Glaubt man den Reiseführern, gibt es in und um Bad Schönborn herum zehn unterschiedliche Heilquellen, die Besucher im Rahmen eines Erlebnispfades erkunden können. Neben den flüssigen Quellen gibt es allerdings noch eine weitere Quelle der Heilung im kleinen Kurort zu entdecken – die Sankt-Rochus-Kliniken mit ihren Schwerpunkten Neurologie, Kardiologie, Orthopädie und, für diesen Artikel besonders interessant, der Geriatrie.
Im kleinen Außenbereich können die Geriatrie-Patienten während oder nach einem Training entspannt die Sonne genießen (Bildquelle: © Sankt-Rochus-Kliniken Bad Schönborn)
Alleine der Weg zur Klinik hat bereits eine entschleunigende Wirkung – und das nicht nur wegen des Tempolimits, sondern vor allem aufgrund der Umgebung: viel Grün, ein großer Kurpark und die bereits angesprochenen Quellen hinterlassen ein angenehmes Gefühl. Die Sankt-Rochus-Kliniken in Bad Schönborn gehören zu einem Verbund von insgesamt vier Kliniken. Weitere Standorte gibt es in Baden-Baden, Freiburg und Bad Liebenzell.
Großer Anteil an orthopädischen geriatrischen Patienten
Die Geriatrie ist die zweitgrößte Abteilung in den Sankt-Rochus-Kliniken in Bad Schönborn und wird von Prof. Dr. med. Wolfgang Rössy als Chefarzt für die Geriatrie geleitet. Als Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und Neurologie nimmt er die gleiche Rolle für die Klinik der Neurologie ein. Mittlerweile arbeitet er seit 27 Jahren in der Klinik. Er kann seinen Patienten in der Geriatrie derzeit 85 Betten anbieten. Mit ihm arbeiten drei weitere Geriater, die sich um das Wohl der Patienten auf ärztlicher Seite kümmern – nächstes Jahr werden es fünf sein, um der hohen Nachfrage von Patientenseite zu begegnen.
Auch interessant: Geriatrische Reha: Aktueller Stand und Ausblick in die Zukunft
Der Alltag der Geriatrie zeigt sich auch in Bad Schönborn. Ein Großteil der Patienten kommt direkt aus dem Krankenhaus und wird dann weiterversorgt. Etwa 50 % sind eigentlich Orthopädie-Patienten, mit 75 Jahren ist das Durchschnittsalter etwas unter dem deutschlandweiten Durchschnitt. Bevor die Patienten stationär aufgenommen werden, wird geprüft, ob die Patienten überhaupt rehafähig sind. Bei einem positiven Ergebnis wird ein Aufnahmetermin bestimmt, zu dem die Patienten ihre Reha beginnen können. Um für die Patienten eine möglichst angepasste Behandlung zu ermöglichen, werden sie einer von zwei Stationen zugeteilt.
Klinik erzielt starke Verbesserung bei Alltagsfähigkeiten
Wo es für die Patienten hingeht, entscheidet sich anhand ihrer Alltagsfähigkeiten, die u. a. mit dem Barthel-Index ermittelt werden. Je nachdem, welche Alltagsfähigkeiten vorhanden sind, erhalten die Patienten unterschiedlich viele Punkte. Maximal möglich sind 100, im Schnitt erreichen die Patienten bei der Ankunft in den Sankt-Rochus-Kliniken Bad Schönborn 50 Punkte.
Schwerer erkrankte Patienten werden von Pflegepersonal betreut und in Doppelzimmern untergebracht, um sicherzustellen, dass im Falle eines Notfalls jemand vor Ort ist, um das Personal zu alarmieren. Weniger stark betroffene Patienten erhalten ein Einzelzimmer, in dem zusätzlich evtl. eine Begleitperson schlafen kann, werden aber weniger intensiv betreut.Beim Aufnahmetermin erstellt der aufnehmende Arzt einen Behandlungsplan für den Patienten, woraufhin sich einer der Oberärzte eine Stunde Zeit nimmt und diesen mit dem Patienten bespricht.
Derzeit stehen den Geriatrie-Patienten 85 Betten zur Verfügung (Bildquelle: © Sankt-Rochus-Kliniken Bad Schönborn)
Pro Tag stehen vier bis acht Anwendungen auf dem Programm der Patienten, mit einem Fokus auf geplante Gruppenanwendungen. Im Schnitt verbringen die geriatrischen Patienten drei Wochen in den Sankt-Rochus-Kliniken Bad Schönborn und können in dieser Zeit durchschnittlich eine Verbesserung des Barthel-Index von 50 auf 75 Punkte erreichen. Die Patienten verbessern sich also deutlich, was ihre alltäglichen Fähigkeiten angeht. Einen wichtigen Anteil daran haben die Physiotherapeuten, die mit evidenzbasierten und etablierten Verfahren arbeiten und diese je nach Patientenbedürfnis leicht modifizieren.
Vielfältige Möglichkeiten für die Therapie
Die Therapieräume für die Geriatrie befinden sich im Erdgeschoss, mit einem barrierefreien Zugang und einem kleinen Grünstreifen, wo die Patienten während oder nach einem Training entspannt die Sonne genießen können. Für die Trainingstherapie stehen den Physiotherapeuten umfangreiche Möglichkeiten zur Verfügung. Im Gegensatz zu vielen eng gestellten KGG-Räumen in einer Physiopraxis wird in der Geriatrie bewusst auf ausreichende Abstände geachtet.
Da die meisten Patienten am Rollator gehen oder einen Rollstuhl zur Fortbewegung nutzen, benötigen sie mehr Platz. Im Trainingsraum für die geriatrischen Patienten befindet sich das wichtigste Handwerkszeug der Physiotherapeuten. Neben den Seilzügen mit feiner Gewichtsabstufung und einem fest installierten Gehbarren kann das Herz-Kreislauf-System der Patienten beim computergesteuerten Fahrradergometertraining kontinuierlich überwacht werden.
Prof. Dr. med. Wolfgang Rössy (li.) ist Chefarzt für die Geriatrie und Neurologie der Sankt-Rochus-Kliniken in Bad Schönborn
Zusätzlich gibt es Einzeltherapieräume mit Sprossenwänden und weiterem Equipment, um mit den Patienten etwas intensiver arbeiten zu können. Hinzu kommen ein behindertengerecht ausgestattetes Bewegungsbad mit Lifter und ein Außenparcours, um mit den geriatrischen Patienten das sogenannte Bustraining zu absolvieren. Hierbei wird der Umgang mit öffentlichen Verkehrsmitteln simuliert. Wie interdisziplinäre Gruppentherapie in einer geriatrischen Reha aussehen kann, zeigt das eigens entwickelte Therapiekonzept InteGer (Integratives Geriatrie-Rehakonzept).
Hierfür wurde ein an den MTT-Bereich angrenzender Raum nach speziellen Vorgaben umgestaltet. Im Zentrum steht eine Tischgruppe, um die 8–12 Geriatrie-Patienten Platz haben. Auf diesen können verschiedene Aufgaben angeleitet werden. So wurde z. B. eine große Landkarte auf dem Tisch ausgebreitet, um zu schauen, wo Grenzen verlaufen. Währenddessen können die drei bis vier anwesenden Fachkräfte immer wieder Patienten aus der Gruppe herausnehmen und individuell mit ihnen arbeiten. Physio- oder Sporttherapeuten können Patienten ein paar Schritte zur Seite nehmen und ihr Gleichgewicht auf dem Posturomed verbessern.
Aufgrund der Kontaktbeschränkungen in der Coronapandemie konnte das Konzept nicht mehr in der gewohnten Form umgesetzt werden und ruht seitdem. Mit einigen Anpassungen bzgl. der Teilnehmerzahlen soll es aber schon zeitnah wieder in den Sankt-Rochus-Kliniken umgesetzt werden.
Interdisziplinarität ermöglicht umfassendere Behandlungsmöglichkeiten
Aufgrund der Größe der Sankt-Rochus-Kliniken Bad Schönborn stehen den Patienten auch Behandlungsmöglichkeiten u. a. aus Orthopädie und Neurologie zur Verfügung, wie z. B. die fiberendoskopische Schluckuntersuchung. Das erweitert die Behandlungsmöglichkeiten und unterscheidet die Sankt-Rochus-Kliniken Bad Schönborn von anderen geriatrischen Anbietern. Aus diesem Zusammenspiel der Disziplinen und dem entsprechenden Fachpersonal ziehen die Sankt-Rochus-Kliniken in Bad Schönborn ihre Stärke.
Denn neben der Rehaklinik hat die Klinik ebenfalls einen Krankenhausstatus und hat damit alle Möglichkeiten zur Akutdiagnostik eines Krankenhauses. Zudem schaffen es die Rochus-Kliniken Bad Schönborn, Therapeuten und Ärzte langfristig an sich zu binden. Das gelingt auf der einen Seite durch interessante Aufgabenfelder und die Bezahlung nach Tarif bzw. die Zusatzversorgung durch den kirchlichen Träger.
Die andere Seite dürfte allerdings das Entscheidendere sein. Fragt man Prof. Dr. med. Rössy, was ihm hier gefallen würde, wenn er selbst Patient wäre, so kommt die Antwort relativ schnell: Es sind die Menschen und ihre Persönlichkeiten, die den Unterschied für die Patienten, aber auch die Kollegen machen – insbesondere in der interdisziplinären Zusammenarbeit.
Bestätigt wird das durch Zufriedenheitsbefragungen der Patienten. Hier kann das Team der Sankt-Rochus-Kliniken Bad Schönborn besonders beim Thema Interdisziplinarität punkten.
Ausblick
Der Aufnahmedruck in der geriatrischen Reha steigt immer weiter an. Das ist mit ein Grund, warum die Sankt-Rochus-Kliniken in Bad Schönborn die geriatrische Reha weiter ausbauen werden. Neben der Einstellung eines fünften Geriaters im kommenden Jahr wird die Klinik ihre Bettenanzahl erweitern, um mehr Platz für geriatrische Patienten zu bieten. Damit die geriatrischen Patienten auch weiterhin so gut umsorgt werden können.
Bildquelle Header: © MP-AI – stock.adobe.com