Management

Erfolgreich expandieren: Fitnessstudiobetreiber im Interview

Der Schritt vom Einzelstudio hin zur regionalen Kette will wohlüberlegt sein. Was gilt es bei der Entscheidungsfindung und später bei der Planung zu beachten? Wir haben mit einigen Studiobetreibern, die den Weg hin zur regionalen Kette gemeistert haben, über ihre Erfahrungen gesprochen.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Ein bedeutsamer Aspekt ist ein gut durchdachtes strategisches Management mit standardisierten Prozessen.
  • Die Vorteile liegen vor allem in den erzielbaren Synergien in den Bereichen Marketing, Personal und Verwaltung.
  • Entscheidend ist eine gute Personalstruktur mit motivierten Mitarbeitern, die einerseits den laufenden Betrieb und die bestehenden Standards sichern sowie andererseits die regionale Expansion mit ihrer Erfahrung unterstützen.
  • Für eine erfolgreiche Expansion braucht es ausreichend Liquidität, Mut zum nächsten Expansionsschritt und ein erfolgreiches, leicht duplizierbares Geschäftsmodell.

Frank Weber, Geschäftsführung Bella Vitalis

Frank Weber, Geschäftsführung Bella Vitalis

BODYMEDIA: Was sind Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen bei der Expansion vom Einzelstudio zur regionalen Kette?

Frank Weber: Als einen wichtigen Punkt beim Wachstum von Einzelstudios zur Kette sehe ich den Aufbau einer Struktur. Für mich war von Anfang an klar, dass ich mit mehreren Clubs nur dann dauerhaft Erfolg haben kann, wenn die Prozesse und Abläufe stimmen. Diese müssen ständig geprüft, kontrolliert und eventuell überarbeitet werden, bis sie für die eigene Marke perfekt passen. Dazu gehört ein gutes Team im Backoffice, das diese Arbeit übernimmt.

BODYMEDIA: Gab es Punkte, die Ihnen auf dem Weg zur regionalen Kette unerwartet Probleme bereitet haben? Wenn ja, welche waren das?

Frank Weber: Wir sind 1994 gestartet. Zu der Zeit war das Verständnis der Banken für die Fitnessbranche nicht sehr groß. Die Hürde der Finanzierungen zu überwinden, würde ich als größtes Problem bei Neustartern sehen. Das war bei uns so und ist sicherlich auch heute der Fall. Ist das Unternehmen nach einigen Jahren erfolgreich, wird dieser Punkt immer einfacher. Als größte Herausforderung für das Wachstum einer Kette sehe ich heute die hohen Zinsen. Die machen neue Investitionen schnell unrentabel.

Als zweites Problem sehe ich den Personalbereich. Wer heute ohne eine gut funktionierende Personalabteilung arbeitet, wird diese Aufgabe nur schwer lösen können.

BODYMEDIA: Vielen Dank für das Interview.

Bildquelle: © Bella Vitalis GmbH

Anna Wagenknecht, Geschäftsführung HARDY’S

Anna Wagenknecht, Geschäftsführung HARDY’S

BODYMEDIA: Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, um den Weg hin zur regionalen Kette einschlagen zu können?

Anna Wagenknecht: Die grundlegende Voraussetzung besteht darin, aktives Wachstum anzustreben. Insbesondere im Fitnessbereich gestaltet es sich nicht leicht, geeignete Immobilien zu finden, zumindest hier im Westen von München.

Ein weiterer entscheidender Aspekt ist ein gut durchdachtes strategisches Management. Seit Jahren arbeiten wir mit dem bewährten Prozess von CIC Charisma Inhouse Coaching und entwickeln uns kontinuierlich weiter. Nur wenn sämtliche Abläufe, Prozesse, Qualitäten usw. klar definiert sind und alle Teammitglieder die gemeinsamen Ziele kennen, ist es möglich, weitere Standorte erfolgreich hinzuzufügen.

Als Inhaber kann man nicht mehr selbst ständig vor Ort sein. Daher ist es umso wichtiger, einen effektiven Prozess zu etablieren und das gesamte Team, insbesondere die Führungskräfte, in diesen Prozess einzubinden.

BODYMEDIA: Welche Vorteile sehen Sie als Betreiber einer regionalen Kette gegenüber einem Einzelstudio? Warum haben Sie sich für die Expansion entschieden?

Anna Wagenknecht: Die Vorteile liegen vor allem in den erzielbaren Synergien. Durch die Eröffnung eines weiteren Clubs in der Nähe kann die bereits bestehende Markenbekanntheit genutzt werden. Zudem ermöglicht eine regionale Kette eine effektivere Nutzungbestimmter Marketingkanäle wie beispielsweise Radiowerbung, da die Kosten für dieselbe Kampagne auf mehrere Standorte aufgeteilt werden können.

Auch im Personalbereich lassen sich Synergien nutzen. Bei uns gibt es eine gemeinsame zentrale Verwaltung, Buchhaltung und Marketingabteilung. Zudem teilen sich die Clubs Kurstrainer und Hausmeister. Dadurch sind wir flexibler, die Urlaubsvertretung gestaltet sich einfacher und es gibt viele weitere positive Aspekte.

Gemeinsam mit unserem Team haben wir eine Vision für HARDY’S 2027 erarbeitet, die auch die regionale Expansion einschließt. Das bedeutet, dass sich unser gesamtes Team für diese Entscheidung ausgesprochen hat und wir gemeinsam daran arbeiten.

BODYMEDIA: Vielen Dank für das Interview.

Bildquelle: © Hardy's Freizeit Sport & Event GmbH

Marc Linzenich, Geschäftsführender Gesellschafter Linzenich Gruppe

Marc Linzenich, Geschäftsführender Gesellschafter Linzenich Gruppe

BODYMEDIA: Gab es Punkte, die Ihnen auf dem Weg zur regionalen Kette unerwartet Probleme bereitet haben? Wenn ja, welche waren das?

Marc Linzenich: Unerwartete Probleme gab es nicht, aber eine unerwartete Herausforderung. Wir mussten natürlich ein Managementsystem entwickeln und umsetzen und immer mehr Mitarbeiter in ihren Management- und Führungskompetenzen weiterentwickeln.

BODYMEDIA: Können Sie anhand von Beispielen verdeutlichen, wie sich die Arbeit des Betreibers eines Einzelstudios vom Inhaber einer kleinen Kette unterscheidet? Welche Arbeitsabläufe werden vereinfacht, was wird komplizierter?

Marc Linzenich: Der größte Unterschied ist die schwindende Präsenz der Inhaber in den jeweiligen Clubs. Um das zu kompensieren, müssen Qualitätsstandards entwickelt, geschult und überprüft werden.

Auch die Kommunikationsprozesse müssen professionalisiert werden. Vom Marketing bis zur Kundenansprache. Dann gilt es eine effiziente Regelkommunikation zu etablieren, damit alle handelnden Personen ihre Arbeitsergebnisse überprüfen können und konstruktives Feedback darüber erhalten.

Als Betreiber einer Kette ist man immer weniger im Tagesgeschäft tätig und die Unternehmenskultur, Finanzplanung und stetige Weiterentwicklung werden zu zentralen Managementaufgaben. Man hat allerdings auch mehr Raum für die Adlerperspektive. Also über den eigenen Tellerrand zu schauen, wie zum Beispiel durch Austausch mit Branchenkollegen.

BODYMEDIA: Vielen Dank für das Interview.

Bildquelle: © Linzenich Gruppe GmbH & Co. KG

Melanie Gassner, CCO TopFit Fitnessclubs

Melanie Gassner, CCO TopFit Fitnessclubs

BODYMEDIA: Wie lange dauert bei Ihnen der Planungsprozess eines neuen Studios, in welche Phasen ist dieser Prozess unterteilt und wie lange dauern die einzelnen Phasen jeweils?

Melanie Gassner: Eine pauschale Antwort lässt sich hierauf leider nicht geben. Über die Gesamtdauer entscheiden größtenteils die Ausgangssituation der infrage kommenden und endverhandelten Immobilie und der jeweilige Standort. Je nachdem, wie schnell hier eine Nutzungsgenehmigung erteilt werden kann, können weitere Planungen in Angriff genommen werden.

Hierbei macht es z. B. einen großen Unterschied, ob im Baugebiet bereits die Nutzung von Sportzentren erlaubt ist, und vor allem, wie schnell die einzelnen Gemeinden und Städte hier arbeiten. In Stuttgart dauert eine Nutzungsänderung ohne Bebauungsplanänderung z. B. durchschnittlich sechs Monate.

Wenn wir dann den Grundriss einer genehmigungsfähigen Immobilie vorliegen haben, erstellen wir meist innerhalb einer Woche die erste grobe Floor- und Ausbauplanung. Ein weiterer großer Planungs- und Zeitfaktor ist, wie viel in Eigenregie und auch grundsätzlich ausgebaut werden muss – z. B. Lüftung, Heizung, Elektrik, Warmwasser, Trockenbau usw. Dann geht es in die Raumdesign- und Geräteplanung und zum Schluss in die Planung der Vermarktung. Vom „Erstkontakt“ bis zur Cluberöffnung werden somit ca. 5–10 Monate benötigt.

BODYMEDIA: Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, um den Weg hin zur regionalen Kette einschlagen zu können?

Melanie Gassner: Entscheidend ist eine gute Personalstruktur mit motivierten Mitarbeitern, welche zum einen das laufende Geschäft und die vorhandenen Standards sicherstellen und zum anderen die regionale Expansion mit ihrer Erfahrung unterstützen können und wollen. In diesem Zusammenhang müssen dann neue überregionale Personalstellen geschaffen werden.

Außerdem bedarf es ausreichender Liquidität sowie Mut, den nächsten Expansionsschritt gehen zu wollen. Das laufende Geschäftsmodell muss erfolgreich und einfach duplizierbar sein. Bei der Standortanalyse müssen sich bereits vorhandene Clubs mit den neu geplanten gut ergänzen und keinesfalls in Konkurrenz zueinander treten. Die Marke sollte im regionalen Expansionsgebiet bereits einen guten Bekanntheitsgrad haben.

BODYMEDIA: Vielen Dank für das Interview.

Bildquelle: © TopFit Fitness- und Freizeitanlagen GmbH & Co. KG

Sebastian Stub, Geschäftsführer Top Sports Fitness

Sebastian Stub, Geschäftsführer Top Sports Fitness

BODYMEDIA: Wie sollte man den idealen Vorverkauf gestalten, um die Voraussetzungen für den erfolgreichen Start neuer Standorte zu ermöglichen? Worauf kommt es an?

Sebastian Stub: Wir wählen für unsere Vorverkäufe einen Mix aus Online- und Offline-Aktivitäten. Dabei beginnen wir mit unserer Präsenz bereits kurz nach Abschluss des Mietvertrags. Dies kann dann teilweise auch schon bis zu einem Jahr vor der Eröffnung sein. Wir lassen uns diese frühzeitigen Präsenzmöglichkeiten auch im Mietvertrag festschreiben, damit es dann zum Start des Vorverkaufs keine Diskussionen mit Bauarbeitern etc. gibt.

Unsere Präsenz besteht zwischen fünf und zehn Bauzaunbannern sowie einem großflächigen Fassadenbanner, der z. B. an einer Gerüstfläche montiert werden kann. Der Online-Vorverkauf mittels einer Landingpage inklusive Schnittstelle zu unserem Softwarehersteller startet ebenfalls direkt nach Mietvertragsunterzeichnung mit einer monatlichen Verknappung und einem sich im Laufe der Zeit verschlechternden Angebot. Vor Ort starten wir ca. 6–8 Monate in einem eigenen Verkaufscontainer auf dem Areal.

Tägliche oder mindestens wöchentliche Baustellenbesichtigungen fördern das Vertrauen und die Bereitschaft des Kunden, sich im Vorfeld anzumelden.

Unsere Social-Media-Präsenz beginnt ebenfalls kurz nach Unterzeichnung des Mietvertrags. Hier dokumentieren wir z. B. den Baufortschritt und geben Infos zum zukünftigen Konzept und Geräteangebot. Wir achten auf einen Mix aus Informationen sowie Entertainment und posten täglich, um auch hier bereits vorab eine Community aufzubauen. Wir haben sehr gute Erfahrung gemacht mit Promotionaktionen in Einkaufsmärkten sowie Stadtfesten und versuchen auch hier frühzeitig, uns in der Stadt mit anderen Gewerbetreibenden zu vernetzen.

Firmenfitness-Vertrieb mit persönlicher und professioneller Akquise gehört ebenfalls zur notwendigen Fleißarbeit im Vorverkauf. Der Mix aus wirklich allen Aktivitäten bringt dann den Erfolg. Ich würde auch in Zeiten der Digitalisierung niemals nur auf Online-Aktivitäten setzen.

BODYMEDIA: Welche Vorteile sehen Sie als Betreiber einer regionalen Kette gegenüber einem Einzelstudio? Warum haben Sie sich für die Expansion entschieden?

Sebastian Stub: Ein Vorteil, den wir als regionale Kette haben, ist natürlich die Möglichkeit des Kunden, in mehreren unserer Studios zu trainieren. Gerade wenn Wohn- und Arbeitsort unterschiedlich sind, nutzen unsere Mitglieder gerne diesen Mehrwert. Weitere Vorteile sind aber auch durch unsere Größe z. B. bessere Einkaufskonditionen bei Lieferanten, aber auch die Möglichkeit, Personal in mehreren Standorten einzusetzen und somit z. B. auf Events mit deutlich mehr Präsenz zu agieren.

Weitere Vorteile sind ein stärkeres Branding, einfach zu duplizierende Prozesse, einfacheres Recruiting und letztendlich auch eine bessere Risikoverteilung, wenn ein Standort mal eine Durststrecke haben sollte. Bei einer anstehenden Neueröffnung kann der Interessent während des Vorverkaufs sich bereits in vorhandenen Top-Sports-Standorten einen Eindruck verschaffen und es gibt die Möglichkeit, auf Wunsch auch vorab in einer unserer anderen Filialen bis zur Eröffnung zu trainieren. Das ist ein klarer Wettbewerbsvorteil gegenüber einem Einzelstudio.

BODYMEDIA: Vielen Dank für das Interview.

Bildquelle: © Top Sports Fitness GmbH & Co. KG

Bahram Ekhtebar, Geschäftsführer World of Fitness (WOF)

Bahram Ekhtebar, Geschäftsführer World of Fitness (WOF)

BODYMEDIA: Wie sollte man den idealen Vorverkauf gestalten, um die Voraussetzungen für den erfolgreichen Start neuer Standorte zu ermöglichen? Worauf kommt es an?

Bahram Ekhtebar: Wir sind nach vielen Jahren der Organisation von Vorverkäufen dazu übergegangen, keine Vorverkäufe mehr durchzuführen. Vorverkäufe werden immer durch deutliche Preisnachlässe begleitet, bringen erheblichen Organisationsaufwand und Werbekosten mit sich und dies über einen längeren Zeitabschnitt. Bei Vergleichen mit gut durchgeführten Eröffnungstagen und darauf aufsetzenden „Bring a Friend“-Aktionen sind die Ergebnisse nach den ersten Monaten vergleichbar und dies bei deutlich geringerem Aufwand.

BODYMEDIA: Macht es auf dem Weg hin zur regionalen Kette Sinn, auf das Thema Franchise zu setzen? Was spricht dafür, was dagegen?

Bahram Ekhtebar: Das kommt meiner Meinung nach auf das beabsichtigte Konzept an, welches in die Umsetzung gebracht werden soll. Bei einem sogenannten personallosen Studiokonzept würde ich sagen, dass das Thema Franchising auf jeden Fall Sinn macht. Es gibt einfach zu viele Spezifika, die dieses Konzept mit sich bringt, die alle selbst entwickelt werden müssten, sodass der Know-how-Transfer eines Franchisesystems fast schon zwingend notwendig ist.

Bei einem gängigen Studiokonzept muss man sich selbst die Frage stellen, ob man das notwendige Know-how hat, insbesondere um die Ablauforganisationen und Controllingstrukturen aufbauen zu können, die ein Filialsystem zwingend benötigt. Der Weg über ein Franchisesystem ist sicherlich der einfachere und der sicherere Weg, der aber mit den Regeln und dem „Mantel“ des Franchisesystems erkauft werden muss.

Die monetären Aufwendungen für ein Franchisesystem, die in der Regel aus einer Einstiegsgebühr und den laufenden monatlichen Gebühren in Prozent vom Umsatz organisiert sind, stellen ebenfalls eine zusätzliche Belastung des Betreibers dar. Diese werden aber in der Regel durch höhere Umsätze in der ersten Zeit des Betriebes, bedingt durch weniger Fehler, eine schnellere Vorbereitungsphase und vorhandenes Marketingmaterial, ausgeglichen.

Ist das Know-how nach den ersten Jahren einmal übermittelt, kommt es jedoch bei den Franchisenehmern immer wieder zu der Problemstellung, dass die weiterhin zu zahlenden Franchisegebühren ihre Berechtigung verlieren und zunehmend infrage gestellt werden. Es gilt zu beachten, dass Franchiseverträge in der Regel Laufzeiten von fünf bis zehn Jahren haben und entsprechend lange die Gebühren zu zahlen sind.

Innovative Franchisesysteme schaffen es durch einen ständigen Mehrwert, diese Gebühren zu rechtfertigen, darum gilt es intensiv die angedachten Konzepte zu prüfen und, wenn möglich, bestehende Franchisepartner zu dem Thema zu befragen.

BODYMEDIA: Vielen Dank für das Interview.

Bildquelle: © Corpora Fitness GmbH & Co.KG

Bildquelle Header: © Tryfonov - stock.adobe.com

Der Autor

  • Constantin Wilser

    Constantin Wilser ist seit 2006 in der Fitnessbranche als Redakteur tätig. Davor absolvierte er sein Bachelor-Studium der Sportwissenschaften am KIT in Karlsruhe. Seit 2019 ist er Bestandteil des BODYMEDIA-Redaktionsteams. Seit Anfang 2023 ist er Chefredakteur. In seiner Freizeit trainiert der Fußball-Fan gerne im Studio, geht laufen oder fiebert im Fußball-Stadion mit.

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