Personal

So finden und überzeugen Sie das Personal von morgen

Immer mehr Unternehmen sehen den Mangel an qualifizierten Arbeitskräften als größte Gefahr für deren Geschäftsentwicklung. Der demografische Wandel mit einer immer geringer werdenden Anzahl an Arbeitskräften beschleunigt die Entwicklung. Wie reagiert die Fitnessbranche auf den Fachkräftemangel?

Die Fitnessbranche selbst macht aus der Not eine Tugend. Personallose Studiokonzepte sorgen zum einen für den Wegfall von Personalrecruitingsund -verwaltung und zum anderen für Gewinnoptimierung. Allerdings hat die Coronapandemie eins gelehrt: Menschen suchen den Kontakt zu anderen Menschen. Daher steht das 21. Jahrhundert unter dem Paradox der drastisch schnellen Entwicklung hin zu neuen Technologien mit gleichzeitig verstärkter Notwendigkeit, wieder „human skills“ zu erlernen.

Zu den „human skills“ zählen Fähigkeiten wie aktiv zuzuhören, schwierige Gespräche zu führen, eine gewisse Verletzlichkeit zu zeigen und Feedback zu geben sowie zu erhalten. Junge Talente zu sichern und sich auf diese Zielgruppe einzustellen ist unbedingt notwendig – zumal diese auch die Kunden von morgen sind.

Nach der Generation Z (Jg. 1995 –2010) wird in weniger als fünf Jahren die Generation alpha (Jg. 2010–2025) in den Arbeits- und Konsumentenmarkt eintreten. Zeit, sich der neuen Generation zuzuwenden und frühzeitig die Weichen zu stellen.

Kurzüberblick Generation Z

Um die Unterschiede von Generation Z zu Generation alpha zu verstehen, ist ein kurzer Überblick über die Generation Z hilfreich. Die Eltern der Generation Z sind überwiegend Mitglieder der Generation X (Jg. 1965–1980). Die „Xer“ sind geprägt vom Karrierestreben und dem Streben nach Statussymbolen. Also durfte es deren Kindern an nichts fehlen und vieles wurde im Hinblick auf deren Karriere optimiert – der Begriff der „Helikoptereltern“ ist daraus entstanden.  

Die „Zler“ kommen folglich mit einem hohen Selbstbewusstsein auf die Arbeitgeber zu, haben aber nicht die notwendigen Fähigkeiten und nicht die Geduld, auf höhere Positionen zu warten. Die möglichen Optionen machen den „Drop-out“ einfach und die Eltern – nach wie vor als Coaches und Berater mit dabei – unterstützen dies zumeist.

Schwierige Gespräche zu führen, dabei Unzufriedenheit auszudrücken oder nach anderen Arbeitsbedingungen zu fragen, wird häufig vermieden. Stattdessen wird, wie im Privatleben, häufig das Mittel des „Ghostings“ (vollständiger Kommunikations- und Kontaktabbruch ohne Ankündigung) betrieben.


Junge Talente zu sichern und sich auf diese Zielgruppe einzustellen, ist unbedingt notwendig – zumal diese auch die Kunden von Morgen sind (Bildquelle: © Vadym - stock.adobe.com)

Die „Zler“ wurden in ihrem Heranwachsen medial stark mit gesellschaftlichen Krisen konfrontiert und können sich gut für ein höheres Ziel einsetzen (z. B. „fridays for future“). Die schnelle Anpassung an neue Technologien und Apps sowie die Fähigkeit, sich sehr gut nach außen zu präsentieren, helfen dabei und können im Arbeitskontext Gold wert sein.

Die Generation alpha

Die Generation alpha ist die erste Generation, die komplett im 21. Jahrhundert geboren sein und in diesem aufwachsen wird. Mit fast 2 Milliarden Menschen wird diese Generation zudem die größte weltweit sein. Die Eltern der alphas werden meist der Generation Y (Jg. 1980–1995) entstammen – also den „Millennials“. Und diese waren bekannt für das Hinterfragen der traditionellen Arbeitswelt und für die „Work-Life-Balance“. Die Abkehr vom unbedingten Karrierestreben wird durchaus positive Auswirkungen auf die alphas haben.

Die alphas werden noch agiler und anpassungsfähiger als die „Zler“ sein. Dies hängt mit der Erziehung durch die Millennials zusammen, die den Helikopter nur ab und zu in die Luft steigen lassen.

Alphas beißen sich eher durch, anstatt aufzugeben. Direkt zur nächsten verfügbaren Option überzugehen, wie viele „Zler“, ist nicht das Ziel. Hier ist also abzusehen, dass sich die „Drop-outs“ aus dem Job reduzieren werden und unbequeme Gespräche auch geführt werden.

Denn die alphas werden zum einen eher um Hilfe bitten als die „Zler“, die eher in Stille leiden. Auch Fehler werden von den alphas als Möglichkeit gesehen, ein persönliches Defizit zu beheben, anstatt sich persönlich angegriffen zu fühlen. Eine sehr gute Ausgangslage für Ausbilder und Inhaber, Personal zu finden, zu entwickeln und langfristig zu binden.

Recruitment-Kernfaktoren der Generation alpha

Um das Nachwuchspersonal von morgen zu rekrutieren und zu qualifiziertem Personal auszubilden, werden drei Kernfaktoren zu bedenken sein: Zeit, die alpha-Eltern und die eigene Ausbildungskompetenz.

Zeit beschreibt hierbei den Zustand, dass die alphas früher in die Pubertät eintreten und diese auch später endet. Das Erwachsenendasein wird somit nach hinten verschoben. Die Kinder werden noch länger bei den Eltern wohnen, da deren Bildungskarriere länger wird. Somit verdienen die alphas auch später Geld. Da dies bei der Generation Z bereits begonnen hat, werden diese Generationen in Australien auch KIPPERS (Kids in Parents Pockets Eroding Retirement Savings) genannt. Also die Kinder, die aus den Taschen und von der Altersvorsorge der Eltern leben.

Die Generation alpha wird die Generation sein, die formell am besten ausgebildet ist. Nach dem Verlassen der Schule stehen mittlerweile unzählige Möglichkeiten an Ausbildungs- und Erfahrungswegen zur Verfügung. Vom Work & Travel über die klassische betriebliche Ausbildung bis hin zur Hochschulkarriere an Präsenzuniversitäten oder Fernhochschulen im Voll- und Teilzeitstudium sowie im dualen System.

Dazu kommt, dass auch der Hochschulzugang durch Berufserfahrung oder Aufstiegsweiterbildungen (z. B. Fitness- oder Sportfachwirt:in) möglich ist. Wenn nun nach der Schulkarriere ein Potpourri an Möglichkeiten bereitsteht, ist zu empfehlen, dass man sich als personalsuchendes Unternehmen frühzeitig den Kernfaktoren Eltern und der eigenen Ausbildungskompetenz zuwendet.

Weiterhin werden die Eltern bei den Entscheidungen der alphas (wie auch bei Generation Z) stark mit eingebunden sein. Ohne deren beratende Funktion wird zumeist nichts entschieden. Somit macht ein sinnvoll gestaltetes, zusätzliches Elternmarketing großen Sinn.

Dabei ist die Ansprache der richtigen Zielgruppe entscheidend. Nur: Die Eltern entstammen nun aus unterschiedlichen Generationen – die Ansprache ändert sich. Die alpha-Eltern aus der Generation Y tummeln sich vermehrt auf Instagram und kennen noch die Nutzung der klassischen Kanäle der Bewerberportale und Berufsmessen.

Selbstverwirklichung und lebenslanges Lernen sind Kerneigenschaften der Generation Y. Diese müssen in den Botschaften im Elternmarketing Anklang finden, um vom eigenen Unternehmen zu überzeugen.

Ideal ist, die eigene Ausbildungskompetenz im Marketing zu bewerben. Denn die alpha-Eltern wissen, dass die besten Stellen in Ausbildung und Festanstellung diejenigen sind, die die beruflichen Fähigkeiten weiterentwickeln und Fertigkeiten vermitteln. Die Vergütung oder das Gehalt sind anfangs nicht entscheidend. Die Generation Y ist die Generation der vielen kostenfreien Praktika und die nicht mit horrenden Einstiegsgehältern den Markt herausfordern konnte. Und dies geben sie ihren Kindern weiter. Im Vergleich zur Generation X spielen Statussymbole und viel Geld eine untergeordnete Rolle.

Die Kernaspekte einer guten Ausbildungskompetenz können zum Beispiel sein:

  •  Betrieblicher Ausbildungsplan in Einklang mit dem Lehrplan des Bildungspartners
  •  Fixe Ansprechpartner bzw. Ausbilder (ideal mit Ausbildereignungsschein)
  •  „Mentor“, der beim Einstieg in die Ausbildung bzw. das Studium hilft
  •  Innerbetriebliche Schulungsangebote
  •  Mögliche Karrierewege im Anschluss an die Ausbildung bzw. das Studium
  •  Regelmäßige, monatliche Feedbackgespräche

Eine angemessene Vergütung ist dabei jedoch nicht unwichtig. So sollten mindestens die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden. Allerdings entscheiden sich Auszubildende und Studierende nicht selten aufgrund einer, aus deren Sicht, zu geringen Vergütung, die Ausbildung oder das Studium abzubrechen. Meist liegt es daran, dass die Lebenshaltungskosten nicht ausreichend gedeckt wurden oder die Mitbewerber aus den Bereichen Industrie oder Gewerbe mehr Vergütung bieten. Aus der eigenen Erfahrung steigt die Wahrscheinlichkeit an, Studierende und Auszubildende langfristig zu binden, wenn die Kombination aus guter Ausbildungskompetenz und einer überdurchschnittlichen Vergütung zusammenkommt.

Erwartungsmanagement im Recruitmentprozess

Damit Sie nach erfolgtem Recruiting der „future talents“ auch glaubwürdig bleiben und Vertrauen stärken, ist ein erfolgreiches Erwartungsmanagement erforderlich. Führen Sie in den Stellenanzeigen, Recruitment-Videos und Social-Media-Ads sowie TikToks nur Inhalte auf, die wahr sind und die die Interessenten nach Einstellung auch vorfinden. Es hat einen drastischen Einfluss auf die Motivation, die Zufriedenheit und die Bindung der Mitarbeiter.


Mit einem erfolgreichen Erwartungsmanagement kann die Fluktuation im Betrieb verringert werden (Bildquelle: © Vadym - stock.adobe.com)

Stellen Sie sich vor, Ihnen wird ein angenehmes Arbeitsklima und erfolgreiche Teamarbeit versprochen und nach Einstellung arbeitet man in einem Hochdruck-Arbeitsumfeld und allein – oder sogar gegeneinander. Stellen Sie sich vor, man verspricht Ihnen eine abwechslungsreiche Tätigkeit, um schließlich zwischen Trainingsfläche und Service-Counter zu tingeln, obwohl Kursleitertätigkeit und Personal Trainings versprochen waren.

Niemand würde behaupten, dass er sich wohlfühlen würde. Im Gegenteil: Das Vertrauen und die Motivation sinken rapide. Im schlimmsten Fall kommt das ganze Unternehmen in Verruf, wenn Mund-zu-Mund-Propaganda und schlechte Google- sowie Kununu-Bewertungen über das Unternehmen im Internet kursieren. Und das Internet vergisst in der Regel nicht.

Generation alpha und das Wohlbefinden am Arbeitsplatz

Besonders in der kommenden Generation erhöht sich die Wichtigkeit des Wohlbefindens am Arbeitsplatz. Das Arbeitsumfeld übernimmt mehr und mehr den Stellenwert des „dritten Ortes“ – zusätzlich. Der dritte Ort als soziale Umgebung wurde früher als Abgrenzung zur häuslichen und arbeitsbezogenen Umgebung definiert. Dies waren Vereine, Bibliotheken, Kirchengemeinden oder Cafés.

Die Bedeutung lokaler Gemeinschaften, in denen Menschen zusammenkamen, reduziert sich durch die Digitalisierung immer weiter. Immer mehr Menschen fühlen sich einsam und finden Bedeutung in ihrer Arbeit. Daher übernimmt auch der Arbeitsplatz zunehmend diese Funktion.

Die Förderung des eigenen Wohlbefindens durch den Arbeitgeber wird zu einem Auswahlkriterium. Die Generation alpha wird das emotionale Wohlbefinden und die mentale Gesundheit offener und stärker behandeln und fordert die Unterstützung des Arbeitgebers auch ein.

Die Maßnahmen sollten aber auch das Ziel haben, den Mitarbeitern eine entsprechende Arbeitsumgebung zu bieten. Nicht um Produktivität und Effizienz zu steigern. Menschen sind schließlich keine Handtücher, aus denen man den letzten Tropfen Wasser herauswringt und sie dann auf den Boden wirft.

Dem Wohlbefinden sollte sich auch in einer ganzheitlichen Betrachtungsweise genähert werden. Sicher sind der Beitrag zur Bewegung (aktive Pausen, kostenlose Trainingsmöglichkeiten), der Zugang zu gesundem Essen (z. B. Obstkörbe) oder eine gute Ausstattung der Arbeitsumgebung (z. B. Förderung verschiedener Steh- und Sitzpositionen) eine gute Annäherung.

Jedoch bemisst sich Wohlbefinden auch daran, wie groß der Beitrag der Mitarbeiter zu einem höheren Lebenszweck ist, wie gut das Unternehmen für deren Weiterentwicklung sorgt und ob das Unternehmen einen Unterschied im Leben anderer macht.

Besonders der Unternehmenszweck, der Einfluss auf das Leben anderer wird durch Generation alpha zunehmend wichtiger. War die Generation Z schon sehr aktiv in gesellschaftlichen Themen wie soziale Verantwortung, Diversität, Toleranz und Nachhaltigkeit involviert, bringen die alphas diese Werte schon ab Kindheit mit. Unternehmen werden in Zukunft verstärkt auf diese Werte beleuchtet und für gut befunden oder nicht. Arbeit soll nicht nur Spaß machen und für Weiterentwicklung sorgen, sondern den Menschen und der Gesellschaft auch Gutes bringen.

Globale Vernetzung

Die globale Vernetzung durch digitale Technologie verstärkt den Blick auf gesellschaftliche Themen, da die Welt näher zusammenrückt. Nutzen Sie die Tatsache, dass die alphas keine analoge Welt mehr kennen. Für sie sind der Touchscreen und das Eingeben von Daten Normalität. Zum einen können Sie die digitale Kompetenz (wie bei der Generation Z) für eigene Zwecke nutzen: z. B. die Einbindung in die Erstellung von Social-Media-Inhalten oder zum Überprüfen der Nutzerfreundlichkeit von Homepage, Apps oder Bewerbungswegen.

Zum anderen können Sie in Übereinstimmung mit der Datenschutzgrundverordnung und Teilnahme der Mitarbeiter Daten sammeln, was Mitarbeiterzufriedenheit, Bedürfnisse und Wünsche oder Verbesserungen betrifft. Zudem ist die Teilnahme an Bonusprogrammen oder die Datensammlung für das individuelle Kundenerlebnis ebenfalls Alltag für die alphas. Wieso diese Systematik nicht für die Mitarbeiterbindung nutzen, indem Anerkennung und Belohnungen auf Basis der individuellen Bedürfnisse und Wünsche vergeben werden?

Fazit

Wie sich die Generation alpha entwickeln wird, ist zum einen bereits vorhersehbar, aber zum anderen noch mit Unwägbarkeiten der Zukunft versehen. Es ist deutlich zu sehen, dass sich die Lebensweisen und das Erlebnis „Leben“ zwischen den Generationen X, Y, Z und alpha stark unterscheiden. Diese Unterschiede werden in den nächsten Jahren vermehrt als Einfluss in das Personalrecruiting, die Führungskultur und in die Bindung des Personals einfließen. Der Startschuss ist jetzt, um frühzeitig das Personal von morgen zu finden und für sich zu überzeugen.

Dos and Don’ts beim Recruiting                                                                                       
Dos
-  Eigene Ausbildungskompetenz prüfen und verbessern
-  Erwartungsmanagement betreiben: Stellenausschreibungen in Einklang mit gelebtem Arbeitsalltag bringen
-  Mentor für den Einstieg in Ausbildung und Studium anbieten
-  Möglichkeiten der Weiterentwicklung und Karriere aufzeigen
-  Elternmarketing gestalten und Ansprache der richtigen Zielgruppe treffen

Don’ts
-  „Alte“ Ausbildungsweisen und Führungsstile anwenden: neue Generationen bedürfen Umdenken
-  Eintöniges Arbeiten in Fließbandmentalität fördern
-  Wohlbefinden der Mitarbeiter ignorieren
-  Status quo behalten und Zeit für Anpassung verstreichen lassen

Bildquelle Header: © Vadym - stock.adobe.com
Textquelle: Maas, R. (2019). Generation Z für Personaler und Führungskräfte. Ergebnisse der Generation-Thinking-Studie. München: Carl-Hanser.
Textquelle: Schlotter, L. & Hubert, P. (2020) Generation Z – Personalmanagement und Führung. 21 Tools für Entscheider. Wiesbaden: Springer.
Textquelle: Sinek, S. (2017). Leaders eat last. London: Penguin LLC US.
Textquelle: McCrindle, M. & Fell, A. (2021) Generation Alpha. Understanding our children and helping them thrive. London: Headline Publishing Group.

Der Autor

  • Jan Paffhausen

    Jan Paffhausen hat an den Universitäten Stuttgart und Tübingen Sportwissenschaft mit dem Profil „Gesundheitsförderung“ (Master of Arts) studiert. Nach dem Studium hat er als Bewegungsanalyst und als Bildungsreferent für Trainerausbildungen im Radsport gearbeitet. Er ist zudem Inhaber der B-Trainer-Lizenz Leistungssport Radsport. Am IST-Studieninstitut ist er schwerpunktmäßig für die Ausbildungsbetriebe und Betreuung der Auszubildenden und Studierenden an den Standorten Stuttgart und Frankfurt/Main verantwortlich.

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