Der Beckenboden, bzw. die Muskeln, die ihn bilden, erfahren nur sehr selten Aufmerksamkeit. Zumeist erst, wenn es zu spät ist. Daher ist es an der Zeit, den Beckenboden kennenzulernen und zu trainieren.
Durch das Zusammenspiel der Beckenbodenmuskeln werden Urin und Stuhl in Blase und Darm zurückgehalten bzw. kontrolliert abgegeben. Ein sehr bekanntes Problem ist, dass beim Niesen, Lachen oder schweren Tragen „ein Tröpfchen in die Hose geht“. Dies ist das erste Anzeichen für eine Harninkontinenz.
Inzidenz
Frauen und Männer können von diesem Problem betroffen sein. Der Bundesverband der Frauenärzte schätzt, dass 15 Millionen Frauen betroffen sind. Schwangerschaften sind nur eine mögliche Ursache für einen schwachen Beckenboden. Schwere körperliche Arbeit und Übergewicht können zum Absenken des Beckenbodens führen, daher sind auch viele Männer betroffen. Doch handelt es sich leider noch zu häufig um ein Tabuthema. Dabei ist der Beckenboden bis ins hohe Alter trainierbar.
Ursachen
Ausgelöst werden diese Störungen z. B. durch die starke Dehnung der Beckenbodenmuskulatur bzw. des Bindegewebes während einer Schwangerschaft/Geburt oder durch Östrogenmangel (meist nach den Wechseljahren). Die Absenkung (Descensus) von Organen im Beckenbereich kann unkontrollierten Harnverlust auslösen und geht oft mit einer Beckenbodenschwäche einher.
Zusätzlich zur willkürlichen Aktivierung kann der Beckenboden reflektorisch über Vibration trainiert werden (Bildquelle: © Novotec Medical GmbH)
Weitere Faktoren für eine Überlastung der Blase und deren negative Folgen können schwere körperliche Arbeit, Übergewicht, chronische Bronchitis und eine Blasen- oder Prostata-OP darstellen. Mögliche Ursachen von Blasenschwäche können aber auch einen neurologischen Hintergrund haben, wie beispielsweise eine Parkinson- oder Alzheimer-Erkrankung, Nervenerkrankungen, Hirntumore oder auch Schlaganfälle.
Formen der Inkontinenz
Die häufigste Form der Inkontinenz ist die Belastungsinkontinenz, auch als Stressinkontinenz bekannt. Bei der Dranginkontinenz ist der plötzliche Harndrang kaum zu unterdrücken und die Betroffenen gehen auf die Toilette schon bei geringer Füllung der Blase. Es kommt dann kaum Urin. Die meisten Betroffenen leiden wohl an einer Mischform.
Es wird geschätzt, dass etwa 28 % der Frauen (s. o.) in Deutschland im Laufe ihres Lebens von einer Blasenschwäche und ihren Folgen betroffen sind.
Physiotherapie
Eine wesentliche nicht operative Behandlungsform stellt die Kräftigung des Beckenbodens dar. Durch gezielte Übungen können auf dem Galileo die Beckenbodenmuskeln aktiviert werden.
Während durch Physiotherapie die willentliche Aktivierung der Beckenbodenmuskulatur verbessert werden kann, wird durch Galileo eine reflektorische, also unwillkürliche Kontraktion erreicht. Dazu sind Frequenzen von über 12 Hz erforderlich. So können auch Patientinnen oder Patienten, bei denen eine willentliche Aktivierung des Beckenbodens nur schwer möglich ist, erfolgreich behandelt werden. Beide Behandlungsformen ergänzen sich in idealer Weise.
Evidenz
In einer Studie1 der Universität Göttingen konnte gezeigt werden, dass mit konventioneller Physiotherapie und Galileo-Training durch Stress und Belastung verursachte Blasenschwäche mit gleicher Wirksamkeit behandelt werden kann. Eine Kombination aus beiden Behandlungsformen war jedoch wesentlich erfolgreicher.
Während sich bei den einzelnen Behandlungsgruppen eine Heilungsrate von etwa 60 % ergab, führte die Kombination von Physiotherapie und Galileo zu einer Erfolgsrate von 80 %!
Auch das subjektive Wohlbefinden verbesserte sich mehr in der kombinierten Behandlungsgruppe*. Die optimale Muskelaktivierung des Beckenbodens hängt von der Frequenz, der Amplitude und der Körperhaltung ab.
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Textquelle: Vibration stärkt den Beckenboden - Innovation in der Therapie Ross S, Viereck V Gynäkologie und Geburtshilfe, 2004;4:1-2,