BODYMEDIA: Warum wurde der Studiengang ins Leben gerufen bzw. gibt es Bedarf an solch einem Studium?
Claus Umbach: Die Deutsche Berufsakademie Sport und Gesundheit hat auf der Basis der Physiotherapieausbildung und des dualen Studiengangs Bewegungscoaching und Gesundheit ein Ergänzungs- und Aufbaustudium eigens für Physiotherapeuten entwickelt.
Ziel dabei ist es, Physiotherapeuten weiterzuqualifizieren. Zum einen in ihrem Beruf mit der Richtung „Heilen durch Bewegung“, zum anderen für eine Karriere in anderen Berufsfeldern, da die Absolventen den akademischen Abschluss Bachelor of Arts erreichen. Der sportwissenschaftliche Bachelorabschluss katapultiert die Physiotherapeuten mehrere Gehaltsstufen nach oben. Ebenso ist das Studium eine hervorragende Grundlage, um sich selbstständig zu machen.
Annika Gerber: Absolut! In der klassischen Physiotherapieausbildung kommen die Themen Trainingslehre, allgemeine Kenntnisse über Sport und BWL entweder gar nicht vor oder viel zu kurz.
Die Physiotherapie befindet sich seit einiger Zeit in einem starken Wandel hin zur aktiven Trainingstherapie und insbesondere junge Therapeuten wollen nicht mehr nur an der Bank stehen und behandeln. Dafür braucht man ein entsprechendes Übungsrepertoire, auf das man zurückgreifen kann, und das Wissen, dieses auch einzusetzen.
Die aktuelle Diskussion zur Vollakademisierung zeigt auch, dass evidenzbasiertes Arbeiten in der Physiotherapie immer wichtiger wird. Daher ist der Bedarf an solch einem an der Praxis ausgerichteten Studium durchaus vorhanden. Ein Aspekt, den man aber nicht vernachlässigen sollte, ist die Weiterbildung. Nach der Ausbildung ist es wichtig, sich immer weiterzubilden, und gerade, wer sich in Richtung Trainingstherapie entwickeln möchte, lernt an der dba viele wichtige Inhalte.
BODYMEDIA: Welche Inhalte werden gelehrt und wie ist das Studium aufgebaut? Warum wurden Pädagogik und Wirtschaftsthemen integriert?
Claus Umbach: Die Physiotherapeuten werden auf der Basis von Anrechnung der Vorausbildung zwei Jahre dual studieren. Dabei sind die Studierenden 18-mal zu ihrer Präsenzphase mit einer Dauer von 4 Tagen im Monat in Baunatal.
Durch das optimal angepasste Studienkonzept erweitern Physiotherapeuten die eigenen Handlungskompetenzen wie: Trainingslehre in der Praxis, pädagogische und psychologische Umsetzung in Gruppen, Entwicklung von Bewegungskonzepten, Training mit medizinischer Problemstellung.
Claus Umbach ist der Geschäftsführende Direktor der Berufsakademie (Bildquelle: © dba)
Annika Gerber: Ein großer Teil der physiotherapeutischen Arbeit ist es, unsere Patienten zu motivieren. Daher ist das Modul Sportpädagogik/Sportpsychologie sehr sinnvoll. Die Grundlagen in der BWL geben einem die Chance, sich mit gutem Gewissen selbstständig zu machen, da man weiß, worauf es ankommt. Aber auch bei allen anderen Inhalten findet man gute Wege, sie in den Arbeitsalltag zu integrieren.
BODYMEDIA: An wen richtet es sich, insbesondere bezüglich des Mindsets und der Voraussetzungen der Studierenden?
Claus Umbach: Das Studium richtet sich an sportaffine Physiotherapeuten, die eine Leidenschaft für Sport und Bewegung mitbringen und zugleich Lust haben, mit Menschen zu arbeiten, um diese zur richtigen Bewegung anzuleiten.
BODYMEDIA: Sind die alltägliche Arbeitsbelastung und das duale Studium gut miteinander vereinbar?
Annika Gerber: Vermutlich ist, wie in jedem dualen Studium, der Aufwand, beides zu vereinen, sicherlich nicht zu vernachlässigen, aber es ist beherrschbar, insbesondere durch feste Termine, die eine gute Planung ermöglichen. Spannend wird es, wenn Wochenenden mit Fortbildungen hinzukommen, aber das Pensum ist in den meisten Fällen gut zu schaffen.
BODYMEDIA: Ein Studium vermittelt Werkzeuge für die zukünftige Arbeit. Wie wird die Arbeit von Physiotherapeuten zukünftig aussehen?
Annika Gerber: Letztlich wissen wir alle nicht, wie die Zukunft aussehen kann, ein paar Tendenzen lassen sich aber durchaus erkennen. Die Evidenz zeigt, wie wichtig Training und Bewegung für einen langfristigen Therapieerfolg sind. Daher wird der Weg weg von der passiven Therapie hin zur aktiven Trainingstherapie noch weiter ausgetreten werden.
Zudem stehen Praxen unter einem immer stärkeren wirtschaftlichen Druck, der nicht mehr nur mit Einnahmen durch Kassenpatienten stemmbar ist. Daher könnte eine zukünftige Strömung sein, weniger auf Kassenpatienten und mehr auf Selbstzahler zu setzen. Das bedeutet aber auch, dass die Physiotherapie sich in diesem Bereich positionieren muss und nicht als Berufsgruppe mit (ausschließlich) heilenden Händen gesehen wird.
BODYMEDIA: Vielen Dank für das spannende Interview!
*Für die Antworten von Annika Gerber standen uns zur Beantwortung der Fragen zehn Studierende zur Verfügung. Damit können wir eine möglichst große Bandbreite an Antwortmöglichkeiten einweben, um ein möglichst breites Spektrum zu zeigen. Es handelt sich hierbei also um eine fiktive Person, die uns hier Rede und Antwort steht.
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