Physiotherapie

Die Stimme macht 40 % der Kommunikation aus

Lautstärke, Stimmlage und Betonung sind nur wenige Facetten der paraverbalen Kommunikation, tragen aber einen großen Teil zum Erfolg der Kommunikation bei. Warum es sich lohnt, über die Wirkung der eigenen Stimme nachzudenken, erfahren Sie hier.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Zur paraverbalen Sprache gehören alle Ausdruckserscheinungen, die mit der Stimme oder der Sprachproduktion auftreten.
  • Damit sind beispielsweise der Tonfall, die Sprechgeschwindigkeit und die Lautstärke gemeint.
  • Die verbale, paraverbale und nonverbale Sprache sollten aufeinander abgestimmt werden.
  • Am Besten fragt man die Kollegen immer mal wieder nach Feedback, da wir unsere eigene Stimme nicht neutral bewerten können.

Neben den Händen gehört die Stimme zu den wichtigsten Werkzeugen eines Physiotherapeuten. Sie trägt dazu bei, dass sich der Patient bei der Behandlung wohlfühlt. Viele Menschen nehmen ihre Stimme als gegeben an, ohne darauf zu achten, wie sie beim Gegenüber ankommt. Im Alltag spielt bzw. sollte das eigentlich auch keine Rolle spielen. In der Therapie tut es das aber durchaus.

Welche Rolle spielt die Stimme?

Wie auch bei der nonverbalen Sprache ist die Stimme nicht einfach nur Vermittler von Worten. Mit ihr sagen wir deutlich mehr als die Wortbedeutung des Gesprochenen. Der Fachbegriff dazu heißt paraverbale Sprache. Darunter werden alle Ausdruckserscheinungen zusammengefasst, die mit der Stimme oder der Sprachproduktion zusammenhängen. Dazu zählen der Tonfall, die Sprechgeschwindigkeit, Lautstärke, aber auch die Stimmlage, die Sprechmelodie, Stimmhöhe, Betonung u. v. m.

All das ergibt ein Gesamtbild der Sprache, das über die reinen Worte hinausgeht. Welche Form der paraverbalen Kommunikation ist aber nun optimal für den Umgang mit den Patienten? Wichtig ist, dass paraverbale, nonverbale und verbale Kommunikation zusammenpassen. Aber nicht alles können wir dauerhaft auch beeinflussen.

So z. B. die Stimmlage. Je nach Person variiert diese in der Höhe bzw. Tiefe. Frauen haben grundsätzlich eine höhere Stimmlage als Männer. Als beruhigender aber gilt der Männerbass. Umso erstaunlicher ist es, dass am Telefon häufig Frauen eingesetzt werden, denn am Telefon erhält der Zuhörer ja nur die paraverbalen Informationen.

Sehr hohe piepsige Stimmen machen es dem Gesprächspartner schwer, länger zuzuhören. Tiefe Brummtöne hingegen können einschüchternd wirken. Stimmlagen, die sich zittrig anhören, lassen beim Gesprächspartner den Eindruck entstehen, man sei unsicher. Das kann gerade in der Therapie, wo es auf Vertrauen ankommt, hinderlich sein. Zwar lässt sich die Stimmlage recht gut trainieren – bis dahin, dass sie mit der eigenen Stimme nur noch sehr wenig zu tun hat. Meist ist das jedoch nicht nötig, da sich die meisten Stimmlagen in einem Bereich befinden, der angenehm zu hören ist.

Insbesondere bei älteren Patienten sollte man auf eine gute verständliche Lautstärke achten (Bildquelle: ©pololia - stock.adobe.com)

Weder zu laut noch zu leise

Etwas leichter zu regulieren, allerdings für den Sprecher ohne Feedback schwer zu reflektieren, ist die gesprochene Lautstärke. Sehr laute Personen wirken häufig einschüchternd, bei sehr leisen Sprechern kann es schnell zu Missverständnissen kommen, weil sich der Patient nicht traut, mehrmals nachzufragen. Die gesprochene Lautstärke ist natürlich auch vom Körperbau abhängig. Wer zu leise spricht, merkt das meist recht schnell, wenn die Angesprochenen nicht reagieren oder aber darum bitten, das Gesagte zu wiederholen.

Insbesondere bei älteren Patienten ist es wichtig, auf eine gut verständliche Lautstärke zu achten. Anders verhält es sich bei lauten Sprechern. Viele Menschen halten eine laute Sprache eher aus, fühlen sich aber nicht zu 100 % wohl dabei. Manch einem wird es vorkommen, als würde er angeschrien. Hier sollte eine klare Rückmeldung erfolgen, dass das Gegenüber die Lautstärke entsprechend einpegeln kann. Der Input darf auch gerne von den Kollegen kommen, sodass nicht die Patienten diese Aufgabe übernehmen müssen.

Zu schnelles, aber auch zu langsames Sprechen sollte in der Kommunikation mit Patienten ebenfalls vermieden werden. Wer zu schnell spricht, wirkt nervös, hibbelig und unseriös. Dramatischer aber ist, dass die Patienten den Therapeuten nicht richtig verstehen und einfach abschalten. Das führt zu Frustration auf beiden Seiten. Wer zudem keine Pausen einbaut, hinterlässt beim Gegenüber einen unangenehmen Eindruck.

Zu langsames Sprechtempo sorgt zumindest dafür, dass der Großteil der gesprochenen Informationen ankommt. Der Angesprochene kann jedoch schnell die Geduld verlieren und sucht die Vorspultaste. Aber auch die Intonation ist für die Kommunikation wichtig. Verändert sich die Betonung während des Sprechens nur marginal, wirkt das schleppend und eintönig, was das Zuhören eher unattraktiv macht. Zu sehr betonen sollte man jedoch auch nicht, da es sich ansonsten unnatürlich anhört.

Mach mal Pause

Für eine gute Verständlichkeit sind Sprechpausen essenziell. Insbesondere dann, wenn ein Dialog entstehen soll. Pausen geben dem Gegenüber die Möglichkeit, das Wort zu übernehmen. Manche Menschen sehen schon sehr kurze Pausen als Chance, nun selbst zu Wort zu kommen, obwohl die Gedanken des Sprechers noch nicht vollkommen ausgesprochen wurden.

Andere wiederum warten länger, sodass es für den bisherigen Sprecher schwer wird zu erkennen, ob das Gegenüber auf weiteren Input wartet. Patienten müssen das vom Therapeuten Gesagte häufig erst einmal verarbeiten, weshalb es durchaus zu längeren Pausen kommen kann. Darauf sollte man achten.

Wie sollte man nun also sprechen?

Auch wenn Personen nun mal sprechen, wie sie sprechen, kann man doch Hinweise geben, wie positive paraverbale Kommunikation funktioniert. Eine etwas tiefere Stimmlage kann durchaus beruhigend auf das Gegenüber wirken. Frauen sollten nun aber nicht versuchen, künstlich ihre Stimme tiefer klingen zu lassen. Das klingt meist unnatürlich und falsch. Eine zu hohe Stimme kann allerdings kontraproduktiv sein. Die Lautstärke ist etwas einfacher zu regulieren und sollte sich bei einer normalen Lautstärke einpegeln. Das vermittelt Sicherheit und Empathie.

Die Sprechgeschwindigkeit sollte moderat gehalten werden. Das wirkt nicht nur angenehm, sondern auch überzeugend. Wer gut betont, hört sich interessant an, was den Hörer wiederum zum Zuhören einlädt. Außerdem vermittelt es Selbstbewusstsein. Für die Therapie ist ein warmer, weicher Stimmklang gut geeignet, da es die nötige Freundlichkeit vermittelt und dem Patienten ein gutes, sicheres Gefühl gibt.

Fazit

Es gibt durchaus Parameter in der paraverbalen Kommunikation, die wir beeinflussen können. Diese sollten gezielt reflektiert und gerne auch von einem neutralen Gegenüber kommentiert werden. So kann simuliert werden, wie die Stimme beim Hörer ankommt. Wenn verbale, paraverbale und nonverbale Sprache zusammenpassen, sind das gute Voraussetzungen für den Erfolg in der Kommunikation.

Bildquelle: ©pololia - stock.adobe.com

Der Autor

  • Jonathan Schneidemesser

    Seit seinem Germanistik-und Philosophie-Studium in Mannheim arbeitet er für das Fachmagazin BODYMEDIA. 2015 übernahm er nach Abschluss seines BWL-Studiums die Chefredaktion für das Magazin. 2017 etablierte er die BODYMEDIA dann mit einem eigenen Magazin im Physio-Bereich. Seine sportliche Erfahrung sammelte vor allem in seiner aktiven Zeit als 800m-Läufer. In seiner Freizeit joggt er durch den Wald oder schwingt Kettlebells.

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