Recht

Empathisch kommunizieren und im Recht sein – so geht’s!

Zufriedene Mitglieder sind loyal und halten Ihnen auch in schwierigen Zeiten die Treue. Klingt simpel, aber nicht immer ist klar, worauf die Mitglieder wirklich Wert legen und was ihnen bei einem Fitnessstudio wirklich wichtig ist.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Im Gespräch mit dem Mitglied ist es entscheidend, ob es sich verstanden fühlt.
  • Offene Kommunikation, Verständnis für die individuelle Situation und das Aufzeigen von Alternativen können eine vorzeitige Kündigung verhindern.
  • Zudem ist es wichtig, die aktuelle Rechtslage zu Vertragsfristen und Kündigungsurteilen zu kennen.
  • So können Probleme von vorneherein vermieden und das Serviceversprechen eingehalten werden.

Zufriedene Kunden und eine gute Kommunikation sind essenziell. Im Recht sein ist dabei das eine, Kundenzufriedenheit das wichtigere.

Rechtliche Dinge zu kommunizieren ist nicht immer ganz einfach. Natürlich könnten Sie sich im Streitfall auf diverse Paragrafen oder Urteile berufen. Das würde Sie aber mindestens dieses Mitglied und eventuell weitere befreundete Mitglieder kosten. Wenn dann noch eine schlechte Bewertung auf Google und Social Media hinzukommt, ist es besonders ärgerlich, weil ein Großteil der neuen Kunden sich vorab im Internet über ein Fitnessstudio informieren. Das alles hätte mit einer geschickteren Kommunikation wahrscheinlich vermieden werden können.

Im Gespräch mit dem Mitglied ist daher entscheidend, ob es sich verstanden fühlt. Hier zählen eine offene Kommunikation, Verständnis für die individuelle Situation und das Aufzeigen von Alternativen. Im Hintergrund sollten Sie jedoch wissen, ob Sie wirklich recht haben und was die rechtlichen Fallstricke sind.

Verkürzte Kündigungsfrist als Motivator

Ein Aufsatzpunkt, um aktuell noch mal über Kundenbindung nachzudenken, sind die Änderungen im Bürgerlichen Gesetzbuch. Seit 1. März 2022 gilt das Gesetz für faire Verbraucherverträge und damit auch die verkürzte Kündigungsfrist von nur einem Monat nach Ablauf der Erstlaufzeit. Unzufriedene Kunden können nun viel schneller aus dem Vertrag rauskommen, wenn sie von Lockangeboten der Konkurrenz geködert werden.

Für Fitnessstudios ist besonders interessant, dass eine Erstlaufzeit von bis zu zwei Jahren weiterhin möglich ist. In den Verträgen und Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) muss jedoch beachtet werden, dass eine stillschweigende Verlängerung des Vertrags nach Ablauf der Erstlaufzeit nur noch mit einer Kündigungsfrist von einem Monat möglich ist.

Wenn Sie also in Ihren Verträgen oder AGB eine Klausel zur automatischen Vertragsverlängerung stehen haben, muss diese für Neukunden angepasst werden. Für Altverträge gilt das nicht, da bleiben die alten Kündigungsfristen bestehen.


Natürlich könnten Sie sich Studiobetreiber im Streitfall auf Paragrafen oder Urteile berufen. Das würde Sie aber mindestens dieses Mitglied und eventuell weitere befreundete Mitglieder kosten (Bildquelle:© fizkes - stock.adobe.com)

Wichtig zu wissen: Die kurze Kündigungsfrist gilt nur für stillschweigende Vertragsverlängerungen. Nur wenn gewollt ist, dass der Vertrag nach der Erstlaufzeit weiterlaufen soll, ohne dass Sie mit dem Mitglied eine neue Vereinbarung treffen müssen, dann gilt die neue Kündigungsfrist von einem Monat.

Sie könnten also dem Mitglied bereits bei Vertragsschluss mitteilen, dass nach Ablauf der Erstlaufzeit ein höherer Monatsbeitrag fällig wird, außer es ist bereit, nach der Erstlaufzeit noch mal einen Vertrag über mehrere Monate abzuschließen. Entscheidet sich Ihr Mitglied aktiv für den neuen Vertrag mit den günstigeren Konditionen, handelt es sich nicht mehr um eine stillschweigende Verlängerung und es können längere Kündigungsfristen vereinbart werden.

Zwei Praxisbeispiele für mehr Kundenzufriedenheit

Viele Studioinhaber tun sich schwer damit, gegenüber den Mitgliedern rechtliche Dinge zu kommunizieren. Einige möchten die Kunden nicht verschrecken und formulieren dann höfliche Bitten. Dies hat vor Gericht jedoch keinen Bestand, weil man Bitten nicht nachkommen muss. Andere möchten sich klar und unmissverständlich ausdrücken und klingen dann sehr hart für den Kunden, was dann die Wohlfühlatmosphäre stört. Es geht aber auch beides zusammen: empathisch kommunizieren und im Recht sein.

Beispiel 1: Aktive Kommunikation

Wenn Mitglieder verletzt sind, kommen viele aus dem Trainingstrott und wollen ihren Vertrag sofort kündigen. Oft legen sie auch ein Attest vom Arzt vor, dass diese Verletzung das Trainieren unmöglich macht. Es ist schwer, einem Attest zu widersprechen, weil man nicht weiß, ob es als Bestätigung für eine dauerhafte Krankheit ausreicht. Hinzu kommt, dass die Urteile dazu sehr unterschiedlich sind. Fühlen Sie dem Mitglied unaufdringlich auf den Zahn, ob es ihm wirklich schlecht geht oder ob es nur um die Kündigung geht.

Fragen Sie nach der Empfehlung des Arztes oder Physiotherapeuten zur Rehabilitation. Meist liegt überhaupt nichts Konkretes vor. Diese Frage ist wichtig, um dem Kunden diese Lücke bewusst zu machen. Fragen Sie dann das Mitglied einfach, ob es nach der Heilung seinen Fitnesszustand wiederherstellen möchte und ob Sie ihm einen individuellen Plan dafür erstellen sollen. Damit stellen Sie den Wunsch nach Fitness wieder her.

Das bringt Ihnen die Empathie als „Kümmerer“. Das Mitglied fühlt sich besser aufgehoben und persönlich betreut. Viele verzichten dann tatsächlich auf die Kündigung. Vor allem kommt das Mitglied aus dem Verlustempfinden hinsichtlich verpasster Trainingszeiten und verlorener Beiträge heraus. Sprechen Sie auf keinen Fall von Risiko, eigener Verantwortung oder AGB. Dann werden Sie das Mitglied auf Dauer verlieren.

Für die Umsetzung empfiehlt sich folgendes Vorgehen. Erarbeiten Sie mit dem Mitglied einen Umsetzungsplan, mit dem Sie es wieder an das alte Fitnessniveau heranführen. Betreiben Sie für vier Wochen einen leicht höheren Aufwand, indem Sie oder Ihre Mitarbeiter das Mitglied immer wieder nach dem Plan und den Erfolgen fragen. Schenken Sie ihm Aufmerksamkeit. Bieten Sie an, dass die Mitgliedschaft für die Zeit der akuten Krankheit ruht und die Ruhezeit an die Vertragslaufzeit angehängt wird.

Der Streit um krankheitsbedingte Sonderkündigungen und die Auslegung von Attesten kosten viel Zeit und Nerven. Versuchen Sie es daher im ersten Schritt mit einer offenen Kommunikation und individueller Betreuung.

Sollte das Mitglied trotzdem kündigen wollen, dann muss das Attest geprüft werden, ob es alle Kriterien erfüllt. Nur dann kann ein Attest eine Kündigung aus wichtigem Grund rechtfertigen.

Der Bundesgerichtshof hat dazu entschieden, dass das Attest bestätigen muss, dass aufgrund der Krankheit dauerhafter Sport im Fitnessstudio nicht mehr möglich ist. Über die konkrete Art der Erkrankung müssen jedoch keine Angaben gemacht werden. Erst wenn attestiert wird, dass z. B. eine Fortsetzung des Trainings den Gesundheitszustand verschlimmern würde oder gar Dauerschäden verursachen könnte, wäre eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt.

Beispiel 2: Stillschweigende Kommunikation

Für etwa 45 % der von Schwarzenberger befragten Mitglieder stellt mangelnde Sauberkeit und Hygiene einen absoluten Kündigungsgrund dar. Mitglieder haben unterschiedliche Vorstellungen, was Sauberkeit im Studio und einen guten Service ausmacht. Ein Fitnessstudio hat deutlich mehr Besucher als das traute Heim. Deswegen ist es schwierig, allen Vorstellungen gerecht zu werden. Urteile zeigen, dass Mitglieder dies auch ausnutzen, um aus einem Vertrag fristlos herauszukommen.

Um sich davor zu schützen und den Mitgliedern ein gutes Gefühl zu geben, reicht es bereits, einen Serviceplan aufzustellen. Machen Sie diesen in Dusche, Toilette und Wellnessbereich sichtbar. Zeigen Sie auf, wie oft die Trainingsgeräte gewartet und gereinigt werden. Besonders gut wirken Checklisten mit Haken und Unterschriften.

So reduzieren Sie deutlich das Konfliktpotenzial mit peniblen Mitgliedern und vermeiden unnötige Beschwerden und Kündigungen. Ebenso trägt es dazu bei, dass Ihre Mitarbeiter sich leichter daran erinnern, was wann gereinigt werden muss.

Es gab tatsächlich ein aktuelles Gerichtsurteil, das dem Mitglied eine Sonderkündigung gestattet hat, nur weil das Studio mangels fehlender Dokumentation die Reinigung und Wartung nicht beweisen konnte. Checken Sie, was Sie bereits schon alles haben und was Sie noch einführen können, um rechtlich abgesichert zu sein. Empfehlenswert sind Servicepläne und Dokumentationen für folgende Bereiche im Studio: Duschen,
Toiletten und Wellnessbereich, aber auch für die Geräte samt Serviceintervalle für die Gerätewartung.

Eine wirksame „stille“ Kommunikation sind auch Serviceversprechen an die Kunden auf den ausgehängten Checklisten. Konkrete rechtliche Vorgaben für Reinigung gibt es nicht. Vor Corona haben die Gerichte es für ausreichend erachtet, wenn die Geräte alle 250 Betriebsstunden gewartet und mindestens einmal täglich durch das Personal gereinigt wurden. Dies kann daher als Mindestanforderung herangezogen werden.

Aus juristischer Sicht ist wichtig, dass Sie die Erledigung der einzelnen Arbeitsschritte anhand von abgehakten Checklisten mit Datum und Unterschrift protokollieren. Die Checkliste sollte wiedergeben, wer, was, wann erledigt hat. Das geht natürlich auch digital auf dem Studiorechner.

Sollte ein Mitglied dennoch auf einer Kündigung beharren, weil es ein anderes Hygieneempfinden hat, lehnen Sie die Kündigung höflich ab und erfragen Sie die Wünsche des Mitglieds. Zeigen Sie ihm auf, welche Servicepläne und Reinigungsintervalle Sie haben, und fragen Sie nach seinen Verbesserungsvorschlägen.

Nur wenn Sie bisher gar keine Dokumentation haben und nicht belegen können, dass Sie durch regelmäßige Wartung und Reinigung Ihre Mitglieder vor Gesundheitsgefahren schützen, überlegen Sie sich, ob Sie sich lieber den Ärger sparen und die Kündigung akzeptieren. Ähnlich verhält es sich bei der Kommunikation von Schließzeiten, veränderten Öffnungszeiten und Beitragserhöhungen.

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Die Autorin

  • Julia Ruch

    Julia Ruch ist Anwältin für Sportrecht und Inhaberin der aktivKANZLEI. Ihre Kanzlei ist seit sieben Jahren spezialisiert auf die Rechtsberatung von Fitnessstudios, Personal Trainern und Sportevents. Sie kümmert sich um Verträge und AGB, um Haftungsrecht, den Datenschutz bis hin zum Arbeitsrecht. Und das Ganze ohne umständliches „Juristendeutsch“.

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