Management

GET FIT-Gründer Eugen Leibman und Franchisenehmer Hassan Chilli im Interview

Die Studiokette GET FIT ist schnell gewachsen. Bereits 20 Anlagen des personalreduzierten Studiokonzeptes gibt es. Vor allem die Vorverkaufszahlen der einzelnen Standorte sind beachtlich. Wir haben mit GET FIT-Gründer Eugen Leibman und Franchisenehmer Hassan Chilli über die aus ihrer Sicht wichtigsten Erfolgsfaktoren des Vorverkaufs gesprochen.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Ein perfekter Vorverkauf existiert nicht, stattdessen gibt es Erfolgsfaktoren wie Zeitpunkt, Standort und Omnipräsenz.
  • Kreative Ansätze wie Media Days, VIP-Neueröffnungseinladungen und attraktive Frühbucherrabatte sind hilfreich für eine erfolgreiche Neueröffnungskampagne.
  • Ein lukratives Angebot und die Umsetzung von Erfolgsfaktoren können zu einem erfolgreichen Vorverkauf führen, egal ob im Premium- oder Discount-Bereich.
  • Eine gute Betreuung nach Vertragsabschluss ist wichtig, um Mitglieder langfristig zu halten.

BODYMEDIA: Wie sieht für euch der perfekte Vorverkauf aus?

Eugen Leibman: In den letzten zehn Jahren und den bereits 20 eröffneten GET FIT-Clubs habe ich persönlich einiges im Vorverkauf ausprobiert. Aus meiner Sicht gibt es den perfekten Vorverkauf nicht, sondern Erfolgsfaktoren, auf die ich gerne näher eingehen möchte. Ein erfolgreicher Vorverkauf ist u. a. von den Faktoren Zeitpunkt, Standort und Omnipräsenz abhängig.

In der Fitnessbranche gibt es Monate, die sich ideal für eine Neueröffnung eignen. Wer im ersten Quartal eines Jahres eine Neueröffnung plant, der hat die besten Aussichten auf Erfolg. Ebenfalls ist das letzte Quartal des Jahres erfolgsversprechend. Von einer Neueröffnung zwischen Mai und August rate ich persönlich ab.

Entscheidend ist zudem der richtige Standort. In einem komplett übersättigten Markt mit Marktbegleitern, die ein vergleichbares Preis-Leistungs-Verhältnis haben, ist es umso wichtiger, noch mehr zu performen, damit die Kunden wechseln oder sich für das neue Studio entscheiden. Ich empfehle, den Markt im Vorfeld genau zu analysieren oder den smarten Weg zu nehmen, dort Standorte zu eröffnen, wo noch wenig Wettbewerb vorhanden ist.

Ebenfalls sehr wichtig ist eine Omnipräsenz. Das Ziel bei einem erfolgreichen Vorverkauf sollte sein, im Vorfeld maximale Touchpoints online und offline bei der Zielgruppe zu schaffen. Die perfekte Neueröffnungskampagne für Fitnessstudios erfordert eine sorgfältige Planung und ­kreative Ansätze, um potenzielle Mitglieder anzuziehen. Hierfür gibt es einige ­Ideen, wie Media Days, z. B. exklusive VIP-Neueröffnungseinladungen für Influencer und Unternehmer, attraktive Frühbucherrabatte, Kooperationen mit lokalen Unternehmen und kostenfreie Probetrainings über einen Zeitraum von 14 Tagen.

Die Kombination verschiedener Elemente aus Online- und Offlinemaß­nahmen schafft die optimale Grund­lage für einen erfolgreichen Vorverkauf und Neueröffnung mit einem direkten oder zeitnahen Break-even.

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Hassan Chilli: Für mich persönlich war der wichtigste Erfolgsfaktor der ganzheitliche Auftritt auf den Social-­Media-Kanälen, und das von Anfang an. Damit meine ich, dass von der Unterschrift mit dem Vermieter bis zur Eröffnung alles über die Kanäle Facebook, Instagram usw. veröffentlicht wird. Jede Kleinigkeit sollte per Video aufgenommen und gepostet werden, auch wenn es in den Augen der Betreiber vielleicht unbedeutend ist. Es muss wie eine Geschichte aufgebaut werden.

Im GET FIT Hünfeld haben wir jede Woche drei bis vier Posts über die baulichen Fortschritte veröffentlicht. Es wurde z. B. gepostet, mit welcher Farbe die Wand gestrichen wurde, wer dort arbeitet, welche Trainer mithelfen, um dem Ganzen auch ein Gesicht zu geben, und selbstverständlich wurde immer auf das Eröffnungsangebot hingewiesen.

Wichtig ist es, anhand von der 3-D-Visualisierung das Design zu zeigen und auf die Zeiten hinzuweisen, wann ein Trainer vor Ort sein wird. Unbedingt sollte darauf geachtet werden, dass Fragen per Mail und Instagram so schnell wie möglich beantwortet werden.

Teamfoto bei der Eröffnung eines neuen GET FIT-Franchiseclubs
Bereits 20 GET FIT-Standorte wurden eröffnet. Obern in der Mitte. Eugen Leibman mit seiner Frau Anela (Bildquelle: © Vitalis Verwaltungs GmbH)

BODYMEDIA: Online oder offline? Welche Variante ist für den Vorverkauf geeigneter?

Eugen Leibman: Wir erreichen ­unsere Zielgruppe hauptsächlich online mit unseren Anzeigen/Ads auf der Plattform META und Google. Wenn der Zeitpunkt, der Standort des Studios und die Online­präsenz passen, sind 100 Mitgliedschaften im Vorverkauf ein Mindestziel.

Hassan Chilli: Beides sollte man machen. Wir setzen den Fokus auf das Onlinemarketing über Instagram, Facebook, Google usw. Wir haben in Hünfeld ein riesiges Banner genau vor dem Studio an einer stark frequentierten Straße mit dem Eröffnungsdatum, tollem Bild und einem QR-Code, der direkt zur Online-Mitgliedschaft führt, aufgehängt. Da es mitten in der Innen­stadt platziert war, ist es jedem aufgefallen. Daran wird deutlich, dass der Standort des Studios ein wichtiger Erfolgsfaktor ist.

BODYMEDIA: Ihr habt Erfahrung sowohl im Premium- als auch im Discountsegment. Inwiefern unterscheidet sich der Vorverkauf in diesen beiden Segmenten? Welche Erfahrungen habt ihr gemacht?

Eugen Leibman: Meine Erfahrung ist, dass je höher der monatliche Betrag für einen Vertrag ist, die Bereitschaft des Endverbrauchers, diesen im Vorfeld abzuschließen, sinkt. Ebenfalls ist ein wichtiger Faktor, wie viele Mitstreiter am Markt sind. Wenn man mit einem sehr lukrativen Angebot startet und die Erfolgsfaktoren umsetzt, wird sowohl im Discount- als auch im ­Premiumbereich der Vorverkauf erfolg­reich sein.

BODYMEDIA: Wie weit im Vorfeld einer Studioeröffnung sollte man mit dem Vorverkauf starten? In welche Phasen lässt sich der Vorverkauf gliedern und durch welche organisatorischen Schritte werden diese Phasen geprägt?

Eugen Leibman: Ein Vorverkauf sollte ca. drei Monate im Vorfeld erfolgen. Auf die einzelnen Phasen und organisatorischen Schritte kann ich in ­diesem Interview schlecht eingehen, da es den Rahmen sprengen ­würde. Um es abzukürzen: Wir wärmen zuerst die Interessenten mit unseren Anzeigen auf und das Ziel ist es dann innerhalb des Vorverkaufs, diese Interessenten zu Mitgliedern zu machen.

BODYMEDIA: Wie viel sollten Betreiber investieren, damit der Vorverkauf erfolgreich wird? Gibt es Kennzahlen, an denen ihr euch orientiert?

Eugen Leibman: Zunächst einmal muss zwischen dem Onlinebudget für die Werbeanzeigen und den Kosten für die Offlinewerbung unterschieden werden. Eine realistische Kennzahl für den ländlichen Raum im Bereich der Onlinewerbung sollte bei 50 € pro Tag liegen. Das sind dann 1.500 € im Monat. Bei einem dreimonatigen Vorverkauf ergibt sich dann die Summe von 4.500 €.

Bei der Offlinewerbung geben wir im Schnitt für Flyer, Banner, A1-Plakate und sonstige Werbematerialien ca. 5.000 € aus. Hinzu kommen weitere Kosten für die Erstellung von Werbeanzeigen, Landingpage, Creatives sowie die grafische Gestaltung von diversen notwendigen Materialien.

Somit ist man bei einem Mikrostudio­konzept im ländlichen Raum bei ca. 15.000 € für einen Vorverkauf ohne die Personalkosten für das Verteilen, Aufhängen der Werbematerialien sowie Schalten der Werbeanzeigen. In größeren Städten mit mehr Wettbewerb kann man diesen Richtwert schnell verdoppeln. Wichtig ist: Dieses Budget ist eine sehr gut angelegte Investition.

Eröffnung eines neuen GET FIT-Fitnessclubs
An den Eröffnungstagen der jüngsten GET FIT Clubs konnten die Verantwortlichen zwi­schen 175 und 290 Mitglieder verbu­chen (Bildquelle: © Vitalis Verwaltungs GmbH)

BODYMEDIA: Wie viele abgeschlossene Mitgliedschaften sind durch einen erfolgreichen Vorverkauf möglich? Welche Erfahrungen habt ihr hier sowohl im Discount- als auch im Premium­segment gemacht?

Eugen Leibman: Unser Anspruch ist, 100 Mitgliedschaften bei Neueröffnungen im Vorverkauf zu erzielen. Bei den fünf Anlagen, die wir in den vergangenen sechs Monaten eröffnet haben, konnten wir beim Eröffnungstag zwischen 175 und 290 Mitglieder verbuchen. Bei den Zahlen sollte man immer auch das Einzugsgebiet und die aktuelle Reaktionsquote, die in Deutschland bei 12,4 % liegt, beachten.

BODYMEDIA: Was gilt es nach dem Vertragsabschluss zu beachten, damit das neu gewonnene Mitglied dem Studio möglichst lange die Treue hält?

Eugen Leibman: Ein gutes Onboarding und der ein oder andere ­„Magic Moments“ sind eine gute Basis. ­Schnelle Reaktionszeiten bei Anfragen und ein freundliches Team sind ­ebenso sehr wichtig. Nach unseren Kennzahlen bleiben die Mitglieder ca. 17,8 Monate in unseren Fitnessstudios.

Hassan Chilli: Das Wichtigste sind Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft. Die ersten drei bis vier Wochen war ich als Inhaber im Studio selbst vor Ort. Hier ist es ratsam, mit mehreren Trainern vor Ort zu sein, da wir z. B. direkt nach der Eröffnung bis zu 20 ­Interessenten gleichzeitig im Studio hatten.

Im GET FIT Hünfeld haben wir das Eröffnungsangebot noch zehn Tage weitergeführt und somit allen Kunden eine Deadline gesetzt. Zudem wurde verstärkt Werbung gemacht, Freunde, Bekannte und Familienmitglieder mitzubringen. In Hünfeld haben wir bereits vor der Eröffnung den Break-even erreicht, und das trotz zweier Mitstreiter. Für mich persönlich war der Vorverkauf eine große Erfolgsgeschichte.

BODYMEDIA: Welche Fehler gilt es beim Vorverkauf unbedingt zu vermeiden?

Eugen Leibman: Einer der größten Fehler ist es, wenn man nicht sichtbar ist, denn maximale Sichtbarkeit ist einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren. Die Betreiber, die mit großer Leidenschaft und Fokus an den Vorverkauf gehen, haben den meisten Erfolg.

Ein weiterer Faktor, den man unbedingt vermeiden sollte, ist, dass zu wenig Budget in die Onlinewerbung investiert wird. Gerne gebe ich einen Einblick in eine wichtige Kalkulationsgrundlage, um zu verstehen, wie wichtig Onlinemarketing ist: Wir haben in unseren 20 Standorten der GET FIT Group ­einen CPA (Cost per Action) von ca. 30 € pro Mitglied. Das sind die Kosten für die Werbeanzeigen auf META und Google, um ein Mitglied zu gewinnen. Dieses Mitglied bleibt im Schnitt 17,8 Monate. Diesen Wert nennt man LTV (Lifetime Value). Wenn wir mit 30 € Einsatz (CPA) einen LTV von 17,8 Monaten erzielen können, bedeutet das bei einem Durchschnittsbeitrag von 30 € pro Monat Einnahmen von mindestens 534 € plus Aufnahmegebühr.

Hinzu kommt, dass dieses Mitglied durch verschiedene Maßnahmen noch weitere Freunde zu einer Mitgliedschaft bewegen kann. Wichtig ist dabei zu beachten, dass das Onlinemarketing professionell umgesetzt werden muss. Wir arbeiten in diesem Bereich eng mit SANTANA zusammen.

Hassan Chilli: Der größte Fehler ist, Social Media zu vernachlässigen.

BODYMEDIA: Vielen Dank für das Interview.

Bildquelle: © Vitalis Verwaltungs GmbH

Die Autoren

  • Eugen Leibman

    Eugen Leibman ist staatlich anerkannter Physiotherapeut und Gründer und Geschäftsführer der Fitnesskette GET FIT. Seit 17 Jahren ist er in der Fitnessbranche aktiv und hat während seines Werdegangs vom Fitnesstrainer, Physiotherapeuten, BGM-Spezialisten, Personal Trainer, Betreiber von einem Gesundheitszentrum bis zum Aufbau einer eigenen Fitnesskette sämtliche Stationen der Fitness- und Gesundheitsbranche in der Praxis durchlebt.

  • Hassan Chilli

    Hassan Chilli ist Betreiber einer Premium-­Anlage auf 2.500m² und von zwei GET FIT-Standorten als Franchise­nehmer. Er ist bereits seit 25 Jahren in der Fitnessbranche tätig.

  • Constantin Wilser

    Constantin Wilser ist seit 2006 in der Fitnessbranche als Redakteur tätig. Davor absolvierte er sein Bachelor-Studium der Sportwissenschaften am KIT in Karlsruhe. Seit 2019 ist er Bestandteil des BODYMEDIA-Redaktionsteams. Seit Anfang 2023 ist er Chefredakteur. In seiner Freizeit trainiert der Fußball-Fan gerne im Studio, geht laufen oder fiebert im Fußball-Stadion mit.

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