Recht

Frauenfitnessstudio verbietet Transfrau die Mitgliedschaft – wie ist die Rechtslage?

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Ein von der Dr. Geisler, Dr. Franke Rechtsanwälte Partnerschaft mbB betreutes Frauenfitnessstudio sah sich Ende Mai dieses Jahres mit einer brisanten Situation konfrontiert: Eine Transfrau mit noch vorhandenem männlichen Geschlechtsmerkmal wollte Mitglied in dem ausschließlich für Frauen konzipierten Studio werden.

Nachdem das Fitnessstudio den Abschluss einer Mitgliedschaft ablehnte, schaltete die abgewiesene Transfrau zunächst die Antidiskriminierungsstelle des Bundes und anschließend noch Anwälte ein, um Ansprüche auf Entschädigung und Zutritt zu den Räumlichkeiten geltend zu machen.

Der Sachverhalt verdeutlicht das Konfliktpotenzial und Haftungsrisiko für Unternehmen im Zusammenhang mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz auch im Kontext zu dem ab dem 01.11.2024 geltenden Selbstbestimmungsgesetz. Doch worum geht es konkret? Dr. Hans A. Geisler von der Dr. Geisler, Dr. Franke Rechtsanwälte Partnerschaft mbB klärt auf.

Antidiskriminierungsstelle ­unterstellt eine Rechtsverletzung

Nachdem die Bewerberin aus den vorgenannten Gründen abgelehnt worden war, kontaktierte diese die Antidiskriminierungsstelle des Bundes, welche das Fitnessstudio anschrieb und um Stellungnahme bat. Ohne dass eine mögliche Stellungnahme abgewartet wurde, bewertete die Bundesbehörde den Sachverhalt zeitgleich als Persönlichkeitsrechtsverletzung und schlug die Zahlung einer „angemessenen“ Entschädigung zur „einvernehmlichen Lösung der Angelegenheit“ in Höhe von 1.000,00 € vor.

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Abgesehen davon, dass ein ­solches Schreiben den Konflikt der Parteien eher eskalieren lässt, ist es insbesondere nicht die Aufgabe der Bundesbehörde, Rechtsverletzungen fest­­zustellen oder die Höhe von Entschädigungen zu bestimmen. Dies obliegt im Rahmen privatrechtlicher Rechtsverhältnisse alleine der Rechtsprechung und nicht der Verwaltung. Aus rechtsstaatlichen ­Gesichtspunkten ist das Behördenschreiben daher bedenklich.

Vor allem aber wird den Beteiligten, mithin sowohl der Transfrau als auch dem Fitnessstudio durch das behördliche Schreiben suggeriert, dass eine Rechtsverletzung bereits festgestellt ist, sodass bei der betroffenen Transfrau der Eindruck vermittelt wird, sie habe Entschädigungsansprüche, und die Studioverantwortlichen meinen, zahlen zu müssen. Eine solche Rechtsmacht steht der Behörde jedoch, wie dargelegt, nicht zu.

Frauenfitnessstudio macht von Hausrecht Gebrauch

Aus Sicht des Frauenfitnessstudios hat dieses im Rahmen der Ablehnung des Mitgliedschaftsantrags der Transfrau von seinem Hausrecht in Verbindung mit dem Grundsatz der allgemeinen Vertragsfreiheit Gebrauch gemacht. Grundsätzlich darf ein Studiobetreiber auf Grundlage seines Hausrechts frei darüber bestimmen, wer die Geschäftsräume betreten und sich in diesen aufhalten darf bzw. mit welchen Personen ein Vertrag geschlossen wird.

Das Hausrecht und die ­Vertragsfreiheit eines Clubbetreibers werden jedoch gesetzlich eingeschränkt. Eine solche Einschränkung kann sich insbesondere aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ergeben. Das AGG schützt Menschen vor nicht rechtmäßigen Diskriminierungen. Dabei werden jedoch nicht alle denkbaren Benachteiligungen geschützt, sondern nur die, welche vom AGG als schutzwürdige Merkmale angenommen werden. Im hier fraglichen Kontext kommt eine Benachteiligung wegen des Geschlechts oder der sexuellen Identität in Betracht.

Symbolbild Transfrau
Der Fall verdeutlicht das Konfliktpotential und Haftungsrisiko für Unternehmen im Zusammenhang mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz und dem ab dem 01.11.2024 geltenden Selbstbestimmungsgesetz (Bildquelle: © vchalup - stock.adobe.com)

Ein Verstoß gegen das AGG hat mehrere Rechtsfolgen. So kann nach Maßgabe des § 21 AGG der Benachteiligte unbeschadet weiterer Ansprüche die Beseitigung und Unterlassung der Beeinträchtigung verlangen, sodass ausnahmsweise sogar ein Anspruch auf Abschluss eines Mitgliedschaftsvertrages begründet sein kann. Der Benachteiligende ist bei einer zu vertretenden Pflichtverletzung zudem verpflichtet, den durch die Diskriminierung entstandenen Schaden zu ersetzen. Der Benachteiligte kann darüber hinaus eine Entschädigung in Geld, ein sogenanntes Schmerzensgeld, verlangen.

Keine Verletzung des Benachteiligungsverbotes

Privatrechtliche Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, wegen des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität sind gemäß § 19 Absatz 1 Nr. 1 AGG unzulässig, sofern kein sachli­cher Grund für die Benachteiligung gemäß § 20 Absatz 1 AGG besteht.

Als möglicher, sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung wird in § 20 Absatz 1 Nr. 2 AGG insbesondere das Bedürfnis nach Schutz der Intimsphäre oder der persönlichen Sicherheit aufgeführt. Daraus folgt, dass nicht jede Ungleichbehandlung eine Diskriminierung der betroffenen Person darstellt. Das im AGG verankerte Benachteiligungsverbot wäre im vorliegenden Fall demzufolge nur verletzt, wenn die Ablehnung des Mitgliedschaftsantrages eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung zu biologischen Frauen darstellen würde.

Soweit ersichtlich, gibt es im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Sachverhalt noch keine Gerichtsurteile, die sich mit der fraglichen Thematik auseinandergesetzt haben. Wir halten jedoch eine Benachteiligung, sofern eine solche überhaupt vorliegen sollte, jedenfalls für sachlich gerechtfertigt.

Mit dem unternehmerischen Konzept von Frauenfitnessstudios wird ein gesellschaftlich seit Jahrzehnten anerkanntes Bedürfnis vieler Frauen bedient, in einer männerfreien Umgebung zu trainieren. Diesen Frauen geht es bei der Wahl zugunsten eines Frauenfitnessstudios überwiegend darum, ihre Intimsphäre zu schützen.

Dieses Schutzbedürfnis kann nur dann befriedigt werden, wenn sich keine biologischen Männer in dem Studio befinden. Soweit die betroffene Transfrau angeboten hat, die Dusche ausschließlich in Badehose zu nutzen, geht dies damit ins Leere. Das anerkennenswerte Schutzbedürfnis von Frauen, in einer männerfreien Umgebung zu trainieren, sich umzuziehen und zu duschen, wird wohl kaum gewahrt werden, wenn der biologische Mann nur eine Badehose trägt. Die Frauen sollen vor Männern geschützt werden und nicht umgekehrt.

Rechtspolitischer Ausblick

Der dargestellte Fall hat vor allem auch deswegen Bedeutung, weil im Zusammenhang mit der Gesetzesbe­gründung zum Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag (SBGG) auf § 20 Abs. 1 AGG explizit Bezug genommen worden ist und auch der Bundesjustiz­minister öffentlich erklärt hat, dass das Hausrecht nicht durch das Gesetz eingeschränkt wird.

Dies trifft zwar zu, gleichwohl bleibt die Ausübung des Hausrechts stets im Rahmen des AGG eingeschränkt, sodass für relevante Benachteiligungen immer ein sachlicher Grund vorliegen muss. Dies hat mit dem Selbstbestimmungsgesetz nichts zu tun. Zwar ist das SBGG noch nicht in Kraft getreten und es geht in vorgenannten Konstellationen nicht um die Änderung eines Geschlechtseintrages. Doch wird durch die Bezugnahme in der Gesetzesbegründung zum SBGG von dem Gesetzgeber deutlich gemacht, an der geltenden Rechtslage nichts ändern zu wollen. Demnach wird auch zukünftig § 20 Abs. 1 Nr. 2 AGG der rechtliche Maßstab zur Lösung von entsprechenden Konflikten sein, sodass es darauf ankommt, ob die Benachteiligung sachlich gerechtfertigt ist.

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Der Autor

  • Dr. Hans Geisler

    Dr. Geisler, Dr. Franke Rechtsanwälte PartmbB steht für kompetente, zielorientierte und effektive Beratung von Unternehmen. Zu der Kanzlei gehören aktuell 12 Rechtsanwälte/innen und über 30 Mitarbeiter/innen. Schwerpunkt ist die bundesweite Beratung mittelständischer und großer Unternehmen in nahezu allen Rechtsfragen. Sämtliche Rechtsanwälte / innen haben sich auf verschiedene Fachgebiete spezialisiert, oftmals bis zur Erlangung eines Fachanwaltstitels. Bezüglich aller denkbaren Rechtsfragen in der Fitness- und Freizeitbranche verfügt die Kanzlei über ein einzigartiges Know-how. Speziell für die Fitnessbranche hat die Kanzlei verschiedene Rechtsberatungskonzepte entwickelt, die den Studiobetreiber entlasten und ihm Zeit für sein Kerngeschäft verschaffen.

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