Marketing

Den gestiegenen Erwartungen der Mitglieder gerecht werden

Angebot, Ausstattung, Ambiente – zweifelsfrei alles Faktoren, auf die Mitglieder bei der Wahl des Fitnessstudios großen Wert legen. Der wichtigste Erfolgsbaustein allerdings ist, wie in der Dienstleistungsbranche üblich, der Service, der geboten wird. Doch was zeichnet einen serviceorientierten Club aus und welche Erwartungshaltung haben die Kunden an den Service in ihrem Studio?

Je härter ein Markt umkämpft ist, desto wichtiger ist es, durch Top-Service zu überzeugen. Da die Erwartungshaltung der Mitglieder in Sachen Service in den vergangenen Jahren gestiegen ist, sind die Anforderungen an die Clubs und das Personal deutlich gewachsen. Egal ob Discount- oder Premiumanlage,  Freundlichkeit wird zu jeder Uhrzeit von allen Mitarbeitern erwartet. Doch das reicht längst noch nicht aus. Service bedeutet, dass die Mitarbeiter auf jeden Menschen, der die Anlage betritt, zugehen. Mitarbeiter, die den Servicegedanken leben, begrüßen nicht nur den Kunden, sie lernen, ihn anhand von dessen Aussagen, Verhalten und seiner Körpersprache zu verstehen. 

Diejenigen Mitarbeiter, die das beherrschen, wissen genau, wann das Mitglied einen Smalltalk wünscht und wann nicht, wann es angebracht ist, auf die Eiweiß-Aktionen aufmerksam zu machen, und wann eher nicht. Ziel jedes Studiobetreibers sollte es sein, dass all seine Mitarbeiter diese Fähigkeiten durch Schulungen und Coachings lernen. Wichtig ist: Service darf nicht nur ein Lippenbekenntnis sein. Studios, die über ihre Kanäle und ihr Marketing Top-Service versprechen, müssen diesen auch einhalten. Wird den Kunden beispielsweise suggeriert, dass sie durch qualifiziertes Personal individuell und fachlich auf höchstem Niveau betreut werden, sind sie selbstverständlich enttäuscht, wenn bei ihren Besuchen in den Anlagen nur ein Trainer in der Anlage ist, der unmotiviert an der Theke steht. Die Kündigung des Mitgliedsvertrags ist die logische Konsequenz. 
 


Die Erwartungshaltung der Mitglieder an den Service ist in den vergangenen Jahren enorm gestiegen und die Anforderungen an das Personal sind gewachsen
 

Service beschränkt sich nicht allein auf das Studio
Der Service eines Fitnessstudios beschränkt sich mittlerweile nicht mehr ausschließlich auf die Dienstleistung im Club. Immer mehr Kunden setzen eine ganzheitliche Betreuung voraus, auch wenn sie gerade nicht in der Anlage sind. Nicht zuletzt die Corona-Krise hat gezeigt, dass immer mehr Menschen bereit sind, ihr Fitnessprogramm im Freien durchzuführen. Um diese Menschen nicht zu verlieren bzw. sie als Neukunden gewinnen zu können, ist es aus Sicht der Studios wichtig, Tools wie beispielsweise Apps anzubieten, sodass ihre Mitglieder auch außerhalb des Studios trainieren können. Fitnessclubs haben den entscheidenden Vorteil, dass sie die Trainierenden qualifiziert anleiten können. Denn sind wir ehrlich, beim Blick in die Parks fällt auf, dass viele Menschen falsch trainieren. Hier gilt es für Fitnessstudios anzusetzen. Denn die Club-App kann die Mitglieder nicht nur durch das Training unterstützen, sondern z. B. auch durch Ernährungstipps und Content-Vermittlung via Webinare dazu beitragen, dass das jeweilige Trainingsziel erreicht wird. Die wohl größte Herausforderung für Fitnessstudiobetreiber besteht in Zukunft also darin, die Kundenbetreuung durch den Einsatz von digitalen Tools weiter zu verbessern und verschiedene Services zu bieten, von denen ihre Mitglieder auch zu Hause profitieren können. Gelingt dies, müssen Betreiber das Angebot von Home-Trainings-Konzepten und Influencer nicht fürchten. Im Gegenteil – sie schaffen es, ihre Mitglieder zu begeistern und dauerhaft zu binden.

Fazit
Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass ein Großteil der Studiobetreiber erkannt hat, dass ein Top-Service der Erfolgsfaktor schlechthin ist. Um den Service zu verbessern, wurden vielerorts die Arbeitsprozesse angepasst und weiterentwickelt und die Mitarbeiter geschult. Allerdings, das bleibt festzuhalten, ist das Potenzial in Sachen Servicequalität in Fitnessstudios längst noch nicht ausgeschöpft. Einerseits gilt es, vor allem die digitalen Möglichkeiten, die die Mitgliederbetreuung und den Service zweifelsfrei steigern können, noch stärker zu nutzen. Andererseits müssen die Betreiber durch regelmäßige Coachings und Schulungen dafür sorgen, dass all ihre Mitarbeiter den hohen Serviceerwartungen der Mitglieder jederzeit gerecht werden.  

 



Interview mit Kirsten Dehmer, Geschäftsführerin fitforfacts
BODYMEDIA:
Du führst mit deinem Team Mystery-Checks durch. Wo müssen sich die Clubs konkret verbessern, um ihre Servicequalität weiter zu steigern?
Kirsten Dehmer: Jeder Club hat je nach Standort und Zielgruppe andere Herausforderungen zu bewältigen, denn aufgrund der Kundenansprache werden Erwartungen geschürt und somit müssen diese auch erfüllt werden. Wer also mit Top-Service und Betreuung wirbt, muss diesen auch gewährleisten. Das bedeutet, von Beginn an muss der Kunde das Gefühl von Service erhalten. Am Telefon, direkt am Check-in, auf der Fläche und auch in den Kursen. Die Betreiber müssen einen „roten“ Faden haben, der sich durch alle Abteilungen zieht, denn jeder Mitarbeiter muss verstehen, was Service in dem Bereich bedeutet, für den er verantwortlich ist. Dafür muss man alle Bereiche, die der Kunde je erleben wird anschauen, analysieren und immer wieder optimieren. Dazu gehört auch das Backoffice und die Art, wie kommuniziert wird. Das Verhalten der Mitarbeiter ist entscheidend für den Erfolg. Was uns fast überall auffällt, ist, dass die Mitarbeiter keine wirkliche Einarbeitungszeit bekommen und zum Teil schon nach einer Woche selbstständig in einem Bereich arbeiten und dann wegen des erhöhten Stresses sehr schnell an Grenzen kommen und nicht mehr serviceorientiert arbeiten. Außerdem haben wir festgestellt, dass Service von vielen Betrieben nicht gut gelehrt wird, denn oft fehlt den Mitarbeitern die Antwort auf das „Warum muss ich das so machen?“. Sobald Mitarbeiter das „Warum“ kennen, ist für sie die Umsetzung einfacher. 

BODYMEDIA: Kannst du uns einige Beispiele aus Studios nennen, die für guten Service stehen und die die Mitglieder besonders zu schätzen wissen?
Kirsten Dehmer: Da wir Verschwiegenheitsklauseln in unseren Verträgen haben, nennen wir keinerlei Kunden, die besonders gut arbeiten. Was die Studios tun, die immer überdurchschnittlich abschneiden, ist, dass sie das gesamte Kundenerlebnis regelmäßig unter die Lupe nehmen und sehr schnell auf Feedback reagieren. Außerdem werden alle Quellen der Kundenfeedbacks an eine Stelle geschickt, dort ausgewertet und die Maßnahmen dann mit den einzelnen Abteilungen besprochen. Somit ist gewährleistet, dass alle Abteilungen immer einen Kundenfokus haben. Das geht von Neuanmeldungen bis hin zu Kündigungen. Es wird also keine Abteilung ausgelassen und alle agieren vernetzt. Oft wird vergessen, dass die Tester nicht mit bösen Absichten kommen, sondern als ganz normale Kunden. Das sollten die Studios sehr ernst nehmen. Denn meist ist es so: Wenn Unangenehmes aufgedeckt wird, ist es bereits für alle anderen Kunden auch sichtbar und wahrscheinlich schon seit längerer Zeit ein Mangel. 

BODYMEDIA: Wichtiger Bestandteil des Service ist das Beschwerdemanagement. Welche Punkte gilt es für Fitnessstudios diesbezüglich zu beachten?
Kirsten Dehmer: Alle Rückmeldungen, egal aus welcher Richtung sie kommen, müssen ernst genommen und analysiert werden. Wir haben  uns beispielsweise „Feedback-Kanäle“  angeschaut und sind sehr verwundert darüber, dass Betreiber diesen Rückmeldungen kaum Beachtung schenken. Es gibt unzählige Feedback-Möglichkeiten wie z. B. Google-Bewertungen, Facebook-Kommentare, Instagram-Kommentare. E-Mails an das Studio über verschiedene Mail- Adressen, Kununu-Bewertungen, You-Tube-Videos, Mystery-Testauswertungen, Aussagen der Kunden gegenüber Mitarbeitern, Kundenstimmen per Post oder Feedbackkarten, Rückmeldung über Feedbacksysteme in der Anlage und Informationen an die Buchhaltung und Verwaltung. Wahrscheinlich gibt es noch viele weitere Tools, die Kunden nutzen, um ihre Meinung zu äußern. Wichtig ist, dass alles gehört, gesehen und ins Verhältnis gesetzt werden muss. Es muss klar sein, wie man mit welchem Feedback umgeht, wer dafür zuständig ist und wer letztlich für die Umsetzung entsprechender Maßnahmen, die zur Verbesserung der Situa-tion beitragen sollen, verantwortlich ist. Beschwerdemanagement ist ein Pro-jekt und es ist nicht einfach mal ad hoc zu installieren, sondern begleitet die Studiomitarbeiter Tag für Tag.

BODYMEDIA: Welche Kontrollmechanismen sollten Studiobetreiber einführen, um die Servicequalität dauerhaft hochhalten zu können?
Kirsten Dehmer: Regelmäßige Umfragen bei Mitgliedern und auch Mitarbeitern sind ein Muss. Denn häufig decken sich die Sichtweisen. Testbesuche in regelmäßigen Blocks oder regelmäßigen Abständen sind ebenfalls zu empfehlen.

BODYMEDIA: Du führst mit deinem Team auch Tests in Hotels durch. Was können Fitnessclubs in Sachen Service von der Hotelbranche lernen?
Kirsten Dehmer: Ganz klar, die klar strukturierten Abläufe, und zwar in allen Bereichen zu übernehmen. Prozesse sind in Hotels immer genau beschrieben, um zum einen die Qualität zu gewährleisten, aber vor allem auch um das Einarbeiten neuer Mitarbeiter so schnell und effizient wie möglich zu gestalten. Nur durch klar strukturierte Abläufe können sich sowohl die Chefs als auch die Gäste im Hotel darauf verlassen, dass der Service zu jeder Zeit gewährleistet ist und reibungslose Abläufe garantiert. Im Fitnessstudio beobachten wir immer, dass es Diskussionen über Verhalten und Prozesse gibt. Service bedeutet, sich auf den Kunden einzustellen und dennoch das „eigene Haus“ zu sehen und im Fokus zu haben. Denn das Hotel, egal ob es sich dabei um ein Low-Budget-Hotel handelt, hat eine Ausrichtung, und diese gilt es zu leben. Kein Gast wird in einem Low-Budget-Hotel den fehlenden Zimmerservice bemängeln, denn die Ausrichtung des Hauses ist jedem Gast bewusst. Die klare Ausrichtung fällt in der Fitnessbranche vielen hingegen sehr schwer.  

BODYMEDIA: Vielen Dank für das Interview.

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Der Autor

  • Constantin Wilser

    Constantin Wilser ist seit 2006 in der Fitnessbranche als Redakteur tätig. Davor absolvierte er sein Bachelor-Studium der Sportwissenschaften am KIT in Karlsruhe. Seit 2019 ist er Bestandteil des BODYMEDIA-Redaktionsteams. Seit Anfang 2023 ist er Chefredakteur. In seiner Freizeit trainiert der Fußball-Fan gerne im Studio, geht laufen oder fiebert im Fußball-Stadion mit.

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