Marketing

Mehr Einnahmen, weniger Ausgaben – die Vorteile von monatlich kündbaren Mitgliedschaften

Laut DSSV Eckdaten der deutschen Fitness-Wirtschaft wurde in 2020 die Mitgliedschaft über zwölf Monate am häufigsten als Vertragslaufzeit gewählt. 96,2 % aller Anlagen haben diese Alternative angeboten. Bei immerhin 64,7 % der Anlagen zählte eine 24-monatige Vertragslaufzeit zum Angebot.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Die Umstellung auf monatlich kündbare Verträge erfordert im Vorfeld einen hohen Zeitaufwand
  • Die langen Vertragsbindungen mit langen Kündigungsfristen sind laut In Shape nicht fair und nicht mehr marktgerecht
  • Nach Umstellung mehr Einnahmen, Neukunden, Rückkehrer, positivere Bewertungen und weniger Ausgaben und Rechtsstreits

Monatlich kündbare Verträge, wie sie in vielen anderen Branchen üblich sind, bilden am Fitnessmarkt bisher die Ausnahme. Die ersten, die dieses Tarifmodell implementiert haben, waren Michael Schetter und Nico Scheller, die Geschäftsführer der In Shape-Fitnessclubs. Seit Oktober 2018 können Mitglieder in allen Studios monatlich kündbare Verträge abschließen. Ehe die monatlich kündbaren Verträge eingeführt wurden, arbeiteten die In Shape-Verantwortlichen intensiv an der Implementierung des neuen Vertrags­modells.

Der verwaltungs­technische Aufwand war immens, die Software musste entsprechend angepasst werden, eine geeignete Kommunikations­strategie gegenüber Bestandskunden musste erarbeitet werden und auch das Mitarbeiterteam, das dem neuen Tarifmodell anfangs sehr skeptisch gegenüberstand, musste überzeugt und geschult werden. „Der Aufwand, auf monatlich kündbare Mitgliedschaften umzustellen, war damals riesig. Mittel- und langfristig konnten die Aufwände, sowohl in der Verwaltung, da vieles automatisiert abläuft, als auch für das Marketing deutlich minimiert werden. Wichtig ist, dass sich Betreiber im Klaren sind, dass eine erfolgreiche Umstellung auf monatlich kündbare Mitgliedschaften wohl durchdacht sein muss und im Vorfeld einen erheblichen Zeitaufwand erfordert“, erklärt Nico Scheller.

Michael Schetter stellte den Mitarbeitern 2018 im Rahmen eines Kick-Off-Events die neue Preisestruktur der In Shape-Studios vor. (Bildquelle: In Shape)

Die Gründe für die Tarifumstellung

Die In Shape-Geschäftsführer haben sich aus mehreren Gründen für die Einführung von monatlich kündbaren Verträgen entschieden. Ein Grund war, dass sie unbedingt weg wollten von langen Vertrags­bindungen mit langen Kündigungsfristen, da sie diese Varianten einerseits nicht als fair und andererseits auch nicht mehr als marktgerecht angesehen hatten. Bestärkt wurden die Geschäftsführer in ihrer Meinung durch vergleichbare Angebote aus anderen Branchen, wie z. B. Netflix, die bereits zum damaligen Zeitpunkt immer mehr Zuspruch erfahren haben. Die In Shape-Verantwortlichen hatten es zudem leid, eine Marketingaktion nach der anderen zu stark rabattierten Preisen anbieten zu müssen, um Neumitglieder zu gewinnen. Ihr Ziel war es, ausschließlich über die neue Vertragsstruktur, die in der Fitness­landschaft etwas völlig Neues war, neue Mitglieder zu gewinnen und diese als Marketingtool zu nutzen.

Nach zweieinhalb Jahren kann man sagen, dass der Plan erfolgreich war, denn die Zahl der Neumitglieder ist deutlich gestiegen. In den Premiumclubs konnte die Abschluss­quote um 30 %, in den Discountstudios immerhin um 10 % gesteigert werden, und das bei gleicher Anzahl an Beratungsterminen. Neben der gestiegenen Abschlussquote, die letztlich zu mehr Umsatz führt, konnten gleichzeitig die Marketingausgaben deutlich reduziert werden. „Wir waren die Ersten, die in unserem Umfeld monatlich kündbare Verträge angeboten haben. Dadurch konnten wir uns deutlich vom Wettbewerb abheben. Unser Tarifmodell ist so ziemlich unsere einzige Marketingmaßnahme, die allerdings super funktioniert“, erklärt Nico Scheller. 

Das Tarifmodell mit monatlich kündbaren Verträgen läuft unter dem Namen Freeshape (Bildquelle: In Shape)

Die Transparenz und die offene Kommunikation des Mitgliedschaftsmodells kommen sehr gut an und bringen weitere Vorteile mit sich. So ist z. B. zu beobachten, dass der Anteil an Rückkehrern deutlich gestiegen ist, seitdem das neue Abomodell eingeführt wurde. D. h. selbst wenn Mitglieder von ihrer Kündigungsfrist zum Monatsende Gebrauch machen, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie erneut einen Vertrag in einem der In Shape-Clubs abschließen, deutlich höher. Nico Scheller führt dies darauf zurück, dass durch die kürzeren Laufzeiten die Hemmschwelle, einen Vertrag zu unterschreiben, bei den Kunden deutlich geringer ist. Durch die Einführung der kürzeren Vertragslaufzeiten konnte das Image zudem nochmals verbessert werden, was u. a. an den positiven Google-Rezensionen und der deutlich gestiegenen Weiterempfehlungsquote deutlich wird.

Im Zuge der Einführung der monatlich kündbaren Verträge 2018 wurde auch die Software systematisch weiterentwickelt, sodass mittlerweile auch sehr viele Mitgliedschaften online abgeschlossen werden. Der Online-Vertragsabschluss bei längerfristigen Bindungen hat sich zuvor als äußerst schwierig erwiesen. Und auch das Vorhaben der Verantwortlichen, ein deutlich faireres Vertragsmodell anzubieten, scheint aufzugehen. Die Zahl der Rechtsstreite ist in den letzten zwei Jahren deutlich zurückgegangen. Neben dem monatlichen Kündigungsrecht ist dies vor allem auch darauf zurückzuführen, dass die In Shape-Mitglieder die Möglichkeit haben, ihre Verträge, ohne Angabe von Gründen, gegen die Zahlung einer geringen Gebühr auf beliebige Dauer still­zulegen. Auch für die Zeit nach Corona sieht sich Nico Scheller bestens gerüstet: „Wir hoffen und glauben, dass unsere kurzen Vertragslaufzeiten die Chancen auf Neu- und Wiederanmeldungen erhöhen.“

In Shape spendet monatlich 50 Cent jeder Freeshape Care Mitgliedschaft an bedürftige Waisenkinder in verschiedenen Ländern und unterstützt damit Wüstenkind e.V. (Bildquelle: In Shape)

Fazit

Die Umstellung auf monatlich kündbare Verträge in den In Shape-Clubs bezeichnetNico Scheller als historischen Schritt für das Unternehmen. Er ist davon überzeugt, dass die altbewährten Tarifmodelle, mit langen Vertrags- und Kündigungsfristen, vor allem in Ballungszentren ausgedient haben. Das Problem sei, dass sie an den Bedürfnissen der Betreiber ausgerichtet sind und nicht an den Bedürfnissen der Kunden. „Kundenzufriedenheit ist das Wichtigste. Da unsere Verträge für unsere Kunden klar nachvollziehbar sind, erfüllen wir dieses Kriterium zu 100 %. Derjenige, der sich strecken muss, um die beste Dienstleistung anzubieten, wird gewinnen“, so Nico Scheller. Und zur besten Dienstleistung zählen nach Auffassung des Betreibers eben auch kunden­freundliche Vertragsvarianten. 

Der Autor

  • Constantin Wilser

    Constantin Wilser ist seit 2006 in der Fitnessbranche als Redakteur tätig. Davor absolvierte er sein Bachelor-Studium der Sportwissenschaften am KIT in Karlsruhe. Seit 2019 ist er Bestandteil des BODYMEDIA-Redaktionsteams. Seit Anfang 2023 ist er Chefredakteur. In seiner Freizeit trainiert der Fußball-Fan gerne im Studio, geht laufen oder fiebert im Fußball-Stadion mit.

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