Management

Erst Umsatz sichern, dann Kosten sparen

„Sobald Corona vorbei ist, geht’s wieder aufwärts. Schließlich ist doch jetzt jeder für Gesundheit und Prävention sensibilisiert.“ Das gesteigerte Gesundheitsbewusstsein der Bevölkerung lässt die Fitnessbranche weiter hoffen. Doch wie aus dem Nichts stehen wir heute vor neuen, enormen Herausforderungen.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Preiserhöhungen sind jetzt unumgänglich und sollten offen und direkt kommuniziert werden.
  • Alle Prozesse im Fitnessstudio müssen auf ihr Optimierungspotenzial hin überprüft werden.
  • Personal sollte nur dann eingesetzt werden, wenn es wirklich notwendig ist.
  • Ein personalfreier Betrieb lohnt sich, erfordert jedoch Vorbereitung und muss gut durchdacht sein.

Schon lange war es nicht mehr so wichtig, den unternehmerischen Fokus auf ein profitables Geschäftsmodell auszurichten, um wirtschaftlich zu überleben. Während in den vergangenen Jahren viele Unternehmen auf Wachstum ausgerichtet waren, gilt es jetzt, das ureigenste Ziel eines Unternehmers wieder in den Vordergrund zu rücken, nämlich Gewinne zu erzielen.

Die Mitgliederzahlen hinken immer noch hinterher

Das Jahr 2022 lief weitgehend ohne Lockdown ab. Doch nur wenigen Betrieben ist es bis dato gelungen, die coronabedingten Mitgliederverluste wieder vollständig auszugleichen. Der Break-Even ist oft noch nicht wieder erreicht, die letzten staatlichen Unterstützungszahlungen sind aber bereits eingegangen.

Alle Hoffnungen liegen auf dem potenziellen Neukunden. Doch dieser zögert. Zu groß ist die Unsicherheit, was der kommende Winter bringen wird. Diese Unsicherheit hat natürlich auch die Bestandskunden erreicht, denn schließlich weiß keiner, was noch kommt.

Umsatzsteigerung durch Preisanpassung

Aktuell erleben wir ein gewisses, wenn auch zähneknirschendes Verständnis der Bevölkerung für notwendige Preiserhöhungen. Schließlich sind die Auswirkungen der erhöhten Energiekosten und der allgemeinen Inflation an jeder Ecke spür- und nachvollziehbar.

Das eröffnet Handlungsspielräume, um die Mitgliedspreise den aktuellen Anforderungen anzupassen. Einerseits natürlich bei Neu-, aber besonders auch bei Bestandskunden. Dieses Momentum gilt es zu nutzen. Wer jetzt zögert, vergibt die Möglichkeit, sich den so dringend benötigten Puffer aufzubauen.

Preiserhöhungen beim Neuabschluss sind gut und wichtig. Ihre Wirkung ist jedoch in Bezug auf die kurzfristig notwendigen höheren Erlöse viel zu gering, um einen echten Effekt zu erzielen. Es braucht einen echten Hebel, um den Umsatz zu steigern, und zwar die Korrektur der bestehenden Mitgliederpreise nach oben.

Was dem Fitnessbetreiber im ersten Moment Schweißperlen auf die Stirn treibt, zeigt sich auf den zweiten Blick als eine absolut überlegenswerte Möglichkeit, um das Unternehmen durch die bevorstehende Krise zu lenken. Eine Preiserhöhung von z. B. 8 Euro pro Vertrag führt bei einem Club mit 1.000 Mitgliedern immerhin zu einem Mehrumsatz von 96.000 Euro pro Jahr (brutto). Dies ist ein Betrag, der einen Club wieder in eine stabile Situation bringen kann.

Auch eine Anpassung von Altkunden auf ein neues, allgemein gültiges Tarifmodell bringt viel. Dies bereinigt zudem einen häufig anzutreffenden Wildwuchs an Preismodellen in den Clubdatenbanken. Man muss in jedem Fall mit einem gewissen Puffer kalkulieren, da einige Kunden den Vertrag kündigen werden und zum anderen nicht abzuschätzen ist, ob es im Herbst und Winter weitere dramatischere gesamtwirtschaftliche Entwicklungen gibt.

Bei Preisanpassungen unbedingt beachten

Eines der wichtigsten Erfolgskriterien bei Preisanpassungen ist eine offene und ehrliche Kommunikation mit den Kunden. Der Versuch, die Preisanpassung hinter anderen Angeboten oder Mitteilungen zu verstecken, kann nach hinten losgehen. Studiobetreiber sollen ins Gespräch gehen und die Dinge klar und deutlich beim Namen nennen.

Tipp: Mitarbeiter müssen umfassend im richtigen Wording geschult werden und eine eigene Kontaktadresse als zentrale Anlaufstelle für Kundenfeedbacks sollte eingerichtet werden, die vom Team- oder Clubleiter betreut wird.

Preisanpassungen sind in den allermeisten AGBs nicht vereinbart und führen daher zu einem Sonderkündigungsrecht der Mitglieder. Hier sollte unbedingt mit dem Anwalt eine Formulierung gefunden werden und den Kunden eine beispielsweise sechswöchige Einspruchsfrist gewährt werden.

Tipp: Kommunizieren Sie absolute und nicht prozentuale Preiserhöhungen. Eine Mitgliedsbeitragssteigerung von 8 Euro klingt verträglicher als eine Preisanhebung von 20 % (ausgehend von einem durchschnittlichen Mitgliedsbeitrag von 40 Euro).

Kosteneinsparungen durch Maßnahmenmix

Hat man den Umsatz gesichert, müssen sich Betreiber der noch wichtigeren Herausforderung stellen: der Senkung der Kosten und zwar in einer beispiellosen Konsequenz. Die gute Nachricht zuerst: Es gibt zahlreiche, in der Regel nicht ausgeschöpfte Einsparungspotenziale in nahezu jedem Fitnessbetrieb. Die schlechte Nachricht: Der Maßnahmenmix erfordert Zeit und eine gewisse Liebe zum Detail.


Bei der Analyse von möglichen Kosteneinsparungspotenzialen sollten Studiobetreiber auch ihre Stromtarife durchleuchten und mit den Angeboten anderer Anbieter vergleichen (Bildquelle: © Alexander Raths - stock.adobe.com)

Mit fast schon detektivischer Spürnase gilt es, alle Prozesse hinsichtlich ihres Optimierungspotenzials zu durchleuchten und den Dingen auf den Grund zu gehen. Anhand der folgenden Fragen können Kosteneinsparungspotenziale ausgemacht werden:

  • Sind alle maßgeblichen Anlagen gewartet und technisch auf dem neuesten Stand? Verstopfte Filter führen z. B. dazu, dass Lüftungsanlagen mehr leisten müssen als notwendig.
  • Sind die „großen“ Anlagen wie Lüftung, Heizung, Saunen usw. richtig eingestellt und an die aktuellen Anforderungen angepasst? Durch intelligente Steuerungssysteme kann der Verbrauch in auslastungsschwachen Zeiten optimiert werden. Tipp: Es empfiehlt sich, einen Energieberater für Verbesserungsvorschläge hinzuzuziehen und ggf. Schaltzeiten neu festzulegen.
  • Sind alle Angebote hinsichtlich steigender Energiekosten noch rentabel? Hinterfragen Sie, ob es Sinn macht, einen 200 m2 großen Raum für zwei Kursstunden täglich zu heizen. Sind die Preise für die Massageliegen noch richtig kalkuliert, wenn sie rund um die Uhr mit Strom versorgt werden müssen?
  • Ist es möglich, bestimmte Serviceleistungen ohne Qualitätsverlust einzuschränken? Zum Beispiel duschen einige Mitglieder im Club oft unverhältnismäßig lange. Denken Sie also darüber nach, Duschvorgänge zeitlich zu begrenzen.
  • Gibt es beim Betrieb der Fitnessgeräte Einsparpotenziale? Prüfen Sie, ob in Ihrer Anlage Screens auch bei Nichtbenutzung laufen. Es ist empfehlenswert, nachts alle Geräte vom Netz zu nehmen und die Clubbeleuchtung auf LED umzustellen.
  • Sind bereits alle Lieferantenkonditionen optimiert? Werden alle Leistungen, für die bezahlt wird, benötigt? Tipp: Durchleuchten Sie Stromtarife und Versicherungsverträge und diverse Abos.
  • Verhalten sich Mitarbeiter nachhaltig und kostenbewusst? Wird stoßgelüftet oder sind die Fenster dauerhaft gekippt? Achten Sie als Betreiber darauf, dass alle Mitarbeiter umsichtig mit Geräten und Waren umgehen. Veranstalten Sie einen Brainstorming-Workshop mit allen Teammitgliedern. Je länger man über Kosteneinsparungspotenziale nachdenkt, desto mehr werden sich finden lassen. Wichtig ist jedoch, dass der Gesamtnutzen im Vordergrund steht. So macht es keinen Sinn, für bestimmte Maßnahmen einen übermäßig erhöhten Mitarbeiteraufwand in Kauf zu nehmen. Im Gegenteil: Gerade die Personalkosten erweisen sich oft als große Kostenfalle und bieten gleichzeitig einen kraftvollen Hebel für Einsparungen.

Digitalisierung und sinnvoller Personaleinsatz

Die wichtigste Devise lautet: Personal nur dort einsetzen, wo es direkt zur Wertschöpfung beiträgt, und in allen anderen Bereichen auf Digitalisierung setzen. Werden Mitarbeiter „rund um die Uhr“ gebraucht oder lohnt es sich über neue Besetzungszeiten nachzudenken? Sehr wohl, denn der Kunde misst die Qualität der Betreuung nicht an der bloßen Anwesenheit eines Mitarbeiters.

Manchmal erledigt eine Maschine Aufgaben sogar schneller und unkomplizierter als der Mensch. Statt lange an der Theke zu warten, bedienen sich Kunden heute lieber am Getränkeautomaten. Doch bevor man den Club in seine automatisierte Zukunft schickt, müssen einige betriebliche Anpassungen realisiert werden.

Wer über personalfreie Zeiten nachdenkt, der muss darüber hinaus noch viele weitere Punkte bedenken und lösen. Wie digitalisiere ich den Zutritt und wie kommen Rettungskräfte im Notfall in die Anlage? Habe ich einen Notfallplan, Erste-Hilfe-Station, Defibrillator oder einen Notfallknopf zu einer besetzten Nummer?

Besonders einer dokumentierten Kundenaufklärung, mit entsprechender Unterschrift des Kunden, zu den personalfreien Zeiten und den entsprechenden Einrichtungen im Studio sollte größte Aufmerksamkeit geschenkt werden.

Fazit

Die nächsten zwölf Monate werden eine große unternehmerische Herausforderung. Wer diese Krise als Chance begreift und seine Hausaufgaben als Unternehmer erledigt, legt den Grundstein für eine erfolgreiche Zukunft innerhalb einer Branche mit enormem Wachstumspotenzial in der Zukunft.

Bildquelle Header: © gpointstudio - stock.adobe.com

Der Autor

  • Christian Hörl

    Christian Hörl hat über 30 Jahre Berufserfahrung in der Fitnessbranche. Er ist Inhaber von 16 Fitnessanlagen in allen Angebots-Segmenten, inklusive Ernährungszentrum, Physiotherapie, privater Krankenanstalt und Kosmetikzentrum. In Partnerschaft mit Siggi Manz ist er Geschäftsführer der Firma DSB-digital systemische Betriebskonzepte GmbH und kümmert sich dabei um die digitale Transformation von Fitnessbetrieben.

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