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Experteninterviews: Was zeichnet die Schweizer Fitnessbranche aus?

Was zeichnet den Schweizer Fitnessmarkt aus? Wo liegen die Stärken und Schwächen? Inwiefern unterscheidet sich der Markt von anderen Ländern? Wir wollten Antworten auf diese und weitere Fragen und haben bei einigen Experten des Schweizer Fitnessmarkts nachgefragt.

Michael Antonopoulos, CEO Kieser Training AG

BODYMEDIA: Kieser ist als Schweizer Unternehmen mittlerweile in mehreren Ländern vertreten. Die einzelnen Fitnessmärkte unterscheiden sich zum Teil gravierend. Was sind Ihrer Ansicht nach die Gründe dafür, dass das
Kieser-Konzept weltweit funktioniert?

Michael Antonopoulos: Um dem Alterungsprozess entgegenzuwirken, müssen wir alle trainieren bzw. den Muskelabbau verhindern. An Trainingsmaschinen können wir dies effizient, sicher und wirkungsvoll durchführen. Durch die Überalterung, aber auch durch die Inaktivität entstehen immer größere Probleme am Bewegungsapparat. Mit der höheren Lebenserwartung kann so auch die Lebensqualität besser erhalten bleiben – egal wo man sich auf dieser Welt befindet.

BODYMEDIA: Der verstorbene Unternehmensgründer Werner Kieser ist zweifelsfrei einer der Pioniere der Fitnessbranche. Was hat ihn ausgezeichnet und inwiefern lebt seine Philosophie noch heute im Unternehmen weiter?

Michael Antonopoulos: Abgeleitet von der Vision „Wir kräftigen die Welt“ halten wir ganz klar am Kern unseres Produktes fest. Muskelaufbau und Muskelerhaltung bleiben in unserer DNA. Neben seiner Pionierleistung haben seine Zielstrebigkeit und konsequente Umsetzung der Strategie Werner Kieser ausgezeichnet. Trotz immer neuer Trends behielt er seinen Kurs bei und hat so eine klare Positionierung zwischen dem Fitnessmarkt und dem Medizinmarkt erreicht und ein unverkennbares Markenprofil geschaffen.

BODYMEDIA: Die Fitnessbranche befindet sich im stetigen Wandel. Gerade das Thema Digitalisierung wird immer stärker vorangetrieben. Was bedeutet das konkret für Ihr Unternehmen? Gibt es Pläne, um dieser Entwicklung standhalten zu können?

Michael Antonopoulos: Die Digitalisierung umfasst viele Bereiche und man kann vieles darunter verstehen. Einerseits wird die Digitalisierung auf Kosten der benötigten Stellenprozente reduziert. In Zeiten, in denen wir Schwierigkeiten haben, geeignete Mitarbeitende zu rekrutieren, ist dies sicherlich zu hinterfragen. Welche Arbeitsvorgänge dadurch restrukturiert werden können, wird sich zeigen. Persönliche Beratung versus digitales Coaching.

Wir sind ein Unternehmen, welches eine hohe qualitative Dienstleistung am Kunden erbringt. Daher fokussieren wir uns auf die Qualität der Trainingsdaten. Mittels Sensortechnik möchten wir diese Daten, in unserem gewohnten standardisierten Prozess, zukünftig erheben. Wir gehen davon aus, dass wir bis Ende 2024 dieses Vorhaben mehrheitlich umgesetzt haben.

BODYMEDIA: Die Coronapandemie liegt hinter uns. Wie hat Ihr Unternehmen die Krisenjahre überbrückt und wie beurteilen Sie die aktuelle Situation des Schweizer Fitness- und Gesundheitsmarktes?

Michael Antonopoulos: Wir haben dies durch ein sehr engmaschiges Kostenmanagement überstanden. Oberstes Ziel war, die verbleibende Liquidität zu sichern. Wir konnten mehr oder weniger mit allen wichtigen Geschäftspartnern eine Übergangslösung erzielen. Sämtliche mögliche Überbrückungshilfen haben wir in Anspruch genommen. Generell sind wir im gesamten Markt mit einem blauen Auge davongekommen.

Die erhöhten Betriebskosten, insbesondere Lohn-, Energie- und Mietnebenkosten, stellen uns weiterhin vor Herausforderungen. Dazu wird sich zeigen, wie es insgesamt der Branche gelingt, den Mitgliederschwund wieder zu kompensieren. Positiv zu verzeichnen ist, dass der Gesundheitsmarkt weiter anwachsen wird und die Probleme am Bewegungsapparat zunehmen werden.

BODYMEDIA: Vielen Dank für das Interview.

Henrik Gockel, Geschäftsführer, Inhaber PRIME TIME fitness

BODYMEDIA: Du warst vor 20 Jahren auch für mehrere Clubs in der Schweiz verantwortlich. Welche Erfahrungen konntest du in dieser Zeit sammeln? Gibt es Dinge, die du als Unternehmer in der Schweiz gelernt hast, von denen du bis heute profitierst? Wenn ja, welche?

Henrik Gockel: Der Schweizer Fitnessmarkt war und ist in einigen Punkten anderen Märkten voraus. Wesentlich früher als in Deutschland war es vor allem die Gesundheitsorientierung. Angeführt durch Krafttrainingspionier Werner Kieser wuchs das Gesundheitstraining bereits in den 80er-Jahren marktführend. Migros, aber auch John Valentine oder der Nova Fitnessclub und die TC Training Center setzten bereits früh auf den Kardiotrend. Das heißt, der Anteil der gesundheitsorientierten Fitnessclubs gegenüber Kraftsport oder gar Body-Building war schon immer wesentlich höher als in anderen Märkten.

Meiner Ansicht nach beschleunigte das auch die Anerkennung des Fitnesstrainings in der Öffentlichkeit und vor allem die Anerkennung durch die Krankenkassen. Hier ist die Schweiz heute noch führend, da Krankenkassen aktiv bis zu 50 % der Mitgliedsbeiträge der Trainierenden übernehmen. Da hierzu die Clubs zertifiziert sein müssen, ist dies ein weiterer Aspekt, wo der Schweizer Markt eine führende Stellung einnimmt. Auch der Bereich Ausbildung ist in der Schweiz sehr professionell und ebenfalls gesundheitsorientiert.

BODYMEDIA: Welche Stärken und Schwächen hast du damals beim Schweizer Markt ausgemacht und wie hat er sich seitdem aus deiner Sicht entwickelt?

Henrik Gockel: Zu den Stärken gehören die hohe Reaktionsquote durch alle Altersgruppen, die oben angesprochene Gesundheitsorientierung und die durchgängig hohe Betreuungsqualität in den meisten Centern.

Personal Training ist trotz der hohen Kaufkraft noch nicht so etabliert, genauso wie viele Studios noch nicht den Functional-Training-Trend erkannt haben. Auch in der Spezialisierung hinkt der Schweizer Fitnessmarkt meines Erachtens hinterher, die meisten Fitnessstudios bieten noch ein generelles „Kaufhaus“-Angebot aus Kardio, Kraft, Kursen, Theke, Sauna an, ohne in einem der Bereiche gezielt bestimmte Zielgruppen anzusprechen.

Der Discounttrend hat sich in der Schweiz spät, aber schnell entwickelt und hat viele klassische Clubs geradezu überrollt. Personalreduzierte Konzepte sind in den meisten Einzugsgebieten zu finden.

BODYMEDIA: Mittlerweile hat PRIME TIME fitness das erste Studio in der Schweiz eröffnet. Zufall oder hast du dich bewusst für eine Expansion in die Schweiz entschieden? Wenn ja, warum?

Henrik Gockel: Ich selbst habe ja mehr als die Hälfte meines Lebens in der Schweiz verbracht, deswegen haben wir schon immer einen starken Bezug. Da PRIME TIME fitness ein spezialisiertes Konzept für Menschen mit genug Mitteln, aber wenig Zeit ist, sehen wir in der Schweiz eine sehr gute Möglichkeit, den Fitnessmarkt mit unserem Konzept zu ergänzen. Auch wollen wir dazu beitragen, Personal Training im Markt sozusagen als „Standardprodukt“ zu etablieren.

Zudem sehen wir für unser neu entwickeltes „Home“-Konzept, d. h. ein kompakterer Club für kleinere Einzugsgebiete, hervorragende Entwicklungschancen. Bislang waren digitalisierte, personalreduzierte Konzepte ja meist im Discountsegment positioniert, auch hier streben wir eine Premiumpositionierung an.

BODYMEDIA: Kann man ein deutsches Studiokonzept 1:1 in der Schweiz umsetzen oder sind aus deiner Sicht Anpassungen erforderlich? Wenn ja, welche und warum?

Henrik Gockel: Die Einstellung der Bevölkerung zu Gesundheit und Fitness und der Fitnessbedarf sind absolut vergleichbar. Die Schweizer „ticken“ ähnlich wie die Deutschen, so meine subjektive Einschätzung. Unterschiede gibt es eher durch das hohe Lohnniveau, was die Digitalisierung fördert, Unterschiede im Zahlungssystem, wo LSV wenig verbreitet ist, sowie die Notwendigkeit für höherpreisige Clubs, krankenkassenzertifiziert zu sein.

Die führenden Schweizer Großstädte Zürich, Bern, Basel, Genf oder auch St. Gallen sind von der Einwohnerzahl wesentlich kleiner als die deutschen Großstädte, so findet man weniger vergleichbare große Clubs wie Aspria oder David Lloyd. Das heißt, man muss vor allem sein Konzept an die abweichenden demografischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen anpassen.

BODYMEDIA: Vielen Dank für das Interview.

Ariane Egli, Leitung Betriebsstätte Schweiz bei der ACISO CONSULTING GmbH

BODYMEDIA: Welche Verbesserungspotenziale siehst du, damit der Schweizer Fitnessmarkt zukünftig noch erfolgreicher wird?

Ariane Egli: Um bestimmte Zielgruppen halten zu können und neue zu gewinnen, muss „Spaß-Technologie“ im Fitnesserlebnis integriert werden. Durch virtuelle Trainingsplattformen, mobile Apps, Wearable-Geräte und Online-Coachings können Mitglieder ihr Training flexibler gestalten und von überall aus auf ihre Fitnessprogramme zugreifen.

Gleichzeitig suchen aber auch immer mehr Menschen nach maßgeschneiderten Trainingsprogrammen, die auf ihre individuellen Bedürfnisse und Ziele zugeschnitten sind. Dies könnte mittels Personal Training ermöglicht werden, denn das bietet nicht nur zusätzliche Einnahmequellen für das Studio, sondern auch für die Mitarbeiter. So würde also gleichzeitig auch die finanzielle Attraktivität des Jobs erheblich steigen und somit der aktuellen Personalproblematik entgegenwirken.

Personalisiertes Training mit individuellen Trainingsplänen zeigt die Expertise des Fitnessstudios auf und schafft Vertrauen bei den Mitgliedern. Ob das Training dann digital abgeholt wird oder im Studio stattfindet, unterliegt den persönlichen Präferenzen.

Ein weiterer Trend ist das gesteigerte Bewusstsein für ganzheitliche Gesundheit und Wohlbefinden. Fitnessstudios können diesem Trend gerecht werden, indem sie nicht nur das Training, sondern auch Aspekte wie Entspannung, Stressabbau, Ernährung und geistige Gesundheit in ihr Angebot integrieren. Die Zusammenarbeit mit Experten wie Entspannungsexperten, Ernährungsberatern und Mental-Coaches macht es möglich, den Mitgliedern ein umfassendes Wohlfühlerlebnis zu bieten.

Indem Fitnessstudios diese Trends aufgreifen und innovative Lösungen anbieten, können sie sich von der Konkurrenz abheben, die Kundenzufriedenheit steigern und langfristige Bindungen zu ihren Mitgliedern aufbauen. Die Anpassung an die Bedürfnisse der Zeit durch die Integration von Technologie und ganzheitliche Gesundheitsaspekte ist entscheidend, um erfolgreich zu sein und die Anforderungen der Mitglieder optimal zu erfüllen.

BODYMEDIA: Was sind derzeit die dringlichsten Themen und Probleme, mit denen Schweizer Fitnessstudiobetreiber auf dich zukommen? Wie genau geht ihr gemeinsam diese Themen und Probleme an?

Ariane Egli: Die Kundenfluktuation aufgrund der Pandemie stellt immer noch eine erhebliche Herausforderung dar. Viele Mitglieder haben noch nicht vollständig in die Fitnessanlagen zurückgefunden oder sind zögerlich, sich wieder langfristig zu binden. Die fehlenden 10 bis 20 % sind elementar! Wir gehen hier gezielt vor, indem wir eine umfassende Analyse der Situation im Club durchführen. Wir betrachten alle Aspekte und versuchen, die Preis- und Laufzeitenmodelle der Nachfrage anzupassen.

Das ist der Vorteil einer Gruppe von Fitnessanlagen, wie es sich automatisch bei unseren Kunden ergibt: Einer ist der Vorreiter und startet einen Versuch, die anderen können dann nachziehen und das Konzept mit ihren Standortbedingungen adaptieren. Das hat unserer Kundengemeinschaft auch schon während der Pandemie extrem geholfen.

Zusätzlich gestaltet sich die Akquise von Neukunden heutzutage herausfordernder als früher, da das Angebot an Fitness- und Gesundheitsdienstleistungen stark gewachsen ist. Um diesem Wettbewerb standzuhalten, sind wir gefordert, kreative Werbelösungen zu entwickeln, damit die Anlagen wieder Neukunden gewinnen können. Vor allem hilft da das Onlinemarketing, hier ist die Nachfrage bei uns deutlich gestiegen. Das Onlinemarketing bietet nicht nur eine kostengünstige Alternative zu traditionellen Werbeformaten, sondern ermöglicht auch eine schnelle und gezielte Ansprache potenzieller Neukunden.

Das heißt, mit den Printmedien wird weiterhin Informations- und Imagewerbung betrieben und mit dem kostengünstigen Onlinesystem werden dann noch gezielter, rascher und gleichzeitig stetig Neukunden gewonnen.

BODYMEDIA: Gerade während der Coronapandemie wurde in Deutschland bemängelt, dass die Fitness- und Gesundheitsbranche in der Politik und Gesellschaft nicht die Wertschätzung erfährt, wie sie es verdient hätte. Wie gestaltet sich die Situation in der Schweiz?

Ariane Egli: Wir hatten natürlich zu Anfang der Pandemie die gleichen Probleme wie in der deutschen Fitnessbranche: Wir wurden zur Kategorie „Freizeit“ gezählt. Der Schweizerische Fitness- und Gesundheitscenterverband (SFGV) hat hier ganz tolle und extrem wertvolle Arbeit geleistet und es geschafft, dass wir nun zur Gesundheitsbranche zählen.

Natürlich wird hier rückwirkend immer noch versucht, der Politik klarzumachen, dass die gesamte schweizerische Fitnessbranche über die Gutschriften der geschlossenen Zeiten mehr als 556 Millionen Franken verschenkt bzw. aus ihrem jeweiligen Privatvermögen bezahlt hat.

Aus den persönlichen Gesprächen mit dem Präsidenten wird klar, dass diese Arbeit zum jetzigen Zeitpunkt noch lange nicht beendet ist und dass sie sich hier weiterhin für die inhabergeführten Anlagen, die sogenannten KMUs, einsetzen werden.

BODYMEDIA: Wenn du den Schweizer Fitnessmarkt mit nur 10 Worten beschreiben müsstest, wie würden diese lauten?

Ariane Egli: Einerseits mutig und innovativ, andererseits immer noch zurückhaltend und abwartend!

BODYMEDIA: Vielen Dank für das Interview.

Hans Muench, internationaler Fitnessexperte

BODYMEDIA: Hans, du lebst seit einigen Jahren in der Schweiz. Welche Besonderheiten bietet der Schweizer Gesundheitsmarkt, gerade auch im Vergleich mit anderen Ländern?

Hans Muench: Es gibt einige Vorurteile, die weitgehend stimmen – z. B. dass die Schweizer viel Wert auf Pünktlichkeit und Sauberkeit legen. Da generell mehr als in Deutschland verdient wird und die Lebenskosten deutlich höher sind, sind auch die Mitgliedschaften für Fitnessclubs in allen Segmenten teurer als in Deutschland. Besonderheiten des Marktes sind neben der Preispolitik die Qualität der Ausstattung. Zudem ist das Personal in den Schweizer Studios gut geschult und sehr freundlich.

BODYMEDIA: Wie sieht die Schweizer Clublandschaft aus? Wie ist z. B. das Verhältnis von Fitnessketten und inhabergeführten Einzelstudios? Wie ist das Verhältnis von Premium- und Discountanbietern und wer sind die wichtigsten Player am Markt?

Hans Muench: Der Schweizer Markt wird von großen Ketten, die über 50 % des Marktes ausmachen, dominiert. Mit IG Fitness gibt es für die Ketten sogar einen eigenen Verband. Zu den größten Ketten zählen u. a. Migros, die unter ihrem Dach die Anlagen von Fitness Park und Activ betreibt. Insgesamt sind das über 140 Studios.

Im Mittelpreissegment ist Update mit 60 Anlagen als größere Kette angesiedelt. Die Clubs von Let’s Go Fitness sind zumeist im französisch sprechenden Teil der Schweiz angesiedelt. Rund 70 Standorte zählen derzeit zu der Kette. Und natürlich muss auch Kieser Training als einheimisches Unternehmen mit 21 Standorten in der Schweiz genannt werden, das mittlerweile sogar mit 25 Franchiseanlagen in Australien vertreten ist. Einzelclubs, um deren Belange sich der SFGV als Verband bemüht, kommen zunehmend unter Druck.

BODYMEDIA: Die Schweiz gilt als sehr wohlhabendes Land. Welche Preise sind die Schweizer bereit, für eine Studiomitgliedschaft zu zahlen? Wie hoch ist der durchschnittliche Monats- bzw. Jahresbeitrag?

Hans Muench: Im Premiumbereich, z. B. in den Migros-Studios, sind Monatsbeiträge von 100 bis 120 CHF üblich. In Studios, wie beispielsweise von Aktiv Fitness, die dem mittleren Segment zugeordnet werden können, liegt der Jahresbeitrag bei ca. 700 CHF. Die Preise im Discountbereich liegen bei 35 bis 50 CHF monatlich. Hier sind PureGym und NonStop Gym die beiden führenden Anbieter.

BODYMEDIA: Was ist derzeit in der Schweiz angesagt? Welche Trends dominieren den Schweizer Fitnessmarkt? Wobei handelt es sich deiner Meinung nach um einen kurzzeitigen Trend, was könnte sich dauerhaft etablieren?

Hans Muench: In der Schweiz zahlen die meisten ihre Mitgliedschaft im Fitnessstudio ein Jahr im Voraus. Zu erkennen ist, dass auch immer mehr monatliche Zahlungsmodelle angeboten werden. Über eine Krankenkassen-Zusatzversicherung besteht die Möglichkeit, dass zwischen 150 und 800 CHF pro Jahr für die Studiomitgliedschaft zurückerstattet werden. Ein Großteil der Anlagen setzt auf elektronische Kraft- und Ausdauerzirkel und der Fokus liegt größtenteils auf dem Thema Gesundheit.

BODYMEDIA: Vielen Dank für das Interview.

Kaspar Schmocker, Co-Founder of Sensopro

BODYMEDIA: Was sind aus deiner Sicht die prägendsten Merkmale bzw. Stärken, durch die sich der Schweizer Fitnessmarkt auszeichnet?

Kaspar Schmocker: Der Schweizer Fitnessmarkt ist selbstverständlich so vielseitig und vielschichtig wie viele andere Märkte auch. Ohne zu pauschalisieren würde ich schon meinen, dass Genauigkeit, Ordnung und Struktur groß geschrieben werden. Gute Planung, professionelle Organisationen und qualitativ hochwertiges Personal sind häufige Folgen davon.
 
BODYMEDIA: Als Unternehmer konntest du schon einige Jahre Erfahrung sammeln. In welchen Punkten unterscheidet sich der Schweizer Studiobetreiber z. B. von seinen deutschen Kollegen und worauf führst du das zurück?

Kaspar Schmocker: Ich sehe dort keine entscheidenden Unterschiede, die sich permanent durchziehen und offensichtlich sind. Es gibt von allem an beiden Orten. In Deutschland ist lediglich alles größer und weitreichender.
 
BODYMEDIA: Wie hat sich der Schweizer Fitnessmarkt von der Coronapandemie erholt und wie wird sich der Fitnessmarkt in den kommenden Jahren in der Schweiz deiner Meinung nach entwickeln?

Kaspar Schmocker: Relativ gut. Die Stimmung ist positiv und die Menschen wollen wieder trainieren. Einige Fitnessstudios haben die Krise nicht überlebt, viele sind gestärkt, reflektiert und neu aufgestellt in die Nach-Corona-Phase gestartet. Die Entwicklung könnte in zwei Extreme münden: 1. große Ketten mit viel Ressourcen, 2. kleine, qualitative und familiäre Fitness mit Nischenprodukten.

BODYMEDIA: Welche Trends sind derzeit am Schweizer Fitnessmarkt zu beobachten? Welchen Trends räumst du Chancen ein, dass sie sich dauerhaft etablieren können? Und kannst du begründen, warum du dieser Meinung bist?

Kaspar Schmocker: Ich erkenne in der Schweiz dieselben Trends wie in Deutschland und auch sonst überall: Gamification, HIIT, Functional Fitness und CrossFit. So richtig flächenmäßig durchgesetzt hat sich keiner, aber alle haben ihre Berechtigung und dominieren ihre Nische.

Neben dem Massenprodukt Fitness sind besonders nicht fitness-affine Menschen auf der Suche nach MAYA (most advanced but yet accepted). Es muss etwas Neues, Cooles und Innovatives sein. Aber zu weit weg vom Bekannten und zu abgespaced darf es dann auch nicht sein. Das ist eine anspruchsvolle Herausforderung für Entwickler von Fitnesskonzepten.

BODYMEDIA: Vielen Dank für das Interview.

Edy Paul, Urgestein der Schweizer Fitnessbranche

BODYMEDIA: Welche Voraussetzungen müssen Fitnessstudios bzw. ein Fitnessstudiobetreiber mitbringen, um in der Schweiz erfolgreich sein zu können?

Edy Paul: Gerade in der Schweiz ist es meiner Meinung besonders wichtig, dass der Betreiber bzw. Unternehmer offen für neue Konzepte ist. Eine klare Positionierung ist ebenfalls ein ausschlaggebendes Kriterium für den
Erfolg einer Fitnessanlage.

BODYMEDIA: Wer waren und sind die wichtigsten Persönlichkeiten, die den Schweizer Fitnessmarkt prägen? Wie begründen Sie Ihre Meinung?

Edy Paul: Werner Kieser hat das Krafttraining für jedermann und die Ärzte zugänglich gemacht und gesellschaftlich etabliert. Deshalb ist er für mich die wichtigste Persönlichkeit des Schweizer Fitnessmarkts.

BODYMEDIA: Sie kennen den Schweizer Fitness- und Gesundheitsmarkt wie kaum ein anderer. Welche Besonderheiten, Stärken, Schwächen und Unterschiede im Vergleich zu anderen europäischen Ländern hat der Markt vorzuweisen?

Edy Paul: Zu den Stärken zählen die sehr hohe Qualität in den Studios, das große, vielseitige Angebot und dass die Studiobetreiber bereit sind, viele Innovationen zu integrieren und zu etablieren. Als weitere Stärke sehe ich, dass man sich in der Schweiz schon lange im Gesundheitsmarkt positioniert hat.

Hervorheben würde ich zudem das Qualitätsbewusstsein und die Kaufkraft der Kunden. Fitnessunternehmen in der Schweiz müssen die Herausforderung meistern, dass die Einzugsgebiete sehr klein sind. Auch die Städte sind im Verhältnis zu Deutschland sehr klein. Der Discountmarkt ist in der Schweiz sehr schwierig, da im Verhältnis zu Deutschland zu wenig Potenzial vorhanden ist. Zudem hat alles, was kostengünstig oder billig ist, in der Schweiz nicht den besten Ruf.

Ein Unterschied zu Deutschland und anderen Ländern ist, dass sich der Fitnessmarkt in der Schweiz nicht aus dem Kraftsport heraus entwickelt hat, sondern eher seinen Ursprung im Wellnessmarkt hat. Bodybuilding ist daher im Verhältnis zu Deutschland ein sehr kleiner Markt. Ein weiterer Unterschied ist, dass die meisten Kunden ihre Mitgliedschaft im Voraus bezahlen. Die Schweizer sprechen zudem nicht von Sport, sondern von Training, um den Sport gesünder zu überleben.

BODYMEDIA: Wie sieht Ihre Zukunftsprognose für den Schweizer Fitness- und Gesundheitsmarkt aus? In welche Richtung wird sich die Studiolandschaft entwickeln?

Edy Paul: Die Differenzierung wird weiter fortschreiten und die Positionierung im Markt wird immer wichtiger. Zudem bin ich davon überzeugt, dass die Vernetzung von Prävention und Rehabilitation immer stärker wird.

BODYMEDIA: Vielen Dank für das Interview.

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Der Autor

  • Constantin Wilser

    Constantin Wilser ist seit 2006 in der Fitnessbranche als Redakteur tätig. Davor absolvierte er sein Bachelor-Studium der Sportwissenschaften am KIT in Karlsruhe. Seit 2019 ist er Bestandteil des BODYMEDIA-Redaktionsteams. Seit Anfang 2023 ist er Chefredakteur. In seiner Freizeit trainiert der Fußball-Fan gerne im Studio, geht laufen oder fiebert im Fußball-Stadion mit.

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