Recht

Millionenschaden wegen Klausel im Immobilien-Leasing-Vertrag

Michael Schetter und Nico Scheller, die Geschäftsführer der In Shape-Fitnessclubs, haben ihre Expansionspläne mit der Übernahme der drei ehemaligen Anlagen von Weizmann Fitness und Reha vorangetrieben. Jetzt sind sie wegen einer Klausel im Gebäude-Leasingvertrag in einen Rechtsstreit verwickelt.

Edmund Weizmann war insgesamt 26 Jahre lang als Studiobetreiber tätig, ehe er 2019 in den Ruhestand ging und seine drei Anlagen in Aalen, Giengen und Heidenheim an die In Shape-Gruppe verkaufte. Michael Schetter und Nico Scheller wurden bei der Übernahme durch den Rechtsanwalt und Steuerberater Dr. Oliver Mohr unterstützt.

Aus rechtlicher Sicht lag von Anfang an u. a. der Fokus auf einem Gebäude-Leasingvertrag, den Edmund Weizmann im Jahr 2011 mit der Verismo Grundstücksverwaltungsgesellschaft mbH & Co. Vermietungs KG abschloss. Die Verismo Grundstücksverwaltungsgesellschaft mbH & Co. Vermietungs KG ist eine Tochtergesellschaft der Deutschen Leasing AG, die wiederum zum Verbund der Sparkassen-Finanzgruppe gehört. Der Vertrag wurde über eine Laufzeit von 30 Jahren abgeschlossen und beinhaltet keine Kündigungsmöglichkeit.

Der Vertrag enthält zudem die Klausel zur Verwaltungskostenpauschale, die den beiden In Shape-Geschäftsführern von Anfang an ein „Dorn im Auge“ war. Da die Zeit drängte und sie den Deal nicht gefährden wollten und die Verismo nicht von dem bestehenden Vertrag mit Edmund Weizmann abweichen wollte, hatten Michael Schetter und Nico Scheller keine andere Wahl, als den damals von Edmund Weizmann geschlossenen Vertrag zu übernehmen.

In Shape-Geschäftsführer Michael Schetter und Nico Scheller
Die beiden In Shape-Geschäftsführer Michael Schetter und Nico Scheller klagen gegen die Vertragsklausel der Verwaltungskostenpauschale, die Bestandteil eines Gebäude-Leasingvertrags ist, den sie beim Kauf einer Immobilie übernommen haben

Die bereits erwähnte Vertragsklausel der Verwaltungskostenpauschale, die sich jährlich um 4 % um den Vorjahresbeitrag erhöht, war Anstoß dafür, dass das Betreiberduo Schetter und Scheller gegen den Leasingvertrag Klage eingereicht hat. Vertreten wurden sie dabei von Rechtsanwalt Michael Falter (siehe Interview), der seit 2020 als Partner für Deloitte Legal tätig ist.
 

„Ich hatte mich im Vorfeld bei unserer Ansprechpartnerin bei der Deutschen Leasing AG erkundigt, was es genau mit der Verwaltungspauschale auf sich hat. Im Prinzip wird dafür Geld verlangt, dass der Vertrag abgeheftet und im Tresor abgelegt wird. Die Verwaltungspauschale ist meiner Meinung nach reine Schikane und ist fester Bestandteil des Geschäftskonzepts des Leasinganbieters, um ordentlich Kasse machen zu können. Durch den Zinseszinseffekt von jährlich 4 % sprechen wir in unserem Fall von einer siebenstelligen Summe – für nichts“,

erklärt Nico Scheller.

Einen außergerichtlichen Vergleich, bei dem die Verismo Grundstücksverwaltungsgesellschaft mbH & Co. Vermietungs KG eine Senkung der Erhöhung der Verwaltungspauschale von 4 % auf 2 % vorgeschlagen hatte, was immerhin eine Ersparnis von knapp 170.000 Euro bedeutet hätte, lehnten Michael Schetter und Nico Scheller ab.
 

Einzelheiten zur Klage

Die Klage der In Shape Ostalb GmbH gegen die Verismo Grundstücksverwaltungsgesellschaft mbH & Co. Vermietungs KG (liegt der Redaktion vor) beinhaltete drei Punkte, deren Inhalt wir folgend zusammenfassen:

  1. Nach Auffassung der Kläger ist die Laufzeitvereinbarung des Leasing-Vertrags von 30 Jahren ohne Einräumung einer Kündigungsmöglichkeit nach dem Ablauf von zehn Jahren unwirksam.
  2. Die Kläger fordern vom Leasing-Anbieter eine Rückerstattung der bisher gezahlten Verwaltungskosten in Höhe von 205.503,28 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.
  3. Die Vereinbarung des Verwaltungskostenbeitrages sei aus Sicht der Kläger als Preisnebenabrede AGB-rechtlich unwirksam, da der Beklagte hierfür keine Leistungen erbringe. In der Anklage fordern die Kläger, hierfür zukünftig keine weiteren Zahlungen leisten zu müssen.

Die Inhalte der Stellungnahme zu diesem konkreten Fall, um die wir die Verismo Grundstücksverwaltungsgesellschaft mbH & Co. Vermietungs KG im Rahmen unserer Recherchen gebeten hatten, deckt sich mit der Argumentation des Unternehmens vor Gericht. In der Stellungnahme, des Pressesprechers Michael Schorling, heißt es auszugsweise:
 

„Verwaltungskostenbeiträge sind im Immobilien-Leasing marktüblich und werden zudem von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes als leasingtypisch beschrieben. Ob Verwaltungskosten dabei indexiert oder gleichförmig (dann aber erhöht) verteilt werden, ist Finanzmathematik und abhängig vom Kundenwunsch sowie der individuellen Vertragsverhandlung mit dem Kunden.“


Das Urteil

Am 25. Februar wurde die Klage der In Shape Ostalb GmbH gegen die Verismo Grundstücksverwaltungsgesellschaft mbH & Co. Vermietungs KG vom Landgericht Mainz, 11. Zivilkammer (1. Kammer für Handelssachen) in vollem Umfang abgewiesen. In der Begründung heißt es u. a., dass entgegen der Auffassung der Kläger die Vereinbarung einer 30-jährigen Vertragslaufzeit ohne Einräumung einer Kündigungsmöglichkeit mit den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung vereinbar und damit nicht gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam sei.

Die Rückerstattung der Verwaltungskosten wurde ebenfalls abgewiesen, da diese nach Auffassung des Gerichts wirksam seien und insbesondere nicht gegen § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB verstoßen würden. Das bedeutet gleichzeitig auch, dass die Verwaltungskosten zukünftig zu zahlen sind.
 

„Wir sind natürlich sehr enttäuscht, dass das Gericht unsere Klage abgewiesen hat. Umso wichtiger ist es, dass unser Beispiel vor allem auch die Betreiber in der Fitness- und Gesundheitsbranche für das Thema Leasing-Verträge sensibilisiert und es ihnen zeigt, dass die Geschäftsgebaren einiger Leasing-Anbieter mit äußerster Vorsicht zu genießen sind“,

erklärt Nico Scheller.

Gegen das Urteil hat die In Shape Ostalb GmbH fristgerecht Revision am Oberlandgericht Koblenz beantragt (siehe auch Interview mit Michael Falter).
 

Michael Falter, Rechtsanwalt bei der Deloitte Legal Rechtsanwaltsgesellschaft mbHMichael Falter, Rechtsanwalt bei der Deloitte Legal Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, vertritt die In Shape Ostalb GmbH bei ihrem Rechtsstreit gegen die Verismo Grundstücksverwaltungsgesellschaft mbH & Co. Vermietungs KG (Tochtergesellschaft der Deutschen Leasing AG

Interview mit Michael Falter

BODYMEDIA: Sie vertreten die InShape Ostalb GmbH bei der Klage gegen die Deutsche Leasing AG. Warum ist die Verwaltungskostenpauschale des Leasingvertrags in Höhe von jährlich 4 % des Vorjahresbeitrags Ihrer Ansicht nach rechtswidrig?

Michael Falter: Wir sind der Überzeugung, dass die Verwaltung des Leasingvertrages durch den Leasinggeber, in diesem Fall also die Deutsche Leasing AG, in dessen eigenem Interesse ist. Tätigkeiten, die ein Vertragspartner im eigenen Interesse erbringt, darf er sich aber nicht vergüten lassen. Zudem hatte unser Mandant bei Vertragsabschluss keine Möglichkeit, Einfluss auf diese Zahlungsverpflichtung zu nehmen.

BODYMEDIA: In erster Instanz hat das Landgericht Mainz die Klage abgelehnt. Ist das Verfahren damit beendet?

Michael Falter: Nein, für uns nicht. Deshalb haben wir auch bereits Berufung gegen das Urteil eingelegt. Wir sind weiterhin der Auffassung, dass Verwaltungskosten nicht auf den Leasingnehmer abgewälzt werden dürfen, weil die Verwaltung im eigenen Interesse des Leasinggebers liegt.

Die Hauptfrage des Verfahrens ist aber, ob ein Immobilienleasingvertrag mit 30-jähriger Laufzeit nach zehn Jahren vom Leasingnehmer gekündigt werden kann. Das wäre möglich, wenn die gesetzliche Regelung für einen Darlehensvertrag (§ 498 BGB) auch auf Immobilienleasingverträge anwendbar ist. Ob dies der Fall ist, hängt davon ab, ob der jeweilige Immobilienleasingvertrag die Merkmale eines Darlehensvertrages aufweist, also der Finanzierung des Erwerbs der Immobilie dient.

Nach unserer Überzeugung kann in solchen Fällen nicht einfach auf die Zulässigkeit einer 30-jährigen Laufzeit in Mietverträgen abgestellt werden. Ansonsten würde der gesetzliche Schutz des Darlehensnehmers vor überlanger Vertragsbindung unterlaufen werden.

BODYMEDIA: Wie gelingt es der Deutschen Leasing AG, die Verwaltungspauschale in ihren Verträgen zu verstecken bzw. zu verklausulieren?

Michael Falter: Das kann man so nicht sagen. Der Verwaltungskostenbeitrag ist erkennbar, allerdings ist die tatsächlich zu zahlende Summe durch die jährliche Erhöhung intransparent. Die eigentliche Frage ist aber, ob er überhaupt erhoben werden darf.

BODYMEDIA: Machen auch andere Leasing-Gesellschaften in ihren Verträgen Gebrauch von der Verwaltungspauschale? Gibt es weitere, ähnliche versteckte Klauseln, die Leasing-Anbieter in ihren Verträgen verwenden?

Michael Falter: Das Instrument des Verwaltungskostenbeitrages ist im Immobilien-Finanzierungsleasing nicht untypisch. Es kommt aber wie so oft auf die Ausgestaltung im Einzelfall an sowie darauf, wie transparent kommuniziert wird. Unter anderem daran fehlt es hier. Ein Immobilienleasingvertrag ist ein komplexes Produkt, das den potenziellen Leasingnehmern nachvollziehbar erklärt werden muss.

BODYMEDIA: Worauf sollte man bei der Prüfung von Verträgen, insbesondere bei Verträgen mit Leasing-Anbietern, achten?

Michael Falter: Ist ein Verwaltungskostenbeitrag im Vertrag vorgesehen, sollte man sich zum einen genau erklären lassen, welche Leistungen diesem – zumal während der gesamten Vertragslaufzeit – gegenüberstehen. Zum anderen sollte man sich die Höhe genau ansehen. Häufig ist – so auch im vorliegenden Fall – eine automatische Erhöhung dieses Betrages vorgesehen. Das kann sich erheblich aufsummieren.

Zudem sollte spätestens nach zehn Jahren eine Beendigungsmöglichkeit vorgesehen werden, damit man sich je nach wirtschaftlicher Lage ggf. neu orientieren kann. Da dies seinen Preis haben wird, sollte man sich die Auswirkungen einer solchen Beendigungsmöglichkeit auf das Preisgefüge genau ansehen.

BODYMEDIA: Vielen Dank für das Interview.
 

Bildquelle: ©Tashatuvango - shutterstock.com
 

Der Autor

  • Constantin Wilser

    Constantin Wilser ist seit 2006 in der Fitnessbranche als Redakteur tätig. Davor absolvierte er sein Bachelor-Studium der Sportwissenschaften am KIT in Karlsruhe. Seit 2019 ist er Bestandteil des BODYMEDIA-Redaktionsteams. Seit Anfang 2023 ist er Chefredakteur. In seiner Freizeit trainiert der Fußball-Fan gerne im Studio, geht laufen oder fiebert im Fußball-Stadion mit.

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