Physiotherapie

Datenbasiertes Arbeiten im medizinischen Kontext

Die Nutzung von Daten im medizinischen Kontext hat in den letzten Jahren einen revolutionären Wandel erfahren, der insbesondere im Spitzensport große Fortschritte ermöglicht hat. Doch trotz dieser Erfolge scheitert die Anwendung von Daten für die Allgemeinheit noch immer an verschiedenen Hürden. Was sind die Vorteile und woran scheitert datenbasiertes Arbeiten in der Praxis?

Speziell im Spitzensport ist die systematische Erhebung medizinischer Daten längst unverzichtbar geworden. Es gibt viele Gründe, warum datenbasiertes Arbeiten und der Zugang zu entsprechenden Informationen für Therapie und Training auch für andere Patientengruppen und Nicht-Leistungssportler von hohem Wert sind.

Der Spitzensport als Vorreiter

Die Datenerhebung und -analyse im medizinischen Kontext sind von entscheidender Bedeutung, da sie die Grundlage für die Verbesserung von Diagnosen, Therapien und Leistungen bilden. Im Spitzensport sind Daten längst unverzichtbar geworden, da sie dazu beitragen, die Leistung von Athleten zu optimieren, Verletzungen vorzubeugen und den Erfolg zu steigern. Die Gründe hierfür sind vielfältig.

Individualisierung der Betreuung

Daten ermöglichen es, individuelle Stärken und Schwächen zu erkennen und Trainings- sowie Therapiepläne maßgeschneidert anzupassen. Zudem spielen bei einem patientenzentrierter Ansatz Informationen über die visuellen, kognitiven und motorischen Fähigkeiten von Patienten eine große Rolle bei der Beurteilung des Therapiefortschritts, bei der Suche nach der Ursache und bei der Prävention neuer Verletzungen. Ergänzend spielen natürlich Ernährung, Schlaf und psychische Faktoren eine große Rolle.

Verletzungsprävention

Durch die kontinuierliche Erfassung von Daten können Risikofaktoren für Verletzungen frühzeitig erkannt und vermieden werden. So weiß man heutzutage, dass z. B. ein Defizit im Bereich der visuellen und kognitiven Fähigkeiten zu einer erhöhten Verletzungsgefahr führt, da Gefahren zu spät erkannt werden, die mechanische Belastung ansteigt, um die Defizite im Bereich der visuell-kognitiven Motorik auszugleichen, und Feedforward-Prozesse nicht greifen.

Leistungssteigerung

Die Analyse von Daten hilft Athleten, ihre Leistung zu maximieren, indem Schwachstellen identifiziert und verbessert werden. Gerade in Sportarten, in denen Athletik, der Zufall und die wechselnden Situationen eine große Rolle spielen, wie z. B. in Ballsportarten und Rückschlagsportarten.

Warum die Nutzung der Daten für die Allgemeinheit in der Vergangenheit häufig scheiterte

Trotz der Fortschritte im Spitzensport blieb der Übertrag in den Alltag der Praxen und Trainingseinrichtungen in Deutschland oft aus. Das lag häufig an verschiedenen Faktoren.

Datenschutz und Ethik

Medizinische Daten sind hochsensibel und müssen streng geschützt werden. Dies führte oft zu rechtlichen und ethischen Bedenken, die die Nutzung der Erkenntnisse erschwerten. Die Erfassung und Analyse von medizinischen Daten erforderten in der Vergangenheit oft teure Technologie und Expertise, die nicht jedem zur Verfügung standen.

Heutzutage gibt es Soft- und Hardware, die sowohl im Spitzensport als auch in kleineren Einrichtungen eingesetzt werden, da neue Technologien wie Lidar, KI, Kameras mittlerweile erschwinglich geworden sind. Seitdem greifen Profisport, Militär und kommerzielle Anbieter auf die gleichen Systeme zurück und setzen auf dieselben Prinzipien. Die große Menge der gewonnenen Daten aus der Allgemeinheit kommt an dieser Stelle auch dem Spitzensport zugute.

Mangelnde Datenintegration

Daten werden oft in isolierten Silos gehalten und werden als Eigentum der Vereine und Verbände betrachtet, da sie die Daten erheben. Zudem gab es in der Vergangenheit wenige Systeme, die in vielen Einrichtungen, gerade im Spitzensport, zum Einsatz kamen. Und wenn, dann von unterschiedlichen Herstellern. So konnten weder die Daten noch die Erkenntnisse aus den erhobenen Daten in den Alltag von kommerziellen Anbietern einfließen.

Bedeutung für die Zukunft moderner Praxen

Unterm Strich ist es heute für jede Praxis und Trainingseinrichtung möglich, mit den Technologien, den Prozessen und den Erkenntnissen aus dem Spitzensport zu arbeiten. Das führt in Zukunft zu einer immer besseren Diagnostik, einer optimierten und sicheren Therapieplanung und -durchführung, da Progression von der Person und der tatsächlichen Leistungsfähigkeit abhängig ist und nicht von standardisierten Plänen. Das Gute dabei ist, dass es für das Personal in medizinischen Einrichtungen keine Mehrbelastung, sondern eine Erleichterung der Arbeitsprozesse darstellt. Dieser Transfer vom Sport in den Alltag kommt dem Patienten, dem Therapeuten und den Unternehmern zugute.

Fazit

Im medizinischen Kontext sind systematische Datenerhebung und datenbasiertes Arbeiten unverzichtbar. Während der Spitzensport bereits von den Vorteilen der Datenerhebung profitiert, waren für die breite Bevölkerung noch Hürden zu überwinden. Diese Lücke konnte geschlossen werden und seither stehen Therapeuten und Trainern die Technik und Software aus dem Spitzensport zur Verfügung, um ihren Patienten alle Vorteile individueller und evidenzbasierter Trainingstherapie zukommen zu lassen. Auf diese Weise kann die Lebensqualität und Gesundheit vieler Menschen nachhaltig verbessert werden. Zudem bekommen Therapeuten und Trainer mehr Möglichkeiten, ihr Know-how effizient anzuwenden, und Praxen und Trainingseinrichtungen verbessern neben ihrer Attraktivität auf dem Arbeitsmarkt auch ihre finanzielle Situation.

Bildquelle Header: © SKILLCOURT GmbH

Der Autor

  • Christian Hasler

    Als Geschäftsführer der movement concepts GmbH und Diplom-Sportwissenschaftler ist Christian Hasler ein Experte in den Bereichen Reha und Prävention.

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