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Eine Betrachtung der Fitnessmärkte in Europa

Die Auswirkungen des Lockdowns im Zuge der Maßnahmen aller Regierungsverantwortlichen zur Eindämmung der Corona-Pandemie sind derzeit noch kaum in Summe für die Wirtschaft wie für das zukünftige Kunden- und Verbraucherverhalten absehbar. Getroffen hat es die Fitnessbranche weltweit hart. Richten wir einmal den Blick auf die Branchenkennzahlen in Europa – ermittelt vor der weltweiten COVID-19-Phase. Wie sich das neu entwickelte und jetzt verantwortlich weiterzuentwickelnde Gesundheitsbewusstsein auf die Fitness- und Gesundheitsmärkte national wie international auswirkt, bleibt abzuwarten.

Der positive Wachstumstrend des europäischen Fitnessmarktes der vergangenen Jahre hielt auch 2019 an. Europaweit stieg die Zahl der Fitnessstudiomitglieder um 3,5 % auf 62,2 Millionen. Dies gilt als neuer Europarekord. Auch die Anzahl der Studios ist um 4,6 % auf 61.984 Anlagen gestiegen. Die Reaktionsquote der europäischen Bevölkerung liegt bei nunmehr 7,8 %. Die Gesamteinnahmen belaufen sich auf 32,1 Milliarden Dollar (Quelle: IHRSA Global Report 2019, EUROPE ACTIVE & Deloitte). Deutschland übernimmt im europäischen Vergleich in einigen Rankings eine Führungsposition. In den Kriterien Umsatz, Anlagenzahl und Mitgliedschaften liegt Deutschland auf Platz 1. Beim Gesamtbranchenumsatz führt Deutschland mit 6,29 Milliarden Dollar vor Großbritannien mit 6,19 Milliarden Dollar und Frankreich mit 3,01 Milliarden Dollar. Den umsatzstärksten Nationen in Sachen Fitness folgen Italien, Spanien, die Niederlande, Polen, die Schweiz, die Türkei und Schweden. Mit der Zahl der Fitnessanlagen wächst auch die Zahl der Mitarbeiter: Diese erhöhte sich um 2.500 auf 212.400 Mitarbeiter, die 2018 in der Fitness- und Gesundheitsbranche tätig waren. Neun von zehn Fitnessanlagen beschäftigen vor allem fest angestellte Mitarbeiter. Einzelbetriebe haben im Durchschnitt 8,3, Studios von Fitnessketten 6,6 und Mikrostudios 1,1 Mitarbeiter fest angestellt. Zunehmend gefragt sind duale Studenten. Fast die Hälfte (49,4 %) aller Fitnessanlagen beschäftigt 2–9 dual Studierende. Die Betreiber setzen außerdem auf Weiterbildung. 94,8 % aller Anlagen haben ihre Mitarbeiter im Berichtsjahr weitergebildet. (Quelle: DSSV Eckdaten)

Steigende Anbieter- und Mitgliederzahlen europaweit
Die Betrachtung der Anlagenanzahl unter den Nationen ergibt folgendes Ergebnis: Deutschland führt auch hier das Feld an. Die Anzahl der Fitnessanlagen stieg auf 9.343. Das bedeutet ein Plus von 3,9 % im Vergleich zum Vorjahr. Insgesamt wurden 355 neue Anlagen gezählt. Das größte Wachstum verzeichneten die Mikrostudios, deren Zahl sich um 11,1 % auf 2.516 Studios erhöhte. Auf Deutschland folgen Italien mit 7.700 und Großbritannien mit 7.038 Studios, Spanien mit 4.650 und Frankreich mit 4.370 Anbietern und Russland mit 3.774 Fitnessstudios. Polen mit ca. 2.700, die Niederlande mit ca. 2.000 Clubs, die Türkei und Finnland nehmen die Plätze sieben bis zehn ein. (Quelle: DSSV Eckdaten)

 

Gesundheitsorientiertes Training spielt in der Schweiz für die Zielgruppe „50 plus“ eine wichtige Rolle

 

Weltweit verzeichnet die Fitnessbranche 183 Millionen Mitglieder. In Europa liegt Deutschland mit 11,09 Millionen und einem Wachstum von 4,5 % in 2019 auch in diesem Ranking vor Großbritannien mit 9,9 Millionen Mitgliedern auf Platz 1. Deutschland liegt hier deutlich über dem europäischen Durchschnitt. Basic-Fit und McFit dominieren die europäische Fitnesslandschaft – die beiden Anbieter konnten zusammen im vergangenen Jahr mehr als vier Millionen Mitglieder verzeichnen. McFit ist auch in Deutschland führend – fast 1,3 Millionen Mitglieder wurden gemeldet (Quelle: statista.com). Frankreich zählt 6 Millionen Mitglieder, Italien 5,5 Millionen und Spanien 5,3 Millionen. (Quelle: IHRSA Global Reports 2019). Wie in den zurückliegenden Jahren trugen insbesondere die Discount-Anbieter zum Mitgliederwachstum im europäischen Fitnessmarkt bei. Doch auch im Premiumbereich wächst das Angebot, z. B. in Form spezialisierter Boutique-Studios. Hinzu kommen zahlreiche ergänzende Angebote wie Functional Fitness und Personal Training, technologiebasierte Konzepte sowie der Einzug der sogenannten Fitness-Aggregatoren. Auch EMS-Training nimmt eine zunehmend wichtigere Rolle in der Fitnessbranche ein. 2019 wurden allein in Deutschland 1.205 reine EMS-Studios gezählt, das sind 141 neue Studios im Vergleich zu 2018. Der Anteil der EMS-Anlagen am Gesamtmarkt beträgt damit 12,9 %. Im Durchschnitt trainieren 128 Mitglieder in einer Anlage, insgesamt trainieren etwa 150.000 Menschen in den EMS-Studios. (Quelle: DSSV Eckdaten)

Der Blick auf die Nachbarländer Österreich und die Schweiz
Im Jahr 2018 erwirtschafteten die Multifunktionsstudios in Österreich rund 173 Millionen Euro Umsatz. Der Markt für Fitnessstudios in Österreich drückt sich in Zahlen wie folgt aus: Im Jahr 2018 erhöhte sich die Anzahl der Mitglieder um 2,3 % im Vergleich zum Vorjahr und die Anzahl der Fitnessstudios stieg um 1,8 %. Damit trainieren derzeit ca. 615.000 Mitglieder an 554 Standorten. Die nahezu synchrone Entwicklung skizziert aber auch den zunehmend sich verschärfenden Verdrängungswettbewerb, wächst doch die durchschnittliche Mitgliederanzahl pro Studio nur äußerst schwach um 0,5 % im Vorjahresvergleich. Die durchschnittlichen Erlöse pro Mitglied sanken um 1 % auf 390 Euro. Insbesondere multifunktionale Studios stehen diesbezüglich unter Druck, während sich Fitnessstudios, die sich auf das Krafttraining fokussieren, positiv entwickeln. Insgesamt erhöhte sich im Jahr 2018 der Umsatz der Fitnessclubs um 1,3 % zum Vorjahreszeitraum auf 240 Millionen Euro. (Quelle: BRANCHENRADAR.com)

 

In Österreich entwickeln sich Fitnessstudios, die sich auf das Krafttraining fokussieren, positiv

 

Der Branchenreport des Schweizer Fitness- und Gesundheitscenter Verbands (SFGV) zeigt positive Entwicklungen auf. Der Markt wuchs weiter und die Prognosen waren vor der Corona-Krise positiv. Der Markt in der Schweiz differenziert und spezialisiert sich immer mehr. Immer mehr Schweizer trainieren in einem Studio. Fast eine Million Mitglieder halten sich in den Fitnessanlagen fit. Die Analyse zeigt, dass die Mehrzahl der Studios Einzelbetriebe sind, aber die Kettenbetriebe expandieren. Die Gesamtanzahl der Fitnesscenter hat sich allein in den letzten drei Jahren um 30 % erhöht. Die Kunden in der Schweiz sind bereit, für entsprechende Angebote auch tiefer in die Tasche zu greifen. Aktuell liegt der durchschnittliche Mitgliedsbeitrag bei CHF 74,15 pro Monat (890 CHF für die Jahresmitgliedschaft), wobei dieser je nach Standort, Positionierung und Konzept natürlich im Einzelfall deutlich variieren kann. Mit knapp 91 % ist die überwiegende Mehrzahl der Befragten der festen Überzeugung, dass der Wachstumsmarkt Gesundheit auch in Zukunft eine wichtige Rolle einnehmen wird. Die weiteren Detail-Analysen zeigen, dass gesundheitsorientiertes Training zum Zeitpunkt der Befragung für die Zielgruppen „50 plus“ deutlich an Bedeutung gewinnt und Investitionen in die Mitarbeiterqualifikation immer wichtiger werden. In puncto Trends liegt das gesundheitsorientierte Krafttraining nach Functional Training bereits auf Platz zwei, gefolgt von CrossFit, Outdoortraining, Krafttraining und Personal Training.

Die MIGROS-Gruppe des Schweizer Konzerns ist europaweit der zweitgrößte Anbieter im Fitnessbereich. Bei der Mitgliederanzahl steht MIGROS auf zehnter Position in Europa: 466.000 Menschen trainieren in den Fitnessformaten der Gruppe. Die Gruppe ist neben ihren Studios in der Schweiz außerdem mit Anlagen in Deutschland, Österreich, Belgien, Holland und Italien vertreten. Wie der aktuelle europäische Report von Deloitte zeigt, ist die MIGROS-Gruppe bezüglich des Umsatzes von Rang neun (2016) über Platz drei (2017) auf Position 2 geklettert.

 

EMS-Anbieter gewinnen in Europa immer mehr an Bedeutung. Bereits im Jahr 2018 lag der Marktanteil in Deutschland bei
12,9 %

 

Der Fitnessmarkt in Italien und Spanien 
Nach Italien ist Spanien das von der Corona-Krise am stärksten betroffene Land Europas und natürlich spiegelt sich das auch im Ergebnis der Fitnessbranche wider. Wie bei allen Nationen steht hier die Wirtschaftspolitik vor großen Herausforderungen. In Italien wurde der Umsatz im Segment Fitness 2020 auf etwa 253 Millionen Euro prognostiziert. Laut Prognose würde im Jahr 2024 in Italien ein Marktvolumen von 245 Mio. Euro erreicht. Dies entspräche einem erwarteten jährlichen Umsatzwachstum von –0,8 % (CAGR 2020–2024). Für Spanien wurde 2024 ein Marktvolumen von 216 Millionen Euro prognostiziert. Dies entspräche einem erwarteten jährlichen Umsatzwachstum von 0,04 % (CAGR 2020  – 2024). Das größte Marktsegment in Italien ist der Bereich der Wearables mit einem erwarteten Volumen von 210 Millionen Euro im Jahr 2020. In Spanien rechnen die Experten 2020 mit 169 Millionen Euro. (Quelle: Statista.com)

Fazit
Wir dürfen gespannt sein, wie sich der europaweite Wachstumstrend des Fitnessmarktes in 2020 und in den Folgejahren unter Berücksichtigung aller Herausforderungen der Corona-Krise entwickelt und wie sich die Industrie und das Kundenverhalten gestalten. Gesteigertes Gesundheitsbewusstsein versus Angst in den stark betroffenen Ländern durch COVID-19. Die physischen und psychischen Folgen von Bewegungsmangel durch Isolation wie u. a. Diabetes, Depression und Herz-Kreislauf-Probleme sind drastisch zu bewerten. Im Zentrum der Kommunikation stehen aktuell umfassende Sicherheitsmaßnahmen, unter deren Einhaltung ein gefahrenfreier Betrieb in Fitnessstudios für Mitglieder und Angestellte wieder möglich ist. Wichtig ist, dass die Menschen wieder in den Fitnessstudios trainieren können. Weltweit trägt die Fitness- und Gesundheitsbranche mit ihrem Leistungsangebot und ihrer Leistungsbereitschaft, einen wesentlichen Beitrag im gesamtgesellschaftlichen Auftrag zur Prävention und physischen wie psychischen Gesundheit der Menschen bei. Gefordert ist nun ein gutes, vorausschauendes und intelligentes Zusammenspiel aller Verantwortlichen, der führenden Verbände, der Wissenschaft und Forschung, der Politik, der Rechtsprechung, der Medien auf nationaler wie internationaler Ebene. Im Zusammenhalt sollte die Branche viel Weiterentwicklung aus der Krise herleiten können, maßgeblichen Sinn stiften und der Bevölkerung ganzheitlichen Nutzen geben.

 

Quelle:
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Die Autorin

  • Ulrike Schönfelder

    Ulrike Schönfelder verantwortet die Unternehmenskommunikation der ACISO Fitness & Health GmbH (www.aciso.com). Sie ist zudem Mitglied und Sprecherin der Experten Allianz für Gesundheit (www.expertenallianz-gesundheit.de).

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