Physiotherapie

Das sind Red Flags beim Recruiting

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Sollte einfach jeder Bewerber, unabhängig von seinen Fähigkeiten und Verhaltensweisen, eingestellt werden, um die Behandlung der Patienten zu ermöglichen? Das ist eine wichtige Frage, mit der sich Inhaber von Physiopraxen heute konfrontiert sehen. Unsere Antwort ist ein klares Nein, und hier schreiben wir auch, warum wir das so sehen.

Normalerweise sollten Bewerbungen, die der Inhaber der Physiopraxis erhält, ein großer Grund zur Freude sein. Denn solche Ereignisse sind in vielen Physiopraxen sehr rar geworden. Daher ist man schneller geneigt, über die Schwächen, die man bei der Bewerbung, dem Lebenslauf oder einem möglichen ersten Gespräch identifiziert, hinwegzusehen. Das kann für die Praxis und die eigenen Nerven allerdings herausfordernd werden. Daher sollte man, ähnlich wie bei der Behandlung, auf gewisse Red Flags achten und entscheiden, ob man mit den Wesenseigenschaften oder Verhaltensweisen des möglichen Mitarbeiters umgehen kann. Vorsichtig sein heißt es natürlich auch für die Physiopraxen, die mehr Bewerbungen haben. Zumindest haben diese den Vorteil, eine gewisse Auswahl zu haben.

Bewerber schauen mal, ob sich was Besseres findet

Eine Entwicklung, die sich in den letzten Jahren gezeigt hat, ist, dass sich durchaus auch Physiotherapeuten bewerben, die eigentlich ganz glücklich mit ihrer aktuellen Stelle sind, aber gerne prüfen wollen, ob es anderswo noch bessere Bedingungen gibt. Da die Arbeitsbedingungen in der Physiotherapie, verglichen mit anderen Jobs, durchaus fordernd sind, ist das auch legitim. Insbesondere die Taktung der Behandlungstermine kann durchaus ein Argument für einen Wechsel sein.

Frau im Bewerbungsgespräch mit einem schönen Lächeln
Im persönlichen Gespräch wahrgenommene Red Flags sollten Praxisinhaber eingehend prüfen (Bildquelle: © Balša – stock.adobe.com)

Hier wäre also noch keine Red Flag zu erkennen. Kritisch wird es dann, wenn der Bewerber eine fordernde Haltung einnimmt und etwas geboten bekommen möchte. Hier sollten Praxisinhaber aufpassen, denn mit einer hohen Anspruchshaltung geht nicht unbedingt eine hohe Arbeitsmotivation einher.

Sozialkompetenz mindestens so wichtig wie Fachkompetenz

Physiotherapeuten sollten auf mehreren Ebenen kompetent sein. Das ist natürlich die fachliche, aber auch die zwischenmenschliche. Eine Überbetonung des Ersteren kann auf Defizite beim Zweiten hindeuten. Wer also über das normale Maß hinaus mit Fachwissen im Bewerbungsgespräch punkten möchte, könnte durchaus eine Schwäche im Sozialen aufweisen. Zumindest sollte es ein Hinweis für den Inhaber sein, noch mal stärker nach den Soft Skills zu fragen und herauszufinden, wie der Bewerber z. B. mit Patienten oder Kollegen spricht. Da in der Therapie viel kommuniziert wird und die Kontrolle über den Umgang beinahe unmöglich ist, muss sich der Inhaber, auch zum Wohl seiner Patienten, sicher sein, dass die Sozialkompetenz hoch genug ist.

Schlechte Vorbereitungen

Im Gegensatz zu vielen anderen Branchen ist es für Bewerber recht einfach zu wissen, wofür die Praxis steht. Zumindest auf den ersten Blick. Denn was häufig passiert, ist, dass sich Bewerber nicht mit der Praxis beschäftigen, für die sie sich beworben haben. Es zeigt dem Inhaber, dass sich der Bewerber mit der Praxis auseinandergesetzt hat.

Problemfall digitale Bewerbungsgespräche

Seit der Coronapandemie können Bewerbungsgespräche auch bei kleineren und mittleren Unternehmen via Videotelefonie stattfinden. Das macht erste Gespräche deutlich leichter und gibt noch mal einen etwas anderen Zugang zum Bewerber. Jeder kennt sicherlich den abwesenden Blick eines Gegenübers in der Videotelefonie. Man kann nebenher Mails checken oder noch etwas surfen. So etwas kommt leider auch in Vorstellungsgesprächen vor. Bewerber nutzen die Zeit, in welcher der Praxisinhaber spricht, um sich schnell noch über das Unternehmen zu informieren. Das ist natürlich maximal unprofessionell und zeigt, wie viel dem Bewerber an der Stelle liegt.

Fazit

Auch wenn die Bewerberlage in der Physiotherapie derzeit für die meisten Praxen schlecht ist, sollte trotzdem nicht einfach jeder Bewerber, der kommt, eingestellt werden. Das kann der Praxis und dem Team viel Schaden zufügen. Daher sollte man beim Bewerbungsgespräch auf Red und Green Flags achten, die einem vermitteln können, ob man sich vorstellen kann, einen Bewerber einzustellen. Im persönlichen Gespräch wahrgenommene Red Flags sollten Praxisinhaber eingehend prüfen.

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Der Autor

  • Jonathan Schneidemesser

    Er war von 2015 bis 2023 Chefredakteur der BODYMEDIA Fachmagazine. 2017 etablierte er mit der BODYMEDIA Physio ein Business-Magazin im Physio-Bereich. Nach einer etwa einjährigen Pause als Leiter eines therapeutischen Fitnessstudios kehrte er 2024 als Stellver. Chefredakteur zur BODYMEDIA zurück. 

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