Management

Change als Chance

Sobald in der Praxis eine neue Komponente erfolgreich implementiert oder eine Veränderung abgeschlossen wurde, stehen sofort neue Projekte vor der Tür. Warum das vor allem Chancen sind und wie man mit diesen umgeht, wollen wir im Folgenden betrachten.

Das Wichtigste in Kürze

  • Startpunkte für das Changemanagement sind technische Entwicklungen, veränderte Erwartungen der Mitarbeiter oder Handlungen vom Wettbewerb.
  • Veränderungsprozesse scheitern oft am Widerstand der Mitarbeiter und dem Rückfall in alte Verhaltensmuster.
  • Für den Erfolg ist es essenziell, die Mitarbeiter am Veränderungsprozess zu beteiligen.
  • Besonders wichtig ist eine klare und anhaltende Kommunikation sowie Transparenz gegenüber den Mitarbeitern.

Das Schlagwort „Changemanagement“ hat sich für den Vorgang des ständigen Wandels sowie den Umgang mit ihm etabliert. Wer heute am Markt erfolgreich agieren will, der muss sich ständig wandeln, um den veränderten Marktbedingungen gewachsen zu sein. Dass die Physiobranche davon ein Lied singen kann, zeigt folgender Verlauf der letzten Jahre, in denen es immer unwirtschaftlicher wurde, eine Praxis zu betreiben. Hinzu kommt die Knappheit fähiger Therapeuten bzw. überhaupt die Möglichkeit, Therapeuten einzustellen, da der Nachwuchs fehlt.

Never change a running system?

Da sich die Veränderungen sowieso nicht aufhalten lassen, sollte man ihnen mit breiter Brust entgegentreten und versuchen, mit ihnen umzugehen, und zwar erfolgreich. Um das zu schaffen, stellt das Changemanagement unterschiedliche Techniken bereit, die helfen sollen, die Veränderung zu managen. Dazu kontrolliert es den Ist-Zustand und leitet bei Bedarf Maßnahmen ein, um auf Veränderungen zu reagieren.

Nun könnte man meinen, dass insbesondere große Konzerne und Unternehmen mit mehreren tausend Mitarbeitern vom Changemanagement profitieren. Das ist allerdings eine Fehlannahme. Selbst Praxisinhaber mit nur einer Praxis und einer überschaubaren Zahl an Mitarbeitern können davon profitieren. Mögliche Startpunkte für das Changemanagement sind Veränderungen wie technische Entwicklungen, veränderte Erwartungen der eigenen Mitarbeiter oder Handlungen vom Wettbewerb. Diese zwingen den Unternehmer dazu, sich anzupassen, und wie das funktioniert, schauen wir uns nun an.

Häufig genug ist es noch so, dass man sich eine Marktentwicklung anschaut und diese durchaus auch mit Branchenkollegen diskutiert, dann aber für sein eigenes Unternehmen keine geeigneten Rückschlüsse zur Anpassung an diese Veränderung vornimmt. Hier setzt das Changemanagement an und versucht, aus der Veränderung eine Chance zu schaffen.

Mitarbeiter schreiben eine Change-Strategie auf eine Scheibe
Das Team für das Changemanagement sollte aus Kollegen bestehen, denen die anderen Mitarbeiter vertrauen (Bildquelle: ©NDABCREATIVITY - stock.adobe.com)

Das Changemanagement ist keine Entwicklung der letzten 10 Jahre. Unternehmer versuchten schon immer, sich auf verändernde Marktgegebenheiten einzustellen. Etwa 70 % dieser eingeleiteten Veränderungsprozesse scheiterten jedoch. Warum das so war, wollte der Harvard-Professor John P. Kotter herausfinden. Er kam zu den beiden folgenden Ergebnissen als häufigste Faktoren für das Scheitern: der Widerstand der Mitarbeiter und ein Rückfall in bestehende Verhaltensmuster.

Das zeigt, dass es nicht reicht, Veränderungsprozesse in der Unternehmer- und Managementebene zu durchdenken, sondern, und das ist ein unvermeidlicher Bestandteil des Changemanagements, dass die Mitarbeiter an den Veränderungsprozessen beteiligt werden müssen. Diese Erkenntnisse hielt John P. Kotter in einem 8-Stufen-Modell fest.

In acht Stufen zum Erfolg

Im ersten Schritt soll ein Bewusstsein für die Notwendigkeit der Veränderung geschaffen werden. Das gilt für alle Ebenen, von Führungspersonen über den Therapeuten bis hin zu Reinigungskräften. Zuerst muss klar sein, dass eine Veränderung notwendig ist. Sei es nun aufgrund veränderter Rahmenbedingungen, wie z. B. Kündigung des therapeutischen Leiters, oder der Tatsache, dass die Vergütungen der Krankenkassen nicht mehr ausreichend sind, um profitabel zu arbeiten.

Dem Inhaber ist die „Gefahr“, die davon ausgeht, häufig bewusst. Hauptsächlich davon betroffen sind aber seine Mitarbeiter, die dieser Entwicklung möglicherweise weniger bewusst folgen. Daher muss diesen die Veränderung deutlich gemacht werden, und zwar mit schlagkräftigen Argumenten und deutlichen Aussagen. Um das zu schaffen, lohnt es sich, eine Teamsitzung einzuberufen und ein mögliches Worst-Case-Szenario zu skizzieren. Das könnte in unserem Beispiel sein, dass die Arbeitsplätze in Gefahr sind, da die Praxis nicht wirtschaftlich arbeiten kann.

Leuchtet allen der bevorstehende Veränderungsprozess ein, dann geht es in Schritt zwei an die Umsetzung. Hier wird ein Team bestimmt, das sich um das „Changemanagement“ kümmert. Dazu sollten Mitarbeiter ausgewählt werden, die sich untereinander vertrauen und zudem auf das Vertrauen der restlichen Mitarbeiter zählen können. Und eine weitere wichtige Komponente ist, dass alle nötigen Kompetenzen für den Veränderungsprozess im Team vereinigt werden. Diese reichen von der Fähigkeit, veränderbare Prozesse und Komponenten zu erkennen, bis dahin, sie dann auch sinnvoll und zielführend zu verändern.

Im dritten Schritt muss ein übergeordnetes Ziel definiert werden. Dieses gibt die Richtung vor, in die alle geplanten Aktivitäten gerichtet sein müssen. In unserem Beispiel könnte das z. B. der Aufbau eines Selbstzahlerkundenstamms sein. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen dann Strategien entwickelt werden. Auch wenn der Berg am Anfang sehr hoch erscheint, helfen viele kleine Schritte, ihn zu erklimmen. Das bedeutet im Klartext, dass hohe Ziele nicht unbedingt schnell erreicht werden müssen. Lieber lässt man sich etwas Zeit und arbeitet nachhaltig.

Mitarbeiter im Meeting
Die Mitarbeiter müssen kommunikativ eng in den Veränderungsprozess miteingebunden werden (Bildquelle: ©NDABCREATIVITY - stock.adobe.com)

Dann kommen in Schritt vier wieder die Mitarbeiter ins Spiel. Wie bereits gesagt, sind Mitarbeiter mit die häufigste Ursache, warum Veränderungsprozesse scheitern. Daher müssen diese von den Veränderungsprozessen überzeugt werden. Das ist in der Praxis sicherlich nicht leicht umzusetzen. Wichtig dabei sind eine klare und anhaltende Kommunikation und eine Transparenz gegenüber den Mitarbeitern, sodass sie nachvollziehen können, was gerade passiert.

Vor allem das Ziel sollte regelmäßig ins Gedächtnis gerufen werden. Außerdem können sie über die Erreichung und Umsetzung von Teilschritten informiert werden. Nur mit einer klaren Kommunikation kann man die Mitarbeiter hinter dem Projekt bündeln.

Veränderungsprozesse erfordern häufig neue Kompetenzen und Fähigkeiten. Daher widmet sich Kotter in Schritt 5 diesem Thema. Die Mitarbeiter müssen dazu befähigt werden, so zu handeln, dass die Veränderung umgesetzt und erreicht werden kann. Natürlich sind Workshops und Weiterbildungen hilfreich. Dabei sollten dann alte Strukturen hinterfragt werden. Findet der Veränderungsprozess bspw. im Trainingsbereich statt, dann müssen die Mitarbeiter darin geschult werden, diesen zu verkaufen und Fragen zu diesem zu beantworten. Ansonsten geht der Prozess nach hinten los.

Sind die ersten fünf Stufen abgehakt, stellen sich sicherlich die ersten Erfolge des Veränderungsprozesses ein. Anstatt diese im stillen Kämmerlein zu feiern und noch mehr und mehr Erfolge zu wollen, sollte man schnelle und kurzfristige Ziele setzen, um einfache Erfolge zu feiern, die den Mitarbeitern zeigen, dass es vorangeht und dass das gesetzte Ziel durchaus erreichbar ist. Das wirkt sich in jedem Fall positiv auf die Mitarbeitermotivation aus. Solche Meilensteine sollte man immer mal wieder einplanen, sodass die Motivation auch hoch bleibt.

Die erzielten Erfolge sollten dann auch entsprechend gewürdigt werden. Das geschieht in Schritt 7. Man sollte sich auf diesen allerdings nicht ausruhen und damit träge werden. Der Fuß sollte also nicht vom Gaspedal genommen, sondern vielmehr intensiv an den Veränderungen weitergearbeitet werden.

Werfen wir noch einen Blick auf die achte und letzte Stufe. Changemanagement ist erst erfolgreich, wenn die Veränderungen fest in der Unternehmenskultur verankert sind, also gelebt werden. Bis das passiert, kann eine lange Zeit vergehen. Und ist der Prozess erst mal abgeschlossen, wartet sicherlich schon die nächste Veränderung auf den Unternehmer.

Kommunikation als Schlüsselkompetenz

Kommunikation ist das A und O bei Veränderungsprozessen. Ohne eine gute Kommunikation sind sie zum Scheitern verurteilt. Daher ist die vierte Stufe in dem eben beschriebenen Modell von größter Wichtigkeit. Wird nur unzureichend kommuniziert, fühlen sich die Mitarbeiter verunsichert, wissen nicht, wie es weitergeht, und blockieren den Veränderungsprozess. Daher müssen die Mitarbeiter komplett in den Veränderungsprozess einbezogen werden. Aber wie kommuniziert man richtig?

Da kann man sich an einigen Richtlinien entlanghangeln. Informationen sollten möglichst früh weitergegeben werden. Das bindet die Mitarbeiter in die Entscheidungsprozesse mit ein und keiner fühlt sich übergangen. Mitarbeiter, die sich in einen Veränderungsprozess eingebunden fühlen, blockieren nicht.

Außerdem sollten nachvollziehbare Erklärungen gegeben werden. Dem Inhaber und vermutlich auch dem Clubleiter ist klar, warum eine Entscheidung wie getroffen wird. Den Mitarbeitern bleibt das allerdings meistens verborgen. Daher sollte man sie mit nachvollziehbaren Argumenten von der Richtigkeit der geplanten Maßnahmen überzeugen. Des Weiteren sollte regelmäßig kommuniziert werden. So fühlen sich die Mitarbeiter ernst genommen und offene Fragen können beantwortet werden.

Fazit

Veränderung ist sicherlich nicht immer einfach, häufig aber notwendig, um am Puls der Zeit bleiben zu können. Wer weiß, wohin er möchte, und das richtige Team um sich hat, kann passende Prozesse einleiten, um sein Unternehmen den aktuellen Marktgegebenheiten anzupassen. Dabei ist eines jedoch besonders wichtig: Kommunikation!

Bildquelle Header: ©Philip Steury - stock.adobe.com

Der Autor

  • Jonathan Schneidemesser

    Seit seinem Germanistik-und Philosophie-Studium in Mannheim arbeitet er für das Fachmagazin BODYMEDIA. 2015 übernahm er nach Abschluss seines BWL-Studiums die Chefredaktion für das Magazin. 2017 etablierte er die BODYMEDIA dann mit einem eigenen Magazin im Physio-Bereich. Seine sportliche Erfahrung sammelte vor allem in seiner aktiven Zeit als 800m-Läufer. In seiner Freizeit joggt er durch den Wald oder schwingt Kettlebells.

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