Das Wichtigste in Kürze:
- Künstliche Intelligenz hat das Potenzial, menschliche Grenzen zu erweitern, indem sie Ressourcen für die Kernbereiche Therapie und Training freisetzt.
- Die Automatisierung von Standardprozessen wie der E-Mail-Beantwortung und des Marketings mithilfe von Künstlicher Intelligenz ermöglicht es den Mitarbeitern, sich mehr auf den Kundenkontakt zu konzentrieren.
- Die menschliche Komponente bleibt dennoch unersetzlich, da KI-Systeme die Trainer unterstützen, wodurch die Beziehung zu den Mitgliedern vertieft und die Trainingsqualität verbessert wird.
- Bei der weiteren Integration von Künstlicher Intelligenz in die Branche sollten jedoch technische Grenzen, Datenzugang, Vertrauenswürdigkeit von KI und Datenschutz sowie gesetzliche Vorschriften berücksichtigt werden.
Nachgefragt bei Philipp Roesch-Schlanderer, Mitgründer und CEO EGYM GmbH
BODYMEDIA: EGYM investiert viel in Forschung und Entwicklung. Welchen Stellenwert nimmt dabei derzeit das Thema Künstliche Intelligenz ein und wie wird sich das Ihrer Ansicht nach zukünftig entwickeln?
Philipp Roesch-Schlanderer: EGYM verfolgt seit Gründung die Vision der komplett vernetzten Trainingsfläche. Dazu haben wir unser für alle Hard- und Software-Anbieter offenes EGYM-Ökosystem entwickelt, dem sich bis heute über 200 Industriepartner rund um den Globus angeschlossen haben. Die gewaltigen Fortschritte in der KI ermöglichen es uns nun, die Produkte unserer Partner noch viel besser in unser Ökosystem einzubinden. Ergebnis ist unsere neueste Innovation EGYM Genius, die jedes Fitnessstudio komplett smart macht. Unsere KI definiert aus Hunderten Millionen Trainingsdaten die optimalen Trainingsgewichte selbst für mechanische Geräte, Kabelzüge und freie Gewichte und schlägt so die Brücke von digital zu analog. KI ist nach meiner Überzeugung der Schlüsseltreiber für alle künftigen Technologie-Innovationen.
BODYMEDIA: Warum sind Sie davon überzeugt, dass Künstliche Intelligenz die Arbeit von Fitnessstudios und gleichzeitig das Training der Studiomitglieder verbessern wird?
Philipp Roesch-Schlanderer: KI-Anwendungen wie EGYM Genius sparen den Trainern pro Trainingsplan massiv Zeit und machen sie darüber hinaus zu Helden: Denn nach dem Onboarding am Fitness Hub und einigen Krafttests erhalten die Studiomitglieder in ihrer Member App in der Sektion „von meinem Trainer“ einen ganz persönlichen, auf Basis aller Informationen und Daten und auf das jeweilige Fitnessstudio angepassten Trainingsplan.
Basierend auf ihren jeweiligen Workout-Präferenzen, blitzschnell, viel präziser und mit seinen vielfältigen Übungsvorschlägen inspirierender als jemals zuvor. Die leicht nachvollziehbaren Trainingsauswertungen am Fitness Hub dokumentieren die Fortschritte bei Kraft, Flexibilität, Cardio und Stoffwechsel. Das Beste: Jedes absolvierte, getrackte Training personalisiert das nächste Training noch mehr.
BODYMEDIA: Vielen Dank für das Interview.
Bildquelle: © EGYM GmbH
Einschätzung von Bernhard-Stefan Müller, Geschäftsführer milon industries GmbH
BODYMEDIA: Wie stark und in welchen Bereichen wird Künstliche Intelligenz zukünftig den Fitness- und Gesundheitsmarkt bestimmen?
Bernhard-Stefan Müller: Insbesondere im Fitnessmarkt bieten sich sowohl für Betreiber als auch für Trainierende enorme Möglichkeiten, von dieser Entwicklung zu profitieren. Künstliche Intelligenz spielt eine entscheidende Rolle bei datengestützten Trainingsplänen, der Anpassung an persönliche Ziele und der Motivation während des Trainings. Sie wird nicht nur das Training im Studio oder sogar in der Therapie erleichtern, sondern auch außerhalb des Studios im Alltag eine unterstützende Rolle spielen – ein wahrer Gamechanger.
Allerdings lebt Künstliche Intelligenz immer von Daten. Diese müssen in großen Mengen, hoher Qualität und strukturiert vorliegen, um einen echten Mehrwert bieten zu können. Bei milon können wir mit über 300 Millionen strukturierten Datensätzen pro Jahr genau das gewährleisten. Bald werden wir hier einige bahnbrechende Lösungen präsentieren können, die tiefe Einblicke und große Fortschritte ermöglichen.
BODYMEDIA: Wie wird Ihrer Meinung nach zukünftig die perfekte Kombination zwischen KI und Mensch in unserer Branche aussehen?
Bernhard-Stefan Müller: Die persönliche Betreuung durch einen Personal Trainer oder die Einzigartigkeit eines Fitnessstudios werden auch in Zukunft von vielen Menschen der Künstlichen Intelligenz vorgezogen werden. Ich bin aber fest davon überzeugt, dass es eine ergänzende Symbiose zwischen Mensch und Technologie braucht. Hier kommt die Künstliche Intelligenz ins Spiel, die niemals müde wird und aus Hunderten vergleichbaren Anfragen eine maßgeschneiderte Lösung präsentieren kann. Durch strukturierte Daten können Fitnessstudiobetreiber einen Teil der Zukunft ihres Unternehmens voraussagen.
Für mich persönlich wäre die ideale Situation eine perfekte Verschmelzung von menschlicher Expertise und technologischer Unterstützung. Ein Szenario, in dem die Trainingszielerfassung und die datenbasierte Trainingsplanung auf Künstlicher Intelligenz basieren, während der Personal Trainer weiterhin leitet, korrigiert, motiviert und neue Impulse setzt. Außerhalb des Studios kann dann wiederum die KI dafür sorgen, dass der Kunde dranbleibt und kontinuierlich Fortschritte erzielt.
BODYMEDIA: Vielen Dank für Ihre Antworten.
Bildquelle: © milon industries GmbH
Nachgefragt bei Christian Hasler, Managing Director SKILLCOURT
BODYMEDIA: Warum ist es Ihrer Meinung nach sowohl für Fitnessstudiobetreiber als auch Industrieunternehmen gleichermaßen wichtig, sich jetzt mit dem Thema Künstliche Intelligenz zu befassen und diese ggf. in die Arbeitsprozesse zu implementieren?
Christian Hasler: Die Integration von KI in Arbeitsprozesse steigert Effizienz, Produktivität und Qualität. Datenanalysen erkennen Trends für individuellere Betreuung, steigern die Kundenzufriedenheit und optimieren die Ressourcennutzung. In der Therapie prognostiziert KI Rehabilitationsverläufe und erstellt individuelle Pläne, was Zeit spart und die Behandlungsqualität erhöht.
Künstliche Intelligenz automatisiert Standardprozesse wie E-Mail-Beantwortung und Marketing, wodurch Mitarbeiter sich auf den menschlichen Umgang konzentrieren können. Die Einsparungen durch KI sollten in Kundennutzen und Mitarbeiter investiert werden. Künstliche Intelligenz hat das Potenzial, menschliche Grenzen zu erweitern, indem sie Ressourcen für Kernbereiche wie Therapie und Training freisetzt.
Allerdings erfordert effektive KI-Nutzung verlässliche Daten aus diversen Quellen. Marktanbieter, die tatsächlich KI-basierte Analysen und Vorhersagen liefern können, werden den Markt prägen. Systemintegration und umfangreiche Nutzungsdaten, wie bei EGYM und SKILLCOURT, füttern KI effektiv.
BODYMEDIA: Wie wird Künstliche Intelligenz derzeit im Profisport eingesetzt und welche Ansätze können Studiobetreiber und Industrieunternehmen eventuell adaptieren?
Christian Hasler: Der Profisport und wir als Praxis- oder Studiobetreiber stehen vor ähnlichen Herausforderungen. Aufgrund der Innovationskraft und des Willens, das Beste aus Athleten herauszuholen, existieren viele nützliche Daten, deren Anzahl jedoch begrenzt ist. Daten und Erkenntnisse werden zwischen Vereinen selten geteilt und die Datenerhebung variiert. Nur wenige Firmen können den Spitzensport in diesem Bereich unterstützen und diese Erkenntnisse auf Amateure übertragen.
Die kommenden Jahre bieten aber enormes Potenzial für Praxen und Studios. Schon jetzt wäre es sinnvoll, sich denselben Qualitätsstandards wie der Profisport zu unterwerfen und wissenschaftliche Erkenntnisse in Therapie und Training einzubinden. Ohne diesen Schritt ist auch KI wirkungslos. Dank unserer Auswertung von Millionen Datensätzen profitieren unsere Kunden schon heute von wissenschaftlichen und KI-getriebenen Analysen. Künstliche Intelligenz bestimmt die Zukunft; Firmen, die seit Jahren mit KI-Modellen arbeiten und sich weiterentwickeln, werden sich durchsetzen – nicht jene, die KI nur als Schlagwort nutzen.
BODYMEDIA: Vielen Dank für Ihre Antworten.
Bildquelle: © SKILLCOURT
Zwei Fragen an Daniel Wischer, Chief Product Officer Sport Alliance GmbH
BODYMEDIA: Welche Rolle spielt Künstliche Intelligenz aktuell in Ihrem Unternehmen und inwiefern profitieren Sie davon?
Daniel Wischer: Um den sich stets entwickelnden Anforderungen gerecht zu werden, haben wir eine Task-Force ins Leben gerufen, die sich intensiv mit den Möglichkeiten von KI einschließlich der Herausforderungen im Bereich Datenschutz auseinandersetzt.
Durch den gezielten Einsatz von KI optimieren wir interne Abläufe, erleichtern unseren Mitarbeitern den Arbeitsalltag und verbessern den Wissenstransfer sowie das E-Learning, um Informationen effektiver zu verbreiten. Unsere Vision ist es, die Potenziale von KI zu nutzen, um unseren Kunden nachhaltige Mehrwerte zu bieten. Sei es durch die direkte Einbindung von Künstlicher Intelligenz in der Magicline oder den Zugang zu unseren innovativen Partnern über unseren Marketplace, um die Branche gemeinsam weiterzuentwickeln.
BODYMEDIA: Kritiker sehen durch KI, auch in der Fitnessbranche, Arbeitsplätze gefährdet. Wie entgegnen Sie diesen Bedenken?
Daniel Wischer: Technologischer Wandel, inklusive KI, transformiert die Arbeitslandschaft, führt aber nicht zwangsläufig zu Jobverlusten, sondern zu einer Evolution der Anforderungen. In der Fitnessbranche ermöglicht KI personalisierte Trainingspläne und fördert Gesundheit effektiver als je zuvor. Es entstehen neue Berufe, die technisches Know-how mit traditionellem Trainerwissen vereinen. Die menschliche Komponente bleibt unersetzlich; KI unterstützt Trainer, vertieft die Beziehung zu Mitgliedern und verbessert die Trainingsqualität. Wir sehen AI (Artifical Intelligence) als Chance für Innovation und persönliche Entwicklung in unserer Branche.
BODYMEDIA: Vielen Dank für Ihre Antworten.
Bildquelle: © Sport Alliance GmbH
Einschätzung von Hugo Braam, Mitbegründer und CEO von Virtuagym
BODYMEDIA: Was konkret kann die Fitness- und Gesundheitsbranche von Unternehmen aus anderen Industriesektoren lernen, wenn es um den Einsatz von KI geht?
Hugo Braam: Generell befinden sich viele Branchen bei der Nutzung von Künstlicher Intelligenz noch in einem frühen Stadium. Die Fitnessbranche hat im vergangenen Jahr große Fortschritte gemacht und ist nicht so weit zurück, wie man meinen könnte. Die Gesundheitsbranche integriert zunehmend KI-Bildgebungstechnologie zur Unterstützung von Diagnosen und Behandlungsvorschlägen.
Im E-Commerce setzen Webshops Künstlicher Intelligenz ein, um die Effizienz und den Kundenservice durch Chatbots zu verbessern. Auch im Marketing kommt KI zum Einsatz, um Mitgliederkampagnen und -analysen zu optimieren, Kundenbotschaften zu personalisieren und die Entwicklung von Inhalten zu verändern. Zudem ist die breite Anwendung der KI-Bilderzeugung für Designzwecke in vielen Branchen zu erkennen. Fitnessunternehmen könnten dies in ähnlicher Weise für Kampagnen und Social-Media-Posts nutzen, aber auch bei der Konzeption eines neuen Brandings und von Cluberlebnissen.
BODYMEDIA: Wie können Fitnessunternehmer heute und zukünftig ihren Umsatz durch künstliche Intelligenz steigern?
Hugo Braam: Kurzfristig könnte die Automatisierung des Onlineverkaufs ein wichtiger Bereich für Clubbetreiber sein, wenn es um den Einsatz von KI geht. Studios könnten einen KI-gesteuerten Chatbot implementieren, der potenzielle Kunden mit Informationen über den Club, Mitgliedschaftsarten und Sonderangebote versorgen kann. Dieser KI-Bot könnte sogar über WhatsApp mit ihnen interagieren. Schon bald wird die KI Clubs und Trainer dabei unterstützen können, die Bedürfnisse ihrer Mitglieder auf der Grundlage ihres Verhaltens vorherzusagen. KI wird wirksam zur Unterstützung von Bindungsstrategien beitragen und kündigungswillige Mitglieder identifizieren, während sie auch bei der Mitgliederakquise hilft.
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In Zukunft sollten Betreiber darauf achten, wie Big Data aus der KI genutzt werden können, um langfristige Geschäftsentscheidungen und Wachstum zu unterstützen. Und während die KI für die Videoerstellung noch stark verbessert wird, glaube ich auch, dass KI-generierte Videos es letztendlich ermöglichen werden, Videoinhalte für Onlinekurse und Marketingzwecke zu erstellen.
BODYMEDIA: Vielen Dank für das Interview.
Bildquelle: © Virtuagym
Zwei Fragen an Serge Reit, Co-Founder & CEO YOND
BODYMEDIA: Inwiefern und in welchen Bereichen wird die Fitnessbranche von KI profitieren?
Serge Reit: Wir sehen den größten Mehrwert in der Integration von KI in Kerngeschäftsprozessen, die Abteilungen wie Finanzen, Vertrieb, Training, Marketing, HR und IT verbinden. Dies ermöglicht schnelle und vor allem datengetriebene Entscheidungen. KI- Systeme erkennen Muster und Anomalien in Daten, überwachen die Datenqualität und helfen, z. B. Abweichungen in Zahlungsläufen zu identifizieren. So entstehen aus der Nutzung sauberer Daten, deren Konsistenz durch kontinuierliche Überwachung sichergestellt wird, für Unternehmen entscheidende Wettbewerbsvorteile. Und durch Automatisierung repetitiver Aufgaben können Mitarbeiter ihre Zeit auf Kundenbetreuung und strategische Initiativen fokussieren
BODYMEDIA: Wird Künstliche Intelligenz die Fitness- und Gesundheitsbranche zukünftig verändern? Falls ja, können Sie dies anhand von Beispielen verdeutlichen?
Serge Reit: Ja, zweifellos! Schon jetzt sehen wir viele Beispiele, wie personalisierte Trainingspläne und adaptive Programme mit Echtzeit-Feedback und Guidance. KI ermöglicht auch Predictive Health Trends und Injury Prevention! Immer häufiger kommen KI-Assistenten und Bots zum Einsatz, was auf einen Wandel zu automatisierten und effizienteren Arbeitsabläufen hindeutet. Allerdings müssen wir auch technische Grenzen, Datenzugang, Vertrauenswürdigkeit von KI und Datenschutz sowie gesetzliche Vorschriften berücksichtigen, wenn wir Künstliche Intelligenz weiter in unserer Branche integrieren möchten.
BODYMEDIA: Vielen Dank für Ihre Antworten.
Bildquelle: © YOND
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