Das Wichtigste in Kürze:
- Das Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) ermöglicht seit 2024 transgeschlechtlichen, intergeschlechtlichen und nicht-binären Menschen, ihren Geschlechtseintrag und Vornamen einmal jährlich per Willenserklärung beim Standesamt zu ändern, ohne Sachverständigenbegutachtung oder gerichtliche Entscheidung.
- Studiobetreiber sind verpflichtet, den geänderten Namen und die neuen Pronomen ihrer Mitglieder zu respektieren, wobei das „Offenbarungsverbot“ die Preisgabe früherer Geschlechtseinträge untersagt und Verstöße rechtliche Konsequenzen haben können.
- Der Zugang zu geschlechtsspezifischen Intimbereichen bleibt dem Hausrecht und der Vertragsfreiheit der Betreiber überlassen, wobei das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) die Diskriminierung aus sachlichem Grund, wie dem Schutz der Intimsphäre, ermöglicht.
- Frauenfitnessstudios und Damensaunatage gelten weiterhin als zulässig, während es keinen rechtlichen Anspruch auf einen Herrensaunatag gibt, sofern kein Verstoß gegen das AGG vorliegt.
So führen wir aktuelle ein Verfahren im Rahmen dessen sich ein biologischer Mann zunächst darüber beschwert hat, dass es in seinem Fitnessstudio nur einen Damensauna- und keinen Herrensaunatag geben würde, um anschließend unter Bezugnahme auf das neue Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) geltend zu machen, nunmehr eine Frau zu sein, sich einen neuen, weiblichen Vornamen gab und ankündigte, nunmehr auch in die Frauensauna gehen zu wollen.
Darüber hinaus beabsichtigt ein biologischer Mann, unsere Mandantin, welche ein Damenfitnessstudio betreibt, zu verklagen, da diese sich geweigert hat, den biologischen Mann als Mitglied aufzunehmen.
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Diese Fälle verdeutlichen, dass aufgrund der neuen Rechtslage zukünftig mehr entsprechende Verfahren zu erwarten sind, weshalb wir die Rechtslage für Sie wie folgt zusammenfassen:
Bereits am 21.06.24 wurde das sogenannte Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) verkündet, welches zum 01.11.24 in Kraft trat. Das Selbstbestimmungsgesetz löst das bisherige Transsexuellengesetz ab und ermöglicht, dass transgeschlechtliche, intergeschlechtliche sowie nicht-binäre Menschen ihren Geschlechtseintrag und Vornamen einmal im Jahr durch Willenserklärung vor dem Standesamt ändern können. Die noch nach dem Transsexuellengesetz notwendige Sachverständigenbegutachtung und eine gerichtliche Entscheidung entfallen.
Die bisherige Auswahlmöglichkeit der Geschlechter im Personenstandsregister „männlich“, „weiblich“, „divers“ sowie die Möglichkeit der Streichung des Geschlechtseintrags bleiben bestehen. Für Minderjährige gilt die einjährige Sperrfrist nicht.
Bis zum 14. Lebensjahr können allerdings nur die Sorgeberechtigten, mithin in der Regel beide Eltern, die Erklärung abgeben. Ab dem 14. Lebensjahr müssen die Sorgeberechtigten zwar ebenfalls noch zustimmen, allerdings kann eine verweigerte Zustimmung durch eine Zustimmung seitens des Familiengerichts ersetzt werden.
Welche Auswirkungen sind nunmehr zu erwarten?
Muss der neue Name vom Studiobetreiber beachtet werden?
Zuerst stellt sich die Frage, wie auf die Mitteilung des Mitglieds, nunmehr einen neuen Vornamen und ein damit korrespondierendes Geschlecht (einschließlich der Wahl, kein Geschlecht zu bestimmen) führen zu wollen, umzugehen ist.
Hier sollte die Studioverwaltung ab diesem Zeitpunkt ausschließlich den neuen Namen sowie die jeweiligen Pronomen in der Anrede verwenden. „Misgendern“ oder „Deadnaming“ ist zwar nicht grundsätzlich verboten, jedoch beinhaltet das Gesetz ein bußgeldbewehrtes „Offenbarungsverbot“. Demnach ist es verboten, frühere Geschlechtseinträge zu offenbaren und/oder auszuforschen.
Es ist davon auszugehen, dass durch das Selbstbestimmungsgesetz zukünftig einige Ermittlungsverfahren auf Studiobetreiber zukommen (Bildquelle: © MQ-Illustrations – stock.adobe.com)
In diesem Zusammenhang hat bereits das LG Frankfurt mit Urteil vom 26.08.2021 (Az.: 2-30 O 154/21) festgestellt, dass die zwingende Auswahl einer Anrede als Herr oder Frau im Zusammenhang mit der BahnCard eine Benachteiligung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes darstellt.
In dieser „Tradition“ verbot das LG Frankfurt im Rahmen eines Eilbeschlusses vom 18.07.2024 (Az.: 2-03 /275/24) dem Nachrichtenportal NIUS, einen biologischen Mann, welcher sich als Frau wahrnimmt, als Mann zu bezeichnen. Das Gericht wertete dies als Angriff auf die Menschenwürde.
Es empfiehlt sich daher, den geäußerten Willen eines Vertragspartners zur Namens- und/oder Geschlechtsänderung zu respektieren und entsprechend zu verwenden. Andernfalls droht eine Unterlassungs- und gegebenenfalls Schadenersatzklage.
Eine Änderung der Stammdaten sollte allerdings erst erfolgen, wenn die Namens- und/ oder Geschlechtsänderung durch eine behördliche Bestätigung nachgewiesen ist. In diesen Fällen muss zudem auch aus Datenschutzgründen eine entsprechende Änderung der personenbezogenen Daten erfolgen.
Nutzung von Intimbereichen
Dürfen biologische Männer oder Frauen Intimbereiche des jeweils anderen Geschlechts nutzen? Neben dieser eher formellen Bedeutung der Gesetzesänderung werden aber vor allem Fälle im Zusammenhang mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) Konflikte begründen.
Beispielhaft sei etwa die Nutzung von Duschen, Umkleiden, Saunen, Toiletten oder die Mitgliedschaft in Frauenfitnessstudios erwähnt. Auch Bewerbungen auf geschlechtsspezifische Jobangebote in z. B. Frauenfitnessstudios können in der Praxis zu Problemen führen.
Der Gesetzgeber überlässt die Entscheidung, wie Unternehmen etwa mit einem biologischen Mann umzugehen haben, welcher nunmehr aufgrund des gewechselten Geschlechts rechtlich als Frau anzusehen ist und deshalb z. B. in der Damendusche duschen möchte, dem jeweiligen Unternehmen.
Insoweit vermittelt der gewählte Geschlechtseintrag nach dem SBGG keinen eigenständigen Anspruch auf Zugang zu geschützten Räumen (z. B. Damenduschen), sodass Unternehmen auch zukünftig grundsätzlich im Rahmen der Vertragsfreiheit und auch des Hausrechts die fraglichen Sachverhalte regeln können. Dabei sind aber die allgemeinen Persönlichkeitsrechte der betroffenen Kunden und insbesondere die Vorschriften des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) zu beachten.
Ziel des AGG ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen (§ 1 AGG). In dem hier fraglichen Kontext wird es folglich auch zukünftig vermehrt um die Frage einer möglichen Diskriminierung wegen des Geschlechts oder der sexuellen Identität gehen.
Unter Geschlecht wird jedenfalls derzeit noch die biologische Zuordnung zu einer Geschlechtsgruppe (männlich, weiblich, zwischengeschlechtlich) erfasst, wohingegen die sexuelle Identität als sexuelle Ausrichtung verstanden wird, die als identitätsprägend wahrgenommen wird.
Ausnahmsweise zulässige unterschiedliche Behandlung
Wenn sodann festgestellt wird, dass eine entsprechende Benachteiligung vorliegt, wird geprüft, ob die unterschiedliche Behandlung zulässig ist. Dies ist dann der Fall, wenn hierfür ein sachlicher Grund im Sinne des § 20 Abs. 1 AGG vorliegt. Als ein solcher wird in § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AGG insbesondere das Bedürfnis nach Schutz der Intimsphäre oder der persönlichen Sicherheit gesetzlich anerkannt.
Maßgeblich für die rechtmäßige Etablierung eines diskriminierenden Geschäftsmodells, wie z. B. das eines Frauenfitnessstudios, sind geäußerte oder unterstellte Kundenpräferenzen. Dabei ist die Ausrichtung einer wirtschaftlichen Betätigung nach den Kunden-bzw. Marktwünschen die Grundlage für jede unternehmerische Tätigkeit, deren Zulässigkeit sich aus der sogenannten Privatautonomie ergibt. Diese bedeutet, dass grundsätzlich nicht nur die Wahl des Vertragspartners, sondern auch der Vertragsinhalt von den Parteien frei verhandelt werden kann.
Die Anforderungen an die Studioverwaltung werden durch das Selbstbestimmungsgesetz erhöht und potenzielle Schadenersatzansprüche drohen. Umso wichtiger ist es, derartigen Konfliktfällen mit der notwendigen unternehmerischen Sensibilität zu begegnen (Bildquelle: © nmann77 – stock.adobe.com)
Trotzdem sind die dem Geschäftsmodell unterstellten Kundenpräferenzen (z. B., dass Frauen teilweise lieber in einem männerfreien Fitnessstudio trainieren wollen) nicht grenzenlos anerkannt. So liegt es z. B. auf der Hand, dass der unterstellte Wille, nicht mit Menschen mit Migrationshintergrund trainieren zu wollen, nicht akzeptiert wird.
Maßstab ist insoweit die Sozialadäquanz der Diskriminierung, also inwieweit der Diskriminierungsgrund auch unter Berücksichtigung des grundsätzlichen Diskriminierungsverbotes anerkennenswert ist. Die zitierte Vor-schrift des § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AGG (Schutz der Intimsphäre oder der persönlichen Sicherheit) ist als gesetzliches Regelbeispiel grundsätzlich als sozialadäquat, mithin zulässig anzusehen.
Unserer Ansicht nach bleibt daher das Konzept der Frauenfitnessstudios, ebenso wie Frauenparkplätze, weiterhin zulässig, weshalb biologische Männer grundsätzlich aus Frauenfitnessstudios ausgeschlossen werden können. Allerdings gibt es hierzu, soweit ersichtlich, noch keine Rechtsprechung, sodass abzuwarten ist, wie sich die Gerichte zu dieser Frage positionieren werden.
Aus den dargestellten Gründen ist es unserer Ansicht nach daher auch weiterhin zulässig, biologischen Männern die Nutzung von weiblichen Intimbereichen zu untersagen, wie auch umgekehrt biologischen Frauen eine Nutzung der männlichen Intimbereiche untersagt werden kann.
Rechtsfolgen rechtswidriger Diskriminierung
Sofern die diskriminierende Behandlung nicht gem. § 20 AGG zulässig ist (z. B. Tanktopverbot für Männer), kommen vor allem Ansprüche auf Beseitigung der Beeinträchtigung, mithin Zugang oder sogar ein Anspruch auf Vertragsschluss (gilt nicht im Arbeitsrecht), Schadenersatz und Schmerzensgeld in Betracht.
Gibt es einen Anspruch auf Herrensauna?
Abschließend gehen wir auf die Frage ein, ob es einen Anspruch auf eine Herrensauna gibt, wenn das Fitnessstudio einen Damensaunatag vorhält. Zwar scheint es im Hinblick auf diese Fragestellung bislang noch keine Rechtsprechung zu geben, gleichwohl meinen wir, dass es einen solchen Anspruch nicht gibt. Insoweit verbietet das AGG lediglich eine tatbestandlich relevante Ungleichbehandlung bzw. wird eine solche in § 20 AGG tatbestandlich ausgeschlossen, wenn für die Benachteiligung ein sachlicher Grund vorliegt.
Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass das AGG keinen Anspruch auf Gleichbehandlung begründet. Das Vorhalten von unternehmerischen Leistungen bleibt damit unternehmerisches Privileg. Somit bleibt es unserer Ansicht nach dabei, dass es im Hinblick auf das AGG nur um die Frage geht, ob das jeweils andere Geschlecht (zum Beispiel im Rahmen der Damensauna) ausgeschlossen werden kann.
Als Fazit ist somit festzustellen, dass die Anforderungen an die Studioverwaltung zukünftig erhöht werden und potenzielle Schadenersatzansprüche drohen. Umso wichtiger ist es, für Studiobetreiber und deren Personal, derartigen Konfliktfällen mit der notwendigen unternehmerischen Sensibilität zu begegnen.
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