Management

aktivpark kall – aus der Krise in die Krise

Die Corona-Periode als Krise zu bezeichnen, ist sicherlich nicht übertrieben. Die Einschränkungen erforderten ein hohes Maß an Krisenmanagement. Für den aktivpark kall ist diese Zeit jedoch der Ausgangspunkt einer noch viel tieferen, schicksalhafteren und existenziellen Krise.

Das Wichtigstein Kürze:

  • Der aktivpark in kall eine 6.000 m2 große, multifunktionale Fitness- und Sportanlage, die erst von der Coronakrise, dann vom Jahrhunderthochwasser getroffen wurde.
  • Trotz Totalschaden entschieden sich die Fitnessstudiobetreiber für den Wiederaufbau.
  • Durch ihre intensive Kundenkommunikation blieben der Familie viele Kunden während des Umbaus erhalten.
  • Heute ist aus dem neuen aktivpark kall ein sehr ästhetisches Studio geworden mit einem klaren, unverwechselbaren Stil.

Bevor wir uns dem konkreten Fall widmen, sollten wir klären, was der Begriff des Krisenmanagements (KM) bedeutet und wo er seinen Ursprung hat. Zwar ist die Herkunft nicht schlussendlich gesichert. Wenn man den Begriff recherchiert, so scheint die erste, ernsthafte Entstehung des Krisenmanagements im politischen Diskurs entstanden zu sein.

Ganz konkret wird der Begriff John F. Kennedy während der Kuba-Krise im Jahr 1962 zugeschrieben. Dazu beigetragen haben das Abwägen von Alternativen, die Gewichtung von Schäden und/oder Nutzen im Zusammenhang mit unterschiedlichen Lösungswegen des damals drastischen Konfliktes, der die Welt an den Rand eines drohenden 3. Weltkrieges brachte1.

In der Betriebswirtschaftslehre wird der Terminus seit Mitte der 1970er-Jahre genutzt und wissenschaftlich systematisiert. Man spricht von KM im weiteren und engeren Sinne. Gemeint im weiteren Sinne ist damit die grundsätzliche Auseinandersetzung der Führung mit Krisen und Prozessen, die substanziell in der Lage sind, den Fortbestand eines Unternehmens zu gefährden.


In der Panorama-Lounge laden gemütliche Hängeliegen zum Verweilen ein (Bildquelle: © aktivpark kall)

Das KM im engeren Sinne bezieht sich auf den eigentlichen operativen Prozess, der während einer Krisenbewältigung stattfindet. Dieser ist entsprechend von vielen Kontextfaktoren abhängig, wie Führungsstil, Menschenbild, Marktform, Produkt, Wettbewerb, finanzielle und personelle Ressourcen etc. Vielfach wird auch von einem KM gesprochen, das antizipativ Krisen vorbearbeitet.

Mit anderen Worten geht es hier um Schubladenkonzepte, die im Falle eines Falles genutzt werden könnten. Einheitlich wird aus wissenschaftlicher Sicht, aber auch aus der praktischen Erfahrung heraus dem menschlichen Verhaltensaspekt eine besondere und priorisierte Bedeutung beigemessen.

Betrachtet man Beispiele aus der Politiklandschaft, wie etwa die verheerende Sturmflut von Hamburg (17.02.1962), wird klar, was mit dem menschlichen Verhaltensaspekt gemeint ist. Die Entschlossenheit und Schnelligkeit, mit denen der damalige Polizeisenator Schmidt auf diese Krise reagierte, beeinflusste maßgeblich deren Ausgang.

Die Aktivierung der Bundeswehr war damals nicht nur ein Novum, es war sogar verfassungswidrig, diese einzusetzen. Schmidt setzte sich bewusst und eindeutig darüber hinweg.

Mit unkonventionellen, aber wohlüberlegten Maßnahmen schaffte er es damals, zusammen mit seinem Führungsstab und Hunderten von Helfern die Katastrophe in ihrem Ausmaß zu reduzieren. Ironischerweise ist das eine perfekte Überleitung zum vorliegenden konkreten Fall.

2018: aktivpark kall stellt sich neu auf

Die Familie Förster betreibt seit mehr als 30 Jahren mit dem aktivpark in kall eine 6.000 m2 große, multifunktionale Fitness- und Sportanlage. Neben der Fitnessfläche umfasste das Angebot eine Saunalandschaft, Hallentennisplätze, Badmintonfelder, Kegelbahnen, ein Restaurant sowie das Kinderabenteuerland aktivi, das ebenfalls über das Sportbistro bewirtschaftet wurde.


Das Kursangebot wurde während dem Wiederaufbau provisorisch weitergeführt, jetzt gibt es dafür passend eingerichtete Möglichkeiten (Bildquelle: © aktivpark kall)

Unsere Zusammenarbeit startete Mitte 2018 mit einer strategischen Beratung. Es ging um die mittelfristigen Wachstumschancen im Markt und die notwendigen strukturellen Veränderungen im Produktangebot der großflächigen Anlage.

Durch eine Markt- und Potenzialanalyse, in der die Konkurrenten qualitativ bewertet wurden und das gebundene und das noch zu aktivierende Potenzial des Marktes kalkuliert wurde, sind die Stärken und Schwächen des Bewertungsobjektes klar geworden.

Eine Stärke war und ist der hervorragende Ruf, welcher der Betreiberfamilie im Markt sicher war und ist. Dies manifestiert sich nicht zuletzt in den exzellenten Google-Bewertungen. Auch die intensive und lange Erfahrung in der Betreibung des aktivparks durch Jochen und Silvia Förster sind als entscheidender Vorteil zu nennen.

Bei Unternehmensgrößen diesen Ausmaßes entstehen über die Zeit Investitionsnotwendigkeiten und manchmal auch Investitionsstaus, gerade wenn es um Bereiche geht, deren Veränderung oder Erneuerung nicht mit ein paar Tausend oder Zehntausend Euro zu bewerkstelligen sind. Der Familie war wohl bewusst, dass einige Strukturen dringend einer Erneuerung bzw. Veränderung bedurften.

Konkret zu nennen waren die Präsentation des Gastrobereiches, die Eliminierung der Kegelbahn, die Wandlung der wenig wertschöpfenden Badmintonfläche in eine renditefähige Fitnessfläche sowie die Erneuerung des Kinderabenteuerlandes. Letzteres war umso dringlicher, als zwei Jahre später ein vergleichbarer Konkurrent in den Markt eintrat. Außerdem war Jochen Förster bewusst, dass auch die aktuelle Art und Weise der Kundenbetreuung auf der Fitnessfläche zu hinterfragen war.

Mit einigen aktiven Sofortmaßnahmen auf Marketingebene nach innen und außen und einigen Veränderungen in der Struktur der Betreuung und Kundenansprache erarbeitete sich das Unternehmen in den kommenden zwei Jahren ein gesundes Wachstum, das nicht nur auf der Umsatz-, sondern auch auf der Renditeebene Wirkung zeigte.

Parallel dazu gingen wir die großen strukturellen Fragen an, die das Produktangebot, würde es denn nach unserer Vorstellung verändert, deutlich attraktiver machen würde. Dies waren maßgeblich die angesprochenen Engpässe.

Silvia Förster, die mit Leidenschaft und Kompetenz das Aktivi und den Gastrobereich verantwortet, war bereit, einen befreundeten Beraterkollegen zu nutzen, um das gesamte Konzept des Gastrobereiches kritisch zu hinterfragen.

Mit Harald Lichter, der als Gastroprofi auf eine über 30-jährige Expertise zurückgreifen kann, arbeitete ich bereits in mehreren Projekten zusammen. Da er auch in der Systemgastronomie erfolgreich Brauereien, Gastromarken und -ketten berät und selbst aufgebaut hat, war er der ideale Ansprechpartner. Durch seine Beratung war es möglich, dass Silvia Förster mit völlig neuen qualitativen Rohstoffen und hochwertigen Produkten eine sehr attraktive Speisekarte neu einsetzen konnte.

Der Besuch der Produzenten, um vor Ort die Produktionsverfahren und die Qualität der Rohstoffe und Gerichte zu testen, bildete den Ausgangspunkt der Neuorientierung. Durch das „Training“ und die Systematisierung der Zubereitung vor Ort ist es dem aktivpark heute möglich, mit einem überschaubaren Küchenteam die Karte zu bespielen und dabei eine konstante Qualität zu erreichen, bei welcher der subjektive Genusswert des Kunden auch angemessene Preise ermöglicht. Dieser Erfolg zeigte sich schnell auch in den Umsatzerlösen.

Auf Corona folgt die Flut

Dann kam Corona. Alle Leser wissen, um was es geht. An dieser Stelle müssen wir auf diese Krise nicht eingehen. Wie alle anderen Betreiberkollegen atmete auch die Familie Förster auf, als klar war, dass ab dem Juni 2021 der Betrieb wieder geöffnet werden durfte.

Doch dann kam der 14. Juli 2021.In der Nacht vom 14. auf den 15. Juli wurde der aktivpark kall durch die Flutkatastrophe so schwer getroffen, dass eine abermalige Schließung nötig war. Die Zerstörung war so immens, dass ein Totalschaden gegeben war. Als mir das Ehepaar Förster zwei Tage später die Bilder der völlig zerstörten Bereiche zuschickte, war ich schockiert und entsetzt über das Ausmaß der Zerstörung.


Der Beweglichkeitsbereich ist etwas abgeschirmt, um für mehr Ruhe zu sorgen (Bildquelle: © aktivpark kall)

Am nächsten Tag fuhr ich nach Kall, um zumindest symbolisch eine Anteilnahme auszudrücken. Mittlerweile waren Steffen und Henning, die beiden Söhne der Försters, eingetroffen, die beide als Betriebswirte in internationalen Unternehmen beschäftigt waren. Während die Familie intern beriet, wie nun weiter zu verfahren wäre, stimmte ich mich mit Jochen Förster fortlaufend eng ab, da vor allem die Haftung mit diversen Versicherungen zu klären war. Parallel dazu lief dann auch die Bundes- bzw. Landeshilfe für die Flutopfer an.

Wiedereröffnung – ja oder nein?

Wenn wir über Krisenmanagement sprechen, dann stellte sich in diesem Fall eben gar nicht die Frage eines antizipativen Managements. Die Frage, die sich stellte, war: Wird der aktivpark überhaupt noch einmal geöffnet? Zwar war bereits im Vorfeld innerhalb der Familie klar, dass die Söhne später einmal in das Unternehmen einsteigen würden. Zeitpunkt und Ausmaß ihres Engagements waren jedoch alles andere als konkret. Zu diesem Zeitpunkt hat die Familie eher folgende Fragen zu beantworten versucht:

Was bedeutet es, wenn der aktivpark nicht mehr geöffnet wird?

Ist eine alternative Nutzung des Gebäudes, das im Besitz der Familie ist, möglich? Wenn ja, welche? Welche grundlegende Perspektive hat das Betreiberpaar? Was bedeutet es für Silvia und Jochen Förster, wenn der aktivpark weiterbetrieben wird? Wie sieht der Schadensfall durch die Brille der Versicherungen aus und wie hoch ist die nötige Investitionssumme für den Komplettaufbau?

So komplex diese Fragen auch sind, so klar ist die Chronologie der nötigen Beantwortung. Primär musste eine Entscheidung getroffen werden, ob es ein klares Bekenntnis gibt, den Versuch zu unternehmen, wieder zu öffnen. Erst wenn diese Frage beantwortet wurde, könnten die nachfolgenden, eher technischen und organisatorischen Fragen geklärt werden.


Aus der weitläufigen Badmintonhalle wurde eine Functional- und Freeweight Zone (Bildquelle: © aktivpark kall)

Henning Förster hat sich unter dem Eindruck dieser Situation dann klar und eindeutig entschieden, seinen Einsatz im Unternehmen vorzuziehen, und wie ich heute weiß, hat er es mit aller Konsequenz und Intensität umgesetzt, die nötig war, dieses Projekt zum Erfolg zu bringen. Nachdem das klar war, wurde mit Hochdruck die Schadensfrage geklärt und parallel dazu wurde der neue Produktkatalog entwickelt, in Verbindung mit dem neu zu definierenden Raumlayout.

Als Resultat dieses Unglücks lag nun ein weißes Papier auf dem Tisch, das auch viele Chancen mit sich brachte. Es beinhaltete die Pläne, um die Anlage nahezu komplett neu zu gestalten, sodass alle Bereiche, die bereits vor Corona überarbeitet werden sollten, nun angegangen werden konnten.

So schnell wie möglich wurden eine Übergangsfläche in der Tennishalle und ein Außenzelt errichtet, sodass die Kunden die Möglichkeit hatten, provisorisch zu trainieren und Kurse zu besuchen. Ziel war es auch, den dramatischen Umsatzausfall zu minimieren.

Kundenkommunikation war das A und O

Vom ersten Tag der Entscheidung an war eine intensive Kundenkommunikation das A und O der nachfolgenden Monate. Kunden, die informiert sind, bevor das Projekt in die nächste Phase tritt, reagieren positiv. Kunden, die regelmäßig informiert sind, können in Bezug auf Faktenlage und Emotion teilhaben. Kunden, die informiert sind, kündigen nicht. Das Gegenteil war der Fall. Es kam zu einer motivierenden Solidarisierung.


Mit 3 Saunen, einer Infrarot-Kabine, einem Eisbrunnen und einem Mikrosalzraum hat der aktivpark kall ein großzügiges Wellness-Angebot geschaffen (Bildquelle: © aktivpark kall)

Mit einer schrittweisen Eröffnung konnte dann Ende des dritten, Anfang des vierten Quartals 2022 der neue Aktivpark geöffnet werden. Heute ist aus dem neuen aktivpark kall ein außergewöhnlich ästhetisches Studio geworden, in dem es einen klaren, unverwechselbaren Stil gibt, der auf eine zeitlose Weise als zurückhaltend beschrieben werden könnte. Die Mitgliederzahl der damals kalkulierten Potenzialanalyse ist mittlerweile in Sichtweite und der Wachstumspfad der Zukunft ist sehr positiv.

Bildquelle Header: © aktivpark kall

Der Autor

  • Wolfgang Walter

    Wolfgang Walter ist Diplom-Volkswirt und Diplom-Sportlehrer sowie zertifizierter Datenschutzbeauftragter. Zudem ist er als Privatdozent an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) tätig.

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