Das Wichtigste in Kürze
- Jeder Unternehmer, der sein Unternehmen abgibt, sollte ein Nachfrageprofil für den idealen Nachfolger erstellen, wo dieser nicht nur fachlich, sondern auch hinsichtlich Persönlichkeit, Werteverständnis und Motivation beschrieben wird.
- Die Erwartungen an den Nachfolger sollten früh möglichst kommuniziert werden, um Bereiche, die unverhandelbar sind, schnell zu identifizieren.
- Eine offene Gesprächskultur erleichtert die Nachfolge enorm
- Mit klaren Übergangsphasen gibt es weniger Reibungen bei der Übergabe.
Der Fitness- und Gesundheitsmarkt befindet sich erneut in einer Phase der Konsolidierung. Für viele Fitnessstudio- und Physiopraxisinhaber stellt sich daher zunehmend die Frage, ob ein Verkauf oder eine geregelte Übergabe in einem verschärften Wettbewerbsumfeld nicht der sinnvollere Schritt wäre. Gleichzeitig rückt mit dem Renteneintritt der Babyboomer-Generation das Thema altersbedingter Nachfolge immer stärker in den Vordergrund. Damit die Übergabe gelingt, helfen vier klare Schritte:
Struktur vor Gefühl
Klare Rollen, definierte Verantwortlichkeiten und ein strukturiertes Übergabekonzept schaffen Orientierung und verhindern Missverständnisse. Es ist also unumgänglich ein Nachfolgeprofil zu erstellen: Der Unternehmer sollte ein Anforderungsprofil für den idealen Nachfolger erstellen – nicht nur fachlich, sondern auch hinsichtlich Persönlichkeit, Werteverständnis und Motivation. Man sollte sich Zeit nehmen, Kandidaten gründlich zu prüfen, egal ob Familienmitglied oder externer Käufer. Ein klares Profil erleichtert Entscheidungen und beugt falschen Erwartungen vor. Hierzu ein Beispiel aus der Praxis: Ein Inhaber legte mit seinem Nachfolger fest, welche Entscheidungen in den ersten 100 Tagen gemeinsam getroffen werden. Das schaffte Vertrauen und nahm sofort Unsicherheiten.
Erwartungen früh sichtbar machen
Übergeber wünschen Sicherheit und neue Perspektiven, Nachfolger Gestaltungsspielraum, das Team Klarheit und Stabilität. Das kann an folgendem Beispiel illustriert werden: Erst im moderierten Gespräch wurde deutlich, dass der Übergeber bestimmte Bereiche als „unverhandelbar“ betrachtete – während der Nachfolger gerade dort Veränderungen plante. Durch offene Klärung und eine konstruktive Haltung entstand schließlich eine tragfähige Lösung.
Emotionale Dynamiken ernst nehmen
Loslassen fällt schwer, Ankommen genauso. Neben der fachlichen Übergabe braucht es Raum für die emotionalen Themen, die oft unausgesprochen bleiben. Daher sollte die Kommunikation gefördert werden: Eine offene Gesprächskultur erleichtert die Nachfolge enorm. Regelmäßige Treffen zwischen Übergeber und Nachfolger – bei Bedarf moderiert – helfen, Missverständnisse früh zu klären, Spannungen abzubauen und Vertrauen aufzubauen. Folgendes Beispiel zeigt das besonders deutlich: Ein Inhaber sagte kürzlich: „Allein die Vorstellung, irgendwann an meinen Fitnessstudios vorbeizufahren, macht mich emotional.“ Das Aussprechen solcher Gefühle nahm spürbar Druck aus dem Prozess und führte zu deutlich mehr gegenseitigem Verständnis.
Übergabephasen klar definieren – statt alles auf den Stichtag zu setzen
Eine gelungene Nachfolge besteht nicht aus einem Moment, sondern aus klar getrennten Phasen. Die Vorbereitung umfasst nicht nur Zahlen, sondern auch das Verständnis für Werte, Kultur und die „ungeschriebenen Regeln“ des Studios. Beispiel: Ein Betreiber gliederte mit seinem Nachfolger den Prozess in drei Schritte:
- Vorbereitung – Kennzahlenanalyse, Gespräche über Kultur und Führungsstil, um sanft in die Rolle hineinzuwachsen
- Parallelphase – vier Wochen gemeinsames Entscheiden, um Abläufe realistisch zu erleben.
- Übergabephase – klare Verantwortungsübergabe per Checkliste.
Dieses Vorgehen hatte zum Ergebnis, dass es insgesamt weniger Reibung gab und der Start vom Team als souverän wahrgenommen wurde.
Fazit
Ein wirklich erfolgreicher Nachfolgeprozess entsteht nicht durch das bloße Auswerten von Kennzahlen. Entscheidend sind eine klare Struktur, offene Kommunikation und ein respektvoller Umgang zwischen Übergeber und Nachfolger. Wer diese Phase aktiv gestaltet, schafft einen Übergang, der wirtschaftlich solide funktioniert und zugleich menschlich stabil bleibt.
Bildquelle: © Dennis Weissmantel