Wissenschaft

Positionierung im Gesundheitsbereich durch Netzwerke festigen

Die Vernetzung mit Ärzten und weiteren Gesundheitspartnern ist für Fitnessunternehmen, die sich im Gesundheitsbereich stärker positionieren möchten, äußerst hilfreich. Was es beim Aufbau von Gesundheitsnetzwerken zu beachten gibt, erklärt Markus Rauluk im Interview.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Durch die vorangeschrittene Sensibilisierung der Bevölkerung für Gesundheitsthemen sollte man sich als Unternehmer ein zuverlässiges Gesundheitsnetzwerk aufbauen.
  • Dabei müssen die Fitnessanbieter die Bedürfnisse ihrer Zielgruppe erkennen und danach handeln.
  • Ein Ärzte- und Gesundheitsnetzwerk sollte nicht nur aus Ärzten, sondern auch Physiotherapeuten, Heilpraktiker oder Apotheken bestehen.  

BODYMEDIA: Warum sind Netzwerke gerade für Premiumstudios, die sich im Gesundheitsbereich positionieren möchten, so interessant?
Markus Rauluk: Der Altersdurchschnitt der Bevölkerung steigt. Demografisch bedingt entstehen hier also neue, sehr dankbare Zielgruppen mit ganz eigenen Ansprüchen und qualitativen Bedürfnissen.
Schon vor, aber gerade auch durch die Corona-Pandemie sind immer mehr Menschen für die Themen Gesundheit und Immunsystem deutlich stärker sensibilisiert als bisher.

Daher sollten für alle Unternehmer, die diese Zielgruppen im Fokus haben, Gesundheitsnetzwerke ein wichtiger Bestandteil ihrer Planung sein.


Die Anzahl der medizinischen Fachbereiche eines Netzwerks ist theoretisch unbegrenzt. Dementsprechend können Netzwerke klein und persönlich oder auch breit und vielfältig aufgestellt sein (Bildquelle: ©Drazen - stock.adobe.com)

BODYMEDIA: Was sollten Fitness- und Gesundheitsanlagen beachten, um ein geeignetes Netzwerk aufzubauen?
Markus Rauluk: Zunächst müssen die Fitnessanbieter wissen, welche Bedürfnisse ihre Zielgruppe hat und mit welcher Kompetenz, welchem Leistungsspektrum sie diese bzw. einen Teil dieser Bedürfnisse mit Kompetenz befriedigen können.

Das können Themen sein wie z. B. Stoffwechselaktivierung, Stärkung des Immunsystems, Muskeltraining, Rückenkräftigung, Beweglichkeit erhöhen bzw. Haltung korrigieren, Herz-Kreislauf-Training oder Gewichtsreduktion. Neben der gesundheitlichen Ausrichtung, der Ausbildungsqualität der Mitarbeiter und der Ausstattung der Räumlichkeiten kann dann der Aufbau eines lokalen Netzwerkes, bestehend aus Ärzten und weiteren Gesundheitspartnern die Positionierung sehr gut unterstützen und dabei helfen, die anvisierten Zielgruppen besser zu erreichen.

BODYMEDIA: Wie schaffen es die Verantwortlichen von Fitness- und Gesundheitsanlagen, dass sie z. B. auch von Ärzten ernst genommen werden?
Markus Rauluk: Ernst genommen wird man als Fitness- und Gesundheitsanbieter in der Regel dann, wenn man sich auf das konzentriert, was man beherrscht, und das leistet, wofür man ausgebildet ist.

Das heißt, der Fitness- und Gesundheitsanbieter sollte dem jeweiligen Arzt plausibel erklären können, welchen Beitrag er zum Nutzen der Patientenbedürfnisse leisten kann, wenn der Arzt seine Behandlung bzw. der Patient seine Therapie abgeschlossen hat oder wenn der Patient über die Behandlung hinaus parallel eigenverantwortlich etwas für seine Gesundheit tun möchte. Wichtig hierbei ist, dass damit keine medizinische Therapie in einem Fitnessstudio gemeint ist.

Unser Netzwerkverständnis ist, dass das Studio in der Regel erst dann ins Spiel kommt, wenn der ehemalige Patient nach der Behandlung eigenverantwortlich unter qualifizierter Betreuung etwas für sich tun möchte. Das könnte z. B. nach Rückenproblemen ein Muskellängentraining mit einem Beweglichkeitszirkel sein. Es kann aber auch sinnvolle Schnittstellen zu Ärzten geben, die sich mit z. B. Analysegeräten auf übergewichtige Patienten fokussieren und diesen dann ergänzend entsprechendes Präventions- bzw. Gesundheitstraining empfehlen.

Experte für medizinische Themen ist und bleibt der Arzt. Als Gesundheitsstudio sollte man sich auf Präventionsthemen konzentrieren. Ein vorteilhafter Aspekt für den Dialog mit einem Arzt ist die Tatsache, dass immer mehr jüngere Ärzte nachrücken und Praxen übernehmen. Diese verfügen über erstaunlich viel Wissen zu Themen wie Sport, Bewegung und Training. Sich mit diesen Ärzten auszutauschen ist konstruktiv und informativ. Informationen über innovative Trainingskonzepte nehmen diese häufig sehr interessiert auf.

BODYMEDIA: Wie baut man als Studiobetreiber den Kontakt zu einem Arzt auf? Was gilt es zu beachten?
Markus Rauluk: Hierzu gibt es klare Empfehlungen. Zum einen, wie und wann man den Kontakt aufbaut, und zum anderen, wie man den Dialog führen sollte. Für den Aufbau dieser Netzwerke schulen wir in der Regel aus unserer eigenen und aus der Erfahrung unserer Kooperationspartner sogenannte Best-Practice-Beispiele.

Der Versuch, einen Termin am Montagmorgen zu vereinbaren, wenn das Wartezimmer voll ist, ist kontraproduktiv. Auf keinen Fall sollte man als Patient einen Termin vereinbaren und dann versuchen, über ein Netzwerk zu sprechen. Hier verfügen wir über zielführende Erfahrungen, die wir individuell angepasst im Rahmen von Schulungen vermitteln.

Darüber hinaus gibt es z. B. im Vorfeld Möglichkeiten herauszufinden, welcher Arzt für ein Netzwerk besonders geeignet ist, weil er z. B. die Themen Eigenverantwortung und Bewegung grundsätzlich im Fokus seiner Behandlung hat. Es gibt aber ebenso die Chance, Ärzte, die die Möglichkeiten einer modernen Trainingsvielfalt nach der Behandlung noch nicht im Rahmen der Patientenberatung berücksichtigt haben, zu sensibilisieren, indem man hier zunächst gut vorbereitet aufklärt und so erst einmal Überzeugungsarbeit leistet.


Neben Ärzten können auch weitere Gesundheitsanbieter wie Physiotherapeuten, Heilpraktiker oder Apotheken das Netzwerk eines Fitness- und Gesundheitsstudios sinnvoll befruchten (Bildquelle: ©Drazen - stock.adobe.com)

BODYMEDIA: Welche Fachbereiche von Ärzten und Gesundheitspartnern sollten Fitnessclubbetreiber berücksichtigen?
Markus Rauluk: In der Fitness- und Gesundheitsbranche denkt man beim Stichwort Arzt fast immer an den Hausarzt oder den Orthopäden.

Oben genannte Gesundheitsthemen berühren aber in der Regel Arztpraxen und Gesundheitspartner verschiedenster fachlicher Ausrichtungen, wie z. B. HNO- und Zahnärzte, Kardiologen, Gynäkologen, Urologen, Apotheker und Therapeuten. Die Anzahl der Fachbereiche ist theoretisch unbegrenzt. Dementsprechend können Netzwerke klein und persönlich oder auch breit und vielfältig aufgestellt sein. Hier kommt es auf eine individuelle Einschätzung an.

Ein Ärzte- und Gesundheitsnetzwerk sollte auf jeden Fall nicht nur aus Ärzten bestehen. Auch weitere Gesundheitsanbieter wie Physiotherapeuten, Heilpraktiker oder Apotheken können so ein Netzwerk sinnvoll befruchten.  

BODYMEDIA: Covid-19 ist immer noch allgegenwärtig. Im Zusammenhang mit dem Virus wird immer wieder darüber berichtet, dass Ältere und Menschen, die weniger fit sind, als besonders gefährdet gelten. Sollte sich die Fitnessbranche nur noch auf diese Zielgruppe fokussieren?
Markus Rauluk: Nein. Zwar spielt diese Zielgruppe in den nächsten Jahren eine sehr wichtige Rolle, auch beim Gedanken daran, wie ein Studio ausgestattet und wie die eigenen Mitarbeiter ausgebildet und qualifiziert sein sollten.

Aber wenn man genau hinschaut, was Gewohnheiten und Verhalten verschiedener Altersgruppen der gesamten Bevölkerung kennzeichnet, dann sehen wir, dass das Bewegungsverhalten gerade von jüngeren Menschen extrem einseitig geworden ist. Das Erlebnis, das man früher kannte, wenn man gerannt ist, fangen gespielt hat und auf Bäume geklettert ist, wird heute schon in jungen Jahren durch den Joystick ersetzt. Das führt oft schon bei Jugendlichen zu messbaren, einseitigen Veränderungen der neuronalen Vernetzung.

Diesem einseitigen Bewegungsverhalten werden koordinative Trainingsangebote in Zukunft folgen müssen, um auch hier einen sinnvollen Ausgleich zu schaffen. 

BODYMEDIA: Vielen Dank für das Interview.

Die Autoren

  • Constantin Wilser

    Constantin Wilser ist seit 2006 in der Fitnessbranche als Redakteur tätig. Davor absolvierte er sein Bachelor-Studium der Sportwissenschaften am KIT in Karlsruhe. Seit 2019 ist er Bestandteil des BODYMEDIA-Redaktionsteams. Seit Anfang 2023 ist er Chefredakteur. In seiner Freizeit trainiert der Fußball-Fan gerne im Studio, geht laufen oder fiebert im Fußball-Stadion mit.

  • Markus Rauluk

    Markus Rauluk ist Gründer und Geschäftsführer von Medical Active International. Medical Active unterstützt qualifizierte Fitness- und Gesundheitsunternehmen bei der Optimierung ihrer Gesundheitspositionierung und beim Aufbau von lokalen Netzwerken mit Ärzten und Gesundheitspartnern.

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