Personal

Gehaltsverhandlungen in der Physiotherapie: Die Rolle des Arbeitgebers

Möchten Mitarbeiter mehr Gehalt, können schon mal Schweißperlen auf der Stirn des Arbeitgebers auftreten. Solche Situationen können bei der aktuellen wirtschaftlichen Lage derzeit sogar häufiger auftreten. Wir zeigen, wie Inhaber einer Physiotherapiepraxis mit Gehaltsforderungen umgehen können.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Als Unternehmer sollte man sich vor einer Gehaltsverhandlung gut vorbereiten und über die Arbeitsleistung des Mitarbeiters, vorherige Gehaltserhöhungen und eventuell auch über die private Situation des Mitarbeiters Bescheid wissen.
  • Außerdem sollte man die Beweggründe des Mitarbeiters verstehen und gemeinsam an Problemlösungen arbeiten.
  • In Praxen, die sich eine Gehaltserhöhung einfach leisten können, kann es sinnvoll sein, mit den Mitarbeitern über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens zu sprechen.
  • Um die Mitarbeiterbeziehung nicht zu beschädigen, sollte dem Wunsch nach einer Gehaltserhöhung mit Wertschätzung begegnet werden.

Gerade in den heutigen Zeiten mit hoher Inflation und finanzieller Unsicherheit ist für viele Arbeitnehmer der Gang zum Arbeitgeber mit der Frage nach einer Gehaltserhöhung fast schon unausweichlich. Insbesondere in Branchen mit einem hohen Fachkräftemangel rechnen sich diese dann auch entsprechend gute Chancen aus, denn der Arbeitgeber kann es sich eigentlich nicht leisten, Personal zu verlieren.

Aber wie sieht die Situation für den Unternehmer aus? Bewilligt dieser die Gehaltserhöhung, kann für ihn die sogenannte Lohnpreisspirale beginnen. Der Mitarbeiter bekommt mehr Gehalt, wird über kurz oder lang zu erneuten Verhandlungen kommen, wo der Unternehmer erneut nachgibt, da er den Weggang des Mitarbeiters befürchtet. So dreht sich die Spirale von Jahr zu Jahr nach oben.

Wer sich mit den wirtschaftlichen Zahlen einer Physiopraxis befasst, kann erkennen, dass viele Praxen diese regelmäßigen Gehaltserhöhungen nicht mittragen können, insbesondere natürlich die Praxen, die sich ausschließlich auf Kassenpatienten spezialisiert haben. Um die Wirtschaftlichkeit seiner Praxis zu erhöhen, müsste der Unternehmer die Gehaltserhöhung eigentlich ablehnen. Aber wie tut er das, ohne den Mitarbeiter zu verlieren?

Entwicklung der Gehaltsstruktur in der Physiotherapie

Vorab müssen wir noch mal festhalten, wie sich Gehaltsgefüge in der Physiotherapie derzeit entwickeln. Aufgrund des Fachkräftemangels werben viele Praxen mit hohen Gehältern, die sie möglicherweise noch nicht einmal bis zum Ende kalkuliert haben, um überhaupt Mitarbeiter zu finden. Warum das aktuell nicht unbedingt gut klappt, schauen wir uns am Ende noch einmal an.

Der Markt für Therapeuten ist also so eng, dass diese jederzeit zu einer Praxis gehen könnten, die ihnen mehr bezahlt. Das macht die Argumentation für Praxisinhaber natürlich extrem schwierig. Möglicherweise haben sie auch im Hinterkopf, dass sie gerne mehr zahlen würden, aber nicht können.

Nun kommt es zum Tag der Gehaltsverhandlung. Aufgrund der geschilderten Situation ist sich der Therapeut enorm sicher, dass er bekommt, was er verlangt. Wie kann der Praxisinhaber jetzt reagieren, um nicht in die drohende Lohnpreisspirale zu geraten?

Gut auf Gehaltsgespräche vorbereitet sein

Der wichtigste Tipp ist, sich gut vorzubereiten. Über alles Relevante, was in dem Gespräch zur Sprache kommen könnte, sollte der Unternehmer Bescheid wissen. Dazu zählen u. a. Arbeitsleistung des Mitarbeiters, evtl. vorherige Gehaltserhöhungen, was der Mitarbeiter mit dem Unternehmen bereits erlebt hat und wie die private Situation des Mitarbeiters ist. Passiert in diesem Gespräch ein Fehler, kann das dazu führen, dass der Unternehmer sein Ziel tatsächlich nicht erreicht und möglicherweise am Ende einen Mitarbeiter verliert.


Wer keine Gehaltserhöhung geben kann oder möchte, sollte mit dem Mitarbeiter auch über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens sprechen (Bildquelle: © chika_milan - stock.adobe.com)

Jetzt aber zum Gespräch: Der Wunsch des Mitarbeiters sollte immer ernst genommen werden. Man sollte beim Vortragen des Wunsches und der Argumente aktiv zuhören. So fühlt sich der Mitarbeiter wertgeschätzt und hat nicht das Gefühl, dass sein Anliegen unpassend ist. Das sollte man auch dann tun, wenn man bereits vorher weiß, dass eine Gehaltserhöhung nicht möglich sein wird.

Irgendwann sollte sich der Inhaber dann äußern. Das sollte in ruhiger Weise, geduldig und freundlich passieren. Ein Gespräch auf Augenhöhe eben. Aber hier hat der Unternehmer den Hebel in der Hand, denn nun weiß er, was der Mitarbeiter möchte, und kann darauf reagieren.

Grund für Gehaltserhöhung ermitteln

Nicht immer liegt der Hauptgrund für eine Gehaltserhöhung darin begründet, dass der Mitarbeiter einfach nur mehr Geld verdienen möchte oder dass die private finanzielle Lage suboptimal ist. Man sollte daher erst mal herausfinden, mit welchem Beweggrund der Mitarbeiter kommt. Möglicherweise hat er das Gefühl, dass seine Arbeit zu wenig wertgeschätzt wird, oder aber er möchte eine gefühlte Überforderung mit mehr Geld kompensieren.

Diese Parameter haben erst mal nichts mit Geld zu tun, sondern begründen sich in der Arbeitsplatzgestaltung. Diese kann Mitarbeitern durchaus zu schaffen machen und sollte angepasst werden, um einen Arbeitsplatz zu bieten, an dem Mitarbeiter sich wohlfühlen. Verändert sich hier etwas, steigen Motivation und möglicherweise Leistung.

Leistung ist ebenfalls ein wichtiger Punkt beim Thema Gehalt. Dieses bemisst sich häufig an derselben. War die Leistung des Mitarbeiters bisher nicht zufriedenstellend, sollte das Gehalt auch nicht einfach angehoben werden. Es kann durchaus sinnvoll sein, das dem Mitarbeiter zu kommunizieren und mit ihm einen Plan zu erarbeiten, sodass sich seine Leistung in eine Richtung entwickelt, die der Unternehmer sich wünscht.

Damit das nicht verletzt, sollte es wertschätzend kommuniziert und deutlich gemacht werden, dass der Mitarbeiter den Weg nicht alleine gehen muss, sondern er dabei unterstützt wird. Tritt da alles ein, sollte die Gehaltserhöhung auch erfolgen. Diese muss sich aber nicht immer in Geld widerspiegeln, sondern kann auch in Form von mehr Urlaub oder anderen Vorteilen gewährt werden.

Über Zahlen sprechen

In Praxen, die sich eine Gehaltserhöhung einfach nicht leisten können, kann es sinnvoll sein, über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens und damit Zahlen zu sprechen. Man muss und sollte nicht alles offenlegen, sondern gerade so viel, dass der Mitarbeiter verstehen kann, was für den Inhaber möglich ist. Denn Geld herzaubern kann niemand. Man kann mit ihm vereinbaren, dass sein Anliegen um ein Jahr verschoben wird und dann erneut prüft, ob die Zahlen eine Erhöhung zulassen.

In dieser Zeit sollte man sich darum bemühen, neue Wege zu finden, die Umsätze zu erhöhen. Möglicherweise erarbeitet man diese sogar mit dem Mitarbeiter selbst. Auch in diesem Fall kann dem Mitarbeiter vielleicht nicht mehr Geld geboten werden, möglicherweise aber andere Optionen, wie der bereits angesprochene Mehrurlaub oder die Übernahme der Kosten für eine Fortbildung.

Egal, aus welchem Grund ein Mitarbeiter nach mehr Gehalt fragt, sollte diesem Wunsch mit Wertschätzung begegnet werden. Eine einfache, unbegründete oder schlecht begründete Ablehnung kann die Bindung des Mitarbeiters zum Unternehmen beschädigen. Beschädigen ist hier der richtige Begriff, denn damit ein Verhältnis zerstört wird, muss während der Verhandlung einiges schieflaufen. Nur etwa jeder zehnte Mitarbeiter gibt eine abgelehnte Gehaltserhöhung als Kündigungsgrund an.

Viele versuchen es nach einem Jahr erneut und zeigen bis dahin Verständnis für den Arbeitgeber. Das ist insbesondere dann gegeben, wenn sich die Mitarbeiter in der Physiopraxis eigentlich wohlfühlen. Und damit kommen wir zu dem angekündigten Punkt, warum Geld in der Physiotherapie nicht unbedingt der alles entscheidende Faktor ist. Generell geht es für die meisten Arbeitnehmer häufiger um die Rahmenbedingungen als um das reine Geld, das ihnen monatlich bezahlt wird.

Insbesondere die Unternehmenskultur, der Umgang des Inhabers mit dem Team, das Teamgefüge und die Arbeitsbedingungen sind entscheidend, ob ein Mitarbeiter kommt, geht, oder bleibt.

Fazit

Gehaltsverhandlungen lassen sich in der aktuellen Zeit nicht verhindern. Daher sollte man sich gut auf sie vorbereiten und prüfen, ob sie wirklich gerechtfertigt und für das Unternehmen leistbar sind. Der Physio-Unternehmer sollte nicht aus der reinen Angst, Mitarbeiter zu verlieren, jeder Forderung nachkommen. Das wird bei vielen Praxen irgendwann scheitern, da die Geldtöpfe nicht unendlich vergrößert werden können.

Häufig sind Mitarbeiter auch mit anderen Vorteilen zufrieden oder akzeptieren, dass keine Erhöhung möglich ist. Denn letztlich entscheiden andere Faktoren darüber, wie hoch die Mitarbeiterzufriedenheit ist, als das reine Gehalt.

Bildquelle Header: © chika_milan - stock.adobe.com

Der Autor

  • Jonathan Schneidemesser

    Seit seinem Germanistik-und Philosophie-Studium in Mannheim arbeitet er für das Fachmagazin BODYMEDIA. 2015 übernahm er nach Abschluss seines BWL-Studiums die Chefredaktion für das Magazin. 2017 etablierte er die BODYMEDIA dann mit einem eigenen Magazin im Physio-Bereich. Seine sportliche Erfahrung sammelte vor allem in seiner aktiven Zeit als 800m-Läufer. In seiner Freizeit joggt er durch den Wald oder schwingt Kettlebells.

Magazin

BODYMEDIA Physio 1-2023E-Book lesen

BODYMEDIA Physio 1-2023

Mehr erfahren