicht noch ein bisschen was für seine kardiovaskuläre Gesundheit tut, hat schon sehr viel richtig gemacht.
BODYMEDIA: Vielen Dank für das Interview.
Bildquelle Header: © MEET THE TOP GmbH & Co. KG