Management

In vier Schritten zur perfekten Kundenreise -Teil 1

Kundenerlebnisse sorgen für Kundenzufriedenheit. Steuern lassen sich diese Erlebnisse über die Kundenreise (Customer Journey). Für ein positives Erlebnis ist es daher wichtig, die Kundenreise bestehender und zukünftiger Kunden nicht nur zu kennen, sondern diese bewusst zu gestalten.

Die Customer Journey von Fitnessstudios kann mit den „vier Stufen des Lernens“ nach Maslow verglichen werden. Dabei geht es um den Prozess vom unbewussten zum bewussten Wissen und Handeln. Menschen durchlaufen bei einem Prozess der Verhaltensänderung in der Regel vier Stufen.


Die vier Stufen des Lernens nach Maslow. Interessenten können das Modell unter www.jonnasta.com downloaden

Die vier Stufen des Lernens nach Maslow

Maslow unterteilt den Prozess der Verhaltensänderung in die folgenden vier Stufen:

  1. Unbewusstes Nichtwissen
     
  2. Bewusstes Nichtwissen
     
  3. Bewusste Kompetenz
     
  4. Unbewusste Kompetenz

Für eine erfolgreiche Customer Journey müssen Clubbetreiber die einzelnen Berührungspunkte (Touchpoints) auf dieser Reise im Blick haben. Ein Berührungspunkt kommt zustande, wenn ein bestehender, ein zukünftiger oder ein ehemaliger Kunde analog oder digital in Kontakt mit dem Fitnessstudio oder der Marke kommt.

Für jeden Touchpoint, der geschaffen wird, müssen sich die Studio-Verantwortlichen im Klaren sein, welche Botschaft sie dem Kunden bzw. Interessenten vermitteln und wie sich das auf den nächsten Touchpoint auswirkt.

Klare und bewusste Botschaften sind entscheidend

Betrachtet man die Fitnessbranche als Ganzes, könnte man sagen, dass sie sich beim Thema Mitgliederbetreuung auf Stufe 2 befindet. Studiobetreiber wissen zwar, was sie für positive Kundenerlebnisse tun müssten, ihr Handeln ist häufig allerdings weit davon entfernt, als dass man von Kompetenz im Bereich der Kundenerlebnisse sprechen könnte.

Starten wir mit Stufe 1. Bevor Kunden ein Fitnessstudio betreten und eine Mitgliedschaft abschließen, haben sie in der Regel keine Vorstellung, wie sie das Beste daraus machen und ihre Trainingsziele erreichen können. Ein großer Teil der bestehenden Mitglieder hatte ursprünglich sogar überhaupt keine Ahnung davon, dass sie einem Fitnessclub beitreten würden. Dies ist der Punkt, an dem sich Betreiber darüber im Klaren sein müssen, wie verantwortlich sie für die Botschaften sind, die sie aussenden.

Botschaften formen das große Bild dessen, worum es dem Unternehmen geht. Heutzutage treffen die meisten Verbraucher ihre Kaufentscheidungen auf der Basis, wofür oder wogegen der Anbieter steht. Dies betrifft ebenso die Werte, die sie um ihr Markenimage herum vermitteln, und nicht nur die Qualität des Produkts oder der Dienstleistungen, die sie anbieten.

Ein Vision Statement sorgt für Orientierung und schafft Verbindlichkeit

Eine gute Möglichkeit, sich über die Botschaften klar zu werden, die Ihr Unternehmen bei der Schaffung dieser Berührungspunkte über sich selbst aussendet, besteht darin, ein sogenanntes Vision Statement zu erstellen. Dies ist ein einfacher Leitfaden, den alle Mitarbeiter lesen und aufbewahren können und der an die Vision erinnert, die die Seele des Unternehmens ausmacht.

Eine Seite reicht dabei vollkommen aus. Das Vision Statement sollte Schlüsselbereiche wie die folgenden berücksichtigen:

  1. Was ist das Markenversprechen Ihres Unternehmens? Bei Xercise4less, einer Fitnesskette in UK, lautete das Versprechen z. B., „Fitness für jeden erschwinglich zu machen“.
     
  2. Was ist der gemeinsame Zweck Ihres Unternehmens und der Menschen darin? Bei Xsercise4Less ging es darum, „Spaß zu haben und die Fitness-Welt zu verändern“.
     
  3. Was sind die Kernwerte in Ihrer Organisation? Sich aufrichtig um Mitarbeiter und Kunden zu kümmern? Bei Xsercise4Less hat man sich auf die Kernbotschaft „The Peoples Gym“ verständigt.

Bleiben wir beim Beispiel Xsercise4Less. Dort wurde in einer Übung definiert, wie das „Wunsch-Mitglied“ aussehen sollte und was es zu erwarten hatte. Es wurden die wichtigsten Stakeholder des Unternehmens, vom CEO bis zu den Interessenten, gefragt, was ihrer Meinung nach „The Peoples Gym“ bedeutet. Die Antworten wurden ausgewertet und anschließend wurde das Thema der Positionierung der Marke vertieft.

Zudem beschäftigte man sich ausführlich mit der Frage, welche demografischen Faktoren die glücklichsten Mitglieder hervorbrachten, die am längsten blieben. Anhand des Ergebnisses konnte festgestellt werden, dass eine Marke, die damals als Synonym für die 18- bis 30-Jährigen zu sehen war, tatsächlich mehr glückliche Mitglieder hatte. Die Kunden im Alter zwischen 30 und 40 Jahren, die länger Kunden blieben, gaben an, dass sie das Gefühl hätten, dass sie im Fitnessstudio mehr erreichten, als sie je für möglich hielten.

Wunsch- und Ideal-Kunden ausfindig machen und kennen

Das weibliche Ideal-Mitglied wurde bei Xercise4Less folgendermaßen definiert: Sie wurde Mitglied mit dem Ziel, Gewicht zu verlieren. Um ihr Ziel zu erreichen, ging sie drei- bis fünfmal pro Woche mit einer Gruppe joggen. Den Club nutzte sie als Ausgangspunkt. Das heldenhafte männliche Mitglied war ein Mann, der seinen Muskeltonus verbessern wollte, aber jetzt Mitglied des Boxclubs ist, der das Fitnessstudio als Basis nutzt. Kurz gesagt: Geschichten lassen sich besser verkaufen, da sie Emotionen transportieren und authentisch sind.

Sobald Studiobetreiber ihr Vision Statement, ihre Geschichten und Botschaften erarbeitet haben und mit allen Abteilungen zusammenarbeiten, sodass sie jeder versteht, ist sicher, dass Botschaften ausgesendet werden, die nicht nur Anerkennung, sondern auch Vertrauen bei den Interessenten schaffen.

Gemeinschaft leben und wohltätig sein

An dieser Stelle lohnt es sich auch, auf das in unserer Branche allgegenwärtige Wort „Gemeinschaft“ zu blicken. Stellen Sie sich die Frage, ob sich Ihr Unternehmen wirklich als Teil einer Community versteht oder ob Sie die Gemeinschaft nur innerhalb der eigenen Wände leben. Häufig wird von Gemeinschaft gesprochen, diese aber nicht gelebt. Schauen Sie sich die Ausfallzeiten an. Diese könnte man ausfüllen, um lokale Institutionen einzuladen, uns von ihren Einrichtungen aus als Ausgangspunkt zu machen.

Bei Xercises4Less z. B. wurde festgestellt, dass kaum Aktivitäten für Familien mit Kindern im Alter von 3–5 Jahren angeboten wurden. Infolgedessen wurde in jedem Club viermal pro Woche ein kostenloses Angebot für Kinder kreiert. Einzige Voraussetzung war, dass die Eltern oder Betreuer zusammen mit dem Kind am Unterricht teilnehmen mussten. Ziel dieser Maßnahme war es, die Familien zu ermutigen, gemeinsam aktiv zu werden. An allen Standorten war die lokale Presse gerne bereit, über das Angebot zu berichten und die Arbeit der Clubs für die jeweilige Gemeinde hervorzuheben.

Social Media einfach und bewusst nutzen

Ein weiterer wichtiger Aspekt dieser Stufe ist der Auftritt in den sozialen Medien. Bei Xercises4Less hat das Social-Media-Team hart daran gearbeitet, sämtliche Posts einfach zu halten. Warum ist das wichtig? In der modernen Welt suchen wir nach Informationen und Bestätigung für unsere Entscheidungsfindung.

Damit der Social-Media-Auftritt ein Erfolg wird, muss er genau das sein – „social“. Bei Xercises4Less musste jeder Beitrag oder Kommentar den sogenannten „Pub-Test“ durchlaufen. D. h., wenn Sie es einem Kollegen in der Kneipe nicht erzählen würden, dann posten Sie es nicht auf Social Media. Und wenn jemand in der Kneipe etwas zu Ihnen sagt, würden Sie ihn dann ignorieren? Wohl kaum.

Postet also jemand etwas auf der Facebook-Seite des Studios, muss geantwortet und im Idealfall das Gespräch mit einer Frage an die Person oder die Community fortgesetzt werden. Auch das „C“ im Wort Social darf nicht vergessen werden. Unterstützen Sie Organisationen innerhalb Ihrer Social-Media-Community, die zur Demografie Ihrer Mitglieder passt.

Fazit zu Stufe 1

Erstellen Sie Ihr Vision Statement auf einer DIN-A4-Seite und kommunizieren Sie es. Es ist ein unverzichtbarer Bezugspunkt, um alle Aktivitäten und Botschaften Ihrer Teams auf den Punkt zu bringen und Ihre Marke in den Köpfen derjenigen aufzubauen und zu verankern, die noch nicht einmal wissen, dass sie Mitglied in Ihrem Studio werden. Wichtig: Vergessen Sie das „G-Wort“ nicht.

Vorschau
In Teil 2 geht Jon Nasta auf das Modell „Vier Stufen des Lernens“ ein und es werden auch Aspekte einer Studie vom Club Intell (USA) miteinbezogen.
 

Kommentar von Hans Münch zum Artikel von Jon Nasta


Selbst wenn einige Betreiber im deutschsprachigen Raum behaupten, dass sie die Kundenreise perfekt beherrschen und umsetzen, ist meine Beobachtung, dass hier noch viel Optimierungspotenzial vorhanden ist. Nicht zuletzt wegen der Discounter, die nach einer Ersteinweisung ihre Kunden in den „See aller Mitglieder“ verschwinden lassen, wird dem psychologischen Aspekt der Betreuung und Verhaltensänderung zu wenig Gewicht verliehen. Der Erfolg des Prozesses, Ihre Kunden durch die verschiedenen Stufen zu begleiten, setzt voraus, dass Sie ernsthaft und langfristig an den Kunden und deren Bedürfnissen interessiert sind. Das bringt auch positive wirtschaftliche Aspekte mit sich: Je länger ein Mitglied in einem Studio bleibt, desto profitabler ist es. Zufriedene Kunden sind zudem eher bereit, ihre positive Erfahrung preiszugeben und Ihr Studio zu empfehlen.

                          

Bildquellen:
Header: ©ra2 studio -  stock.adobe.com

Der Autor

  • Jon Nasta

    Jon Nasta gilt als einer der führenden Experten auf dem Gebiet der Mitgliederbindung. Sein Retain™-Modell wird von Hunderten von Fitness- und Gesundheitsclubs auf der ganzen Welt erfolgreich eingesetzt. Mit seinem Unternehmen Retention Solutions konzentriert er sich seit 15 Jahren darauf, Prozesse zu automatisieren, die Studiobetreiber gerne für ihre Mitglieder tun würden, für die sie aber nicht immer die Zeit haben.

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