Recht

Recht sportlich: Der Fitnessstudiovertrag mit einem Minderjährigen

Überall, wo Verträge geschlossen werden, streiten Vertragspartner zuweilen über ihre daraus resultierenden Rechte und Pflichten. Bei Standardverträgen – wie einem Fitnessstudiovertrag – ist die Zahl möglicher Streitpunkte überschaubar. Damit kann etwaigen Streitigkeiten effektiv vorgebeugt werden.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Minderjährige Personen können nur unter besonderen Voraussetzungen wirksam Verträge abschließen.
  • Unterzeichnen beide gesetzlichen Vertreter des Minderjährigen, so ist der Vertrag wirksam.
  • Sofern das Mitglied während der Vertragslaufzeit volljährig wird, kann es den schwebend wrksamen Vertrag selbst genehmigen.

Um mit einer minderjährigen Person einen wirksamen Fitnessstudiovertrag abschließen zu können, müssen einige rechtliche Besonderheiten beachtet werden. Denn Personen zwischen dem siebten und dem achtzehnten Lebensjahr sind in ihrer Geschäftsfähigkeit beschränkt und können daher nur unter besonderen Voraussetzungen wirksam Verträge abschließen (§§ 107 ff. BGB). Wenn diese besonderen Voraussetzungen bei Vertragsschluss nicht beachtet werden, ist der jeweilige Vertrag schwebend unwirksam. Das kann bedeuten, dass der andere Vertragspartner aus dem Vertrag keine Rechte ableiten, z. B. keine Beitragszahlungen verlangen kann.

Der mit Einwilligung des gesetzlichen Vertreters wirksam geschlossene Vertrag

Der durch einen Minderjährigen abgeschlossene Vertrag ist dann wirksam, wenn der gesetzliche Vertreter des Minderjährigen seine Einwilligung erklärt hat (§ 107 BGB). Das ist regelmäßig bekannt. Nicht bekannt ist jedoch oft, dass die gesetzliche Vertretung des Minderjährigen grundsätzlich nur dann gegeben ist, wenn beide Eltern gemeinschaftlich ihre Einwilligung erklären (§ 1629 BGB). In der Praxis wird auf Vertragsdokumenten meist lediglich die „Einwilligung des gesetzlichen Vertreters“ abgefragt. Zeichnen hier beide Eltern gegen, ist die Vertragslage klar: Es ist ein wirksamer Vertrag zwischen dem Studio und dem Minderjährigen zustande gekommen.

Anders sieht es aus, wenn der Studiobetreiber die Unterschrift nur eines Elternteils akzeptiert. Dies kann zur Folge haben, dass kein wirksamer Vertrag gegeben ist. Es sei denn, der eine (unterschreibende) Elternteil hätte den anderen vertreten. Nur: Das müsste der Studiobetreiber in einem Rechtstreit mit dem Minderjährigen, etwa wegen rückständiger Mitgliedsbeiträge, beweisen. Diesen Beweis zu führen, ist nur schwer möglich, müssen doch Eltern in einem Prozess ihrer Kinder nicht als Zeugen aussagen.

Dieser Problemlage wird häufig wie folgt vorgebeugt: Studiobetreiber lassen sich von dem unterzeichnenden Elternteil nicht nur dessen Einwilligung in den Vertragsschuss des Minderjährigen durch Unterschrift, sondern zudem zusätzlich bestätigen, dass der unterzeichnende Elternteil als bevollmächtigter Vertreter des anderen Elternteils auch dessen Einwilligung (mit-)erklärt. Damit kann in einem Klageverfahren vorgetragen werden, dass die Einwilligung beider Elternteile vorgelegen hat.

Wenn der andere Elternteil nun bestreitet, dass er den unterzeichnenden Elternteil ermächtigt hat, auch in seinem Namen die Einwilligung abzugeben, kann gegebenenfalls der erklärende Elternteil als sog. „Vertreter ohne Vertretungsmacht“ auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden (§ 179 BGB).

Genehmigung des zunächst schwebend unwirksamen (weil ohne Einwilligung der Eltern geschlossenen) Vertrages

Genehmigung durch die Eltern als gesetzliche Vertreter: Sofern ein Minderjähriger einen Fitnessstudiovertrag ohne Einwilligung seiner Eltern abgeschlossen hat, kann dieser schwebend unwirksame Vertrag auch noch im Nachhinein von den Eltern genehmigt werden (108 Abs. 1 BGB). Dies muss nicht zwingend durch eine ausdrückliche Erklärung geschehen. Möglich ist auch eine Genehmigung durch „schlüssiges Verhalten“, z. B. durch Zahlung der Mitgliedsbeiträge durch die Eltern.

Beispielfall: Ein beschränkt geschäftsfähiger Nutzer schließt einen Fitnessstudiovertrag ab, ohne dass die gesetzlichen Vertreter ihre Einwilligung ausdrücklich erklärt haben. Die gesetzlichen Vertreter haben allerdings jeweils eine Ermächtigung zum Einzug der Vertragsbeiträge von ihrem Bankkonto unterschrieben. Die fälligen Beiträge konnten für eine bestimmte Zeit auch eingezogen werden. Durch Einräumung der Einzugsermächtigung bzw. durch Zahlung ist der zunächst schwebend unwirksame Vertrag daher von den Eltern genehmigt worden.

Aber auch bei einer (nachträglichen) Genehmigung der Eltern durch „schlüssiges Verhalten“ gilt: Grundsätzlich müssen beide Elternteile die Genehmigung durch gemeinschaftliches schlüssiges Verhalten „erklären“.

Genehmigung durch das zwischenzeitlich volljährig gewordene Studiomitglied: Wenn ein bei Vertragsabschluss noch Minderjähriger während der Vertragslaufzeit volljährig und unbeschränkt geschäftsfähig wird, kann er selbst den schwebend unwirksam geschlossenen Vertrag genehmigen (§ 108 Abs. 3 BGB). Auch diese Genehmigung kann ausdrücklich, aber auch durch schlüssiges Verhalten erklärt werden.

Beispielfall: Ein zunächst Minderjähriger schließt einen Fitnessstudiovertrag ab, ohne dass die Eltern ihre Einwilligung erklärt haben. Während der Vertragslaufzeit ist der Nutzer volljährig geworden. Auch nach diesem Zeitpunkt hat er nachweislich in dem Fitnessstudio
trainiert. Indem der Nutzer nach Erreichung der Volljährigkeit in dem Studio trainiert hat, hat er den zunächst schwebend unwirksamen Vertrag selbst genehmigt. Dies gilt auch dann, wenn der Minderjährige nach Eintritt der Volljährigkeit die Mitgliedsbeiträge (selbst) zahlt oder auch eine neue Bankverbindung zum Beitragseinzug mitteilt.

Fazit

Die Einwilligung in einen Fitnessstudiovertrag mit einem Minderjährigen muss grundsätzlich durch beide Elternteile erklärt werden. Wenn nicht ausdrücklich die Einwilligung beider Elternteilte eingeholt wird, sollte sich der Studiobetreiber von dem erklärenden Elternteil gesondert bestätigen lassen, dass er die Einwilligung in den Vertragsschluss des Minderjährigen auch in Stellvertretung des anderen Elternteils erklärt.

Ein schwebend unwirksam von dem Minderjährigen geschlossener Vertrag kann im Nachhinein von den Eltern genehmigt werden, solange die Minderjährigkeit noch gegeben ist. Die Genehmigung der Eltern kann auch durch schlüssiges (gemeinschaftliches) Verhalten erklärt werden.

Ein schwebend unwirksam von dem Minderjährigen geschlossener Vertrag kann im Nachhinein von dem inzwischen Volljährigen genehmigt werden. Auch diese Genehmigung kann durch schlüssiges Verhalten erklärt werden.

Die Autoren

  • Philipp von Gehlen

    Philipp von Gehlen ist selbstständiger Rechtsanwalt und Syndikusrechtsanwalt der First Debit GmbH aus Hamm (Westf.), einem registrierten Inkassodienstleister, der mit seinem Produkt „debifit“ ein speziell auf die Fitnessbranche abgestimmtes Tool  des Forderungsmanagements anbietet.

     

  • Andreas Rüter

    Andreas Rüter ist Rechtsanwalt und Partner der mittelständischen Kanzlei Döttelbeck Dr. Wemhöner & Partner Rechtsanwälte Steuerberater aus Hamm (Westfl.), die eng mit der First Debit GmbH kooperiert. Als Rechtsanwalt hat er sich unter anderem auf die Bearbeitung von Mandaten aus dem Bereich des Fitnessstudiorechts spezialisiert.

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