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McFit: Klagen gegen die Schließung der Outdoor-Gyms laufen

Kaum waren die Outdoor-Gyms einiger McFit-Studios geöffnet, wurden sie durch die Behörden wieder geschlossen. Dagegen klagen nun die Verantwortlichen. Über den aktuellen Stand der Dinge und das Thema Outdoor-Fitness haben wir mit Hagen Wingertszahn, Geschäftsleiter Deutschland McFIT, gesprochen.

BODYMEDIA: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, in einem Großteil Ihrer Standorte Outdoor-Trainingsflächen anzubieten?

Hagen Wingertszahn: Fitness ist weltweit die Sportart Nummer 1. Über 12 Millionen Menschen trainieren alleine in Deutschland in Fitnessstudios. Die andauernde Schließung aller Studios im Lockdown ist eine Katastrophe. Die gesamte Fitnessindustrie befindet sich aktuell in einer Art Schockstarre und mit dem Rücken an der Wand.
Viele wissen nicht, wie lange sie noch überleben können. Dies betrifft die Kleinen wie die Großen. Wir wollten daher mit einem innovativen und gleichzeitig sicheren Konzept ein Zeichen setzen und den Menschen nach so langer Zeit des Lockdowns wieder ein Training ermöglichen. Die Öffnung unserer Outdoor-Gyms war für alle ein wichtiger Schritt, dass der Zeitpunkt gekommen ist, etwas zu bewegen. Allerdings haben wir nicht den Großteil unserer Studios als Outdoor-Flächen geöffnet, da sich nicht alle Standorte dafür eignen. Aktuell sind es rund ein Dutzend McFIT Outdoor-Gyms und wir arbeiten daran, dass noch weitere dazukommen.
 

McFit klagt derzeit gegen die Schließung der Outdoor-Gyms, da die Verantwortlichen der Auffassung sind, dass die Schließung trotz Freiluft, großer Abstände, fest gebuchter Termine und detailliertem Hygienekonzept nicht nachvollziehbar ist
 

BODYMEDIA: Während des Lockdowns konnten Ihre Mitglieder mehrere Monate nicht trainieren. Das Training im Freien sollte nach vorheriger Terminvereinbarung und unter strenger Einhaltung der Hygienemaßnahmen stattfinden. Wie kam die Idee, Outdoor zu trainieren, bei Ihren Mitgliedern an?

Hagen Wingertszahn: Unser Outdoor-Konzept kam bei unseren eigenen Mitgliedern und auch darüber hinaus überaus gut an. An fast allen Standorten waren die stündlichen Slots bereits von Beginn an durchgehend ausgebucht. Unsere Mitglieder freuten sich unglaublich, wieder trainieren zu können, auch wenn es zwischenzeitlich extrem kalt draußen war und teilweise Minusgrade herrschten.
Die Menschen sehnen sich nach Sport und Bewegung nach über vier Monaten Lockdown und das haben wir deutlich wahrnehmen können. Wir haben etwas unternommen und nicht nur über das Thema gesprochen, gerade das haben uns unsere Mitglieder hoch angerechnet.

BODYMEDIA: Um die McFit Outdoor-Gyms gab es, wie man in den Medien verfolgen konnte, jede Menge Aufregung. Kaum eröffnet, mussten sie an den meisten Standorten nach Anordnung der Ordnungsämter wieder schließen. McFit hat gegen die Schließungen geklagt. Gibt es hierzu schon ein Urteil, und wenn ja, wie haben die Gerichte entschieden?

Hagen Wingertszahn: Derzeit klagen wir an zahlreichen Standorten, um unsere Outdoor-Gyms wieder anbieten zu können. In Hamburg hatten wir bereits einen Teilerfolg, wo das Verwaltungsgericht unserer Klage in erster Instanz recht gab. Wir kämpfen auch vor Gericht weiter, vor allem auch für unsere Mitglieder. Wir klagen, weil wir glauben, dass es nicht mehr nachzuvollziehen ist, dass unsere Outdoor-Gyms trotz Freiluft, großer Abstände, fest gebuchter Termine und detailliertem Hygienekonzept schließen mussten.
Sport muss auch in Pandemiezeiten möglich sein. Das Urteil aus Hamburg bestätigt uns darin. Mit unserem offenen Brief an die Bundeskanzlerin, die Ministerpräsident:innen und an die Oberbürgermeister:innen haben wir unserem Vorhaben auch noch einmal auf einer anderen Ebene Nachdruck verliehen.
Schließlich haben wir gemeinsam mit dem renommierten Infektiologen Prof. Dr. Zastrow ein sehr durchdachtes und wohlüberlegtes Hygiene- und Sicherheitskonzept auf die Beine gestellt und von der Kanzlei Härting ein Rechtsgutachten erstellen lassen, welches uns die Grundlage für die Öffnungen liefert.

BODYMEDIA: Glauben Sie, der derzeitige Trend Outdoor-Training wird sich nach der Wiedereröffnung der Studios in der Fitnessbranche etablieren? Wenn ja, warum?

Hagen Wingertszahn: Wir haben das Outdoor-Training nicht als Ersatz für Fitnessstudios gesehen, sondern als eine sinnvolle Ergänzung – gerade in diesen besonderen Zeiten der Pandemie. Indoor und Outdoor ergänzen sich unserer Meinung nach sehr gut und können zu allen Jahreszeiten und für alle Trainingsziele ideal aufeinander abgestimmt werden.
Dennoch glauben wir, dass nach der Wiedereröffnung sehr viele Mitglieder zurück in die Studios kommen – einfach, weil die Zeit des Verzichts im Lockdown inzwischen so lange andauert und die Trainingsmöglichkeiten innen noch wesentlich vielfältiger sind, als wir es außen anbieten können.

BODYMEDIA: Wie sehen die Zukunftspläne bei McFit bezüglich der Outdoor-Gyms aus? Werden sie nach der Wiedereröffnung der Studios fester Bestandteil bleiben oder wird die Idee eventuell sogar weiterentwickelt? Wenn ja, wie sehen die konkreten Pläne aus?

Hagen Wingertszahn: Unsere Zukunftspläne für die Outdoor-Gyms orientieren sich vorerst an der Zeit, in der das Indoor-Training noch nicht wieder möglich und erlaubt ist. Gerade, weil wir größtenteils unsere Parkplätze hierfür verwenden und nach Öffnung diese auch wieder freigeben, müssen wir hierzu eine dauerhafte neue Lösung finden. Unser angestrebtes Ziel bleibt nach wie vor die schnellstmögliche und sichere Eröffnung unserer Indoor-Studios.
 

Für die Schaffung der Outdoor-Gyms wurden bei einigen McFit-Studios die Parkplätze umfunktioniert
 

BODYMEDIA: Welche Vorteile haben Ihrer Meinung nach Fitnessstudios, zu deren Angebot Outdoor-Trainingsflächen zählen?

Hagen Wingertszahn: In Pandemiezeiten liegen die Vorteile von Outdoor-Flächen auf der Hand: Aufgrund des Trainings an der frischen Luft sind zusätzlich zu allen Sicherheits- und Hygienemaßnahmen die Infektionsrisken minimiert, laut Prof. Dr. Zastrow sogar ausgeschlossen. Outdoor-Trainingsflächen können aber auch für die Zeit nach Corona von Vorteil sein.
Für unsere Marke Gold’s Gym setzen wir das Prinzip der Outdoor-Flächen in Venice Beach (USA) ohnehin bereits um und planen es bei neuen Studios von Beginn an mit ein, wenn es das jeweilige Objekt erlaubt. Unser Ziel ist und bleibt es, dass zumindest unsere Outdoor-Gyms während der Lockdowns offen bleiben dürfen und wir weiter auf diesem Weg für unsere Mitglieder da sein können.

BODYMEDIA: Inwiefern könnten sich Outdoor-Gyms auch finanziell für Studiobetreiber lohnen? Welche Businessmodelle sind Ihrer Meinung nach zukünftig denkbar?

Hagen Wingertszahn: Wir haben mit unseren Outdoor-Gyms während des andauernden Lockdowns eine Übergangslösung geschaffen, um für unsere Mitglieder ein sicheres Training anzubieten, während der Großteil unserer Studios weiterhin geschlossen bleiben muss. Ich bin davon überzeugt, dass nach Corona verstärkt Businessmodelle Erfolg haben werden, die den Dreiklang zwischen klassischen Fitnessstudios, Outdoor-Gyms und digitalen Workoutangeboten zusammenführen und erfolgreich weiterentwickeln.
Über zwei Jahrzehnte Erfahrung in den Bereichen Fitness und Lifestyle sowie unser stetiger Innovationsgeist treiben uns an, uns immer an neue Gegebenheiten anzupassen und mit der Zeit zu gehen. Wir blicken optimistisch in die Zukunft und hoffen auf eine baldige Besserung der Lage für die gesamte Branche.

BODYMEDIA: Wird es bedingt durch Corona zukünftig neben dem Outdoor-Training weitere Trends geben, die sich durchsetzen? Wie geht es nach Corona für die Fitnessbranche und für Studiobetreiber weiter? Was wird sich im Vergleich zu früher ändern?

Hagen Wingertszahn: Schon in den letzten Wochen und Monaten konnten wir keinen Umsatz generieren, das ist für die gesamte Branche verheerend. Wenn man nach Amerika schaut, sieht man, was uns wahrscheinlich in Europa in ein paar Wochen ebenfalls erwarten wird. In den USA sind vier der zehn größten Fitnessstudioketten insolvent. Ich bin davon überzeugt: Das wird auch in Deutschland kommen.
Hierzulande zahlen viele Fitnessstudiomitglieder weiter treu ihre Beiträge, da sie ihr Studio nur so retten können, denn sie möchten ja wieder trainieren gehen, sobald es möglich ist. Eine große Challenge ist es, dass wir aktuell keinen Umsatz generieren, sondern die während der Schließungen gezahlten Beiträge eine Vorauszahlung für eine künftige Leistung darstellen.
Die Zeit, in der sie nicht trainieren konnten, wird den Mitgliedern hinten an ihre Vertragslaufzeit angehängt. Wir gehen davon aus, dass sich langfristig nicht nur Angebot und Nachfrage verändern werden. Für alle Betreiber werden Flexibilität und innovative Konzepte künftig von großer Bedeutung sein, um bestehen und dauerhaft Mitglieder an sich binden zu können.

BODYMEDIA: Vielen Dank für das Interview.

Die Autoren

  • Constantin Wilser

    Constantin Wilser ist seit 2006 in der Fitnessbranche als Redakteur tätig. Davor absolvierte er sein Bachelor-Studium der Sportwissenschaften am KIT in Karlsruhe. Seit 2019 ist er Bestandteil des BODYMEDIA-Redaktionsteams. Seit Anfang 2023 ist er Chefredakteur. In seiner Freizeit trainiert der Fußball-Fan gerne im Studio, geht laufen oder fiebert im Fußball-Stadion mit.

  • Hagen Wingertszahn

    Hagen Wingertszahn hat langjährige Erfahrung in der Fitnessbranche. Seit 2016 verantwortet er als Geschäftsleiter Deutschland der RSG Group die Leitung und Steuerung des Kerngeschäfts für alle Fitnessmarken der RSG Group im Heimatmarkt. Zuvor war er knapp fünf Jahre als COO bei Fitness First.

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